HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1176
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 490/21, Beschluss v. 23.06.2022, HRRS 2022 Nr. 1176
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. Juli 2021 werden verworfen.
Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 144.000 Euro angeordnet. Den Angeklagten K. hat das Landgericht wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu ihrem Nachteil ergeben.
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Angeklagten bei den beiden Taten jeweils gehandelten 60 kg Blüten von Cannabispflanzen mit hohem Cannabidiolanteil (CBD-Blüten) Betäubungsmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 BtMG iVm Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG waren. Es handelte sich nach der zutreffenden Bewertung der Strafkammer um Teile von zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, die nicht der Ausnahmeregelung unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG unterfielen. Zwar lag der Gehalt des Wirkstoffs THC - der, anders als Cannabidiol, psychoaktiv ist - in den Blüten bei 0,2 %, sodass er den Grenzwert der Ausnahmevorschrift nicht überschritt. Auch verfolgten die Angeklagten mit dem Verkauf der Blüten ausschließlich gewerbliche Zwecke im Sinne der Ausnahmevorschrift (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. März 2021 - 6 StR 240/20, NStZ 2021, 549, 550 m. krit. Anm. Patzak/Keuth). Nach den Feststellungen war aber - anders als von der Ausnahmevorschrift vorausgesetzt - ein Missbrauch der CBD-Blüten zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen, was dem Angeklagten B. bewusst und dem Angeklagten K. gleichgültig war.
a) Die Feststellung des Landgerichts, bei bestimmten Zubereitungsformen der CBD-Blüten, etwa durch Erhitzen beim Backen, werde zusätzliches THC freigesetzt, das bei einem Konsum einen Cannabisrausch erzeugen könne, ist ausreichend beweiswürdigend belegt. Die in den Urteilsgründen wiedergegebenen Ausführungen der zu dieser Frage gehörten chemischen Sachverständigen sind in sich schlüssig und nachvollziehbar. Ergänzend hat das Landgericht auf die gleichlautende sachverständige Einschätzung Bezug genommen, die der Bundesgerichtshof einer aktuellen Entscheidung in einem insoweit vergleichbaren Fall zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 24. März 2021 - 6 StR 240/20, NStZ 2021, 549, 551). Hier kommt hinzu, dass die Erkenntnisse der Sachverständigen im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten B. stehen, wonach er aufgrund seiner intensiven Beschäftigung mit CBD-Pflanzenmaterial mit einem THC-Gehalt von bis zu 0,2 % wusste, dass durch bestimmte Aufbereitungsarten weiteres THC aus dem CBD extrahiert wird und so ein Cannabisrausch erzeugt werden kann. Danach liegt kein Fall vor, in dem die Tatsachengrundlage eines über den Einzelfall hinausreichenden Rechts- oder wissenschaftlichen Erfahrungssatzes klärungsbedürftig wäre und daher ausnahmsweise die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Revisionsgericht veranlasst sein könnte (vgl. MüKoStPO/Knauer/Kudlich, § 351 Rn. 10 ff.; LR/Franke, StPO, 26. Aufl., § 351 Rn. 5).
b) Voraussetzung der Ausnahmevorschrift unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG ist, dass der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen ist. Hierfür genügt es nicht, dass nur bei den Angeklagten und deren unmittelbar abnehmenden Großhändlern ein Konsum der gehandelten CBD-Blüten fernlag. Vielmehr kommt es auch auf die vom Vorsatz des Täters umfasste Missbrauchsmöglichkeit beim Endabnehmer an (vgl. Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 18a; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 1 Rn. 281).
