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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1160

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 194/22, Urteil v. 14.09.2022, HRRS 2022 Nr. 1160


BGH 5 StR 194/22 - Urteil vom 14. September 2022 (LG Hamburg)

Untreue (Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht des Versicherungsvertreters durch Vereinnahmen von Versicherungsprämien).

§ 266 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2021 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Tagessatzhöhe in den Fällen 17 und 21 auf einen Euro festgesetzt wird.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbenannte Urteil wird verworfen.

Die Staatskasse trägt die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 56 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, davon sechs Monate wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als vollstreckt erklärt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt; zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.314.800,99 Euro angeordnet. Gegen das Urteil richten sich die auf den Strafausspruch beschränkte, zuungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft sowie die umfassend eingelegte Revision des Angeklagten; beide Rechtsmittel rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten führt lediglich zur Ergänzung der Tagessatzhöhe und bleibt im Übrigen - wie die Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt - ohne Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts vermittelte der Angeklagte auf der Grundlage eines Vertretungsvertrages vom 4./5. September 2000 als selbständiger Handels- und Versicherungsvertreter Versicherungsverträge für die A. AG. Zum 1. Juli 2001 wurde er Hauptvertreter der A. Nachdem zum 1. Januar 2006 der im Jahr 2000 geschlossene Vertretervertrag teilweise auf die neu von der A. AG gegründete Tochter A. AG (nachfolgend A.) übergeleitet worden war, wurde diese fortan für sämtliche Vertriebsgeschäfte des Angeklagten zuständig. Nach dem Vertrag war der Angeklagte unter bestimmten Umständen zur Entgegennahme von Versicherungsbeiträgen mit schuldbefreiender Wirkung ermächtigt; insoweit konnte er gegen einen Herausgabeanspruch der A. aber nur mit eigenen Forderungen aufrechnen, sofern diese zuvor schriftlich anerkannt worden waren.

Der Angeklagte war mit einem Büro in H. insbesondere im Bereich Schifffahrt tätig. Er spezialisierte sich auf Maschinen-Franchise und Elektronikversicherungen und vermittelte ab 2009 schwerpunktmäßig Seekaskoversicherungen an Reedereien. In diesem Zusammenhang arbeitete er seit 2009 mit der Versicherungsmaklerfirma L. GmbH (nachfolgend L.) zusammen. Diese verfügte über einen großen Kundenstamm mit zahlreichen Reedereien und Schiffseignern. Für die Vermittlung der über L. zustande gekommenen Verträge vereinbarte der Angeklagte mit der A. eine Provision in Höhe von 12 und 13 % der Netto-Versicherungsbeiträge, die über den sonst von der A. gezahlten Provisionen lagen. Mit der L. vereinbarte der Angeklagte, dass diese eine „Tippgeberprovision“ in Höhe von 10 % der Netto-Versicherungsbeiträge erhält. Zwischen A. und L. bestand kein direkter Kontakt.

Im November 2009 richtete der Angeklagte mehrere Konten bei der Kreissparkasse S. ein, für die er und später seine in der Buchhaltung beschäftigte Ehefrau allein verfügungsberechtigt waren: ein Geschäftskonto mit der Endziffer -48, bei dem er im Kontozusatztext auf seinen Geschäftsbetrieb (Generalvertretung) Bezug nahm, und ein weiteres Konto mit der Endziffer -63, das nach dem Kontozusatztext für die „Prämienabwicklung“ bestimmt war und das später in der Korrespondenz auch als „Treuhandkonto für das Haus L.“ bezeichnet wurde. Hintergrund waren folgende Abreden des Angeklagten mit L. einerseits und der A. andererseits: Der Angeklagte erhielt von der L. die von den Kunden der A. an L. gezahlten Versicherungsbeiträge abzüglich 10 % „Tippgeberprovision“ auf sein Konto mit der Endziffer -63 überwiesen. Er stockte die Versicherungsbeiträge um die fehlenden 10 % Provision durch Überweisung von seinem Geschäftskonto auf das Konto -63 mit dem Verwendungszweck „Courtage L.“ überwiegend auf (im Zeitraum 2010 bis 2017 in Höhe von über 1,8 Millionen Euro) und reichte die „kompletten“ Versicherungsbeiträge regelmäßig weiter an die A. Von dieser erhielt der Angeklagte im Gegenzug monatlich seine Provisionen für alle von ihm vermittelten Verträge auf sein allgemeines Geschäftskonto mit der Endziffer -48 (jährlich siebenstellige Summen). Auf das eigentlich unübliche Geschäftsmodell - normalerweise werden Prämien von der A. direkt eingezogen - hatte sich die Versicherung nur eingelassen, weil der Angeklagte bundesweit einer ihrer erfolgreichsten Versicherungsvertreter in einem besonders lukrativen Bereich war und L. keinen direkten Kontakt mit der A. wünschte.

Die ungewöhnliche Konstruktion führte zu vertraglichen Anpassungen. Am 30. Mai 2011 vereinbarte die A., bevollmächtigt von der A. AG, mit dem Angeklagten eine „Inkassovollmacht“, in der es u.a. hieß: „Hiermit erteilen wir Ihnen eine Inkassovollmacht ausschließlich für die Kundenverbindungen des Versicherungsmaklers L. GmbH. Sie sind verpflichtet, ein Treuhandkonto einzurichten und müssen dieses Konto einmal im Monat abrechnen. Kassierte Kundengelder sind unverzüglich an die Gesellschaft weiterzuleiten.“ Dies sollte insbesondere auch der Abwicklung von Rückzahlungsprämien über dieses Konto dienen. Vom Begriff „kassierte Kundengelder“ sollten alle von der L. vereinnahmten Prämien erfasst werden, nicht nur der an den Angeklagten weitergeleitete Teil.

Ab Erteilung der Inkassovollmacht bis Ende 2014 gab es - eigentlich den Versicherungsnehmern zustehende - Rückprämienzahlungen auf das Konto -63 (Verwendungszweck „Rueckbeitrag“). Diese machten 2011 bis 2013 lediglich ein oder zwei Zahlungen im Jahr aus. Die L. verrechnete die vom Angeklagten erhaltenen Rückprämienzahlungen mit den ihr zustehenden „Tippgeberprovisionen“, weil sie monatlich gegenüber dem Angeklagten ein einheitliches Kontokorrent wollte. Aus den Rückprämien folgten auch Ansprüche des Angeklagten auf Rückcourtagegutschriften gegenüber der L. in Höhe von 10 %; auch diese wurden mit „Tippgeberprovisionen“ verrechnet, woraus gleichwohl stets ein Guthaben der L. folgte. Wurden vereinzelt Rückprämien von der A. direkt an L. oder deren Kunden ausgezahlt, erstattete die L. diese auf das Konto des Angeklagten mit der Endziffer -63.

Als die Rückbeiträge 2014 einen erheblichen Umfang annahmen, entschied die A., die Zahlung von Rückprämien auf das Konto des Angeklagten mit der Endziffer -63 ab dem Jahr 2015 einzustellen. Zudem nahm sie dies - auch wegen erheblicher Beitragsaußenstände - zum Anlass, das Geschäftsmodell des Angeklagten genauer zu prüfen. Dieser hatte schon Mitte Februar 2015 das Konto mit der Endziffer -63 gegenüber der Kreissparkasse in „Treuhandkonto A. Prämienabwicklung“ umbenannt. Mitte Juli 2015 fand in den Räumen der A. ein „Workshop Schiffsgeschäft“ statt, wo Vertreter der A. erstmals von der Verrechnungsabrede des Angeklagten mit L. erfuhren und erneut auf die Treuhandvereinbarung hinwiesen. Im weiteren Verlauf wurde die Inkassovereinbarung von 2011 am 15. Juni 2016 widerrufen und am 30. Juni 2016 durch eine „Zusatzvereinbarung“ zwischen der A. AG und dem Angeklagten ersetzt. Danach war der Angeklagte verpflichtet, mindestens 80 % der Versicherungsbeiträge binnen fünf Tagen nach Eingang auf seinem Treuhandkonto an die A. weiterzuleiten, die restlichen 20 % innerhalb angemessener Frist. Für die Versicherungsbeiträge der von L. vermittelten Kunden wurde ausdrücklich die Pflicht bestimmt, diese Fremdgelder vom Geld des Angeklagten zu trennen und auf einem Treuhandkonto zu verwahren, zudem das Konto jährlich von einem Wirtschaftsprüfer überprüfen zu lassen. Der Angeklagte war zudem verpflichtet, die von L. abgezogene „Tippgebervergütung“ dem Treuhandkonto zuzuführen und an die A. weiterzuleiten. Wie zuvor wurde ein Zurückbehaltungs- und Aufrechnungsverbot bezüglich dieser Beträge vereinbart.

Im Zeitraum vom 11. Juli 2013 bis zum 15. August 2017 überwies der Angeklagte an 56 Tagen Geldbeträge zwischen 4.230 und 61.000 Euro vom Konto -63 auf sein allgemeines Geschäftskonto -48, wobei er überwiegend unzutreffende Verwendungszwecke angab, insgesamt 1.314.800,99 Euro (Einziehungsbetrag). Damit finanzierte er seine laufenden Geschäftsausgaben, was aufgrund privater Entnahmen vom Geschäftskonto mittelbar auch der Finanzierung privater Ausgaben diente. Auf dem Geschäftskonto war zu den jeweiligen Zeitpunkten ein erhebliches Sollsaldo, dessen Abbau die Überweisungen dienten. Zu den jeweiligen Zeitpunkten stand dem Angeklagten kein Geld zur Verfügung, um die Abbuchungsbeträge auszugleichen. Lediglich in zwei Fällen war Motiv des Angeklagten, sich Schadensersatzzahlungen zu erstatten, die er gegenüber Kunden von L. verauslagt und deren Begleichung die A. abgelehnt hatte. In allen anderen Fällen handelte er in der Meinung, die Provisionen aus den Verträgen mit der L. seien aufgrund eines „Konstruktionsfehlers“ zu niedrig, um seine laufenden Ausgaben zu decken, was er durch die Entnahmen „bereinigt“ habe.

Zu einer vollumfänglichen Weiterleitung der betreffenden Versicherungsprämien an die A. kam es deshalb nicht. Bei einer Kontrolle Ende 2017 wurde die Entnahme der Gelder vom Konto mit der Endziffer -63 entdeckt, was zur fristlosen Kündigung des Generalvertretervertrages führte. Am 16. November 2017 gab der Angeklagte gegenüber der A. ein notarielles abstraktes Schuldanerkenntnis über 2,9 Millionen Euro ab, über dessen Wirksamkeit ein Zivilrechtsstreit geführt wird. Im Januar 2018 gab der Angeklagte die „eidesstattliche Versicherung“ ab, kann deshalb nicht mehr als Versicherungsmakler tätig sein und ist inzwischen mittellos. Derzeit erzielt er aus einer Hilfstätigkeit für einen befreundeten Makler ein Einkommen; dem stehen erhebliche Schulden und Ratenzahlungen gegenüber.

2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Untreue in 56 Fällen gewertet. Er habe durch die Abbuchungen vom Treuhandkonto jeweils seine Treupflicht gegenüber der Versicherung hinsichtlich der von ihm vereinnahmten Versicherungsprämien verletzt. Der A. sei hierdurch in Höhe des jeweiligen Betrages ein Gefährdungsschaden entstanden.

3. Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer eine gewerbsmäßige Begehung angenommen und dem in objektiver Hinsicht geständigen Angeklagten sein frühzeitiges freimütiges Geständnis zu Gute gehalten, das zeige, dass er sich jedenfalls teilweise von den Taten distanziert habe; zu seinen Gunsten hat es zahlreiche weitere mildernde Umstände angeführt, darunter auch, dass er das entnommene Geld zur Deckung seiner Geschäftsausgaben und nicht zur unmittelbaren Lebensführung verwendet hat. Zu seinen Lasten hat das Landgericht u.a. berücksichtigt, dass „er aus grobem Eigennutz und nicht aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt hat, und unter dem Vorwand vermeintlicher Ansprüche sein eigenes Vermögen vergrößerte, um sich und seinen Geschäftsbetrieb besser repräsentieren zu können.“ Außer in zwei Fällen ausgehend vom Strafrahmen des besonders schweren Falls nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 StGB hat die Strafkammer für die einzelnen Taten 54 Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr und drei Monaten sowie zwei Geldstrafen in Höhe von 90 und 120 Tagessätzen verhängt. Die Gesamtfreiheitsstrafe hat die Strafkammer mit zwei Jahren bestimmt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, weil der Angeklagte u.a. hinsichtlich des objektiven Tatgeschehens ein vollumfängliches Geständnis abgelegt, sich glaubhaft von den Taten distanziert und Reue und Einsicht gezeigt habe. Zudem sei er stark von der Dauer des Verfahrens und der Unsicherheit über den Verfahrensausgang geprägt worden. Darin und in seiner bisherigen Unbestraftheit hat das Landgericht auch besondere Umstände im Sinne von § 56 Abs. 2 StGB erblickt. Für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung von zweieinhalb Jahren hat das Landgericht einen Vollstreckungsabschlag von sechs Monaten gewährt und nach §§ 73, 73c StGB die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.314.800,99 Euro angeordnet.

II.

Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.

1. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen den Schuldspruch.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass der Angeklagte durch das festgestellte Verhalten jeweils den Tatbestand des § 266 Abs. 1 StGB erfüllt hat. Ihm oblag hinsichtlich der dem Versicherungsgeber zustehenden Versicherungsprämien eine Vermögensbetreuungspflicht, die er durch die unbefugte Überweisung auf sein privates Geschäftskonto jeweils verletzt hat (vgl. zum Vereinnahmen von Versicherungsprämien als Untreue auch BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2013 - 1 StR 526/13, NStZ 2014, 158 m. Anm. Krehl). Die hinsichtlich der Versicherungsprämien bestehende Treupflicht als aufgrund der Konstruktion der Zahlungsströme ersichtlich wesentliche Pflicht im Verhältnis zur A. (vgl. hierzu auch BGH, aaO) ergab sich zunächst aus der gemeinsamen Vereinbarung zur „Inkassovollmacht“ vom 30. Mai 2011 und nach deren Kündigung zum 15. Juni 2016 aus der diese ersetzenden Zusatzvereinbarung vom 30. Juni 2016 (zwischen dem 15. und 30. Juni 2016 wurden keine Überweisungen auf das Geschäftskonto des Angeklagten vorgenommen).

Die Treupflichtverletzung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Angeklagte zu den von der L. überwiesenen Prämien jeweils weitere 10 % auf das als Treuhandkonto für die A. geführte Konto mit der Endziffer -63 überwies. Denn hierzu war er schon deshalb verpflichtet, weil es sich insoweit um eigene Aufwendungen handelte, die er gegenüber der L. auf der Grundlage der mit dieser getroffenen Vereinbarung durch Verrechnung ersparte. Durch die Überweisung gab er lediglich den Vermögensvorteil zurück, der ihm zuvor durch den direkten Abzug der von ihm geschuldeten „Tippgebervergütung“ zugeflossen war. Die Versicherungsprämien standen nach der rechtsfehlerfreien Auslegung der entsprechenden Vereinbarungen in voller Höhe der Versicherungsgeberin A. zu; sie waren erst mit Eingang der fehlenden 10 % auf dem Treuhandkonto vollständig.

Durch die Abbuchungen von dem Treuhandkonto auf sein - jeweils auch nach Zahlungseingang im Minus befindliches - Geschäftskonto, die entgegen der Auffassung der Revision den Kern des strafrechtlichen Vorwurfs darstellen, hat der Angeklagte die ihm gegenüber der A. bestehende Verpflichtung verletzt, die treuhänderisch gehaltenen und der A. zustehenden Versicherungsprämien gesondert von seinem Vermögen aufzubewahren und sie anschließend an die A. weiterzuleiten.

