HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1409
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 227/23, Beschluss v. 05.10.2023, HRRS 2023 Nr. 1409
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 12. Januar 2023 wird verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung und Brandstiftung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel und der von ihm zudem gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionseinlegungsfrist haben keinen Erfolg.
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 44 Satz 1 StPO) ist unzulässig, weil die Revisionsbegründungsfrist gewahrt ist und sich der Antrag mithin auf eine unmögliche Rechtsfolge richtet (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 26. März 2019 - 2 StR 511/18, BGHR StPO § 341 Frist 2 Rn. 2; vom 14. Juli 2021 - 3 StR 185/21, NStZ-RR 2021, 344, jeweils mwN).
a) Die Revisionsbegründung ist jedenfalls im Ergebnis rechtzeitig formwirksam gemäß § 345 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2, § 32d Satz 2, § 32a StPO bei Gericht eingegangen. Dafür ist hier letztlich nicht entscheidend, ob das zunächst im Dateiformat JPG eingereichte Dokument die Anforderungen an eine Eignung zur Bearbeitung im Sinne von § 32a Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO, § 2 Abs. 1 ERVV erfüllt (vgl. BT-Drucks. 19/28399, S. 33; BGH, Beschlüsse vom 3. Mai 2022 - 3 StR 89/22, wistra 2023, 389 Rn. 4; vom 8. September 2022 - 3 StR 251/22, NStZ 2023, 54 Rn. 10; vom 9. August 2022 - 6 StR 268/22, NJW 2022, 3588 Rn. 6; vom 19. Oktober 2022 - 1 StR 262/22, NStZ-RR 2023, 22; BAG, Urteil vom 25. August 2022 - 6 AZR 499/21, NJW 2023, 623 Rn. 44 f.; Beschluss vom 29. Juni 2023 - 3 AZB 3/23, NJW 2023, 2445 Rn. 11 ff.; Meyer-Goßner/Köhler, StPO, 66. Aufl., § 32a Rn. 3 mwN). Selbst wenn die Revisionsbegründung zunächst nicht formwirksam eingereicht worden ist, gilt sie nach § 32a Abs. 6 Satz 2 StPO als zu diesem Zeitpunkt wirksam eingegangen (s. BT-Drucks. 18/9416, S. 47 f.); denn der Verteidiger hat auf einen Hinweis des Landgerichts hin direkt die Revisionsbegründung erneut, nunmehr im Dateiformat PDF, eingereicht und mitgeteilt, dass sie inhaltlich identisch mit der bereits übersandten sei.
b) Im Übrigen besteht kein Raum für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, soweit zur Begründung einer Verfahrensrüge ein Gerichtsbeschluss nachgereicht werden soll, auf dessen Fehlen der Generalbundesanwalt im Rahmen seiner Antragsschrift aufmerksam gemacht hat. Die Frist zur Revisionsbegründung als solche ist nicht versäumt worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung oder Nachbesserung einer Verfahrensrüge kommt, wenn die Revision sonst form- und fristgemäß begründet worden ist, grundsätzlich nicht in Betracht. Das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dient nicht zur Heilung von Zulässigkeitsmängeln bei Verfahrensrügen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einer Verfahrensrüge kommt daher nur in besonderen Prozesssituationen ausnahmsweise in Betracht, wenn dies zur Wahrung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör unerlässlich erscheint (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 23. Juni 2022 - 2 StR 269/21, juris Rn. 15; vom 11. April 2019 - 1 StR 91/18, NStZ 2019, 625 Rn. 4 mwN; s. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 1995 - 2 BvR 1899/95, NJW 1996, 512, 513). Ein derartiger Ausnahmefall ist nicht gegeben.
2. Die Revision ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Rechtsmittelrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Dies gilt auch, soweit mit der Sachrüge beanstandet wird, aus den Urteilsgründen sei nicht zu entnehmen, worauf die Schlussfolgerung beruht, bei mitgeteilten Geokoordinaten zu dem Mobiltelefon des Angeklagten handele es sich um diejenigen eines Brandortes. Die Beweiswürdigung in den Urteilsgründen soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Es ist nicht nötig, für jede einzelne Feststellung einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 25. Juli 2017 - 3 StR 111/17, StV 2017, 799, 800; Urteile vom 17. April 2014 - 3 StR 27/14, NStZ-RR 2014, 279, 280; vom 28. Februar 2019 - 1 StR 604/17, StV 2019, 808 Rn. 58). Nicht anders verhält es sich hier mit Blick auf die weitere Beweiswürdigung in Bezug auf die als Hilfstatsache herangezogenen Geokoordinaten.
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1409
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede