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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 881

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 578/23, Beschluss v. 10.04.2024, HRRS 2024 Nr. 881


BGH 5 StR 578/23 - Beschluss vom 10. April 2024 (LG Hamburg)

Berufsverbot (Missbrauch von Beruf oder Gewerbe; berufstypischer Zusammenhang).

§ 70 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe im Sinne § 70 StGB liegt vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Dazu genügt nicht ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf dem Täter lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen. Die strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit selbst sein und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen; sie muss symptomatisch für die Unzuverlässigkeit des Täters im Beruf erscheinen.

2. Eine Verletzung der mit dem Beruf oder Gewerbe verbundenen Pflichten ist ferner nur zu bejahen, wenn der Täter bei Tatbegehung gegen eine der speziellen Pflichten verstößt, die ihm bei der Ausübung seines Berufs oder Gewerbes auferlegt sind. Auch hierfür bedarf es eines berufstypischen Zusammenhangs der Tat zu der ausgeübten beruflichen Tätigkeit.

Entscheidungstenor

Das Verfahren wird betreffend die Angeklagten P., A. und Ah. im Fall 47 der Urteilsgründe eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.

Auf die Revisionen der Angeklagten A. und Ah. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. Juni 2023 im Schuldspruch dahin geändert, dass beide Angeklagte jeweils des banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetruges in 79 Fällen schuldig sind.

Ihre weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Beide Beschwerdeführer haben die verbleibenden Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Auf die Revision des Angeklagten P. wird das vorgenannte Urteil

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetruges in 46 Fällen schuldig ist, und

aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten ein Berufsverbot verhängt worden ist.

Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die Kostenbeschwerde des Angeklagten Ah. wird auf seine Kosten verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen 47 Fällen, die Angeklagten A. und Ah. jeweils wegen 80 Fällen banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetruges schuldig gesprochen und zu Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren (P.), zehn Jahren (A.) und sieben Jahren (Ah.) verurteilt; zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen den Angeklagten P. hat das Landgericht außerdem ein Berufsverbot ausgesprochen. Gegen ihre Verurteilung richten sich die Beschwerdeführer mit Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützen. Die Rechtsmittel erzielen die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolge; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die seitens des Angeklagten Ah. erhobene sofortige Beschwerde gegen den Kostenausspruch bleibt ebenfalls erfolglos.

1. Der Senat hat das Verfahren im Fall 47 der Urteilsgründe für die Angeklagten P., A. und Ah. auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen eingestellt (vgl. Antragsschriften des Generalbundesanwalts). Infolgedessen entfällt bei allen drei Angeklagten die Verurteilung wegen eines Falls des banden- und gewerbsmäßigen Subventionsbetruges, was zugleich den Wegfall der für den betroffenen Fall jeweils verhängten Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten (P., A.) und von zwei Jahren (Ah.) nach sich zieht. Dies berührt die Gesamtstrafen indes nicht; sie können bestehen bleiben. Denn angesichts der Einsatzstrafen von sechs Jahren im Fall der Angeklagten P. und A. sowie von vier Jahren und neun Monaten im Fall des Angeklagten Ah. und angesichts der Vielzahl der bei allen Angeklagten verbleibenden gewichtigen Einzelstrafen kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die im Fall 47 verhängten Strafen auf niedrigere Gesamtfreiheitsstrafen erkannt hätte.

2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten A. und Ah. bleiben ohne Erfolg; die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben (vgl. Antragsschriften des Generalbundesanwalts).

