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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 898

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 142/22, Beschluss v. 28.06.2022, HRRS 2022 Nr. 898


BGH 3 StR 142/22 - Beschluss vom 28. Juni 2022 (LG Mönchengladbach)

Quälen und rohes Misshandeln von Schutzbefohlenen (Konkurrenzen; Zusammenfassung mehrerer Handlungen zu einer einheitlichen Tat); Adhäsionsanspruch.

§ 225 Abs. 1 StGB; § 52 StGB; § 406 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Quälen im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Mehrere Körperverletzungshandlungen, die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen, können als ein Quälen zu beurteilen sein, wenn die ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht.

2. Rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt dagegen vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert. Anders als das Quälen bezieht sich diese Tatvariante des § 225 Abs. 1 StGB auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen.

3. Wenngleich mehrere Einzelhandlungen - insbesondere bei deutlichen zeitlichen Zäsuren und ganz erheblichen Körperverletzungen - nicht generell im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit als eine Tat des Quälens zusammenzufassen sind, kann in Bezug auf dasselbe Opfer bei einer äußeren und inneren Geschlossenheit des Tatgeschehens eine Bewertung als lediglich eine Tat naheliegen.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 27. September 2021

geändert

in den Schuldsprüchen dahin, dass

der Angeklagte der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung, der Misshandlung von Schutzbefohlenen und der Körperverletzung in vier Fällen,

die Angeklagte der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig ist;

in dem die Angeklagte betreffenden Strafausspruch dahin, dass sie zu einer Jugenstrafe von vier Jahren verurteilt wird;

aufgehoben

in dem den Angeklagten betreffenden Strafausspruch in Bezug auf

die für die Taten zum Nachteil der Nebenkläger festgesetzten Einzelstrafen (unter V. 1. a bis e der Urteilsgründe),

die Gesamtfreiheitsstrafe; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten; im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen;

in dem die Angeklagte betreffenden Adhäsionsausspruch; insoweit wird von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Die Angeklagte hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die hierdurch den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das sie betreffende Adhäsionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen in acht Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und in sieben Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Misshandlung von Schutzbefohlenen in vier Fällen und Körperverletzung in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Die Angeklagte hat es wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in sieben Fällen, Misshandlung von Schutzbefohlenen in vier Fällen und Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Daneben hat es Adhäsionsentscheidungen zu Lasten beider Angeklagter getroffen. Diese rügen mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts; die Angeklagte beanstandet zudem die Verletzung des Verfahrens. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.

1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen ging der Angeklagte im Zeitraum vom 24. November 2020 bis zum 3. Januar 2021 sowohl seine beiden Kinder, die Nebenkläger, als auch seine Ehefrau, die Angeklagte, auf verschiedene Weisen körperlich an. Unter anderem schüttelte er am 3. Januar 2021 seinen damals rund einen Monat alten Sohn und verursachte dadurch lebenslange schwerste neurologische Folgeschäden sowie eine konkrete Lebensgefahr. Dabei handelte der Angeklagte wiederholt aus einer gefühllosen, gegen das Leiden der Geschädigten gleichgültigen Gesinnung heraus und verursachte wiederholt länger andauernde Schmerzen. Die Angeklagte unterband in Kenntnis der fortdauernd zugefügten körperlichen Misshandlungen in mehreren Fällen nicht die Einwirkungsmöglichkeit ihres Ehemannes auf die Kinder, obwohl ihr dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Die massiven Schmerzen der Kinder nahm sie billigend in Kauf und unternahm aus einer gefühllosen, gegen deren Leiden gleichgültigen Gesinnung nichts.

