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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 12

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 77/21, Urteil v. 07.10.2021, HRRS 2022 Nr. 12


BGH 1 StR 77/21 - Urteil vom 7. Oktober 2021 (LG Lübeck)

Rüge der örtlichen Zuständigkeit (keine erneute Überprüfung des Vorliegens eines hinreichenden Tatverdachts); Hinterziehung von Tabaksteuer (Erfolgsort der Tat: andauernde Perpetuierung des Taterfolgs während des Transports der eingeführten Tabakwaren zum Bestimmungsort).

§ 16 Abs. 1 StPO; § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO; § 9 StGB; § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Auf den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 StPO hin hat das Gericht ausschließlich zu prüfen, ob es für den ihm vorliegenden Lebenssachverhalt örtlich zuständig ist. Eine inhaltliche Prüfung dahin, ob hinreichender Tatverdacht für die seiner Kognitionspflicht unterliegende Tat oder Teile dieser Tat besteht, findet dagegen nicht statt. Denn insoweit liegt mit dem Eröffnungsbeschluss eine abschließende Entscheidung vor, die im Verfahren nach § 16 StPO nicht erneut zu beurteilen ist.

2. Der Taterfolg der Hinterziehung von Tabaksteuer nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO, also die Nichtfestsetzung der beim Verbringen in das deutsche Steuergebiet entstandenen Tabaksteuer, wird auf der gesamten Transitstrecke vom Einfuhrort bis zum Bestimmungsort der Tabakwaren oder so lange, bis diese sonst „zur Ruhe kommen“, immer weiter perpetuiert, wenn keines der für die im Rahmen der Fahrtstrecke zuständigen Zollämter die Festsetzung der Tabaksteuer vornimmt.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 4. September 2020 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kiel zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit eingestellt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen. Sie rügt jeweils die Verletzung materiellen Rechts. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel haben Erfolg.

I.

Dem Einstellungsurteil des Landgerichts ging folgendes prozessuales Geschehen voraus:

1. Mit Anklageschrift vom 30. März 2020 erhob die Staatsanwaltschaft Lübeck Anklage bei der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Lübeck. Das Landgericht erklärte sich durch Beschluss vom 28. April 2020 für örtlich unzuständig. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft änderte das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht diese Entscheidung durch Beschluss vom 9. Juni 2020 dahingehend ab, dass das Landgericht Lübeck für örtlich zuständig erklärt wurde.

Daraufhin ließ das Landgericht Lübeck die Anklage der Staatsanwaltschaft Lübeck mit Beschluss vom 10. August 2020 zur Hauptverhandlung zu. In der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2020 stellte es dann das Verfahren auf Rüge der örtlichen Zuständigkeit durch die Angeklagten P. und K. wegen eines Prozesshindernisses nach § 260 Abs. 3 StPO durch Urteil ein.

2. Die insgesamt 63 Einzeltaten umfassende Anklage der Staatsanwaltschaft Lübeck warf den Angeklagten S. und P. in den Fällen 1 bis 4 jeweils vor, durch pflichtwidriges Unterlassen, für Zigaretten Steuerzeichen zu verwenden, Steuerhinterziehungen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO begangen zu haben. Nur durch diese Taten konnte eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck begründet worden sein. Bei den übrigen Fällen ergab sich eine örtliche Zuständigkeit wegen eines Zusammenhangs der Straftaten im Sinne von § 3 und § 13 StPO. Dabei lag diesen vier Tatvorwürfen der Anklage folgender Sachverhalt zu Grunde:

