HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 251
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 1 StR 502/18, Beschluss v. 05.12.2018, HRRS 2019 Nr. 251
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 23. April 2018 - den Angeklagten S. betreffend - aufgehoben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
Die auf die jeweils nicht ausgeführte Sach- und Verfahrensrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Nichtanordnung der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen des Landgerichts bestand bei dem Angeklagten jedenfalls zu den Tatzeiten eine Abhängigkeit von Kokain. Die durch den Weiterverkauf des Diebesguts erzielten Erlöse verwendete er vollständig zur Finanzierung seines Kokainkonsums von monatlich 600 €.
Bei dieser Sachlage hätte sich das Landgericht damit befassen müssen, ob die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) vorliegen. Die von der Strafkammer erteilte Zustimmung zu einer Zurückstellung der Strafvollstreckung (§ 35 BtMG) ersetzt die Erörterung des § 64 StGB nicht. Die Unterbringung nach § 64 StGB geht der Zurückstellung der Strafvollstreckung vor (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2017 - 1 StR 646/16, Rn. 11 mwN).
2. Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist im vorliegenden Fall auszuschließen, dass das Landgericht bei einer Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf eine niedrigere Freiheitsstrafe erkannt hätte.
3. Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es entgegen dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht. Der Senat ist nicht gehindert, auch insoweit im Beschlusswege nach § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden; denn der Aufhebungsantrag hinsichtlich der Entscheidung über eine Maßregelanordnung wirkt zu Lasten und nicht zu Gunsten des Angeklagten i.S.d. § 349 Abs. 4 StPO (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2014 - 1 StR 317/14, Rn. 25).
4. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht, da die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen wurde (vgl. z.B. BGH, Beschlüsse vom 29. März 2017 - 2 StR 78/17, Rn. 6 mwN und vom 26. Januar 2017 - 1 StR 646/16, Rn. 13).
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 251
Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede