hrr-strafrecht.de - Rechtsprechungsübersicht


HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 638

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 497/23, Beschluss v. 04.01.2024, HRRS 2024 Nr. 638


BGH 5 StR 497/23 - Beschluss vom 4. Januar 2024 (LG Hamburg)

Rechtsfehlerhafte konkurrenzrechtliche Bewertung.

§ 52 StGB; § 53 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 25. April 2023 dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt ist.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.1 der Urteilsgründe) und wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Fall II.2) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und erweist sich im Übrigen als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.

2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat ergeben, dass der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung nicht standhält, weil die konkurrenzrechtliche Bewertung fehlerhaft ist.

Nach den Feststellungen bewahrte der Angeklagte zum gewinnbringenden Weiterverkauf in einer Wohnung etwa 562 g Kokain (Wirkstoffmenge 306,4 g KHC) auf, welches teilweise verkaufsfertig in Kugelform verpackt war. Er entnahm hiervon 373 Kugeln mit einem Gesamtgewicht von ungefähr 172 g (Wirkstoffmenge ca. 57,5 g KHC), um diese auf der Straße zum Kauf anzubieten. Bei Abwicklung eines Geschäfts fiel er Polizeibeamten auf, die ihn daraufhin kontrollieren wollten (Fall 1). Nachdem ein Polizist den Angeklagten vergeblich aufgefordert hatte, die Hände aus einer Bauchtasche zu nehmen, hielt der Beamte den Angeklagten fest. Dieser konnte sich aus dem Griff lösen und flüchtete, um sich auch im Besitz der Drogen zu halten. Den Polizisten gelang es, den Angeklagten zu stellen und zu Boden zu bringen. In der Folge sperrte sich der Angeklagte derart gegen die Fixierung und Fesselung, dass die Beamten schmerzhafte Schürfwunden an den Unterarmen erlitten (Fall 2).

Das Landgericht hat bei der rechtlichen Würdigung übersehen, dass das vom Angeklagten begangene Betäubungsmitteldelikt und der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nicht in Tatmehrheit, sondern in Tateinheit zueinander stehen. Denn während seiner Widerstandshandlungen verübte er Teilakte des Handeltreibens und er wollte sich durch die Tat im Besitz der Betäubungsmittel halten (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2022 - 6 StR 115/22).

3. Der Senat hat deshalb den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich geändert. Die Regelung des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der insoweit geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

4. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für Fall II.2 verhängten Einzelgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je zwei Euro. Der Senat setzt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die vom Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten als neue Freiheitsstrafe fest. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung eine niedrigere Strafe festgesetzt hätte, zumal da eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2020 - 3 StR 91/20 Rn. 9 mwN).

5. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 638

Bearbeiter: Christian Becker