2. Die Feststellungen werden durch die Beweiswürdigung belegt; einen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten hat die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils insoweit auf die Revisionsrechtfertigungen nicht ergeben. Die von der Angeklagten nicht im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründete Verfahrensrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Allerdings bedürfen die Schuldsprüche auf die Sachrügen einer teilweisen Änderung, weil die rechtliche Bewertung des Tatgerichts nicht in jeder Hinsicht, namentlich mit Blick auf das konkurrenzrechtliche Verhältnis der verschiedenen Taten zueinander, Bestand hat. Die wiederholten Misshandlungen des einzelnen Kindes durch den Angeklagten beziehungsweise das Unterlassen der Angeklagten sind jeweils als eine schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen zusammenzufassen. Beim Angeklagten tritt bei der Tat zum Nachteil seines Sohnes tateinheitlich eine schwere Körperverletzung hinzu.

a) Das Quälen und das rohe Misshandeln einer Person nach § 225 Abs. 1 StGB sind selbständige Begehungsformen der Misshandlung Schutzbefohlener. Quälen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Mehrere Körperverletzungshandlungen, die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen, können als ein Quälen zu beurteilen sein, wenn die ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht. Rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt dagegen vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert. Anders als das Quälen bezieht sich diese Tatvariante des § 225 Abs. 1 StGB auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen (s. insgesamt BGH, Beschluss vom 19. Januar 2016 - 4 StR 511/15, NStZ 2016, 472 mwN; vgl. auch BGH, Urteile vom 17. Juli 2007 - 5 StR 92/07, BGHR StGB § 225 Misshandlung 2 Rn. 24 ff.; vom 30. März 1995 - 4 StR 768/94, BGHSt 41, 113, 115). Wenngleich mehrere Einzelhandlungen - insbesondere bei deutlichen zeitlichen Zäsuren und ganz erheblichen Körperverletzungen - nicht generell im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit als eine Tat des Quälens zusammenzufassen sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - 2 StR 98/05, NStZ-RR 2006, 42), kann in Bezug auf dasselbe Opfer bei einer äußeren und inneren Geschlossenheit des Tatgeschehens eine Bewertung als lediglich eine Tat naheliegen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2007 - 5 StR 92/07, BGHR StGB § 225 Misshandlung 2 Rn. 26).

b) Daran gemessen hat der Angeklagte den Tatbestand des Quälens hinsichtlich des jeweils misshandelten Kindes lediglich einmal verwirklicht.

aa) Der Angeklagte beging die insgesamt 18 Handlungen zu Lasten seines wenige Wochen alten Sohnes innerhalb eines Monats (3. Dezember 2020 bis 3. Januar 2021) in der gemeinsamen Wohnung. Die Strafkammer hat einzelne der Misshandlungen in diesem Tatzeitraum nicht näher einordnen können und zudem etwa in Bezug auf einen zwischen dem 3. und dem 26. Dezember 2020 liegenden Vorfall festgestellt, dass der Angeklagte dem Kind massive Schmerzen bereitete, die über die typischen, mit der aktuellen Körperverletzung verbundenen Schmerzen hinausgingen, und dabei aus einer gefühllosen, gegen das Leid gleichgültigen Gesinnung heraus handelte. Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe sind einzelne Zäsuren zwischen den mehrfachen Misshandlungen des Sohnes nicht ersichtlich. In subjektiver Hinsicht ergibt sich hieraus, dass der bei verschiedenen Handlungen wiederholt festgestellte Vorsatz des Angeklagten, länger andauernde, über die aktuelle Körperverletzungshandlung hinausgehende Beeinträchtigungen zu verursachen, den gesamten Tatzeitraum überspannte.

Entsprechendes gilt für die sechs vom Landgericht angenommenen Taten des Angeklagten zum Nachteil seiner damals einjährigen Tochter. Insbesondere hat es drei dieser Handlungen innerhalb des Tatzeitraums vom 24. November 2020 bis zum 3. Januar 2021 nicht näher einordnen können.

bb) Angesichts der danach bestehenden tatbestandlichen Handlungseinheit wird das bei einzelnen Handlungen neben dem Quälen zugleich verwirklichte Tatbestandsmerkmal des rohen Misshandelns (§ 225 Abs. 1 Variante 2 StGB) wegen der Überschneidungen in Bezug auf das jeweils geschädigte Kind ebenfalls zu einer einzigen Tat verbunden.

