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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni 2020
21. Jahrgang
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1. Eine gerichtliche Überprüfung der Frage, ob die Gewährung einer vollzugsöffnenden Maßnahme sorgfaltswidrig war, hat den der Vollzugsbehörde zustehenden Beurteilungsspielraum und das ihr eingeräumte Ermessen zu berücksichtigen und die getroffene Entscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen. (BGHSt)
2. Gewährte Vollzugslockerungen und hierzu erteilte Weisungen sind im Allgemeinen stichprobenartig auf ihre Einhaltung zu überprüfen. Frequenz, Art und Ausmaß solcher Kontrollen unterliegen als Annex zur getroffenen Prognoseentscheidung demselben Beurteilungs- und Ermessensspielraum wie die Grundentscheidung über die Gewährung vollzugsöffnender Maßnahmen. (BGHSt)
3. Zur Vorhersehbarkeit im Sinne des Fahrlässigkeitstatbestandes bei komplexen Geschehensabläufen, insbesondere bei selbst- und fremdgefährdendem Verhalten eines Dritten. (BGHSt)
4. Das Gesetz räumt den Vollzugsbehörden bei Entscheidungen über die Verlegung in den offenen Vollzug und über die Gewährung von Vollzugslockerungen ein Ermessen ein. Die Vollzugsbeamten begehen kein strafwürdiges Unrecht durch Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen, wenn sie sich an die Vorgaben halten, die nach dem Gesetz dafür bestehen. (Bearbeiter)
5. Welche Umstände noch innerhalb des Bereichs des Voraussehbaren liegen, kann bei der Vielgestaltigkeit des täglichen Lebens nicht allgemein gesagt werden. Diese Beurteilung muss der sachgemäßen tatrichterlichen Prüfung des Einzelfalles überlassen bleiben. Immer aber wird auch der Revisionsrichter bei ausreichenden Feststellungen des Tatrichters eine Grenze zwischen dem Bereich der nach der Lebenserfahrung noch voraussehbaren und dem Kreis der nicht mehr voraussehbaren Umstände ziehen können und müssen. Denn die Frage danach, womit nach der Lebenserfahrung gerechnet werden kann und muss, ist nicht nur Tat-, sondern auch Rechtsfrage. (Bearbeiter)
6. Im Sinne des Fahrlässigkeitstatbestands voraussehbar ist, was der Täter nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in der konkreten Tatsituation als möglich hätte vorhersehen können. Bei der Beurteilung der Voraussehbarkeit muss auch berücksichtigt werden, was im Einzelnen tatsächlich geschehen ist, weil nicht die Gefährdung allein schon die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Täters wegen einer Fahrlässigkeitstat nach sich zieht. Nicht nur der Erfolg, sondern auch die Art und Weise, wie der Erfolg zustande gekommen ist, muss auf der Linie der Befürchtungen liegen, welche die Verletzung einer Sorgfaltspflicht begründen. (Bearbeiter)
7. Danach brauchen Einzelheiten des durch das pflichtwidrige Verhalten in Gang gesetzten Kausalverlaufs nicht vorhersehbar zu sein. Die Verantwortlichkeit des Täters entfällt aber für solche Ereignisse, die so sehr außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung liegen, dass der Täter auch bei der nach den Umständen des Falles gebotenen und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen zuzumutenden Sorgfalt nicht mit ihnen zu rechnen braucht. (Bearbeiter)
8. Tritt der Erfolg erst durch das Zusammenwirken mehrerer Umstände ein, so müssen auch diese Umstände für den Täter erkennbar sein, weil nur dann der Erfolg für ihn voraussehbar ist. Eingetretene Folgen können außerhalb der Lebenserfahrung liegen, wenn sich in den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Täters und dem Erfolg bewusste oder unbewusste Handlungen dritter Personen einschalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beitrag anderer Personen zum Geschehen in einem gänzlich vernunftwidrigen Verhalten besteht. (Bearbeiter)
1. Versuchsbeginn beim Einbruchdiebstahl. (BGHSt)
2. Bei Diebstahlsdelikten hängt der Versuchsbeginn (§ 22 StGB) regelmäßig davon ab, ob aus Tätersicht bereits die konkrete Gefahr eines ungehinderten Zugriffs auf das in Aussicht genommene Stehlgut besteht. Hierfür ist entscheidend, ob der Gewahrsam durch Schutzmechanismen gesichert ist. Ist dies der Fall, reicht für den Versuchsbeginn der erste Angriff auf einen solchen Schutzmechanismus regelmäßig aus, wenn sich der Täter bei dessen Überwindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt. (Bearbeiter)
