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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 806

Bearbeiter: Fabian Afshar

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 113/24, Beschluss v. 17.04.2024, HRRS 2024 Nr. 806


BGH 3 StR 113/24 - Beschluss vom 17. April 2024 (LG Düsseldorf)

Nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe (Auflösung einer fehlerhaft gebildeten früheren Gesamtstrafe; fehlende Bindungswirkung früherer Gesamtstrafenbeschlüsse).

§ 53 StGB; § 54 StGB; § 55 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

Einem fehlerhaften Beschluss über eine nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe kommt keine Bindungswirkung für ein neu über eine Gesamtstrafe zu entscheidendes Gericht zu.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 25. August 2023 im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Langenfeld vom 9. November 2021 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und mit versuchter Nötigung unter Auflösung der mit Beschluss des Amtsgerichts Langenfeld vom 31. Mai 2022 nachträglich gebildeten Gesamtgeldstrafe und unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Langenfeld vom 20. Dezember 2021 zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Eine am 12. November 2021 gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe hat es daneben bestehen lassen.

Gegen seine Verurteilung wendet sich der Beschwerdeführer mit der auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Während der Schuldspruch und die Verhängung der Einzelstrafen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht zu beanstanden sind, hält die Bildung der Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 StGB revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft eine Zäsurwirkung der ersten Verurteilung des Angeklagten durch Strafbefehl des Amtsgerichts Langenfeld vom 9. November 2021 auch bezüglich der Vorverurteilungen angenommen, deren zugrundeliegenden Taten jeweils vor der Entscheidung vom 9. November 2021 begangen wurden. Dies betrifft vorliegend die Taten des Angeklagten, die mit Strafbefehlen des Amtsgerichts Langenfeld vom 12. November und 20. Dezember 2021 geahndet worden waren. Aus diesen Taten und aus der hier abgeurteilten Tat vom 5. November 2021 hätte das Landgericht - unbeschadet eines Vorgehens nach § 55 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB - eine Gesamtstrafe bilden und lediglich für die hier abgeurteilte Tat vom 12. Dezember 2021, die nach der Entscheidung des Amtsgerichts Langenfeld vom 9. November 2021 begangen wurde, auf eine zweite Strafe erkennen müssen. Dies entspricht dem Grundgedanken des § 55 StGB, wonach Taten, die bei gemeinsamer Aburteilung nach den §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, auch bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren sollen, so dass der Täter im Endergebnis weder besser noch schlechter gestellt ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 23. Januar 1985 - 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132; vom 12. August 1998 - 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184, jeweils mwN).

b) Insoweit kam dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld vom 31. Mai 2022 keine Bindungswirkung zu. Der Umstand, dass das Amtsgericht hierin eine Entscheidung nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB getroffen und die dort gebildete Gesamtgeldstrafe neben einer verhängten Freiheitsstrafe gesondert bestehen gelassen hatte, hinderte das Landgericht nicht an einer eigenständigen Entscheidung über die Gesamtstrafe; eine solche war vielmehr geboten (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 2 StR 202/14, StraFo 2015, 30; vom 9. Mai 2007 - 5 StR 24/07, BGHR StGB § 55 Abs. 1 S. 1 Erledigung 3 Rn. 1 ff.; insoweit missverständlich Fischer, StGB, 71. Aufl., § 55 Rn. 15a mit Verweis auf einen - jedoch denselben Instanzenzug betreffenden - Beschluss des KG vom 2. November 2018 - (3) 161 Ss 142/18 (24/18), OLGSt StGB § 53 Nr. 4).

2. Die zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

3. Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wird bei der neuen Gesamtstrafenbildung das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO in den Blick zu nehmen haben (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 26. Februar 2020 - 4 StR 420/19, juris Rn. 6).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 806

Bearbeiter: Fabian Afshar