Zudem sind, wie vom Landgericht zutreffend zugrunde gelegt, hinsichtlich des Sohnes die Qualifikationsmerkmale des § 225 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 und 2 StGB verwirklicht. Hinter die Strafbarkeit nach § 225 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 StGB treten die Tatbestände der Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB und der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB als subsidiär zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 - 3 StR 22/16, BGHR StGB § 225 Konkurrenzen 6). Dagegen besteht mit der schweren Körperverletzung nach § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB Tateinheit, da die Verursachung der konkreten Lebensgefahr einerseits und des Verfalls in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung andererseits einen unterschiedlichen Unrechtsgehalt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 1998 - 4 StR 357/98, BGHR StGB § 223b Konkurrenzen 4).

cc) Demgemäß ist der Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO dahin zu ändern, dass der Angeklagte in Bezug auf seinen Sohn der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und hinsichtlich seiner Tochter - in Tatmehrheit dazu - der Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig ist. Hinzu tritt unverändert die Strafbarkeit wegen Körperverletzung in vier Fällen zum Nachteil seiner Ehefrau.

c) Die Angeklagte hat sich vor dem dargelegten Hintergrund insgesamt wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 1 Variante 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1 Alternative 1 und 2, § 13 StGB - durch Unterlassen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4. August 2015 - 1 StR 624/14, BGHR StGB § 225 Abs. 1 Misshandlung 2 Rn. 36 mwN) - im Rahmen einer einzigen Tat strafbar gemacht.

Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen und der dortigen rechtlichen Würdigung unterließ sie es nicht nur, in den sie betreffenden Einzelfällen gegen die konkreten Handlungen des Angeklagten einzuschreiten, sondern auch, bereits vorab trotz Kenntnis von früheren Gewalttätigkeiten die Kinder seinem Einflussbereich zu entziehen (vgl. zum Ergreifen geeigneter Maßnahmen bereits im Vorfeld BGH, Beschluss vom 17. März 2021 - 4 StR 155/20, StV 2022, 169 Rn. 11 mwN). Da sie mithin durch ein pflichtgemäßes Handeln vor Beginn des Tatzeitraums die folgenden Verletzungen ihrer Kinder insgesamt hätte vermeiden können, liegt lediglich eine Unterlassungstat vor (vgl. BGH, Urteile vom 6. November 2002 - 5 StR 281/01, BGHSt 48, 77, 97; vom 6. Juli 1990 - 2 StR 549/89, BGHSt 37, 106, 134 mwN; LK/Rissing-van Saan, StGB, 13. Aufl., Vorbemerkungen zu den §§ 52 ff. Rn. 103).

d) Den Änderungen der Schuldsprüche steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich die geständigen Angeklagten bei entsprechenden Hinweisen nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.

3. Der Strafausspruch ist wegen der Schuldspruchänderung aufzuheben, soweit gegen den Angeklagten Einzelstrafen für insgesamt 24 einzelne Taten zum Nachteil seiner Kinder (unter V. 1. a bis e der Urteilsgründe) festgesetzt worden sind. Dies hat zugleich die Aufhebung der ihn betreffenden Gesamtfreiheitsstrafe zur Folge. Die zugehörigen Feststellungen sind von der abweichenden konkurrenzrechtlichen Bewertung nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

Soweit gegen die Angeklagte eine Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verhängt worden ist, ist entsprechend § 354 Abs. 1 StGB auf eine Jugendstrafe in dieser Höhe für die einheitliche Tat zu erkennen. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung eine andere Rechtsfolge bestimmt hätte. Die dabei herangezogenen Gesichtspunkte des Schuldgehalts und des Erziehungsbedarfs bleiben hier von der Änderung des Schuldspruchs unberührt.

4. Der den Angeklagten betreffende Adhäsionsausspruch hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Dagegen ist der gegen die Angeklagte ergangene Adhäsionsausspruch wegen Rechtsfehlern aufzuheben; insoweit wird von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen (§ 406 Abs. 5 StPO).

a) Soweit das Landgericht den Anträgen der Nebenkläger wegen Ansprüchen gegen den Angeklagten stattgegeben hat, ist dies nicht zu beanstanden.