Nachdem der gesondert Verfolgte Kh. den Kontakt zu einer Zigarettenfabrik in Belgien hergestellt hatte und Lieferungen unversteuerter Zigaretten durch die Angeklagte P. mitgeplant und finanziert worden waren, fuhren der Angeklagte S. und der Mittäter Kh., teilweise auch der frühere Mitangeklagte Mu., nach Belgien. Dort erwarb man im Tatzeitraum von Dezember 2018 bis Oktober 2019 jeweils unversteuerte Zigaretten in unterschiedlichen Mengen zwischen 50.000 und 1.000.000 Stück in sogenannten Mastercases und verbrachte diese nach Ki. in den Keller der Kneipe der Angeklagten P. oder eine Lagerhalle des Angeklagten M. in T., von wo aus sie, überwacht von der Angeklagten P., an unbekannte Abnehmer weiterveräußert wurden. Alle Beteiligten wussten, dass bei dem Verbringen der Tabakwaren nach Deutschland deutsche Steuerzeichen verwendet sein mussten. Damit wurde bei diesen vier Fällen Tabaksteuer in Höhe von insgesamt gerundet 256.000 Euro verkürzt.

3. Das Landgericht sieht bei diesen vier Tatvorwürfen und damit folglich auch bei den übrigen angeklagten Fällen keine eigene örtliche Zuständigkeit begründet.

Eine Tat durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, die ohnehin als mitbestrafte Nachtat hinter der angeklagten Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurücktrete, sei zwar erst mit dem „Zur-Ruhe-Kommen“ der Zigaretten in Ki. bzw. T. beendet; gleichwohl spreche das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ (§ 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG) dafür, das erste hinter der Grenze liegende Hauptzollamt als Handlungs- und Erfolgsort anzusehen. Nach alledem könne eine örtliche Zuständigkeit hier grundsätzlich nur bei Annahme eines sogenannten Transitdelikts begründet werden, wenn die Verbringungsroute der unversteuerten Zigaretten von Belgien nach Ki. bzw. T. auch durch den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtsbezirks Lübeck verlaufen würde, welcher die Landgerichtsbezirke Lübeck und Itzehoe umfasst. Die insoweit von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Geodaten aus der Telekommunikationsüberwachung zur von den Angeklagten benutzten Schmuggelroute, die lediglich auf einer Strecke von 14 Kilometern auf der Autobahn A 7 den Landgerichtsbezirk Itzehoe berührten, sieht das Landgericht als nicht ausreichend für eine Begründung der eigenen örtlichen Zuständigkeit an. Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Geodaten und verlesenen Ermittlungsberichte würden gerade nicht belegen, dass die Schmuggelroute tatsächlich über die Autobahn A 7 in diesem Bereich verlief.

II.

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind begründet. Die Einstellungsentscheidung des Landgerichts hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Die Annahme fehlender örtlicher Zuständigkeit durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Zwar war das Landgericht nicht an die Bejahung seiner örtlichen Zuständigkeit durch die Beschwerdeentscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 9. Juni 2020 gebunden. Es war jedoch unabhängig von dieser Entscheidung und unabhängig davon, ob der von den Angeklagten S. und P. rechtzeitig erhobene Einwand auch zugunsten der anderen Angeklagten wirkt, wegen eines Erfolgsorts gemäß § 9 Abs. 1 StGB bei einzelnen Taten sowie im Übrigen durch den kombinierten persönlichen und sachlichen Zusammenhang (vgl. § 3 und § 13 Abs. 1 StPO) örtlich zuständig, ohne dass bei der Erhebung der Anklage gegen das Willkürverbot verstoßen wurde.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat sich das Landgericht nicht an die Beschwerdeentscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts gebunden gesehen. Das Beschwerdegericht hatte im Zwischenverfahren lediglich über den bei ihm anhängig gewordenen Beschwerdegegenstand, also die Feststellung der eigenen örtlichen Unzuständigkeit durch das Landgericht, zu entscheiden. Ein entsprechender Beschluss entfaltet aber keine Bindungswirkung in Bezug auf die spätere Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens oder eine Rüge gemäß § 16 StPO (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2017 - 5 StR 593/16 Rn. 10; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 3 StR 335/16, BGHR StPO § 210 Abs. 3 Zurückverweisung 2 Rn. 8 mwN).

