HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 99
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 557/24, Beschluss v. 19.11.2024, HRRS 2025 Nr. 99
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Mai 2024 im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer am 8. Januar 2021 begangenen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Sein auf die Sachrüge und Verfahrensbeanstandungen gestütztes Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg und ist im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts).
Der Strafausspruch hat keinen Bestand, denn die Strafkammer hat nicht berücksichtigt, dass im Hinblick auf die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer ausweislich der Urteilsgründe noch nicht vollständig vollstreckten Freiheitsstrafe von vier Jahren durch ein spanisches Gericht am 27. Januar 2022 wegen einer kurz nach der hiesigen Tat begangenen versuchten Vergewaltigung ein Härteausgleich geboten gewesen war.
Bei der Strafzumessung sind auch solche etwaigen Härten in den Blick zu nehmen, die durch die zusätzliche Vollstreckung von Strafen drohen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, wenn diesbezüglich in zeitlicher Hinsicht - wie hier - die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB erfüllt wären (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 26. Januar 2022 - 3 StR 461/21, NJW 2022, 1327 mwN). Denn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteile vom 21. September 2017 - C-171/16 Rn. 26; vom 15. April 2021 - C-221/19, NJW 2021, 3107 Rn. 50; vom 5. Juli 2018 - C-390/16 Rn. 28) haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass frühere in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Verurteilungen in gleichem Maße bei der Strafzumessung berücksichtigt werden, wie inländische Vorverurteilungen nach innerstaatlichem Recht. Hiernach ist bei zeitigen Freiheitsstrafen ein Härteausgleich vorzunehmen, um den sich daraus ergebenden Nachteil auszugleichen, dass bei einer früheren Verurteilung durch ein Gericht eines anderen EU-Mitgliedstaats keine Gesamtstrafe nach § 55 StGB gebildet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. April 2020 - 1 StR 15/20, BGHSt 65, 5 Rn. 14 ff.). Beziffert werden muss dieser nicht (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2022 - 3 StR 461/21, NJW 2022, 1327; EuGH, Urteil vom 12. Januar 2023 - C-583/22, NJW 2023, 1491; vgl. aber auch BGH, Beschluss vom 8. März 2023 - 1 StR 130/22 Rn. 20 f.).
Da es sich um einen bloßen Wertungsfehler handelt, bleiben die rechtsfehlerfreien Feststellungen bestehen (vgl. § 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 99
Bearbeiter: Christian Becker