Dies gilt auch in Bezug auf die Feststellung, dass er der Nebenklägerin alle aus den festgestellten Taten erwachsenden materiellen Schäden zu ersetzen hat. Wie der Generalbundesanwalt im Grundsatz zutreffend ausgeführt hat, kann eine noch nicht abgeschlossene Schadensentwicklung ein Feststellungsinteresse bezüglich bereits eingetretener Schäden begründen; denn der Anspruchsberechtigte ist in einem solchen Fall nicht gehalten, sein Klagebegehren in einen Leistungs- und einen Feststellungsantrag aufzuspalten (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2018 - 3 StR 324/18, juris; Urteil vom 5. Oktober 2021 - VI ZR 136/20, NJWRR 2022, 23 Rn. 25 mwN). Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind den Urteilsgründen hier ohne weiteres zu entnehmen (vgl. zu den Anforderungen BGH, Beschlüsse vom 12. November 2019 - 3 StR 436/19, BGHR StPO § 406 Feststellungsurteil 1 Rn. 4; vom 6. Februar 2019 - 5 StR 522/18, juris). Zwar besteht bei der Nebenklägerin nicht mehr die Fehlstellung eines Fußes. Allerdings leidet sie infolge der Taten weiter unter einer Bindungstraumatisierung und Bindungsstörung, so dass ein daraus folgender Behandlungsbedarf, entsprechende Kosten und somit der Eintritt weiterer materieller Schäden naheliegen. Damit hat der Feststellungsausspruch Bestand. Hierüber kann der Senat gemäß § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO durch Beschluss trotz des hierzu abweichenden Antrages des Generalbundesanwalts entscheiden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Januar 1999 - 3 StR 602/98, BGHR StPO § 406a Abs. 2 Beschluss 1; vom 21. August 2002 - 5 StR 291/02, BGHSt 47, 378, 383).

b) Der Adhäsionsausspruch zu Lasten der Angeklagten ist vollständig aufzuheben, weil das Landgericht ihre gegenüber dem Angeklagten geringeren Verursachungsbeiträge nicht berücksichtigt hat. Sie war lediglich an einigen, nicht an allen Taten zum Nachteil der beiden Nebenkläger beteiligt. Insbesondere ist sie nicht wegen der schwersten Tat zum Nachteil des Nebenklägers verurteilt worden. Eine Zurechnung sämtlicher Tatbeiträge des Angeklagten nach § 830 Abs. 1 BGB scheidet daher aus. Die Beurteilung, ob sich jemand im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, richtet sich nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. November 2005 - 4 StR 321/05, BGHR StPO § 403 Anspruch 8; vom 19. Dezember 2017 - 3 StR 515/17, NStZ-RR 2018, 121, 122 mwN). Den Urteilsgründen ist allerdings nicht zu entnehmen, in welchem Umfang die Angeklagte durch ihre Taten die den Nebenklägern insgesamt entstandenen Schäden mit verursachte und für diese haftet. Da die Zurückverweisung der Sache allein wegen des zivilrechtlichen Teils der Entscheidung nicht in Betracht kommt und die Revision der Angeklagten im Übrigen erfolglos ist, sieht der Senat von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag gegen sie ab (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - 3 StR 20/14, juris Rn. 3).

5. Im Rahmen der die Angeklagte betreffenden Kostenentscheidung ist es angesichts des geringen Erfolgs der Revision nicht unbillig, die Angeklagte mit den gesamten Kosten ihres Rechtsmittels und den notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). In Bezug auf die ausscheidbaren Auslagen für das entsprechende Adhäsionsverfahren ist es hier sachgerecht, die gerichtlichen Auslagen nicht die Beteiligten tragen zu lassen und von einer Auslagenerstattung zwischen ihnen abzusehen (§ 472a Abs. 2 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 898

Bearbeiter: Christian Becker