2. Das Landgericht war für das bei ihm anhängige Verfahren jedoch örtlich zuständig, weil im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung hinreichende Anhaltspunkte für eine Straftat mit einem Erfolgsort (§ 9 Abs. 1 StGB) - zumindest bei den Fällen 1 bis 4 - im Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Lübeck vorlagen und sich die Zuständigkeit für die übrigen angeklagten Fälle durch den bestehenden persönlichen und sachlichen Zusammenhang ergab.

a) Auf den Einwand gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 StPO hin hat das Gericht ausschließlich zu prüfen, ob es für den ihm vorliegenden Lebenssachverhalt örtlich zuständig ist. Eine inhaltliche Prüfung dahin, ob hinreichender Tatverdacht für die seiner Kognitionspflicht unterliegende Tat oder Teile dieser Tat besteht, findet dagegen nicht statt (BGH, Urteil vom 19. September 2017 - 5 StR 593/16 Rn. 12 mwN). Denn insoweit liegt mit dem Eröffnungsbeschluss eine abschließende Entscheidung vor, die im Verfahren nach § 16 StPO nicht erneut zu beurteilen ist. Für die auf den Einwand gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 StPO noch vorzunehmende Prüfung ist vielmehr allein maßgeblich, ob im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen eines die örtliche Zuständigkeit begründenden Gerichtsstands gegeben waren (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2017 - 5 StR 593/16 Rn. 12; Beschluss vom 24. Oktober 2012 - 1 StR 485/12 Rn. 12; jeweils mwN).

b) Hieran gemessen war das Landgericht Lübeck örtlich zuständig.

aa) In rechtlicher Hinsicht ist das von der Anklage umfasste Tatgeschehen - wie vom Landgericht zutreffend beurteilt - in den Fällen 1 bis 4 als jeweilige einheitliche prozessuale Tat (§ 264 StPO) jeweils als Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zu werten, da die Zigaretten ohne vorherige Kennzeichnung mit Steuerzeichen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 TabStG) ins Steuergebiet verbracht und hierdurch die beim Verbringen entstandene Tabaksteuer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG verkürzt wurde (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., AO, § 370 Rn. 391). Eine mögliche Strafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO träte jedenfalls als mitbestrafte Nachtat hinter § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurück (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 - 1 StR 620/18, BGHSt 64, 146 Rn. 11).

bb) Ein Gerichtsstand ist nach § 7 Abs. 1 StPO bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk die Straftat begangen wurde. Begehungsort ist nach § 9 StGB sowohl der Erfolgs- als auch der Handlungsort, beim Unterlassungsdelikt der Ort, an dem der Täter sich während der Dauer des Unterlassens oder der Erfolgsabwendungspflicht aufhält sowie gebotsentsprechend handeln kann und muss.

Die Pflicht, die Steuer für Tabakwaren durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten, besteht bis zum Verbringen in das deutsche Steuergebiet (§ 17 Abs. 1 TabStG); wird gegen diese Verpflichtung verstoßen, entsteht die Steuer, wenn die Tabakwaren im Inland erstmals zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten werden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG). Auch bei der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO handelt es sich, wie sich aus § 370 Abs. 1 2. HS AO ergibt, um ein Erfolgsdelikt. Der Taterfolg des § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO liegt darin, dass die gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG beim Verbringen in das deutsche Steuergebiet entstandene Tabaksteuer nicht im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 1. HS AO vom Hauptzollamt festgesetzt wird. Dieser Taterfolg wird auf der gesamten Transitstrecke bis zum Bestimmungsort der Tabakwaren oder so lange, bis diese sonst „zur Ruhe kommen“, immer weiter perpetuiert, wenn - wie hier - keines der für die im Rahmen der Fahrtstrecke zuständigen Zollämter die Festsetzung der Tabaksteuer vornimmt (vgl. auch zum Begehungsort bei Handlungspflichten im Inland: BGH, Beschluss vom 20. Januar 1999 - 2 ARs 518/98 Rn. 3 sowie für den Transport von Betäubungsmitteln: BGH, Urteil vom 10. Februar 2016 - 2 StR 413/15 Rn. 10 und Beschluss vom 1. August 2006 - 3 StR 149/06). Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man nicht auf die Nichtfestsetzung, sondern bereits auf die „Entrichtungsverkürzung“ abstellt (vgl. Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, Lfg. 118, AO, § 370 Rn. 275). Mit Übergabe der unversteuerten und nicht mit Steuerzeichen versehenen Zigaretten an den Empfänger ist allein der Anwendungsbereich der Steuerhehlerei (§ 374 AO) eröffnet (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 - 1 StR 634/18, BGHSt 64, 152 Rn. 22 - 24); ab diesem Zeitpunkt bestimmt dieser Tatbestand die örtliche Zuständigkeit.