3. Sollen mehrere gewahrsamssichernde Schutzmechanismen hintereinander überwunden werden, ist schon beim Angriff auf den ersten davon in der Regel von einem unmittelbaren Ansetzen zur Wegnahme auszugehen, wenn die Überwindung aller Schutzmechanismen in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit paraten Mitteln erfolgen soll. Wird der Schutz des Gewahrsams durch eine hierzu bereite Person gewährleistet, liegt Versuch vor, wenn auf diese (durch Täuschung oder Drohung) mit dem Ziel einer Gewahrsamslockerung eingewirkt wird und die Wegnahme in unmittelbarem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit erfolgen soll. (Bearbeiter)
4. Nicht erforderlich für das unmittelbare Ansetzen zur geplanten Wegnahme ist, dass der angegriffene Schutzmechanismus auch erfolgreich überwunden wird. Deshalb reicht der Beginn des Einbrechens, Einsteigens oder Eindringens im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB regelmäßig aus, um einen Versuchsbeginn anzunehmen. Soweit die bisherige Rechtsprechung des Senats entgegensteht, hält er hieran nicht fest. (Bearbeiter)
1. Der Versuch ist auch in der Form des untauglichen Versuchs strafbar (§ 23 Abs. 3 StGB). Dessen Wesen ist dadurch gekennzeichnet, dass er nicht gelingen kann, weil objektiv die tatsächlichen Voraussetzungen für den Erfolgseintritt fehlen, während der Täter diese irrig für gegeben hält. Die Strafbarkeit des Versuchs setzt nur voraus, dass die Tat, so wie der Täter sie sich vorstellt, alle Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes erfüllt, mag seine Vorstellung auch von gegebenen Tatsachen oder vom Verlauf von der Wirklichkeit abweichen.
2. Welches Vorstellungsbild sich der Beschuldigte vom Tatablauf machte, lässt sich deshalb nicht allein anhand eines nachträglich festgestellten objektiven Misserfolgs beurteilen. Will das Tatgericht beim untauglichen Versuch Rückschlüsse vom objektiven Tatablauf auf das subjektive Vorstellungsbild des Täters ziehen, kommt es darauf an, ob die objektive Ungefährlichkeit für ihn bei der Tatausführung erkennbar war.
Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit dem Eintritt des Todes abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Beide Elemente des bedingten Vorsatzes müssen in jedem Einzelfall umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände des Einzelfalls erfolgen, in welche insbesondere die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung, die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung und seine Motivationslage einzubeziehen sind. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau stellt die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive als auch für das voluntative Vorsatzelement dar.
Freiwilligkeit im Sinne des § 24 StGB liegt vor, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hält, er also weder durch eine äußere Zwangslage daran gehindert, noch durch seelischen Druck unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen. Dabei stellt die Tatsache, dass der Anstoß zum Umdenken von außen kommt oder die Abstandnahme von der Tat erst nach dem Einwirken eines Dritten erfolgt, für sich genommen die Autonomie der Entscheidung des Täters nicht in Frage. Erst wenn durch von außen kommende Ereignisse aus Sicht des Täters ein Hindernis geschaffen worden ist, das der Tatvollendung zwingend entgegensteht, ist eine daraufhin erfolgte Abstandnahme von der weiteren Tatausführung als unfreiwillig anzusehen.
1. Bei einer Tat nach § 132 Alt. 1 StGB ist eine Begehung in Mittäterschaft möglich; es handelt sich nicht um ein „eigenhändiges Delikt“. (BGHSt)
2. Ein eigenhändiges Delikt liegt vor, wenn der Täter nur durch sein eigenes Handeln persönlich den Tatbestand erfüllen kann. Entscheidend ist, dass das maßgebliche Unrecht weniger in der Gefährdung eines Rechtsguts als in eigenem verwerflichen Tun liegt. Für die Abgrenzung sind auch die Fassung des gesetzlichen Tatbestandes, der Zusammenhang der einschlägigen Gesetzesbestimmungen sowie deren Entstehungsgeschichte von Bedeutung. Insbesondere differenzierte Regelungen über unterschiedliche Begehungsformen in verschiedenen Tatbeständen können für die Annahme eines eigenhändigen Delikts sprechen, wenn ansonsten das abgestimmte Regelungsregime des Gesetzgebers unterlaufen würde. (Bearbeiter)
3. Zweck des § 132 StGB ist der Schutz des Staates und seiner Behörden. Diesen droht Gefahr, wenn Unbefugte anderen gegenüber die öffentlich-rechtlichen Funktionen eines von ihnen angeblich bekleideten Amtes in Anspruch nehmen und auf diese Weise der Schein amtlichen Handelns für Tätigkeiten erweckt wird, die in Wahrheit nicht unter der Kontrolle der staatlichen Organe zustande gekommen sind. Der Tatbestand beschreibt damit weniger ein höchstpersönliches sozialschädliches Verhalten, als vielmehr Handlungen, mit denen die abstrakte Gefährdung des Bürgervertrauens in die legitime Staatsmacht einhergeht. Das maßgebliche Unrecht des § 132 StGB liegt in der Gefährdung des geschützten Rechtsguts, nicht in einem eigenhändigen verwerflichen Tun. (Bearbeiter)
1. Stellt ein Beamter, dem insoweit zumindest die Möglichkeit der Einflussnahme zu Gebote steht, die Förderung der Karriere einer Bediensteten bei Stellenbesetzungen gegen sexuelle Gunstgewährung in Aussicht, so erfüllt dies den Tatbestand der Bestechlichkeit auch dann, wenn die konkrete Art der Förderung im Unbestimmten bleibt. (BGHSt)
2. Eine Diensthandlung liegt nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls vor, wenn das Handeln zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird. Dabei begeht eine pflichtwidrige Diensthandlung nicht nur derjenige, der eine Handlung vornimmt, die in den Kreis seiner Amtspflichten fällt, sondern auch, wer seine amtliche Stellung dazu missbraucht, eine durch die Dienstvorschriften verbotene Handlung vorzunehmen, die ihm gerade seine amtliche Stellung ermöglicht. (Bearbeiter)
3. Im Falle eines Ermessensspielraums liegt eine pflichtwidrige Diensthandlung vor, wenn der Amtsträger sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten lässt, was auch dann gilt, wenn er aufgrund seiner Kompetenz, derentwegen er in die Entscheidungsfindung einbezogen wird, über eine jedenfalls praktische Einflussnahmemöglichkeit verfügt. (Bearbeiter)
4. Unter Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. (Bearbeiter)
5. Durch den Bundesgerichtshof ist noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen immaterielle Zuwendungen dem Vorteilsbegriff der Bestechungsdelikte unterfallen. Jedoch entspricht es ständiger Rechtsprechung schon des Reichsgerichts und dies fortführend des Bundesgerichtshofs, dass die Gewährung von Geschlechtsverkehr einen Vorteil im Sinne der Bestechungsdelikte darstellt. Die vom Angeklagten geforderte Gewährung von Geschlechtsverkehr unterfällt damit als dessen Lage verbessernde Leistung dem Vorteilsbegriff der §§ 331 ff. StGB. (Bearbeiter)
6. § 265 StPO sichert den Anspruch des Angeklagten auf ein faires Verfahren nur insoweit, als ihm die Möglichkeit gegeben werden soll, sich mit den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen einer drohenden Verurteilung auseinanderzusetzen, die vom zugelassenen Anklagesatz abweichen. (Bearbeiter)
1. Das Sächsische Wahlprüfungsgesetz lässt die eidliche Vernehmung am Verfahren Beteiligter als Zeugen nicht zu. (BGHSt)
2. § 162 StGB enthält keine Einschränkung der Strafbarkeit falscher eidlicher Aussagen. (BGHSt)
3. § 154 StGB bedarf einer am Tatbestandsmerkmal der „zuständigen Stelle“ anknüpfenden einschränkenden Auslegung. Danach muss der Eid in einem Verfahren geleistet worden sein, in dem ein Eid dieser Art von den Gesetzen überhaupt zugelassen ist. Da das Strafgesetz nicht die „Reinheit eines Schwures sichern“ will, den die Rechtsordnung nicht kennt, entfällt die Strafbarkeit wegen vollendeten Meineids, wenn nach Art des Verfahrens oder der verfahrensrechtlichen Stellung des Schwörenden eine eidliche Vernehmung unzulässig war. (Bearbeiter)
4. Können Beteiligte (hier: eine Landtagsfraktion im Verfahren vor dem Wahlprüfungsausschuss) aufgrund ihrer Rechtsnatur nicht selbst, sondern nur durch ihre Vertreter handeln, nehmen diese die für die Beteiligten geltenden Rechte und Pflichten wahr. Ist die Stellung der Beteiligten mit der Zeugenrolle unvereinbar, gilt dies auch für die Vertreter oder Organe, durch die die Beteiligte im Verfahren handelt. (Bearbeiter)
1. Eine ärztliche Behandlung, die der Täter ohne Approbation vornimmt, kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Maßstäben eine sexuelle Handlung im Sinne des § 184h Nr. 1 StGB sein, auch wenn die Behandlung medizinisch indiziert war und für sich genommen lege artis vorgenommen wurde. (BGHR)
2. Eine Person unter sechzehn Jahren kann dem Täter im Rahmen eines Schülerpraktikums anvertraut im Sinne des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB sein. (BGHR)
3. Ein Behandlungsverhältnis gemäß § 174c Abs. 1 StGB setzt keine Approbation des Täters voraus. (BGHR)
4. Sexuelle Handlungen im Sinne der §§ 174 Abs. 1, § 184h Nr. 1 StGB können auch sogenannte ambivalente Tätigkeiten sein, die für sich betrachtet nicht ohne Weiteres einen sexuellen Charakter aufweisen, tatbestandsmäßig sein. Insoweit ist auf das Urteil eines objektiven Betrachters abzustellen, der alle Umstände des Einzelfalles kennt. Dazu gehören auch die Zielrichtung des Täters und seine sexuellen Absichten. Der notwendige Sexualbezug kann sich mithin etwa aus der den Angeklagten leitenden Motivation ergeben, seine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. (Bearbeiter)
5. Jedenfalls wenn der Täter eine Behandlung als Arzt vornimmt, obwohl er keine ärztliche Approbation hat, ist eine sexuelle Handlung nicht generell ausgeschlossen, sondern anhand der allgemeinen Grundsätze zu prüfen. Von diesen Grundsätzen abzuweichen, die eine für den jeweiligen Einzelfall sachgerechte und nach allgemeinen Kriterien nachvollziehbare Abgrenzung ermöglichen, besteht zumindest dann kein Anlass, wenn es an der für eine ärztliche Tätigkeit vorausgesetzten Erlaubnis fehlt und mithin die Behandlung bereits deshalb nicht regelgerecht durchgeführt ist. (Bearbeiter)
6. Ein Obhutsverhältnis i.S.d. § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert eine Beziehung zwischen Täter und Opfer, aus der sich für den Täter das Recht und die Pflicht ergibt, Erziehung, Ausbildung oder Lebensführung des Schutzbefohlenen und damit dessen geistig-sittliche Entwicklung zu überwachen und zu leiten. Ein solches Anvertrautsein setzt ein den persönlichen, allgemein menschlichen Bereich erfassendes Abhängigkeitsverhältnis des Jugendlichen zu dem jeweiligen Betreuer im Sinne einer Unter- und Überordnung voraus. Maßgebend sind in jedem Fall die konkreten, tatsächlichen Verhältnisse. (Bearbeiter)
1. Das Fordern und Vereinbaren eines bestimmten, gegebenenfalls auch überhöhten Preises umfasst nicht ohne Weiteres die schlüssige Erklärung, die Leistung sei ihren Preis auch wert. So besteht für den Verkäufer bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zum Offenlegen des Werts des Kaufobjekts, selbst wenn dieser erheblich unter dem verlangten Preis liegt. Im Regelfall muss der Verkäufer den Käufer auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen, sondern darf davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten Klarheit verschafft hat.
2. Anderes als bei derart vom Verkäufer vorgegebenen oder aber auch ausgehandelten Kaufpreisen gilt indes, wenn die Parteien die Höhe der Gegenleistung für einen Vertragsabschluss mit allen wesentlichen Bestandteilen nicht ausdrücklich vereinbaren müssen, sondern eine taxmäßige oder übliche Vergütung als vereinbart gilt. Rechnet der Werkunternehmer nach Leistungserbringung ab, erklärt er konkludent, das geforderte Entgelt entspreche dem als vereinbart geltenden Üblichen; tatsächlich weicht er jedoch vorliegend von den stillschweigend einbezogenen üblichen Sätzen zu Lasten des Bestellers ab.
3. Üblich ist die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden pflegt, wobei Vergleichsmaßstab Leistungen gleicher Art, Güte und Umfang sind sowie die Anerkennung der Üblichkeit gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraussetzt. Allerdings muss eine gewisse Schwankungsbreite bei der Festlegung des Ortsüblichen berücksichtigt werden, sodass erst eine deutliche Erhöhung betrugsrelevant ist.
4. Bereits das Ausgesperrtsein aus der eigenen Wohnung begründet regelmäßig eine Zwangslage im Sinne des Wuchertatbestands, ohne dass weitere besonders bedrängende Umstände hinzutreten müssten. Der ausgesperrte Wohnungsnutzer befindet sich nahezu stets in einer misslichen Ausnahmesituation, die ihn wegen der Eilbedürftigkeit an der ihm sonst möglichen Auswahl eines Handwerkers hindert und zumeist den „Nächstbesten“ beauftragen lässt. Mit diesem wird er regelmäßig den Werklohn nicht aushandeln können; vielmehr ist er dessen Preisbestimmung „ausgesetzt“. Bereits das Ausgesperrtsein bringt den Wohnungsnutzer in eine Schwächesituation, die der Handwerker „ausbeuten“ kann. Diese Unterlegenheit muss nicht durch weitere Gefahrenmomente (wie etwa einen eingeschalteten Herd, einen zurückgelassenen Säugling, Kälte) verschärft werden.
