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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2012
13. Jahrgang
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1. Sieht die Staatsanwaltschaft nach der Erfüllung von Auflagen von der Verfolgung eines Vergehens des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Beiträgen (§ 266a StGB) nach § 153a Abs. 1 StPO endgültig ab, so steht § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF (nunmehr § 23 Abs. 1 Nr. 1 AEntG) wegen der Unterschreitung von Mindestlöhnen (§ 1 Abs. 1 AEntG aF) nicht entgegen. (BGHSt)
2. Zwischen Taten nach § 266a StGB (Vorenthalten von Arbeitsentgelt durch Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen) und der Nichtzahlung des – für die Höhe der Beiträge maßgeblichen – Mindestlohns (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF) besteht weder materiellrechtliche Tateinheit noch liegt eine Tat im prozessualen Sinn (§ 264 StPO) vor. (Bearbeiter)
3. Vorwürfe nach § 266a StGB und Vorwürfe der Mindestlohnunterschreitung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 AEntG aF stehen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander (§ 53 StGB). Dies gilt für sämtliche tatbestandliche Varianten des § 266a StGB. (Bearbeiter)
Der Senat legt dem EuGH folgende Frage zur Vorabentscheidung vor: „Sind die die Erteilung und die Annullierung eines einheitlichen Visums regelnden Art. 21, 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15. September 2009 S. 1, Visakodex – VK) dahin auszulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen entgegenstehen, in denen die geschleusten Personen zwar über ein Visum verfügen, dieses aber durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaates über den wahren Reisezweck erlangt haben?“
1. Von dem neu gefassten Tatbestand des § 266a StGB sind auch betrugsähnliche Begehungsweisen erfasst, so dass die Vorenthaltung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen nach neuem Recht dem Betrug als lex specialis vorgeht. Diese Gesetzeslage ist gegebenenfalls bei der gebotenen konkreten Betrachtungsweise als die dem Angeklagten günstigere gemäß § 2 Abs. 3 StGB zur Anwendung zu bringen. Dies kann insbesondere im Hinblick auf verwirklichte Regelbeispiele von Bedeutung sein.
2. Bei echten Unterlassungsdelikten wie § 266a Abs. 1 StGB und § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB sind die Taten erst beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen ist, sei es durch Beitragsentrichtung, sei es durch Wegfall des Beitragsschuldners.