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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2020
21. Jahrgang
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1. Die Wahrnehmung höchstpersönlichen Rechte als Verletzter einer Straftat in einem Strafverfahren durch einen Betreuer bedarf grundsätzlich einer gesonderten Übertragung durch das Betreuungsgericht. Etwas anderes kann beispielsweise dann gelten, wenn der Betreuer anlässlich der Aufdeckung einer bestimmten, zum Nachteil des Betreuten begangenen Straftat eigens bestellt und mit umfassenden vermögensrechtlichen und persönlichen Befugnissen ausgestattet wird und das Betreuungsgericht hiermit erkennbar bezweckt, ihm die Durchsetzung der dem Betreuten aus der Straftat erwachsenen Schadensersatzansprüche gerade auch mit den Mitteln des Strafverfahrensrechts zu ermöglichen.
2. Der das Betreuungsrecht beherrschende Grundsatz, dass ein Betreuer nur für solche Aufgabenbereiche bestellt werden darf, in denen die Betreuung – zur Überzeugung des zur Prüfung und Entscheidung berufenen Betreuungsgerichts – erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 BGB), macht die ausdrückliche Übertragung (auch) des Aufgabenbereichs „Vertretung in Strafverfahren“ nur ausnahmsweise entbehrlich.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchänderung, welcher der Senat nicht folgen will, einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegensteht. Daran ändert der Umstand, dass sich der Generalbundesanwalt auch auf Absatz 4 des § 349 StPO bezogen hat, nichts.
1. Der in der Hauptverhandlung nach einer (Teil-) Einstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO grundsätzlich zulässige Übergang in das objektive Verfahren zum Zwecke der selbstständigen Anordnung der Einziehung gemäß § 76a Abs. 3 StGB bedarf einer auf die Durchführung des objektiven Verfahrens gerichteten Erklärung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung, die den entsprechend geltenden Anforderungen des § 200 StPO genügt. Ein bloßer Einziehungsantrag im Schlussvortrag der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft reicht insoweit nicht aus.
2. Die in § 73a Abs. 1 StGB geregelte erweiterte Einziehung von Taterträgen ist gegenüber der Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB subsidiär und kann nur angeordnet werden, wenn sich das Tatgericht außerstande sieht, die deliktisch erlangten Gegenstände eindeutig den abgeurteilten oder anderen konkreten rechtswidrigen Taten zuzuordnen.
1. Ein Zeuge ist nur unerreichbar, wenn der Tatrichter unter Beachtung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht alle der Bedeutung des Beweises entsprechenden Bemühungen zur Beibringung des Zeugen vergeblich entfaltet hat und keine begründete Aussicht besteht, dass der Zeuge in absehbarer Zeit von dem Gericht als Beweismittel herangezogen werden kann.
2. Auf die Beachtung der zwingenden Vorschrift des § 244 Abs. 6 Satz 1 StPO können die Prozessbeteiligten nicht verzichten.
Zwar existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass einem Zeugen nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden darf. Jedoch müssen die Urteilsgründe dann erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Wird dem Zeugen hinsichtlich weiterer Taten nicht gefolgt, so muss das Tatgericht jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben.
1. Das Tatgericht hat in Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, grundsätzlich dessen wesentliche Anknüpfungstatsachen und Ausführungen so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Liegt dem Gutachten ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrunde, wie dies etwa bei daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses.
2. Entsprechend diesen Grundsätzen muss nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Darstellung molekulargenetischer Vergleichsuntersuchungen in den in der forensischen Praxis gebräuchlichen Verfahren lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden, sofern sich die Untersuchungen auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen. Bei Mischspuren, d. h. solchen Spuren, die mehr als zwei Allele in einem DNA-System aufweisen und demnach von mehreren Personen stammen, ist jedoch in den Urteilsgründen weiterhin mitzuteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer anderen Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ob dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war. Je nach den Umständen des konkreten Einzelfalls können strengere Anforderungen gelten. Dabei wird sich regelmäßig die Angabe empfehlen, wie viele Spurenverursacher in Betracht kommen und um welchen Typ von Mischspur es sich handelt.
Wiedereinsetzung zur Behebung von Versäumnissen des Nebenklägervertreters bei der Revisionsbegründung kommt nicht in Betracht. Bereits ein Angeklagter muss sich Fehler seines Verteidigers und inhaltliche Mängel bei Fertigung der Revisionsbegründungsschrift zurechnen lassen. Dies gilt erst recht für den Nebenkläger. Nach dem allgemeinen Verfahrensgrundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO müssen sich Verfahrensbeteiligte, die sich nicht gegen einen Schuldvorwurf verteidigen, das Verschulden ihres Vertreters stets zurechnen lassen.
Ist nur über die Zubilligung einer Entschädigung zu befinden, kann das Rechtsmittelgericht dies nach § 406a Abs. 2 Satz 2 StPO ohne Hauptverhandlung tun. Dies erfordert, auch dann eine Entscheidung im Beschlusswege zuzulassen, wenn im Übrigen wegen der Schuld- und Straffrage die Voraussetzungen des § 349 Abs. 2 StPO vorliegen, da der Gesetzgeber vermeiden wollte, dass allein wegen der Adhäsionsentscheidung eine Hauptverhandlung stattfindet.
Zur Eröffnung des Hauptverfahrens genügt die schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage nach Prüfung und Bejahung der Eröffnungsvoraussetzungen zur Hauptverhandlung zuzulassen. Deshalb muss das den Eröffnungsbeschluss enthaltende Schriftstück aus sich heraus oder in Verbindung mit anderen Urkunden oder Aktenbestandteilen eindeutig erkennen lassen, dass der zuständige Richter die Eröffnung des Hauptverfahrens tatsächlich beschlossen hat. Dabei ist die Verwendung von Vordrucken grundsätzlich zulässig, sofern diese eindeutig abgefasst sind. Ein Vordruck, in dem weder die Anklage konkretisiert noch der Angeschuldigte bezeichnet ist, enthält in der Regel keinen wirksamen Eröffnungsbeschluss.