5. Das Tatbestandsmerkmal der „Zwangslage“ nach dem Willen des Gesetzgebers keine Existenzbedrohung voraus. Freilich ist unter Beachtung des ultima-ratio-Prinzips des Strafrechts und der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen innerhalb der Marktfreiheit zu verhindern, dass jedes Ergreifen einer gewinnträchtigen Geschäftschance bei Erbringen eines handwerklichen Notdienstes pönalisiert wird. Den weiter gefassten Anwendungsbereich des Wuchers muss das Tatbestandsmerkmal des „auffälligen Missverhältnisses zwischen den (in der Regel entgeltlichen) Vermögensvorteilen und der Leistung“ begrenzen.
6. Für das Ausbeuten einer Zwangslage genügt es, wenn das Ausnutzen der Schwächesituation (mit)ursächlich für das Vereinnahmen des überhöhten Werklohns ist; ein darüberhinausgehender funktionaler Zusammenhang zwischen der Zwangslage und der drastischen Überbewertung der Leistung des Wucherers ist nicht erforderlich. Da Mitursächlichkeit ausreicht, kommt es nicht darauf an, ob sich der Übervorteilte – was den Wuchertatbestand in der Variante der Zwangslage kennzeichnet – der Unangemessenheit seiner Gegenleistung bewusst ist, aber wegen seiner Schwächesituation und der dadurch bedingten erheblichen Einschränkung seiner (zivilrechtlichen) Entscheidungsfreiheit keine Handlungsalternative sieht.
7. Zwischen Betrug und Wucher besteht keine Gesetzeseinheit. Insbesondere sperrt der Wucher nicht als spezielleres Delikt eine Strafbarkeit wegen Betrugs.
8. Die Fallgruppen der Gesetzeseinheit verbindet der Gedanke, dass ein Verhalten zwar mehrere Strafvorschriften erfüllt, jedoch zur Erfassung des Unrechtsgehalts der Tat bereits die Anwendung eines Tatbestands ausreicht. Von maßgeblicher Bedeutung für diese Wertung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsgüter, gegen die sich der Angriff des Täters richtet, und die Tatbestände, die das Gesetz zu ihrem Schutz aufstellt. Die Verletzung des durch den einen Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine – wenn auch nicht notwendige, so doch regelmäßige – Erscheinungsform der Verwirklichung des anderen Tatbestands sein (vgl. BGHSt 39, 100, 109).
9. In diesem Sinne liegt etwa Gesetzeseinheit in Form der (materiellen) Subsidiarität vor, wenn zwischen mehreren verwirklichten Tatbeständen, die dasselbe Rechtsgut schützen, ein „normatives Einschluss- oder Stufenverhältnis“ besteht, welches das als Auffangtatbestand fungierende Gesetz hinter dem primär anzuwendenden zurücktreten lässt. Dabei resultiert das Einschluss- oder Stufenverhältnis daraus, dass die Tatbestände verschiedene Stadien oder unterschiedlich intensive Arten des Angriffs auf dieses Rechtsgut erfassen, wie es etwa bei Gefährdungs- und Verletzungsdelikten der Fall ist.
10. Nach dem Kompensationsverbot sind dem Täter der Steuerhinterziehung nur derartige Steuervorteile anzurechnen, die sich aus der unrichtigen Erklärung selbst ergeben oder die – im Falle des Unterlassens – ihm bei richtigen Angaben zugestanden hätten. Dies gilt jedenfalls, wenn diese mit den verschleierten steuererhöhenden Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und dem Täter ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden hätten (st. Rspr.). Ob bei einer Gesamtbetrachtung der Steuerausfall durch (ungerechtfertigte) Leistungen aus anderen Steuerschuldverhältnissen ausgeglichen wird, ist jedenfalls für den Schuldspruch unerheblich.
11. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält sowie ihn auch verkürzen will bzw. die Verkürzung billigend in Kauf nimmt; bedingter Vorsatz genügt. Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatumstandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt (§ 16 Abs. 1 Satz 1 StGB; st. Rspr.). Bezugspunkt des Vorstellungsbildes des Steuerpflichtigen ist damit die unterbliebene vollständige Titulierung des Steueranspruchs und nicht etwa ein endgültiger Steuerausfall.
1. Eine (besonders schwere) räuberische Erpressung kann auch begehen, wer das Opfer mit Gewalt dazu zwingt, die Wegnahme einer Sache zu dulden, während eine Verurteilung wegen Raubes daran scheitert, dass die hierfür erforderliche Zueignungsabsicht nicht vorliegt bzw. nicht nachweisbar ist.
2. Eine Verurteilung wegen räuberischer Erpressung erfordert jedoch die Absicht des Täters, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Als erstrebter Vermögenszuwachs kann dabei auch die Erlangung des Besitzes an einer Sache bewertet werden, und zwar selbst bei einem nur vorübergehenden Besitzwechsel.
3. Der Besitz einer Sache bildet jedoch nur dann einen Vermögensvorteil, wenn ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt, etwa weil er zu wirtschaftlichen messbaren Gebrauchsvorteilen führt, die der Täter oder der Dritte für sich nutzen will. An einem solchen Vermögenszuwachs fehlt es nicht nur in den Fällen, in denen der Täter die Sache unmittelbar nach Erlangung vernichten will, sondern auch dann, wenn er den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige und mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt.
4. Die erforderliche Bereicherungsabsicht fehlt auch dann, wenn es dem Täter beim Abpressen eines Mobiltelefons nur darum geht, dem Opfer einen Denkzettel zu verpassen oder es zu isolieren.
1. Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgebend ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswertes unmittelbar vor und nach der Verfügung.
2. Wurde der Geschädigte zum Abschluss eines Vertrages verleitet (Eingehungsbetrug), sind bei der für die Schadensfeststellung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertragspartner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen. Der Getäuschte ist geschädigt, wenn sich dabei ein Negativsaldo zu seinem Nachteil ergibt, etwa weil der Wert des tatsächlich erworbenen Anspruchs hinter dem der täuschungsbedingt vereinbarten Forderung zurückbleibt.
3. In Fällen abredegemäß sofort in bar zu begleichender Entgeltforderungen führt die Unfähigkeit des Schuldners, sofort zu bezahlen, bei wirtschaftlicher Betrachtung in aller Regel zu einem geminderten Wert des Anspruchs gegenüber dem täuschungsbedingt Vereinbarten.
4. An einem wirtschaftlichen Minderwert des Entgeltanspruchs infolge der abredewidrig unterbleibenden Barzahlung kann es allenfalls dann fehlen, wenn aus der Perspektive des für die Gesamtsaldierung maßgeblichen Zeitpunkts der Vermögensverfügung die zeitnahe Erfüllung der Entgeltforderung mit Sicherheit zu erwarten steht. Am Fall: Dass der Entgeltanspruch der Geschädigten mit Blick auf die bekannte Wohnanschrift des Angeklagten und der in einigen Tagen zu erwartenden Gehaltszahlung „durchaus durchsetzbar“ gewesen wäre, vermag das Fehlen einer Vermögensbeschädigung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB nicht zu begründen.
1. Zwar verdrängen die Tathandlungsvarianten des Verbreitens bzw. des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornografischer Schriften grundsätzlich diejenige des unerlaubten Besitzes solcher Schriften als subsidiären Auffangtatbestand. Dies betrifft jedoch ausschließlich den Zeitraum der Zugänglichmachung, nicht jedoch die Zeit danach, und nur die zugänglich gemachten Dateien.
2. Geht der Besitz kinderpornografischen Schriften in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz derartiger Schriften hinaus, tritt das Dauerdelikt des verbotenen Besitzes kinderpornografischer Schriften tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt. Bei gleichzeitigem Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten kinderpornografischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeicherten verbotenem Material bleibt kein Raum für eine tatmehrheitliche Verurteilung.
3. Die subjektive Komponente des § 176a Abs. 3 StGB hat allein nicht die Kraft, die sexuellen Missbrauchstaten und das Herstellen der kinderpornografischen Schriften mit deren – räumlich und zeitlich versetzten - Versenden zu verknüpfen.
4. Der fortdauernde Besitz der erstellten kinderpornografischen Schriften vermag die getrennt verwirklichten Delikte des schweren sexuellen Missbrauchs in Tateinheit mit Herstellens kinderpornografischer Schriften und das Unternehmen der Drittbesitzverschaffung kinderpornografischer Schriften nicht zu einer einheitlichen Tat zu verklammern. Dies hindern die unterschiedlichen Strafrahmen zwischen dem Herstellen kinderpornografischer Schriften bzw. der Drittbesitzverschaffung kinderpornografischer Schriften einerseits und dem verbotenen Eigenbesitz kinderpornografischer andererseits.
5. Unter dem Gesichtspunkt der natürlichen Handlungseinheit liegt eine Tat im materiellrechtlichen Sinne vor, wenn mehrere, im Wesentlichen gleichartige Handlungen von einem einheitlichen Willen getragen werden und aufgrund ihres engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs so miteinander verbunden sind, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches Geschehen darstellt. Dementsprechend können die Delikte des Besitzverschaffens kinderpornografischen Schriften und der Verbrechenstatbestand des § 176a Abs. 3 StGB ideal konkurrieren.
1. Täter nach § 176a Abs. 2 Nr. 1, § 176 Abs. 1 StGB kann nur sein, wer selbst mit dem Kind den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen, die mit dem Eindringen in den Körper verbunden ist, an einem Kind vornimmt oder von dem Kind an sich vornehmen lässt. Erforderlich ist danach, dass der Täter das Kind selbst körperlich berührt, da es sich bei dem Grundtatbestand des § 176 Abs. 1 StGB um ein eigenhändiges Delikt handelt.
2. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung beim schweren sexuellen Missbrauch von Kindern liegt vor, wenn bei der Verwirklichung der Grundtatbestände des § 176 Abs. 1 und 2 StGB mindestens zwei Personen vor Ort mit gleicher Zielrichtung derart bewusst zusammenwirken, dass sie in der Tatsituation zusammen auf das Opfer einwirken oder sich auf andere Weise psychisch oder physisch aktiv unterstützen. Hierbei reicht es aus, dass sich von den zusammenwirkenden Tätern der eine nach § 176 Abs. 1 StGB und der andere nach § 176 Abs. 2 StGB strafbar gemacht hat.
3. In diesen Fällen liegt die erforderliche gleiche Zielrichtung des täterschaftlichen Handelns darin, dass der Täter nach § 176 Abs. 2 StGB durch seinen Bestimmungsakt gegenüber dem Kind gerade diejenige sexuelle Handlung ermöglicht, die der andere im Sinne des § 176 Abs. 1 StGB vornimmt oder an sich vornehmen lässt. Dabei ist es für die Annahme eines Bestimmens im Sinne des § 176 Abs. 2 StGB ausreichend, dass der Täter durch sein Einwirken auf das Kind die sexuelle Handlung zwischen dem nach § 176 Abs. 1 StGB handelnden Täter und dem Kind verursacht hat.
4. Taugliche Opfer sind dabei auch Kleinkinder, die noch keinen eigenen Willen bilden können. Erforderlich ist in diesen Fällen ein Verursachen durch ein Verhalten, das auf das Opfer zielt, etwa wenn der Täter durch das Ausüben physischen Zwangs auf das Kind zugreift und es festhält oder dem Dritten aushändigt.
Die Eigenschaft als Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bleibt – jedenfalls bis zu einer Entwidmung als Wohnstätte – auch dann erhalten, wenn die ehemaligen Bewohner nicht (mehr) darin leben (hier: da sie verstorben sind). Spätestens mit Einführung des § 244 Abs. 4 StGB hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er die (dauerhafte) Nutzung der Wohnung nicht als tatbestandliche Voraussetzung des einfachen Wohnungseinbruchdiebstahls nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB verstanden wissen will, da die sprachliche Betonung dieses zusätzlichen Tatbestandsmerkmals in § 244 Abs. 4 StGB sonst nicht geboten gewesen wäre.
1. Dem Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB liegt eine objektiv-wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde. Bei der Bestimmung des Schadens ist daher im rechtlichen Ausgangspunkt auf den objektiv zu verstehenden Verkehrs- oder Marktwert abzustellen.
2. Zwar kann innerhalb bestehender und funktionierender Märkte (hier beim Gebrauchtwagenhandel) der dem Vermögensschaden zugrunde zu legende Wert des betreffenden Kraftfahrzeugs allein mittels des zwischen den Parteien vereinbarten Preises bestimmt werden. Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Denn angesichts der objektivwirtschaftlichen Betrachtungsweise kommt eine an dem vereinbarten Preis orientierte Bestimmung der Höhe des Vermögensschadens in aller Regel dann nicht in Betracht, wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, wonach – gemessen an einem von der Parteivereinbarung unabhängigen Marktwert – ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht.
1. Dem Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln unterfallen nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bloße „Mehrfachtötungen“ nicht. Eine solche (und damit kein Mordmerkmal) soll zumindest dann vorliegen, wenn sich der Täter mit Tötungsab-
sicht – auch bei Einsatz eines an sich gemeingefährlichen Tatmittels wie einer Brandlegung – gegen eine bestimmte Anzahl von ihm individualisierter Opfer richtet (BGH HRRS 2018 Nr. 900).
2. Der Senat hat hier nicht entscheidungserhebliche Zweifel, ob er der bisherigen Rechtsprechung zur Herausnahme von Mehrfachtötungen aus dem Mordmerkmal der Heimtücke gerade in Fällen der Brandlegung in einem Wohnhaus uneingeschränkt folgen könnte. Es erscheint wertungswidersprüchlich, den Täter, der von vornherein eine konkrete Vielzahl von Opfern durch ein in seinem Gefahrenpotential nicht beherrschbares Mittel tötet, gegenüber demjenigen zu privilegieren, der ohne diese Konkretisierung aufgrund der Gemeingefahr des Tötungsmittels auch nicht bereits individualisierte Opfer in Kauf nimmt.
3. Gemeingefährlich ist ein Tötungsmittel, wenn es in der konkreten Tatsituation eine unbestimmte Anzahl von Menschen an Leib oder Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Dabei ist nicht allein auf die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels abzustellen, sondern auf seine Eignung und Wirkung in der konkreten Situation unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Absichten des Täters.
