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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 652

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 7/24, Beschluss v. 14.03.2024, HRRS 2024 Nr. 652


BGH 2 StR 7/24 - Beschluss vom 14. März 2024 (LG Frankfurt am Main)

Wohnungseinbruchdiebstahl mit Waffen (Konkurrenzen: einheitliches zusammengefasstes Tun, Tateinheit).

§ 244 StGB; § 52 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2023

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte schuldig ist des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit Wohnungseinbruchdiebstahl mit Waffen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung, des schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen, des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung,

b) aufgehoben im Einzelstrafausspruch in den Fällen II. 2 und II. 6 der Urteilsgründe; die dortigen Einzelstrafen entfallen; und

c) hinsichtlich der Einziehungsanordnung dahin klargestellt, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 5.850 Euro angeordnet ist.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Wohnungseinbruchdiebstahls tateinheitlich mit Sachbeschädigung in zwei Fällen (Fälle II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe), wegen versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in drei Fällen (Fälle II. 1, II. 2 und II. 5 der Urteilsgründe), davon in einem Fall (Fall II. 5 der Urteilsgründe) tateinheitlich mit Wohnungseinbruchdiebstahl mit Waffen und in einem Fall (Fall II. 2 der Urteilsgründe) tateinheitlich mit Sachbeschädigung, sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte tateinheitlich mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen (Fälle II. 6 und II. 7 der Urteilsgründe), davon in einem Fall (Fall II. 6 der Urteilsgründe) tateinheitlich mit gefährlicher Körperverletzung und in einem Fall (Fall II. 7 der Urteilsgründe) tateinheitlich mit Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts unzulässig (§ 344 Abs. 2 StPO).

2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des angefochtenen Urteils führt zu einer Korrektur des Schuldspruchs.

Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift unter anderem ausgeführt:

„In den Fällen 2 und 3 der Urteilsgründe liegt nur eine (vollendete) Tat vor. Dies ist unabhängig davon, ob in dem Eindringen in den Fitnessraum und danach in den Gebäudeflur des Mehrfamilienhauses ein (zunächst gescheiterter) Versuch des Wohnungseinbruchdiebstahls zu sehen oder aber zu verneinen ist (vgl. dazu ablehnend BGH, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 4 StR 112/16 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 5. September 2017 - 5 StR 361/17 -, juris), weil der Angeklagte, der nicht in eine bestimmte Wohnung einbrechen wollte, sondern sich - auf welche Weise auch immer - Zugang zu einer beliebigen Wohnung verschaffen wollte, ‚unmittelbar im Anschluss hieran‘ (UA S. 10) am selben Tatobjekt […] die vollendete Tat beging, entgegen der Auffassung des Landgerichts weder in zeitlicher noch in örtlicher Hinsicht eine Tatmehrheit begründende Zäsur vorliegt und der Versuch im Verhältnis zu der Vollendung derselben Tat subsidiär ist. […]

In den Fällen 5 und 6 der Urteilsgründe liegt natürliche Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt das Vorliegen einer natürlichen Handlungseinheit voraus, dass ein Geschehen durch einen solchen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen gekennzeichnet ist, dass sich das gesamte Tätigwerden auch für einen ‚objektiven Dritten‘ bei natürlicher Betrachtungsweise als ein einheitliches zusammengefasstes Tun darstellt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 - 1 StR 228/17 -, juris Rn. 7). So liegt der Fall hier. Da der Angeklagte, der nach seiner Einlassung von einem ‚derzeit bewohnten‘ (UA S. 24) Einfamilienhaus ausging, ‚in den Wohnräumen unter anderem mehrere Schmuckstücke der Verstorbenen und Bargeld einsteckte‘ (UA S. 12), war der Diebstahl bereits vollendet, aber noch nicht beendet. Der Angeklagte ist daher schuldig des Wohnungseinbruchdiebstahls mit Waffen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 20. September 2017 - 1 StR 112/17) in Tateinheit mit versuchtem schweren Wohnungseinbruchdiebstahl, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung. Ob nach dem Tod der einzigen Bewohnerin der Tatbestand des vollendeten besonders schweren Wohnungseinbruchdiebstahls (§ 244 Abs. 4 StGB) erfüllt ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. Januar 2020 - 3 StR 526/19 -, juris Rn. 20), was allerdings naheliegend dem Wortlaut der Vorschrift (‚dauerhaft genutzt‘) widerspräche, kann offen bleiben, weil der Angeklagte durch die Nichtannahme eines vollendeten besonders schweren Wohnungseinbruchdiebstahls jedenfalls nicht beschwert ist.“

Dem schließt sich der Senat an. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der überwiegend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Entfallen der Einzelstrafen in den Fällen II. 2 und II. 6 der Urteilsgründe. Angesichts der Anzahl und der Höhe der verbleibenden Einzelstrafen - darunter die Einsatzstrafe von drei Jahren und neun Monaten - kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung der Konkurrenzverhältnisse auf eine mildere Gesamtstrafe erkannt hätte, zumal eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 2 StR 294/12, juris Rn. 5; vom 19. Dezember 2023 - 4 StR 355/23, juris Rn. 3).

4. Die Einziehungsentscheidung, die das Landgericht zutreffend auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB gestützt hat, war gemäß der aktuellen Gesetzesfassung dahin klarzustellen, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet ist (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2023 - 4 StR 337/23, juris Rn. 6). Im Fall II. 4 lässt sich den Urteilsgründen entnehmen, dass der gesondert verfolgte G. keine eigene Verfügungsmacht über die Tatbeute erlangte, so dass die Einziehungsentscheidung auch nicht teilweise um eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten zu ergänzen war.

5. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 652

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede