HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 678
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 72/21, Beschluss v. 25.05.2021, HRRS 2021 Nr. 678
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 5. November 2020 im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung von Strafen aus zwei früheren Strafbefehlen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Hingegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.
a) Ungeachtet dessen, dass die Strafkammer unter Missachtung der gebotenen Prüfungsreihenfolge einen minder schweren Fall des § 30a Abs. 3 BtMG unter Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes der Aufklärungshilfe nach § 31 BtMG angenommen hat, ohne vorrangig zu erörtern, ob ein solcher nicht schon aufgrund allgemeiner Strafmilderungsgründe gegeben sein könnte (BGH Beschluss vom 6. November 2019 - 2 StR 246/19, NStZ-RR 2020, 317 f.), erweist sich jedenfalls die Strafrahmenwahl mit Blick auf die vom Landgericht angenommene Sperrwirkung des § 29a Abs. 1 BtMG als durchgreifend rechtsfehlerhaft. Denn es hat nicht bedacht, dass angesichts des von ihm (rechtsfehlerfrei) abgelehnten minder schweren Falles nach § 29a Abs. 2 BtMG und damit nicht verbrauchten vertypten Strafmilderungsgrundes des § 31 BtMG eine Strafrahmenmilderung nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Betracht gekommen wäre, mit der Folge, dass § 29a Abs. 1 BtMG keine Sperrwirkung für die Mindeststrafe aus § 30a Abs. 3 BtMG ausgelöst hätte (BGH, Beschlüsse vom 18. April 2018 - 2 StR 1/18, NStZ-RR 2018, 217 f.; vom 5. August 2013 - 5 StR 327/13, NStZ 2014, 167 f.).
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht, da die nach § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB gemilderte Mindeststrafe des § 29a Abs. 1 BtMG von drei Monaten Freiheitsstrafe wesentlich unter der vom Landgericht herangezogenen Strafrahmenuntergrenze liegt.
b) Der Aufhebung der Urteilsfeststellungen bedarf es angesichts des bloßen Wertungsfehlers nicht.
2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass im Hinblick auf die Bildung der Gesamtstrafe auch der Eintritt der Rechtskraft der Strafbefehle vom 12. Februar 2020 und vom 6. Juli 2020 mitzuteilen sein wird.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 678
Bearbeiter: Christian Becker