HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 124
Bearbeiter: Fabian Afshar
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 301/23, Beschluss v. 29.11.2023, HRRS 2024 Nr. 124
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Februar 2023
a) im Schuldspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften und mit Besitz kinderpornographischer Schriften, des sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften und mit Besitz kinderpornographischer Schriften und des Herstellens kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen schuldig ist;
b) aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (II. 2. Fall 8 der Urteilsgründe) verurteilt worden ist; die dortige Einzelstrafe entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften (II. 2. Fall 6 der Urteilsgründe), sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen (II. 2. Fälle 1, 4, 5, 7 der Urteilsgründe), davon in drei Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornographischer Schriften (II. 2. Fälle 4, 5, 7 der Urteilsgründe), Herstellens kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen (II. 2. Fälle 2, 3 der Urteilsgründe) und Besitzes kinderpornographischer Schriften (II. 2. Fall 8 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen zu den Fällen 2 bis 8 unter II. 2. der Urteilsgründe verwahrte der Angeklagte in seiner Wohnung mehrere Datenträger mit 573 Bild- und 40 Videodateien kinderpornographischen Inhalts. Unter diesen befanden sich auch die durch die zu früheren Zeitpunkten begangenen Taten (II. 2. Fälle 2 bis 7) hergestellten Aufnahmen. Sämtliche Datenträger wurden bei einer Wohnungsdurchsuchung am 26. Juni 2020 aufgefunden und sichergestellt. Das Landgericht hat den Besitz der Datenträger als zu den vorherigen Taten in Tatmehrheit stehende selbständige Tat des Angeklagten gewertet.
2. Der Schuldspruch in den Fällen 2 bis 7 unter II. 2. der Urteilsgründe bedarf insoweit der Änderung, als der Angeklagte in diesen Fällen in weiterer Tateinheit auch des Besitzes kinderpornographischer Schriften schuldig ist. Die tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften (II. 2. Fall 8 der Urteilsgründe) hat demgegenüber zu entfallen. Hierzu gilt:
a) Zwar stellt der gleichzeitige Besitz verschiedener Datenträger mit kinderpornographischen Schriften grundsätzlich nur eine Tat dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2022 - 1 StR 424/21, NStZ 2022, 407 Rn. 6; vom 18. Dezember 2019 - 3 StR 264/19, NStZ-RR 2020, 172, 173; vom 2. Juli 2019 - 2 StR 130/19, juris Rn. 8; vom 28. August 2018 - 5 StR 335/18, juris Rn. 3; vom 19. März 2013 - 1 StR 8/13, juris Rn. 39; LK/Nestler, StGB, 13. Aufl., § 184b Rn. 63). Die ihrerseits in Tatmehrheit zueinander stehenden Herstellungsakte im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB aF - zum Teil in Tateinheit mit § 176 Abs. 1 StGB aF bzw. § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB aF - werden jedoch nicht durch den nachfolgenden Besitz nach § 184b Abs. 3 StGB aF zu einer Tat verklammert, weil es aufgrund der erheblich unterschiedlichen Strafdrohungen an der insoweit vorausgesetzten annähernden Wertgleichheit der Delikte fehlt (vgl. zu den Voraussetzungen der Klammerwirkung BGH, Beschlüsse vom 15. Oktober 2019 - 3 StR 379/19, BGHR StGB § 52 Abs. 1 Klammerwirkung 12 Rn. 4-6; vom 10. Juli 2008 - 3 StR 215/08, BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 1 Rn. 6; Fischer, StGB, 68. Aufl., Vor § 52 Rn. 30).
b) Dies hat zur Konsequenz, dass bei gleichzeitigem Besitz von selbst hergestellten kinderpornographischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeichertem verbotenem Material für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften kein Raum bleibt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2020 - 2 StR 321/19, BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 3 Rn. 19; vom 25. Januar 2022 - 1 StR 424/21, NStZ 2022, 407 Rn. 6).
3. Der Senat ändert in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
4. Die in Fall 8 unter II. 2. der Urteilsgründe erkannte Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten entfällt. Die in den Fällen 2 bis 7 verhängten Einzelstrafen können dagegen bestehen bleiben. Dadurch, dass bei deren Festsetzung der jeweils in weiterer Tateinheit verwirklichte Besitz kinderpornographischer Schriften unberücksichtigt geblieben ist, ergibt sich keine Beschwer des Angeklagten. Auch die festgesetzte Gesamtstrafe hat Bestand. Mit Blick auf die verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, zweimal einem Jahr und sechs Monaten, einem Jahr und drei Monaten sowie dreimal neun Monaten ist auszuschließen, dass das Landgericht auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 124
Bearbeiter: Fabian Afshar