a) Die dem Zusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmende und der konkurrenzrechtlichen Einordnung der Taten des Angeklagten A. zugrunde liegende Feststellung, wonach dieser in allen ursprünglich 80 Fällen des Subventionsbetruges jeweils einen individuellen Tatbeitrag erbrachte (zu den Konkurrenzen beim uneigentlichen Organisationsdelikt vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2023 - 3 StR 427/22 Rn. 8), ist auch für diesen Angeklagten hinreichend beweiswürdigend unterlegt. Denn die Strafkammer konnte auch für die von ihm nicht eingeräumten Taten aufgrund einer Vielzahl von Indizien herleiten, dass stets er es war, der die Mitangeklagten dahingehend instruierte, für welche Firmen welche Anträge über welche „Prüfenden Dritten“ zu stellen waren. Der Annahme, dass dies jeweils durch gesonderte Anweisungen geschah, steht nicht entgegen, dass sich der Angeklagte zum Zeitpunkt einzelner Antragstellungen nicht vor Ort, sondern in Dubai befand. Zwar hat das Landgericht insoweit auch eine „Urlaubsvertretung“ durch den Mitangeklagten Ah. angesprochen. Es ist jedoch auch hier nicht davon ausgegangen, dass einzelne, etwa vorab erteilte Anweisungen des Angeklagten A. potentiell mehrere Anträge umfassten, sondern hat im Gegenteil betont, dass dieser „auch in den Zeiten der Abwesenheit in einem intensiven Kontakt per WhatsApp und am Telefon mit den übrigen Mitgliedern der Tätergruppe“ stand.

b) Soweit das Landgericht bei der Strafzumessung zuungunsten des zum Urteilszeitpunkt bereits 24 Jahre alten Angeklagten Ah. berücksichtigt hat, dass gegen ihn als Jugendlichen und Heranwachsenden (ausschließlich) Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel verhängt wurden, hat es zwar das aus § 51 Abs. 1 iVm § 59 und § 63 Abs. 1 BZRG folgende Verwertungsverbot übersehen. Nachdem die Strafkammer aber bei diesen Vorahndungen ausdrücklich bedacht hat, dass sie nicht einschlägig sind und schon geraume Zeit zurückliegen, vermag der Senat auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung niedrigere Einzelstrafen oder eine mildere Gesamtstrafe festgesetzt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO).

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten P. führt allein zur Aufhebung des Maßregelausspruchs.

a) Hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs hat die aufgrund der Revisionsrechtfertigung veranlasste Überprüfung des Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das gilt entgegen der Revision auch für die Strafzumessung.

So durfte das Landgericht hierbei trotz der Ausgestaltung des § 264 StGB als Gefährdungsdelikt die erhebliche Höhe der Hilfsgelder strafschärfend berücksichtigen, deren unberechtigte Auszahlung die Angeklagten gemeinsam bewirkten. Dabei war es in dem durch § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO vorgegebenen Rahmen nicht gehalten, sich in den Urteilsgründen ausdrücklich mit der ungleichen Binnenaufteilung der erlangten Beträge unter den Angeklagten auseinander zu setzen, zumal es durchaus in den Blick genommen hat, dass der Angeklagte P. auf eine prozentuale Beteiligung an den ausgezahlten Hilfen selbst verzichtete, um das Aufdeckungsrisiko seiner Tatbeiträge zu minimieren.

Die Tarnung seiner eigenen Beteiligung, die mit der seitens des Angeklagten P. stattdessen präferierten offenen Abrechnung seiner Tätigkeit nach dem RVG verbunden war, hat die Strafkammer zudem ohne Rechtsfehler als Ausdruck besonderer krimineller Energie gewertet. So dürfen die geplante Vermeidung von Tatspuren oder deren Beseitigung vor der Tat als die Tat prägende Umstände strafschärfend herangezogen werden (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2015 - 1 StR 200/15 mwN, NStZ-RR 2015, 239). Entgegen der Revision wird dem Angeklagten damit nicht zur Last gelegt, den Ermittlungsbehörden seine Überführung nicht erleichtert zu haben (vgl. BGH aaO). Denn der Angeklagte hat keineswegs nur solche Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, auf die kein überlegt handelnder Täter verzichtet hätte und die daher schon das normale Tatbild prägen.

Soweit die Revision schließlich auf die negativen Folgewirkungen einer längeren Freiheitsstrafe für den Kontakt zu Familienangehörigen hinweist (zu deren möglicher Berücksichtigung im Rahmen der Anwendung des § 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 StGB vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2006 - 2 BvR 173/06; BGH, Beschlüsse vom 16. Februar 2005 - 5 StR 566/04, NStZ-RR 2005, 168; vom 10. August 2011 - 2 StR 221/11; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 718), zeigt sie ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Landgericht seine Feststellungen zur familiären Situation des Angeklagten - er ist verheiratet und hat zwei im fortgeschrittenen Schulalter stehende Kinder - bei der Strafzumessung aus dem Blick geraten sein könnten.

b) Die Anordnung eines Berufsverbots hält indessen rechtlicher Prüfung nicht stand.

aa) Das Landgericht hat dem Angeklagten für die Dauer von drei Jahren die selbständige Ausübung buchhalterischer Tätigkeiten sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter oder zur Ausübung von buchhalterischen Tätigkeiten als Angestellter eines Buchhalters, Steuerberaters oder Rechtsanwalts verboten.