4. Für die Frage der Gemeingefährlichkeit entscheidend ist, inwieweit das gefährliche Mittel nach Freisetzung der in ihm ruhenden Kräfte nicht mehr beherrschbar und daher im Allgemeinen in seiner Wirkung geeignet ist, eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben zu verletzen. Ist das Mittel angesichts seines Einsatzes in der konkreten Situation geeignet, eine allgemeine Gefahr entstehen zu lassen, kommt es auf den Umfang des konkreten Gefährdungsbereichs nicht an. Seine Beschränkung auf eine Räumlichkeit schließt die Eigenschaft als gemeingefährliches Mittel nicht aus, denn jede auch noch so allgemeine Gefahr hat der Natur der Sache nach irgendeine örtliche Grenze.
5. Es gibt nach ihrer Eigenart grundsätzlich gemeingefährliche Mittel, bei denen allenfalls im Einzelfall die Beherrschbarkeit bejaht oder bei der speziellen Art ihrer Handhabung die Gefahr für eine Vielzahl von Menschen ausnahmsweise verneint werden kann. Dazu zählen Brandsetzungsmittel und Explosionsstoffe. Bei ihnen hat der Täter die Folgen seines Tuns typischerweise nicht in der Hand. An der gemeingefährlichen Verwendung fehlt es bei an sich nicht beherrschbaren Mitteln nur dann, wenn der Täter im konkreten Fall davon ausgeht, es könne dadurch nur die zur Tötung ins Auge gefasste Person getroffen werden.
1. Gewahrsam ist die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft. Ein einmal begründeter Gewahrsam besteht fort, solange der Gewahrsamsinhaber noch Einwirkungsmöglichkeiten auf die Sache hat. Entscheidend für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist, dass der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob die tatsächliche Sachherrschaft vorliegt bzw. wer sie innehat, bemisst sich nach den Umständen des Einzelfalls und den Anschauungen des täglichen Lebens.
2. Gewahrsam kann in gelockerter Form fortbestehen, etwa dann, wenn der Gewahrsamsinhaber durch eine Täuschung veranlasst scheinbar kurzfristig einen Gegenstand an den Täter übergibt oder eine räumliche Entfernung vorliegt, wenn beispielsweise ein Landwirt Geräte auf dem Feld zurücklässt. Anderes gilt jedoch, wenn der Gegenstand in einem öffentlichen, mithin für jede Person zugänglichen Bereich liegt und der ortsabwesende Geschädigte nicht in der Lage ist, auf die Sache einzuwirken und so die Sachherrschaft gemäß seinem Willen auszuüben.
Dass die Drohung mit einer nicht ausschließbar ungeladenen Gaspistole im Rahmen eines Raubgeschehens beim Opfer zu psychisch vermittelten physischen Folgen führt, die als Gesundheitsbeschädigung im Sinne von § 223 Abs. 1, § 224 StGB einzuordnen sind, und der Täter mit dieser Möglichkeit gerechnet und sie billigend in Kauf genommen hat, versteht sich nicht von selbst. Es bedarf regelmäßig einer näheren Begründung, warum von einem entsprechenden Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich der psychisch vermittelten gesundheitlichen Auswirkungen der Tat insbesondere in Form von starken muskulären Verspannungen auszugehen war.
Tätige Reue liegt vor, wenn der Täter das Opfer in seinen Lebensbereich zurückgelangen lässt und zudem auf die erstrebte Leistung verzichtet; hierzu muss er vollständig von der erhobenen Forderung Abstand nehmen. § 239a Abs. 4 StGB setzt keine Freiwilligkeit voraus; es kommt somit auch nicht darauf an, aus welchen Motiven der Täter handelt.
1. § 145a StGB gleicht einer Blankettvorschrift, deren Tatbestand erst durch genaue Bestimmung der Führungsaufsichtsweisung ausgefüllt wird; erst hierdurch wird die Vereinbarkeit der Norm mit Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet. Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 145a StGB ist deshalb, dass die Weisung rechtsfehlerfrei ist. Verstöße gegen unbestimmte, unzulässige oder unzumutbare Weisungen können die Strafbarkeit nach § 145a StGB nicht begründen. Dabei handelt es sich um ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, dessen Vorliegen der Tatrichter in den Urteilsgründen darzutun hat. Zudem muss im Führungsaufsichtsbeschluss unmissverständlich klargestellt sein, dass es sich bei den in Rede stehenden Weisungen um gemäß § 68b Abs. 1 StGB strafbewehrte Weisungen handelt.
2. Die Gewalt muss nach der Neufassung des § 177 StGB nicht mehr das Mittel zur Erzwingung der sexuellen Handlung sein.