Hierdurch ist der A. auch in Höhe der jeweils vom Treuhandkonto abgebuchten Prämienzahlungen unmittelbar ein tatsächlicher Vermögensnachteil und - anders als das Landgericht angenommen hat - nicht nur ein Gefährdungsschaden entstanden. Sie hat die ihr zustehenden Prämienzahlungen in Höhe der Abbuchungen nicht erhalten. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte die jeweiligen Abflüsse vom Treuhandkonto nicht kompensiert, da er hierzu nicht in der Lage war. Vielmehr hat er die Gelder zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs verbraucht. Dies belegt auch das von ihm nach Aufdeckung der Taten abgegebene notarielle abstrakte Schuldanerkenntnis über 2,9 Millionen Euro. Angesichts der geschilderten finanziellen Lage und der Feststellungen der Strafkammer ist der Nachteil wirtschaftlich jeweils im Zeitpunkt der unberechtigten Abbuchung bereits in voller Höhe entstanden.

Dass der Angeklagte in Kenntnis aller relevanten Tatsachen handelte, um seine Treupflicht wusste und keinen relevanten Irrtümern unterlag, hat das Landgericht ohne Rechtsfehler festgestellt. Die entgegenstehende Einlassung des Angeklagten hat es rechtsfehlerfrei beweiswürdigend widerlegt.

2. Die Strafzumessung hält im Ergebnis revisionsgerichtlicher Überprüfung stand; es bedarf aber einer Ergänzung um die Höhe des Tagessatzes.

a) Zwar ist die Formulierung bedenklich, wonach dem Angeklagten angelastet wird, dass er nicht aus einer finanziellen Notlage heraus gehandelt hat; denn das Fehlen von Strafmilderungsgründen darf dem Angeklagten nicht angelastet werden (vgl. zu dieser Formulierung nur BGH, Beschluss vom 5. Februar 2020 - 2 StR 517/19, NStZ-RR 2020, 146 mwN). Damit hat das Landgericht nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe aber lediglich das zuvor als Straferschwerungsgrund gewertete Handeln aus grobem Eigennutz im Sinne eines übersteigerten Gewinnstrebens weiter illustrieren wollen.

b) Die Strafkammer hat es unterlassen, für die Geldstrafen die Tagessatzhöhe festzusetzen. Das ist aber auch dann erforderlich, wenn - wie hier - Freiheitsstrafen mit Geldstrafen zusammentreffen. Der Senat holt dies nach und setzt sie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO auf den Mindestsatz von einem Euro fest (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2022 - 6 StR 469/21 mwN).

3. Die Einziehungsentscheidung weist keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Die überwiesenen Geldbeträge sind seinem Vermögen unmittelbar zugeflossen.

III.

Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft bleibt im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg.

1. Die Strafzumessung weist keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Urteil vom 20. Juli 2022 - 5 StR 29/22 mwN).

a) Die Gewichtung des vom Angeklagten abgelegten Teilgeständnisses hält sich im Rahmen des dem Tatgericht obliegenden Ermessens (vgl. hierzu näher BGH, aaO). Über seinen durch Urkunden belegten objektiven Tatbeitrag hinaus hat der Angeklagte etwa auch gestanden, dass er die Entnahmen tätigte, um seine laufenden Geschäftsausgaben zu finanzieren, weil er der Meinung war, die Provisionen aus den Verträgen mit L. seien zu niedrig, was er durch die Entnahmen „bereinigt“ habe. Dies schließt subjektive Momente mit ein. Dass die Strafkammer dem Angeklagten, den sie in der Hauptverhandlung gesehen und erlebt hat, letztlich Reue und Einsicht und eine glaubhafte Distanzierung von den Taten bescheinigt hat, lässt als eine dem Tatgericht obliegende Wertung revisionsrechtlich beachtliche Mängel nicht erkennen.

b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft entfernen sich die verhängten Strafen bei Berücksichtigung aller Umstände auch nicht nach unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein. Einer weitergehenden Begründung der verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe bedurfte es vorliegend nicht.

2. Auch die Strafaussetzung zur Bewährung enthält demnach keine Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1160

Bearbeiter: Christian Becker