(1) Nach den Feststellungen begingen die Angeklagten im Lauf des Jahres 2021 unter Ausnutzung der Corona-Pandemie gemeinsam Straftaten des Subventionsbetruges, indem sie eine Vielzahl an Scheinfirmen und nicht aktiven Einzelunternehmen errichteten und für diese sogenannte Corona-Hilfen aus den Hilfeprogrammen des Bundes beantragten. In 47 Fällen (einschließlich des nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Falles) stellte diese Anträge der Angeklagte P., der mit der von ihm als Geschäftsführer vertretenen P. S. GmbH erlaubnisfreie Unternehmensberatung, Buchen laufender Geschäftsvorfälle, Bau- und Büroservice und Lohnbuchhaltung anbot. Bei den Anträgen nutzte der Angeklagte aus, dass er mit der Kanzlei des Rechtsanwalts G. in B. „vertraglich verbunden“ war. Dieser verfügte als „Prüfender Dritter“ über den notwendigen Online-Zugang zur Stellung von Anträgen.

Der Angeklagte befüllte die Antragsformulare mit dem Datenmaterial zu den jeweiligen Firmen, welches ihm von den übrigen Beteiligten absprachegemäß geliefert wurde, und reichte die Anträge bei den Subventionsgebern ein, wobei er den Online-Zugang des Rechtsanwalts G. benutzte. Dabei wusste er, dass die dortigen Angaben hinsichtlich der Umsätze der Antragsteller sowie der pandemiebedingten Einbußen frei erfunden waren und es sich um wirtschaftlich inaktive Unternehmen handelte. Für die Antragstellung rechnete Rechtsanwalt G. in Absprache mit dem Angeklagten die jeweiligen Sätze nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auf Basis der jeweils beantragten Hilfesumme gegenüber den Antragstellern ab. Die auf diese Weise erzielten Einkünfte sollten gemäß schriftlicher Vereinbarung zwischen Rechtsanwalt G. und der P. S. GmbH im Verhältnis 40:60 aufgeteilt werden.

(2) Nach Auffassung des Landgerichts wurden mit dieser Tätigkeit die Voraussetzungen eines Berufsverbots nach § 70 StGB erfüllt: Der Angeklagte P. habe unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf gestellten Aufgaben gehandelt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Als von dem gesondert verfolgten Rechtsanwalt G. mit der Einreichung der Anträge beauftragter Berufshelfer habe er die Gewährung von Überbrückungshilfen im Namen der jeweiligen Antragsteller beantragt. Er habe insofern als Bote fungiert und für die Richtigkeit sowie für die Vollständigkeit der Antragsunterlagen eingestanden. Zudem habe er die Identität der jeweiligen Antragsteller bestätigt. Insbesondere habe er unter dem Namen des Rechtsanwalts G. jeweils versichert, dass die zahlenmäßigen Angaben zu den Umsätzen und Schäden plausibilisiert worden seien. Der „Prüfende Dritte“ habe im Rahmen der Hilfen ferner die (in)direkte Betroffenheit der Antragsteller vom „coronabedingten Lockdown“ bescheinigt. Die hieraus resultierende Aufgabe zur Prüfung und Einreichung wahrheitsgemäßer Anträge sei als eine aus dieser Art der Gewerbetätigkeit erwachsende Pflicht anzusehen. Diese Pflicht habe der Angeklagte „missbraucht“, um der Tätergruppe die Stellung unberechtigter Subventionsanträge zu ermöglichen.

bb) Durch diese Erwägungen werden die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Berufsverbots nicht ausreichend belegt. Ein solches erfordert gemäß § 70 StGB die Verurteilung wegen einer rechtswidrigen Tat, die der Angeklagte unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat. Für diese beiden Alternativen gilt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 19. November 2019 - 1 StR 364/19 mwN, NStZ-RR 2020, 75):