Nach der gesetzgeberischen Intention der Ausnahmevorschrift soll die persönliche Verwendung von Pflanzen der Gattung Cannabis und ihrer Teile zu Rauschzwecken verboten bleiben (BR-Drucks. 899/95, Beschluss des Bundesrates vom 1. März 1996 [7. BtMÄndV], S. 2 der Anlage). Das Merkmal des nicht ausschließbaren Missbrauchs zu Rauschzwecken stellt ein Korrektiv dar (so BGH, Urteil vom 24. März 2021 - 6 StR 240/20, NStZ 2021, 549, 550 Rn. 19). Diese Korrektivwirkung kann das Merkmal aber nur entfalten, wenn es auch in Konstellationen zur Anwendung kommt, in denen - wie hier - ein gewerblich handelnder Ausgangsverkäufer Pflanzenteile, die zu Missbrauchszwecken geeignet sind, zwar zunächst an andere Groß- oder Zwischenhändler verkauft, dieser Verkauf aber schon darauf gerichtet ist, die Pflanzenteile in unbearbeiteter Form und daher mit unverändertem Missbrauchspotential an den Endverbraucher weiterzuveräußern. Auf die Zufälligkeit, ob Groß- oder Zwischenhändler in den Vertrieb eingeschaltet werden, kann es danach nicht ankommen.
2. Das angefochtene Urteil und die ihm zugrunde liegenden Strafnormen verstoßen nicht gegen europarechtliche Vorschriften. Selbst wenn - was die Revision des Angeklagten B. ihrer Argumentation zugrunde legt, das Landgericht aber nicht ausdrücklich festgestellt hat (Lieferanten „möglicherweise mit Sitz in Spanien“) - die gehandelten CBD-Blüten in Spanien legal produziert worden waren, bevor sie in Deutschland gehandelt wurden, ist durch die Strafbarkeit in Deutschland die Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) nicht verletzt.
a) Es besteht kein Anlass, den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV zu einer Vorabentscheidung anzurufen, da es für die Entscheidung nicht auf eine noch zu klärende Auslegung der maßgeblichen Rechtsakte, sondern auf die Subsumtion des Sachverhalts im Einzelfall ankommt. Die Auslegung der Art. 34 und 36 AEUV in Bezug auf den Verkehr mit Cannabisprodukten ist, wenn nicht schon aus sich selbst heraus („acte clair“), so jedenfalls aufgrund der bereits dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union („acte éclairé“) derart offenkundig, dass für vernünftige entscheidungserhebliche Zweifel keinerlei Raum bleibt (grundlegend zur Vorlagepflicht EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - 283/81; vom 6. Oktober 2021 - C-561/19; zu den Maßstäben BVerfG, Beschlüsse vom 24. Mai 2022 - 1 BvR 2342/17; vom 30. März 2022 - 2 BvR 2069/21, NStZ-RR 2022, 222, 223 f.; Urteil vom 30. Juli 2019 - 2 BvR 1685/14 u.a. Rn. 314 ff.). Die Würdigung des in Rede stehenden Sachverhalts und die Subsumtion des Einzelfalls unter die bereits näher konturierten europarechtlichen Vorgaben obliegen den nationalen Gerichten (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - 3 StR 156/20 Rn. 23). Die Verpflichtung zur Vorlage gemäß Art. 267 AEUV entfällt nicht erst dann, wenn eine auf den konkreten, im Streitfall gegenständlichen Sachverhalt bezogene Entscheidung vorliegt. Vielmehr genügt es, dass eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union besteht, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist. Dies gilt unabhängig davon, in welcher Art von Verfahren sich diese Rechtsprechung gebildet hat, und selbst dann, wenn die strittigen Fragen nicht völlig identisch sind (BGH, Beschluss vom 30. April 2020 - I ZR 122/19).
b) Danach besteht hier keine Vorlagepflicht.
aa) Der Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit ist nicht eröffnet, weil die gehandelten CBD-Blüten Suchtstoffe im Sinne des Einheits-Übereinkommens der Vereinten Nationen von 1961 sind. Schon deshalb kann Art. 34 AEUV nicht verletzt sein.
