HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 788
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 85/22, Beschluss v. 06.07.2022, HRRS 2022 Nr. 788
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Dezember 2021 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beleidigung, und wegen Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Nötigung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision führt mit der Sachrüge zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat ergeben, dass das Landgericht hinsichtlich der Fälle II.2 und II.3 der Urteilsgründe von einer unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Einordnung ausgegangen ist, aus deren Korrektur die Änderung des Schuldspruchs und der Wegfall einer Einzelstrafe resultieren; im Übrigen hat sie keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen.
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts beleidigte der Angeklagte die Geschädigte anlässlich eines Streits um ein Ladekabel am 31. Januar 2021 als „Schlampe“ (Fall II.2). Im Rahmen dieser Auseinandersetzung fügte er ihr auf nicht im Einzelnen feststellbare Art und Weise - womöglich, indem er ihren Kopf mit den Händen gezielt auf den Küchentisch schlug oder ihr mit seiner Stirn einen gezielten Stoß gegen die Nase versetzte - unter anderem eine Nasenbeintrümmerfraktur zu (Fall II.3).
b) Diese festgestellten Handlungen sind bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise rechtlich als eine Tat anzusehen. Denn aufgrund des unmittelbaren räumlichen, zeitlichen und motivationalen Zusammenhangs erweist sich das gesamte Verhalten des Angeklagten als einheitliches Tun und verbindet die einzelnen Tathandlungen zu einer natürlichen Handlungseinheit, so dass beide Straftaten zueinander im Verhältnis der Tateinheit stehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 2020 - 5 StR 144/20; vom 31. Mai 2016 - 3 StR 54/16 jeweils mwN).
2. Der Senat hat deshalb den Schuldspruch wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich geändert. Die Regelung des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für Fall II.2 verhängten Einzelstrafe. Der Senat setzt in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO die für Fall II.3 verhängte Strafe als neue Einzelstrafe fest. Der Gesamtstrafausspruch wird hierdurch nicht berührt. Angesichts der Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe und den verbleibenden Einzelfreiheitsstrafen von acht Monaten und von einem Jahr und zehn Monaten ist auszuschließen, dass das Landgericht allein aufgrund des Wegfalls einer Einzelstrafe (von vierzig Tagessätzen) auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, zumal eine unterschiedliche konkurrenzrechtliche Beurteilung bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2020 - 3 StR 91/20 Rn. 9 mwN).
Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 788
Bearbeiter: Christian Becker