Ein Missbrauch von Beruf oder Gewerbe im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn der Täter unter bewusster Missachtung der ihm gerade durch seinen Beruf oder sein Gewerbe gestellten Aufgaben seine Tätigkeit ausnutzt, um einen diesen Aufgaben zuwiderlaufenden Zweck zu verfolgen. Dazu genügt nicht ein bloß äußerer Zusammenhang in dem Sinne, dass der Beruf dem Täter lediglich die Möglichkeit gibt, Straftaten zu begehen. Die strafbare Handlung muss vielmehr Ausfluss der jeweiligen Berufs- oder Gewerbetätigkeit selbst sein und einen berufstypischen Zusammenhang erkennen lassen; sie muss symptomatisch für die Unzuverlässigkeit des Täters im Beruf erscheinen.

Eine Verletzung der mit dem Beruf oder Gewerbe verbundenen Pflichten ist nur zu bejahen, wenn der Täter bei Tatbegehung gegen eine der speziellen Pflichten verstößt, die ihm bei der Ausübung seines Berufs oder Gewerbes auferlegt sind. Auch hierfür bedarf es eines berufstypischen Zusammenhangs der Tat zu der ausgeübten beruflichen Tätigkeit.

Die Ausführungen des Landgerichts lassen bereits im Unklaren, ob es allein die Missbrauchsalternative oder auch eine Pflichtverletzung im Sinne der zweiten Alternative als gegeben ansieht. Ihnen lässt sich vor allem aber der für beide Varianten erforderliche berufstypische Zusammenhang zwischen den Taten und der beruflichen Tätigkeit des Angeklagten nicht entnehmen, da Letztere nur unzureichend charakterisiert wird. Insbesondere fehlt es an Feststellungen zur Verteilung der Aufgaben und der beruflichen Verantwortung zwischen dem Angeklagten und Rechtsanwalt G. Über Inhalt und Zweck der zwischen beiden bestehenden „vertraglichen Verbindung“ wird nichts weiter mitgeteilt. Welche Aufgaben der Angeklagte im Rahmen dieser Kooperation regulär übernahm, ist nicht festgestellt. Zur Einlassung des Angeklagten, wonach Rechtsanwalt G. „nichts geprüft“, „ihn im Rahmen der Kooperation damit beauftragt“ sowie „von den Zahlen nichts verstanden“ habe, verhalten sich die Urteilsgründe nicht weiter. Entsprechend bleibt offen, ob der Rechtsanwalt hinsichtlich der Taten gut- oder bösgläubig agierte; zu ihm ist den Urteilsgründen nur zu entnehmen, dass er gesondert verfolgt wird. Damit ist letztlich unklar, welche konkreten beruflichen Aufgaben und Pflichten dem Angeklagten überhaupt oblagen.

cc) Angesichts dessen kann dahinstehen, ob ein weiterer Rechtsfehler darin zu sehen ist, dass die Strafkammer für ihre Überzeugung, der Angeklagte werde alsbald in gewohnter Weise weiterarbeiten und bei sich bietenden Gelegenheiten erneut Straftaten begehen, unter anderem sein „völlig uneinsichtiges Verhalten“ in der Hauptverhandlung angeführt hat. Jedenfalls darf einem Angeklagten auch im Hinblick auf die Gefährlichkeitsprognose beim Berufsverbot ein zulässiges Verteidigungsverhalten nicht angelastet werden (BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 2023 - 2 StR 144/23, NStZ-RR 2023, 370; vom 26. Februar 2003 - 2 StR 411/02, NStZ 2003, 543).

dd) Über die Frage der Anordnung eines Berufsverbots muss daher neu verhandelt und entschieden werden. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben, weil reine Wertungsfehler vorliegen. Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen. Hierbei wird das neue Tatgericht auch Gelegenheit haben, den Umstand der erstmaligen Straffälligkeit des Angeklagten in seine Gefährlichkeitsbeurteilung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. September 1994 - 5 StR 487/94, NStZ 1995, 124) einzustellen.

4. Die zulässig erhobene Kostenbeschwerde des Angeklagten Ah. bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Diese Entscheidung entspricht dem Gesetz (vgl. § 465 Abs. 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 881

Bearbeiter: Christian Becker