Für solche Suchtstoffe, einschließlich derjenigen auf Hanfbasis, hat der Gerichtshof der Europäischen Union wiederholt entschieden, dass ihre Schädlichkeit allgemein anerkannt und daher ein Inverkehrbringen in allen Mitgliedstaaten verboten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 - C-137/09 Rn. 36 f., 41 mwN); lediglich ein streng überwachter Handel, der der Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke dient, ist davon ausgenommen. Betäubungsmittel außerhalb des streng überwachten Handels zur Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke fallen bereits ihrem Wesen nach unter ein Einfuhr- und Verkehrsverbot, sodass sich ein Unionsbürger für ihren Verkauf nicht auf die Verkehrsfreiheiten berufen kann. Diese Grundsätze sind zuletzt in der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. November 2020 erneut betont worden (EuGH, Urteil vom 19. November 2020 - C-663/18 Rn. 59 ff.).
Die der Verurteilung zugrundeliegenden CBD-Blüten sind Suchtstoffe im Sinne dieser Rechtsprechung. Dem steht es nicht entgegen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 19. November 2020 CBD-Öl aus dem Suchtstoffbegriff ausgenommen hat. Denn jenes Öl war aus Cannabis mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,2 % so extrahiert worden, dass schließlich - mit Ausnahme von Verunreinigungen - keine andere Verbindung als CBD enthalten war, das nicht psychoaktiv wirksam ist (vgl. EuGH, aaO Rn. 55, 72). Damit sind CBD-Blüten als unbearbeitete Teile der Cannabispflanze, die THC enthalten und deren THC-Gehalt weiter erhöht werden kann, nicht vergleichbar (vgl. Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 18c; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 1 Rn. 293; BeckOK BtMG/Teriet, 15. Ed., § 29 Rn. 29; Rottmeier, ZLR 2021, 77, 84: „CBDProdukte[n], die Cannabis in Form von Pflanzen oder Pflanzenteilen enthalten, [… waren] nicht Gegenstand der EuGH-Entscheidung“; siehe aber auch Niermann/Schulte, ZLR 2021, 336, 347).
Den hier gehandelten CBD-Blüten war nicht das Harz entzogen und sie enthielten auch nicht nur eine „völlig unbedeutende Menge des psychoaktiven Wirkstoffs“ (EuGH, aaO Rn. 74; vgl. auch Rottmeier, ZLR 2021, 77, 84 f.). Vielmehr war der durch bestimmte Zubereitungsformen der Blüten erzielbare THC-Gehalt nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts gerade nicht völlig unbedeutend, sondern geeignet, einen Cannabisrausch zu erzeugen.
bb) Auch losgelöst von der Suchtstoffeigenschaft im Sinne des Einheits-Übereinkommens verstoßen die Strafvorschriften des BtMG zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln iVm der Ausnahmevorschrift unter Buchst. b zur Position Cannabis in der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG und das angefochtene Urteil nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit aus Art. 34 AEUV. Denn bei den genannten Strafnormen würde es sich - auch unter Berücksichtigung des engen Ausnahmecharakters des Art. 36 AEUV - um eine im Sinne dieser Vorschrift gerechtfertigte Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit zum Schutz der öffentlichen Gesundheit handeln.
Unter den vom AEUV geschützten Gütern und Interessen nehmen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang ein, und es ist Sache der Mitgliedstaaten, im Rahmen einer Risikobewertung zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der öffentlichen Gesundheit gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll. Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen. Zudem erlaubt bei wissenschaftlichen und praktischen Unsicherheiten das Vorsorgeprinzip den Erlass von Schutzmaßnahmen (EuGH, aaO Rn. 85 ff.).
Nach der Wertung des Gesetzgebers wird durch die Möglichkeit des Missbrauchs von CBD-Blüten mit ihrem erzielbaren THC-Gehalt zu Rauschzwecken die öffentliche Gesundheit gefährdet (vgl. Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 2 Rn. 16e, 18; zur Rechtfertigung durch Belange des Gesundheitsschutzes vgl. auch Rottmeier, ZLR 2021, 77, 85 f.). Ein Verkehrsverbot stellt vor diesem Hintergrund eine verhältnismäßige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dar.