cc) Gemessen daran liegen hier hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die vom Angeklagten S. und dem gesondert Verfolgten Kh. benutzten Mobiltelefone beim Transport der Zigaretten ohne Steuerzeichen unmittelbar nach dem Grenzübertritt innerhalb weniger Stunden auf dem Weg zum Bestimmungsort Ki. oder T. über die Bundesautobahn A 7 auch den Bereich eines Hauptzollamtes im Landgerichtsbezirk Itzehoe berührten, der wiederum den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Lübeck begründet. Die insoweit aktenkundigen Erkenntnisse über die Standortdaten der während der Fahrt benutzten Mobiltelefone lassen es damit als hinreichend wahrscheinlich erscheinen, dass auch der Autobahnabschnitt der A 7 befahren wurde, der dem Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Lübeck zuzuordnen ist. Die Angeklagte P. muss sich die beim Transport durchfahrenen Gebiete über § 25 Abs. 2 StGB als Mittäterin tatortbegründend zurechnen lassen.

c) Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Lübeck für die übrigen Fälle folgt aus § 3 und § 13 StPO, da zwischen allen angeklagten Taten entweder ein personeller oder ein sachlicher Zusammenhang besteht.

3. Anhaltspunkte für eine willkürliche Handhabung durch die Staatsanwaltschaft sind nicht gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01 Rn. 92).

Auch wenn die Mehrzahl der angeklagten übrigen Taten keinen originären Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Lübeck haben, sondern in dem des Landgerichts Kiel, in dessen Zuständigkeitsbereich auch die Zigarettenlieferungen in den Taten 1 bis 4 letztlich mit dem dortigen Bestimmungsort beendet wurden, ergab sich für die Staatsanwaltschaft Lübeck keine Verpflichtung zur Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft Kiel zwecks dortiger Anklageerhebung zum Landgericht Kiel (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 1975 - 1 StR 559/74 Rn. 4 ff.). Das Wahlrecht der Staatsanwaltschaft wird nämlich auch durch die Tatsache, dass für einen oder mehrere Angeschuldigte mehrere Gerichtsstände begründet sind, nicht eingeschränkt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 23. Januar 2014 - 3 Ws 2 - 3/14 Rn. 9).

Aus dem Ermittlungsverfahren und der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Lübeck ergeben sich - wie der Vertreter des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung im Einzelnen ausgeführt hat - keine Anhaltspunkte für eine Ausrichtung an sachfremden Erwägungen.

4. Der aufgezeigte Rechtsmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Einstellungsurteils nach § 260 Abs. 3 StPO und zur Zurückverweisung des Verfahrens in der Sache.

Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, das Verfahren an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Kiel zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 StPO), da der Schwerpunkt der angeklagten Taten, insbesondere der Vorwurf der Geiselnahme nach § 239b StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 10 und 36 der Anklage), im Bezirk des Landgerichts Kiel liegt und diese auch von den überwiegend dort ansässigen Personen begangen wurden.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 12

Externe Fundstellen: NStZ 2022, 174; StV 2022, 773

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede