Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2020
21. Jahrgang
PDF-Download
Von Nikolaos Pavlakos, LL.M., München[*]
Als Geldwäsche kann phänomenologisch die Einschleusung von Vermögensgegenständen, die aus Straftaten i.S.d. § 261 Abs. 1 S. 2 StGB herrühren, in den legalen Wirtschaftsverkehr zum Zweck der Verschleierung ihrer illegalen Herkunft definiert werden.[1] In einer Vielzahl von Fällen beginnt die Geldwäsche mit der Einzahlung solcher "bemakelter" Geldbeträge auf fremde Bankkonten (sog. Placement), während deren weitere Entwicklung sich aus der Vornahme zahlreicher Geldtransaktionen (sog. Layering)[2] zusammensetzt,[3] um die Spuren der illegalen Herkunft des Geldes zu verwischen. Es lässt sich erahnen, dass sich die Geldwäsche ohne den Einsatz des Bankwesens faktisch schwer verwirklichen lässt. Dies indiziert auch die Tatsache, dass in den letzten Jahren (insb. nach der Veröffentlichung der "Panama Papers" im Jahr 2016[4]) große europäische Banken im Mittelpunkt erheblicher Geldwäscheskandale stehen.[5]
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den Strafbarkeitsrisiken von Bankmitarbeitern wegen Geldwäsche. Diese stellen sich zunächst in zweierlei Hinsicht, je nachdem, ob der fragliche Bankmitarbeiter durch aktives Tun oder durch Unterlassen handelt. Die Geldwäsche durch aktives Tun kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn Bankgeschäfte mit Geld, das aus einer Katalogtat herrührt, direkt von Bankangehörigen ausgeführt werden. Solche Sachverhalte bringen zwar erhöhte Strafbarkeitsrisiken für Bankmitarbeiter mit sich, nicht aber besondere dogmatische Schwierigkeiten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Gesetzgeber in § 261 StGB einen Komplex von sehr weit gefassten Handlungen vertatbestandlicht hat.[6] Führt ein Bankmitarbeiter eine Einzahlung oder eine Überweisung mit "schmutzigem" Geld aus, erfüllt er nahezu unproblematisch den objektiven Tatbestand einer der Varianten der Geldwäsche, meistens das Drittverschaffen (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB).[7] Freilich finden sich auch bei der aktiven Geldwäsche gewisse Auslegungsprobleme. Beispielsweise ist umstritten, ob für die Tathandlungen des § 261 Abs. 1 StGB bedingter Vorsatz ausreichend ist,[8] oder ob die Entkriminalisierungsmöglichkeit des § 261 Abs. 6 StGB bei einer
Bargeldeinzahlung von einem gutgläubigen Bankmitarbeiter anwendbar ist.[9]
Diese Probleme werden jedoch im hiesigen Beitrag nicht behandelt. Vielmehr soll die Strafbarkeit von Bankmitarbeitern wegen Geldwäsche durch Unterlassen im Mittelpunkt stehen. Der Grund dieser Eingrenzung ist zweierlei. Zum einen bereitet die Unterlassungsstrafbarkeit an sich ohnehin große strafrechtsdogmatische Probleme, vor allem in Bezug auf die Garantenstellung i.S.d. § 13 Abs. 1 StGB. Zum anderen kommt der passiven Geldwäsche im Kreditinstitut in der Praxis eine bisher unterschätzte Bedeutung zu.[10] Heutzutage werden zahlreiche Bankgeschäfte via Online-Banking-Verfahren bzw. an Geldautomaten von den Bankkunden selbst ohne aktive Mitwirkung eines Bankmitarbeiters durchgeführt.
Die Kreditinstitute müssen deshalb gemäß § 6 Abs. 4 GwG bzw. § 25h Abs. 2 KWG[11] Monitoring-Systeme betreiben (sog. Datenverarbeitungssysteme). Dadurch werden sämtliche Banktransaktionen überwacht, die verdächtigen Fälle durch Warnsignale (red flags) erkannt und ein zuständiger Bankmitarbeiter (ggf. der Geldwäschebeauftragte des Instituts[12]) über die Verdachtshinweise informiert.[13] Er hat danach den fraglichen Sachverhalt selbst zu untersuchen und bei Vorliegen eines begründeten Geldwäscheverdachts eine Meldung bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden nach §§ 43 ff. GwG durchzuführen.[14] Bleibt er trotz der Hinweise des Monitoring-Systems untätig, unterliegt er zunächst einer Bußgeldsanktion (§ 56 GwG). In diesem Beitrag wird die Frage behandelt, ob er daneben strafbares Unrecht verwirklicht. Zudem wird die strafrechtliche Relevanz des Unterlassens des Geschäftsleiters des Kreditinstituts behandelt, wenn er untätig bleibt, während einer seiner Untergebenen Transaktionen mit bemakeltem Geld ausführt oder ausführen lässt.
Als "einfache" Bankmitarbeiter sind solche Angestellte zu verstehen, die keine leitende Funktion im Unternehmen innehaben.[15] Anhaltspunkt für die Garantenstellung von solchen Bankangehörigen könnten die Pflichten des GwG (vor allem die Meldepflicht der §§ 43 ff. GwG) und des KWG (hauptsächlich die §§ 25a ff. KWG) sein.[16] Dass rechtliche Pflichten (vor allem aus Gesetz oder Vertrag) aus sich selbst hinreichende Bedingungen der Garantenstellung seien, wurde früher häufig vertreten.[17] Diese Meinung ist jedoch verfehlt. Es kann nicht jeder außerstrafrechtlichen Pflicht eine garantiebegründende Wirkung zugeschrieben werden, ohne zugleich eine übermäßige Ausdehnung der Strafbarkeit hervorzurufen.[18] Rechtspflichten könnten allenfalls eine notwendige Bedingung der Garantenstellung darstellen.[19] Dazu ist jedoch eine strafrechtsautonome Prüfung erforderlich, m.a.W. ein strafnormativer Filter, der zwischen garantierelevanten und garantieirrelevanten Rechtspflichten unterscheiden kann.[20] Darauf haben die verschiedenen Garantenlehren hingewiesen, auf welche an dieser Stelle verwiesen wird;[21] dieser Filter liegt grob gesagt im Verhältnis des Unterlassenden zum geschützten Rechtsgut.
Auf dieser Basis ist eine Garantenstellung von einfachen Bankmitarbeitern für Geldwäsche zu verneinen. Erstens sind sie nicht selbst Adressaten der Pflichten des GwG bzw. KWG, sondern zuerst die Banken selbst bzw. deren Vertreter (also der Bankdirektor bzw. der Geldwäschebeauftragte).[22] Zweitens haben sie keine Machtposition im Institut inne, die bei Vorliegen einer außerstrafrechtlichen Rechtspflicht eine Garantenstellung begründet: Weder üben sie eine Herrschaft über die Bankkunden aus, noch können sie sich über die Verhinderungsmaßnahmen gegen die Geldwäsche selbst entscheiden.[23]
Als Bankdirektor ist diejenige Person zu verstehen, die die Führung des Geschäfts gemäß § 1 Abs. 2 KWG ausübt, also hauptsächlich die Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer des Instituts.[24] Zwar sind diese Personen Adressaten der Pflichten aus dem GwG bzw. KWG, diese Pflichten können jedoch (wie bereits erwähnt) aus sich selbst ebenso wenig eine Garantenstellung für den Bankdirektor wie für die einfachen Bankmitarbeiter begründen. Eine strafrechtsautonome Prüfung der Machtstellung des Bankdirektors im Institut ist daher erforderlich.[25]
Die Garantenstellung des Betriebsleiters für Straftaten im Betrieb ist sowohl von der Rechtsprechung als auch von der Wissenschaft prinzipiell anerkannt. Der BGH hat in drei jüngsten Entscheidungen judiziert, dass jeder Betriebsleiter eine Überwachungsgarantenpflicht habe, betriebsbezogene Straftaten von untergeordneten Mitarbeitern zu verhindern.[26] Diese Verantwortlichkeit wird in der Strafrechtsdogmatik mit dem juristischen Kunstbegriff "Geschäftsherrenhaftung" bezeichnet. Im Rahmen der Geldwäsche ist es mithin fraglich, ob der Bankdirektor aufgrund der Geschäftsherrenhaftung Geldwäschehandlungen von nachgeordneten Institutsmitarbeitern strafbewehrt zu verhindern hat. Um dies zu beantworten, sollen zuerst die Entstehungsgründe der Geschäftsherrenhaftung erläutert werden.
Der BGH hat allerdings keine vertiefte Begründung der Garantenstellung geliefert.[27] Die wichtigsten Ansätze dazu in der Wissenschaft lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Einige Ansätze weisen darauf hin, dass jeder Betrieb eine Gefahrenquelle für betriebsbezogene Straftaten darstelle, die der Unternehmensleiter zu überwachen habe, einerlei ob die Gefahren von Sachen oder Personen ausgehen.[28] Auf der anderen Seite wird von manchen Autoren vertreten, garantiebegründend sei nur die Herrschaft des Betriebsleiters über seine Angestellten, die sich grundsätzlich auf seine Befehls- und Weisungsbefugnis bzw. sein arbeitsrechtliches Direktionsrecht stütze.[29] Es lässt sich bereits vorwegnehmen, dass aus der folgenden Überarbeitung dieser beiden Ansätze ihre Untauglichkeit bewiesen wird, die Garantenstellung des Bankdirektors für Geldwäschehandlungen zu begründen.
Der erste Argumentationsstrang geht davon aus, dass jeder Besitzer einer Sache eine Überwachungsgarantenstellung hinsichtlich aller Gefahren habe, die von dieser Sache ausgehen; da die Gefahr der Straftatbegehung seitens der Betriebsmitarbeiter bei Betriebsbezogenheit der Straftat aus dem Unternehmen hergehe, habe auch der Unternehmensleiter diese Gefahren zu begegnen.[30]
Diese Argumentation ist bereits formallogisch falsch. Um dies zu verstehen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Prämisse, der Sachbesitzer habe alle Gefahren vom Betrieb her bei Strafe zu beseitigen, nicht ohne Weiteres gilt. Es ist zwar unbestritten, dass er Träger einer Überwachungsgarantenstellung ist.[31] Diese Garantenstellung kann aber nicht derart konturenlos sein, dass sie eine strafrechtliche Haftung für jede beliebige Gefahr begründet, die im naturalistischen Sinne aus der Sache herrührt. Eine solche Lösung verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG.[32] Der Sachbesitzer hat lediglich die Pflicht, strafrechtlich unerlaubte Gefahren zu beseitigen, wie sich aus der Lehre von der objektiven Zurechnung unmittelbar ergibt.[33] Die entscheidende Frage bei der Geschäftsherrenhaftung ist m.a.W., ob der Betriebsleiter alle erforderlichen Maßnahmen gegen unerlaubte Gefahren aus dem Unternehmen ergriffen hat. Die Auffassung über den Betrieb als Gefahrenquelle leitet die Pflichtwidrigkeit allein aus der Tatsache her, dass eine Straftat im Unternehmen begangen worden ist. Diejenigen, die behaupten, der Unternehmensinhaber habe eine strafbewehrte Pflicht den Betrieb zu überwachen, meinen im Grunde: Er habe eine Sorgfaltspflicht deswegen verletzt, weil eine Straftat im Unternehmen begangen worden sei.
Genau darin liegt der formallogische Mangel dieser Auffassung. Die Gefahr der Straftatbegehung durch vollverantwortliche Personen[34] gehört prinzipiell zum erlaubten Risiko.[35] Die hier angefochtene Auffassung differenziert
jedoch nicht zwischen erlaubten und unerlaubten Risiken; vielmehr sieht sie alle Straftaten aus dem Betrieb als a priori unerlaubte Risiken für den Leiter an. Diese Auffassung ist daher eine petitio principii,[36] weil sie von vornherein das Ergebnis voraussetzt, scil. dass die Begehung einer Straftat von Unternehmensangehörigen für den Leiter automatisch sorgfaltswidrig sei. Die generelle Gefährlichkeit jedes Betriebs für betriebsbezogene Straftaten mag daher eine zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Haftung nach § 130 OWiG aktivieren, nicht aber eine strafrechtliche Sanktion.
Beim zweiten Argumentationsstrang – der behauptet, garantiebegründend sei die Kontrollherrschaft des Betriebsleiters über seine Angestellten – lassen sich keine formalllogischen Fehler erkennen, sodass es prima facie richtig erschiene, die Garantenstellung des Betriebsleiters aufgrund der Kontrollherrschaft des Betriebsleiters herzuleiten. Bei näherer Betrachtung entpuppt sich aber auch diese Auffassung als unzureichend.
Die garantiebegründende Funktion der Herrschaft über Personen ist in der strafrechtlichen Literatur anerkannt. Garantieerzeugend ist nach diesem Ansatz die tatsächliche Möglichkeit des Unterlassenden, das Verhalten des Überwachenden zu kontrollieren.[37] Klassische Beispiele dieser Garantenstellung stellen das Kinder-Eltern-, bzw. das Inhaftierten-Gefängniswärtern-Verhältnis dar.[38] Der Gesetzgeber hält außerdem mittels echter Unterlassungsdelikte den Vorgesetzten bei starken Autoritätsverhältnissen aufgrund seiner Kontrollherrschaft für strafwürdig. Das ist beispielsweise der Fall beim § 357 Abs. 1 3 Var. StGB und § 41 WStG hinsichtlich Amt- bzw. Militärherrschaftsverhältnissen.[39]
Die entscheidende Frage in Bezug auf die Garantenstellung des Betriebsleiters ist folglich, ob das in wirtschaftlichen Unternehmen zwischen Vorgesetzten und Nachgeordneten bestehende Herrschaftsverhältnis[40] stark genug ist, um eine Garantenstellung zu begründen.
Es ist zunächst davon auszugehen, dass je mehr Hierarchieebenen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen bestehen, umso schwächer die Einflussmöglichkeiten der Angehörigen der obersten Hierarchiestufen auf konkrete Handlungen der Angehörigen der niedrigeren Hierarchiestufen werden. Der Grad der befehlsgebundenen Herrschaft des Betriebsleiters basiert m.a.W. infolge der Arbeitsteilung auf der hierarchischen Struktur des Unternehmens.[41] In Unternehmen mit einstufigem Hierarchiesystem – d.h. nur einer Vorgesetztenebene – kann durchaus die Weisungsbefugnis des Leiters eine Überwachungsgarantenstellung über die Untergebenen begründen, weil er eine unmittelbare, persönliche Herrschaft über alle Untergebenen ausübt.[42] Die Betriebsbezogenheit der vom Untergebenen begangenen Straftat kann hier außerdem als Strafbarkeitseinschränkung dienen.
Großunternehmen mit zahlreichen Mitarbeitern zeichnen sich hingegen durch ein mehrgliedriges Hierarchiesystem aus – d.h. durch mehrere "vor Ort" Vorgesetzte unter der Unternehmensleitung, wie beispielsweise Filialleiter (sog. mittleres Management). In einem solchen Fall beauftragen die Geschäftsführer das mittlere Management zur Aufsicht ihrer Nachgeordneten und behalten lediglich Überwachungspflichten über das mittlere Management.[43]
Die Angehörigen des mittleren Managements herrschen daher zwar über alle ihnen unmittelbare nachgeordneten Mitarbeiter, die Geschäftsführer üben jedoch nur eine sich sehr weit entfernt von den konkreten Handlungen der Mitarbeiter befindende, mittelbare Herrschaft aus.[44] Ihre ex ante Einflussmöglichkeiten auf eine konkrete Straftat sind deswegen schwach. Die einzige Möglichkeit, dass der Betriebsleiter trotz des Mangels an persönlicher Herrschaft über das Verhalten aller Betriebsmitarbeiter herrscht, wäre die Etablierung eines über die arbeitsrechtlichen Regelungen hinausgehenden starken Machtapparats, aufgrund dessen sich das Unternehmen zur Unrechtsorganisation umwandelt. Dieser Fall ist jedoch bereits als mittelbare Täterschaft eingestuft.[45] In der Regel sind daher alle rechtmäßigen Methoden, ein Unternehmen zu führen, im Prinzip nicht stark genug, um eine garantierelevante Herrschaft über vollverantwortliche Personen zu begründen.[46]
Selbst wenn die Grundlagen der Geschäftsherrenhaftung unproblematisch zur Strafbarkeit des Betriebsleiters herangezogen werden könnten, bestünde ohnehin eine Strafbarkeitslücke bei der Haftung des Bankdirektors
wegen Geldwäsche. Diese Lücke lässt sich durch die bereits implizierte Gegenüberstellung der Geschäftsherrenhaftung mit der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft erkennen.[47]
Der Grund, weshalb die Organisationsherrschaft vor über fünfzig Jahren als eine Form der mittelbaren Täterschaft konzipiert worden ist,[48] liegt darin, dass eine mittelbare Täterschaft wegen Handlungen strafrechtlich vollverantwortlicher Personen (ein sog. "Täter hinter dem Täter") grundsätzlich abzulehnen ist.[49] Dies kann verallgemeinert werden: Die Selbstverantwortung des unmittelbar Handelnden schließt im Prinzip die Täterschaft des Vordermannes aus und lässt nur eine Teilnahmeverantwortung nach den §§ 26 ff. StGB zu.[50] Die mittelbare Täterschaft kraft Herrschaft über organisierte Machtapparate ist zwar eine Ausnahme von diesem Grundsatz,[51] die jedoch nur wegen der Rechtsgelöstheit der Organisation bzw. des Automatismus der Tatbegehung gerechtfertigt ist. Deswegen ist sie nicht auf wirtschaftliche Unternehmen auszudehnen, sondern nur eingeschränkt auf Unrechtsorganisationen bzw. -Staaten anzuwenden.[52] Daraus kann man zumindest festhalten, dass eine Überwachungsgarantenstellung über Vollverantwortliche lediglich Beihilfe, nicht aber Täterschaft begründen kann.
Überträgt man diese Schlussfolgerung auf den Geldwäschefall, so ergibt sich, dass der Bankdirektor nicht strafbar sein kann, wenn die einfachen Bankmitarbeiter nur eine Handlung unterlassen. Da in diesem Fall die Mitarbeiter wie bereits dargestellt keine Garantenstellung tragen, fehlt es an einer rechtswidrigen Haupttat; konsequenterweise kann der Bankdirektor keine akzessorische Beihilfe leisten. Angesichts der großen praktischen Bedeutung der unterlassenen Geldwäsche für das Bankwesen erscheint daher das Vehikel der Geschäftsherrenhaftung ungeeignet, das Problem der Strafbarkeit des Bankdirektors wegen Geldwäsche befriedigend zu bewältigen. Die Lösung muss jenseits der Herrschaft des Betriebsleiters über personelle Gefahren gesucht werden. Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, ob die Annahme einer Garantenstellung für erhöhte Gefahrenquellen im Betrieb das Problem lösen kann.
Zwar wurde bereits dargestellt, dass die Argumentation über den Betrieb als Gefahrenquelle abzulehnen ist, da es zu weit ginge, wenn jeder Betriebsleiter alle vom Betrieb ausgehenden Gefahren strafbewehrt zu beseitigen hätte.[53] Die Gefahren aus Handlungen vollverantwortlicher Personen im Betrieb stellen vielmehr ein erlaubtes Risiko dar, das erst beim pflichtwidrigen Verhalten des Betriebsleiters strafrechtlich relevant wird. Es stellt sich nun die Frage, was passiert, wenn der Betrieb eine Quelle besonderer Gefahren ist, die über das Maß des erlaubten Risikos hinausgehen. Könnte man unter diesem Gesichtspunkt eine Überwachungsgarantenstellung annehmen? Die besseren Argumente sprechen dafür.
Aus einem Vergleich mit der Haftung des Sachbesitzers[54] folgt, dass derjenige, der in seinem Organisationskreis eine erhöhte, d.h. über das erlaubte Risiko hinausgehende, Gefahrenquelle eingeführt hat, auch erhöhte Sicherungsmaßnahmen ergreifen muss.[55] Der Waffenbesitzer muss beispielsweise höhere Sicherungsmaßnahmen als der Besitzer eines Schraubenziehers ergreifen; besucht er eine Kneipe und lässt er die Waffe unbeaufsichtigt auf dem Tisch liegen, um draußen eine Zigarette zu rauchen, während ein Dritter sie nutzt, um seinen Feind zu erschießen, haftet er mindestens wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen.[56]
Diese Gedanken können auf Betriebe, die eine deutlich über das normale Risiko hinausgehende Gefahrenquelle darstellen, übertragen werden.[57] Der Grund hierfür liegt darin, dass derjenige, der die Entscheidungen im Betrieb trifft, als quasi "Kaufmann" die Freiheit in Anspruch genommen hat, eine Gefahrenquelle für bestimmte Rechtsgüter zu betreiben. Diese besondere Freiheit soll aber mit besonderer Haftung ausgeglichen werden.[58] Der Betriebsleiter eines Unternehmens mit erhöhter Gefährlichkeit für bestimmte Rechtsgüter hat mithin eine Überwachungsgarantenpflicht, diese Gefahren zu beseitigen,[59] die als gefahrenerhöhte Geschäftsherrenhaftung
bezeichnet werden kann. Indizien für die Besonderheit der Gefahr sind die normativen Maßstäbe des Gesetzgebers bzw. – beim Fehlen eines rechtlichen Rahmens – die allgemeine Lebenserfahrung. Dass beispielsweise der Gesetzgeber einer Branche zahlreiche Sicherungspflichten auferlegt hat, ist in der Regel ein Indiz dafür, dass er dieser Betriebsart eine besondere Gefährlichkeit zuspricht.
Ein Feld, auf dem diese gefahrenerhöhte Geschäftsherrenhaftung typischerweise Anwendung finden kann, stellt das Umweltstrafrecht dar: Der Betriebsleiter eines Industrieunternehmens ist beispielsweise regelmäßig Garant für die Verhinderung einer Gewässerverunreinigung i.S.d. § 324 StGB, weil er über eine Quelle besonderer Gefahren für die von dieser Norm geschützten Rechtsgüter herrscht.[60]
Man könnte freilich das Gegenargument vorbringen, dass es zu eng wirke, die Garantenstellung des Betriebsleiters nur auf für bestimmte Rechtsgüter besonders gefährliche Unternehmen zu beschränken.[61] Die hier vertretene Lösung versucht allerdings angesichts der dogmatischen Schwierigkeiten bei der Herrschaft über vollverantwortliche Personen nur einen parallel liegenden Grund der Vorgesetztenhaftung zu begründen. Ob im Unternehmen eine derart starke Herrschaft vorliegen kann, dass sie in concreto eine Überwachungsgarantenstellung über die Betriebsangestellte begründet, kann hier dahingestellt bleiben.[62] M.a.W. setzt sich die hier vertretene Lösung von der Straftat eines nachgeordneten Mitarbeiters ab und begründet eigenständiges Unrecht für den Betriebsleiter; er hat nicht die Straftatbegehung von Mitarbeitern, sondern den Missbrauch der Betriebsstruktur zu deliktischen Zwecken zu verhindern.
Träger der gefahrenerhöhten Geschäftsherrenhaftung können allerdings nur diejenigen Personen sein, die zur Führung des Betriebs berechtigt sind, namentlich die Geschäftsführer. Denn Voraussetzung dieser Garantenstellung ist jedenfalls die Herrschaftsmöglichkeit über die Gefahrenquelle. Mitarbeiter, die zwar leitende Funktionen im Betrieb innehaben, wie z.B. Abteilungsvorsteher und Filialleiter, nicht aber Geschäftsführer des ganzen Betriebs sind, unterliegen regelmäßig keiner Garantenpflicht. Dies geht auf den Grund der gefahrenerhöhten Geschäftsherrenhaftung zurück, nämlich der Haftungsausgleich der kaufmännischen Freiheit: "Kaufmann" ist gerade nur der Geschäftsführer.[63]
Hauptsächlich aus den §§ 25a ff. KWG[64] folgt, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, den Kreditinstituten eine besondere Gefährlichkeit hinsichtlich Geldwäschetätigkeiten zuzusprechen.[65] Denn zum einen sieht das Gesetz ein ausführliches System zur Bekämpfung der Geldwäsche mit verschiedenen und manchmal gravierenden Pflichten für Banken vor. Zum zweiten entspricht es (wie in der Einleitung dargestellt) der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Kreditinstitute prädestiniert für eine besondere, häufig unersetzbare, Rolle bei der Geldwäsche sind.
Der Bankdirektor hat daher sowohl außerstrafrechtliche Pflichten als auch eine strafrechtlich relevante Herrschaftsposition über eine erhöhte Gefahrenquelle inne. Dies führt dazu, dass er als Träger einer Überwachungsgarantenpflicht über das Kreditinstitut als besondere Gefahrenquelle für Geldwäsche anzusehen ist. Werden mit seiner Kenntnis die Einrichtungen der Bank zu Geldwäschezwecken ausgenutzt, während er untätig bleibt, macht er sich gem. §§ 261, 13 Abs. 1 StGB strafbar.[66] Als Tathandlung kommt grundsätzlich das Drittverschaffen durch Unterlassen in Betracht (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB): er hat es nämlich unterlassen, die Erlangung "kontaminierter" Geldbeträge seitens der Bank zu verhindern.[67]
Problematisch ist darüber hinaus die Fallkonstellation, dass das Kreditinstitut, in dem die geldwäscherelevanten Geschäfte abgewickelt worden sind, Teil eines Konzerns ist.[68] Selbst wenn ein Bankkonzern im Ganzen eine besondere Gefahrenquelle für die Geldwäsche bildet (was sich nicht unproblematisch vertreten lässt, wenn am Konzern Unternehmen verschiedener Art teilnehmen), liegt ohnedies die größte Schwierigkeit für die Erstreckung der gefahrenerhöhten Geschäftsherrenhaftung auf Konzerne in der Frage, ob die Leitung des herrschenden Unternehmens ("Konzernleitung") als Geschäftsleiter aller Konzernmitglieder angesehen werden kann.[69] Denn der Konzern lässt sich in viele rechtlich selbstständige Einheiten unterteilen, die lediglich in bestimmten Konzernrechtsverhältnissen zueinander stehen.[70]
Ähnlich ist die Frage, ob die "ordnungswidrigkeitsrechtliche Geschäftsherrenhaftung" des § 130 OWiG auf Konzernsachverhalte anwendbar ist. Das OLG München hat dies in einem Urteil aus dem Jahr 2015 aufgrund der prinzipiellen Selbstständigkeit der Tochter- von der Muttergesellschaft bezweifelt, obschon die Möglichkeit von Ausnahmen bei stärkeren Abhängigkeitsverhältnissen offengelassen worden ist.[71] Die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung setzt indessen ein noch stärkeres Kontrollverhältnis als § 130 OWiG voraus, welches bereits in dezentralisierten und arbeitsteilig organisierten Großunternehmen grundsätzlich nicht vorliegt; dies muss umso mehr für Konzernsachverhalte gelten.[72] Unter diesem Gesichtspunkt geht die Annahme von strafrechtlicher Haftung aufgrund der schmalen Autoritätsverhältnisse zwischen Konzernleitung und Konzernmitgliedern zu weit.[73] Eine Garantenstellung der Angehörigen der Konzernleitung für Straftaten in den verschiedenen Tochtergesellschaften scheidet somit regelmäßig aus.
Dieser Beitrag zielt auf die Begründung einer gefahrenerhöhten strafrechtlichen Geschäftsherrenhaftung ab. Diese Verantwortlichkeit trifft nur die oberste Leitung von Unternehmen, bei der eine Quelle derart besonderer Gefahren vorliegt, dass sie weit über die normalen, rechtlich erlaubten Risiken aus einem Betrieb hinausgehen. Jenseits dieser gefahrenerhöhten Geschäftsherrenhaftung kommt die Annahme einer Überwachungsgarantenstellung über vollverantwortliche Personen nur ausnahmsweise in Betracht. Auf dieser Basis ist der Bankdirektor Überwachungsgarant für die Verhinderung von Geldwäsche, da Kreditinstitute eine erhöhte Gefährlichkeit für Geldwäschehandlungen aufweisen, obgleich sich diese Garantenstellung nicht auf andere Bankmitarbeiter erstreckt.
[*] Der Verfasser ist Doktorand am Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und Rechtsphilosophie (Prof. Dr. Frank Saliger) an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er schuldet seinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Saliger, herzlichen Dank für die Unterstützung bei der Verfassung des Beitrags sowie für die sprachliche und inhaltliche Überarbeitung des Manuskripts.
[1] Nahezu identisch BT-Drucks. 12/989, S. 26.
[2] Placement und Layering, sowie auch Integration stellen das sog. Drei-Phasen-Modell dar, das die Geldwäsche aus kriminologischer Sicht beschreibt, hierzu Bülte, in: Rotsch (Hrsg.), Criminal Compliance - Handbuch (2015), § 29 Rn. 8; Saliger, in: Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie Frankfurt a.M. (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatlichen Strafrechts (2007), S. 459.
[3] Fischer, Die Strafbarkeit von Mitarbeitern der Kreditinstitute wegen Geldwäsche (2011), S. 20; Nestler, Bank- und Kapitalmarktstrafrecht (2017), Rn. 850.
[4] Zur strafrechtlichen Relevanz der "Panama-Papers" siehe Papathanasiou JA 2017, 89 ff.
[5] So z.B. die Verwicklung der Deutsche-Bank (https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bank-razzia-wegen-verdacht-auf-geldwaesche-a-1241008.html, letztens aufgerufen am 16. Juni 2020) sowie der Dankse-Bank (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/danske-bank-droht-millionenstrafe-wegen-geldwaesche-skandal-15796310.html, letztens aufgerufen am 16. Juni 2020) in bekannten Geldwäschefällen.
[6] Vgl. BT-Drucks. 12/3533, S. 14; das gilt insb. für den § 261 Abs. 2 StGB, zumal dort hauptsächlich berufsneutrale Handlungen unter Strafe gestellt worden sind, hierzu Saliger, a.a.O. (Fn. 2), S. 463.
[7] BGH NJW 2015, 3254 Rn. 8 = HRRS 2015 Nr. 919; Bülte NZWISt 2017, 276, 282; Flatten, Strafbarkeit von Bankangestellten bei der Geldwäsche (1996), S. 88; Krepold/Fischbeck/Kropf/Werner, Bankrecht, 2. Aufl. (2018), S. 97; Plaumann-Ewerdwalbesloh/Zemke/Modringer, Bankenkommentar zum Geldwäscherecht - Kommentierung, Auslegung und praktische Umsetzung ausgewählter §§ aus GwG, KWG, ZAG, StGB und PrüfbV (2013), § 261 StGB Rn. 42; Werner, Bekämpfung der Geldwäsche in der Kreditwirtschaft (1996), S. 225.
[8] Hierzu Maiwald, in: Festschrift für Hirsch (1999), S. 644; vgl. auch BGH NJW 2019, 533, Rn. 23 = HRRS 2019 Nr. 111; Fischer, a.a.O. (Fn. 3), S. 85.
[9] Herzog/Nestler/El Ghazi, GwG, 3. Aufl. (2018), § 261 Rn. 122; Hombrecher JA 2005, 67, 69.
[10] Löwe-Krahl wistra 1993, 123, 125; a.A. Fischer, a.a.O. (Fn. 3) S. 116.
[11] Gesetz über das Kreditwesen, BGBI. I 2776.
[12] Herzog/Herzog, a.a.O. (Fn. 9), § 7 Rn. 13.
[13] Plaumann-Ewerdwalbesloh/Zemke/Schmid, a.a.O. (Fn. 7), § 25c KWG Rn. 134 ff.
[14] OLG Frankfurt a.M. 10.04.2018 - 2 Ss-OWi 1059/17, 2 Ss OWi 1059/17 = wistra 2019, 164, 165; Diergarten/Barreto da Rosa, Praxiswissen Geldwäscheprävention - Aktuelle Anforderungen und Umsetzung in der Praxis (2015), Kap. 6 Rn. 7 ff.; Gerlach CCZ 2019, 176 ff.; Nouvertné/Ruland WM 2017 Heft 32, 1544, 1545.
[15] D.h., keine Weisungsbefugnis, vgl. BT Drucks. VI/3250, S. 456.
[16] So z.B. MüKoStGB/Neuheuser, Bd. IV, 3. Aufl. (2017), § 261 Rn. 93.
[17] Dies war die sog. formelle Rechtspflichttheorie, siehe etwa RGSt 69, 321, 323; BGHSt 19, 167, 168; weitere Nachweise in Roxin, Strafrecht Allgemeiner Teil, Bd. II (2003), § 32 Rn. 4.
[18] Otto/Brammsen Jura 1985, 530, 532; Rudolphi, Die Gleichstellungsproblematik der unechten Unterlassungsdelikte und der Gedanke der Ingerenz (1966), S. 28; Vogel, Norm und Pflicht bei den unechten Unterlassungsdelikten (1993), S. 130.
[19] Schünemann, in: Festschrift für Amelung (2009), S. 310.
[20] Dieselbe zweistufige Prüfung, also zuerst Feststellung einer außerstrafrechtlichen Pflichtverletzung und dann Hinzunahme eines strafrechtsautonomen Kriteriums, setzt die h.M. bei einem anderen Pflichtdelikt voraus, scil. die Untreue gemäß § 266 StGB. Hierzu siehe statt vieler BVerfG NJW 2010, 3209, Rn. 112 = HRRS 2010 Nr. 656; Lüderssen, in: Festschrift für Eser (2005), 163 ff.; Saliger HRRS 2006, 10, 18; ders. JA 2007, 326, 327.
[21] Nennenswerte Garantenlehre sind beispielsweise diejenigen von Androulakis, Studien zur Problematik der unechten Unterlassungsdelikte (1963), S. 205 ff., der das Kriterium des Näheverhältnisses des Unterlassenden zum Opfer oder zum geschützten Rechtsgut als garantiebegründend ansieht; und Schünemann, Grund und Grenzen der unechten Unterlassungsdelikte - zugleich ein Beitrag zur strafrechtlichen Methodenlehre (1971), S. 217 ff. der für die Annahme einer Garantenstellung die tatsächliche Herrschaft des Unterlassenden über den Grund des Erfolges verlangt.
[22] Ausführlich Saliger, a.a.O. (Fn. 2), S. 465 f.; ferner Fülbier/Aepfelbach/Langweg/Schröder/Textor, GwG, 5. Aufl. (2006), § 261 Rn. 61.
[23] Fischer, a.a.O. (Fn. 3), S. 119; Herzog/Nestler/El-Ghazi, a.a.O. (Fn. 9), § 261 Rn. 117; Plaumann-Ewerdwalbesloh/Zemke/Hallermann, a.a.O. (Fn. 7), § 11 GwG Rn. 27.
[24] Vgl. Bülte NZWiSt 2012, 176, 180.
[25] Zum parallel liegenden, aus räumlichen Gründen jedoch nicht zu behandelnden Problem der Garantenstellung des Geldwäschebeauftragten siehe Neuheuser NZWiSt 2015, 241 ff.; zur Strafbarkeit des Betriebsbeauftragten im Allgemeinen Bock, Criminal Compliance, 2. unv. Aufl. (2013), S. 337.
[26] BGHSt 54, 44 ff. = HRRS 2009 Nr. 718 (nur obiter dictu); BGHSt 57, 42 ff. = HRRS 2012 Nr. 74; BGH NStZ 2018, 648 ff. = HRRS 2018 Nr. 312; vgl. aber die Abweichung durch die BGHZ 194, 26, 38; siehe auch Dannecker NZWiSt 2012, 441 ff.; Dannecker/Dannecker JZ 2010, 981 ff.; Rogall ZStW 1986, 573 ff.; Spring, Die strafrechtliche Geschäftsherrenhaftung - Unterlassungshaftung betrieblich Vorgesetzter für Straftaten Untergebener (2009), passim.
[27] Roxin JR 2012, 305, 305.
[28] Dannecker NWist 2012, 441, 448; Kuhlen NZWiSt 2015, 161, 162; Kuhn wistra 2012, 297, 298; Roxin JR 2012, 302, 306; Timpe StraFo 2016, 237, 240.
[29] Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht - eine Untersuchung der Verantwortlichkeit der Unternehmen und ihrer Führungskräfte nach geltendem und geplantem Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht (1979), S. 104; Tiedemann/Engelhart, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl. (2017), Rn. 352.
[30] Selbmann HRRS 2014, 235, 238; vgl. auch Taschke, in: Nietsch (Hrgs.), Compliance und soziale Verantwortung im Unternehmen - 4. Wiesbadener Compliance-Tag der EBS Law School - Center for Corporate Compliance (2019), S. 80.
[31] Roxin, a.a.O. (Fn. 17), § 32 Rn. 108.
[32] Vgl. BVerfG NJW 2003, 1030, 1031.
[33] Roxin, in: Festschrift für Honig (1970), S. 129; ders., Strafrecht Allgemeiner Teil Bd. I, 4. Aufl. (2006), § 11 Rn. 66.
[34] Bock, a.a.O. (Fn. 25), S. 311.
[35] Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. (1993), 29. Abs., Rn. 30; SK-StGB/Stein, 9. Aufl. (2017), § 13 Rn. 44.
[36] Joerden, Logik im Recht, 3. Aufl. (2018), S. 316.
[37] Schünemann, a.a.O. (Fn. 21), S. 217 ff.
[38] Vgl. Bock, a.a.O. (Fn. 25), S. 317.
[39] Rogall ZStW 1986, 573, 615.
[40] Die Herrschaft des Leiters basiert grundsätzlich auf seine Weisungsbefugnis.
[41] Hassemer, Produktverantwortung im modernen Strafrecht (1996), S. 64; Otto Jura 1998, 409, 410. Genau das Gegenteil gilt allerdings bei der mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft: Dort müssen zwischen dem "Schreibtischtäter" und dem unmittelbaren Handelnden mehrere Hierarchieebenen vorhanden sein, um überhaupt über eine "Organisation" zu sprechen.
[42] Dannecker NZWiSt 2012, 441, 446.
[43] Bock, a.a.O. (Fn. 25), S. 308.
[44] Die Garantenstellung des mittleren Managements infolge dieser Pflichtendelegation kann hier nicht in aller Ausführlichkeit behandelt werden. Hierzu siehe statt vieler Mosbacher/Dierlamm NStZ 2010, 268, 269; Schulze NJW 2014, 3484, 3486.
[45] Abgesehen davon wäre theoretisch möglich, dass der Betriebsleiter ausnahmsweise starke Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Untergebenen hat, ohne die Schwellenwert der Organisationsherrschaft zu erreichen; nur in einem solchen Fall würde die Annahme einer Garantenstellung nahe liegen, vgl. Schall, in: Festschrift für Rudolphi (2004), S. 275.
[46] Näher SK-StGB/Rudolphi/Stein, 8. Aufl. (2014), § 13 Rn. 35a; ferner Bottke wistra 1991, 81, 85; Schall, in: Festschrift für Rudolphi (2004), S. 272. Auch kriminalpolitische Gründe sprechen für dieses Ergebnis: Es kann nicht angehen, dass der Unternehmensinhaber alle Untergebenen bei Strafe zu beaufsichtigen hat; ähnlich zum § 357 StGB T. Vogel HRSS 2016, 301, 303.
[47] Einen ähnlichen Vergleich macht Bock, a.a.O. (Fn. 25), S. 317.
[48] Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 10. Aufl. (2019), S. 242 ff.; Schröder, Der Täter hinter dem Täter - ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft (1965), passim, insb. S. 166 ff.
[49] Siehe statt vieler Jakobs, a.a.O. (Fn. 35), 21. Abschn., Rn. 94; Krey/Nuys, in: Festschrift für Amelung (2009), S. 210; a.A. Schünemann ZIS 2006, 301, 302, der auf weitere Ausnahme von diesem Grundsatz hinweist, wie z.B. (neben der Organisationsherrschaft) die Ausnutzung eines mit vermeidbarem Verbotsirrtum unmittelbar Handelnden. Dass es nur diese wenigen Ausnahme gibt, beweist jedoch nur, dass es erst eine Regel gibt.
[50] Siehe Nachweise von Gimbernat Ordeig, in: Festschrift für Roxin (2001), S. 651; a.A. Greco ZIS 2011, 9 ff.
[51] Vgl. Krey/Noys, in: Festschrift für Amelung (2009), S. 210; Voli GA 2019, 385, 389.
[52] Näher Roxin, a.a.O. (Fn. 17), § 2 Rn. 129 ff.; ferner Kretschner StraFo 2012, 259, 261; Saliger, Umweltstrafrecht (2012), S. 74; Schünemann, in: 50 Jahre Bundesgerichtshof: Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. IV (2000) S. 629 ff.; a.A. aber die höchstrichterliche Rechtsprechung, so statt vieler BGHSt 48, 77, 89.
[53] Die Einschränkung der Haftung auf betriebsbezogene Straftaten kann über das Problem nicht hinauskommen, weil im Rahmen eines wirtschaftlichen Unternehmens fast alle Wirtschaftsdelikte betriebsbezogen sein können, vgl. auch Selbmann HRRS 2014, 235, 244.
[54] Vgl. Langkeit, in: Festschrift für Otto (2007), S. 652.
[55] Siehe Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolges, 2. unv. Aufl. (2012), S. 247, der über "sicherungspflichtige" Gegenstände spricht; auch Jakobs, a.a.O. (Fn. 35), 29. Abs., Rn. 37a.
[56] Frisch, a.a.O. (Fn. 55), S. 249.
[57] Bosch, Organisationsverschulden in Unternehmen (2002), S. 208; Jakobs, a.a.O. (Fn. 35), 29. Abschn., Rn. 34.
[58] So Frisch, in: Festschrift für Rogall, S. 121 ff., insb. 133; siehe auch Bock, Criminal Compliance, S. 313; Timpe StraFo 2016, 237, 240.
[59] Ähnlich Langkeit, in: Festschrift für Otto (2007), S. 653; LK-StGB/Weigend, Bd. 1, 13. online Aufl, (2020), § 13 Rn. 56; Mosbacher/Dierlamm NStZ 2010, 268, 269; Spring, a.a.O. (Fn. 26), S. 224, hinsichtlich besonders gefährlicher Personen.
[60] Böse NStZ 2003, 636, 638 m.w.N.
[61] So z.B. Frisch, in: Festschrift für Rogall (2018), S. 137 f. Freilich gilt auch, dass die erforderliche Herrschaft des Betriebsleiters umso schwächer sein muss, je höher die unerlaubten Risiken aus dem Betrieb sind.
[62] Siehe oben Fn. 45.
[63] Vgl. Ambos, in: Festschrift für Roxin (2011), S. 850 ff., zur Organisationsherrschaft von Angehörigen des mittleren Managements.
[64] Dieser Schluss lässt sich auch aus dem ganzen GwG ableiten, dessen primäre Adressaten Kreditinstitute sind. Jedoch sind die übrigen Verpflichteten des § 2 GwG (wie Rechtsanwälte und Steuerberater) nicht ohne Weiteres Garanten für Geldwäschetätigkeiten, weil ihnen (anders als die Bankinstitute) an einer faktischen Verbindung mit Geldwäsche regelmäßig fehlt.
[65] So auch Werner, a.a.O. (Fn. 7), S. 235.
[66] Saliger, a.a.O. (Fn. 2), S. 466.
[67] Ähnlich hat das schweizerische BGE 136 IV, 188 ff., judiziert.
[68] Wie das Deutsche-Bank-Konzern im Panama-Papers Fall, hierzu siehe oben Fn. 5.
[69] Schneider NZG 2009, 1321, 1324.
[70] Caracas, Verantwortlichkeit in internationalen Konzernstrukturen nach § 130 OWiG am Beispiel der im Ausland straflosen Bestechung im geschäftlichen Verkehr (2014), S. 62 ff.
[71] OLG München, Beschluss vom 23.9.2014. – 3 Ws 599, 3 Ws 600/14 = StV 2016, 35; siehe auch Besprechung von Caracas CCZ 2016, 44 ff.
[72] Hieran ändert das Vorliegen eines Beherrschungsvertrages nichts. Zwar ist die Konzernleitung auf Grundlage derartiger Verträge gemäß § 308 AktG weisungsberechtigt gegenüber dem ganzen Konzern. Weisungen an sich sind jedoch - wie bereits festgestellt - kein ausreichender Grund der Garantenstellung.
[73] Ähnlich Langkeit, Festschrift für Otto (2007), S. 656.