HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1023
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 6 StR 355/21, Beschluss v. 24.08.2021, HRRS 2021 Nr. 1023
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. April 2021 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Einziehung von mehr als 26.100 Euro angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana und Kokain) in nicht geringer Menge“ in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Darüber hinaus hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, einen Vorwegvollzug von einem Jahr und sechs Monaten sowie die Einziehung des Wertes „des Taterlangten“ in Höhe von 386.970 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) hält rechtlicher Prüfung überwiegend nicht stand.
Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
„Das Landgericht hat - mit Ausnahme von Fall 1 (26.100 Euro Verkaufserlös) - keine Feststellungen dazu getroffen, welche Kaufpreisgelder der Angeklagte vereinnahmte. Diese Feststellungslücke lässt sich hier nicht mit dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, namentlich mit der Menge und dem geschätzten Wirkstoffgehalt der veräußerten Betäubungsmittel, schließen. Vielmehr wäre der tatsächlich vereinnahmte Veräußerungserlös nach Ausschöpfung vorrangiger Erkenntnismöglichkeiten vom Tatgericht tragfähig zu schätzen gewesen (§ 73d Abs. 2 StGB, § 261 StPO, vgl. BGH, Beschluss vom 16. Juni 2020 - 1 StR 149/20); den Urteilsgründen müssen die Schätzungsgrundlagen nachvollziehbar zu entnehmen sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2020 - 4 StR 537/19; Senat, Beschluss vom 7. April 2020 - 6 StR 28/20; BGH, Beschlüsse vom 18. März 2020 - 1 StR 600/19 und vom 23. Januar 2020 - 3 StR 26/19). Einer solchen Schätzung hat sich das Landgericht [...] verschlossen und eine solche daher nicht vorgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2021 - 4 StR 8/21).“ Dem schließt sich der Senat an.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1023
Bearbeiter: Sina Aaron Moslehi/Karsten Gaede