Die Annahme einer Gesundheitsgefährdung durch die Möglichkeit des Missbrauchs von CBD-Blüten zu Rauschzwecken stützt sich auch nicht lediglich auf „rein hypothetische Erwägungen“, die nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. November 2020 für eine Rechtfertigung nach Art. 36 AEUV nicht genügen (EuGH, aaO Rn. 90). Vielmehr sind Aufbereitungsarten von CBD-Blüten, die eine Anreicherung des THC-Gehalts bewirken und daher bei einem Konsum einen Cannabisrausch erzeugen können, allgemein bekannt - sodass auch der Angeklagte B. bei seiner Befassung mit dem Thema auf sie stieß - und, worauf das Landgericht hingewiesen hat, einfach umzusetzen (vgl. Rottmeier, ZLR 2021, 77, 85; aA Niermann/Schulte, ZLR 2021, 336, 349 f.).
3. Aus den vorstehenden Gründen erachtet der Senat die Strafbarkeit des Handels mit CBD-Blüten auch nicht als verfassungswidrig, sodass keine Veranlassung besteht, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (Art. 100 Abs. 1 GG). Das Übermaßverbot ist nicht verletzt. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsgemäßheit der Strafbarkeit des Verkehrs mit Cannabis herangezogene Gesundheitsgefährdung unter anderem aufgrund der psychoaktiven Wirkung des Stoffes (BVerfG, Beschluss vom 3. März 1994 - 2 BvR 2031/92 u.a., BVerfGE 90, 145, 174 ff.) trifft nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts auch auf die hier gehandelten CBD-Blüten zu; ihr Missbrauch zu Rauschzwecken war gerade nicht ausgeschlossen.
4. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts bedarf der Schuldspruch betreffend den Angeklagten B. in konkurrenzrechtlicher Hinsicht keiner Korrektur.
a) Insoweit hat das Landgericht Folgendes festgestellt:
Die Angeklagten und ein weiteres Bandenmitglied ließen sich in zwei Fällen in einem Sattelzug jeweils 60 kg CBD-Blüten liefern. Vor der ersten Lieferung hatte der Angeklagte B. erfahren, dass in dem Sattelzug regelmäßig 20 kg Cannabis für einen anderen, nachfolgend zu beliefernden Kunden mittransportiert würden. Bei einer Überprüfung der Ware nach der ersten Lieferung erkannte der Angeklagte B., dass ihm neben den CBD-Blüten versehentlich auch 6 kg des für den anderen Kunden bestimmten Cannabis übergeben worden waren. Der Angeklagte B. bewahrte diese Cannabispakete im Lagerraum gesondert auf und gab sie dem Fahrer bei der nächsten Lieferung wieder mit. Die bei dieser zweiten Lieferung erhaltene Ware lagerte er in einem Verschlag. Kurze Zeit später stellte er bei einer Überprüfung fest, dass ihm aufgrund eines neuerlichen Versehens diesmal neben den CBD-Blüten 13,6 kg Cannabis übergeben worden waren, die für einen anderen Empfänger bestimmt waren. Er legte die Beutel mit Cannabis in gesonderte Kartons, um sie bei einer geplanten weiteren Lieferung zurückzugeben. Dazu kam es aufgrund der Verhaftung des Angeklagten K. nicht mehr.
b) Die Strafkammer hat für den Angeklagten B. angenommen, seine Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezogen auf die versehentlich gelieferten 6 kg Cannabis und sein bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betreffend die zweite Lieferung von CBD-Blüten stünden zueinander in Tateinheit. Dies trifft jedenfalls im Ergebnis zu. Denn bei natürlicher Betrachtungsweise standen die Rückgabe der 6 kg Cannabis als Beihilfehandlung und die Entgegennahme der zweiten Lieferung von CBD-Blüten, die der Angeklagte B. gleichzeitig und im Rahmen derselben anhaltenden Geschäftsbeziehung vornehmen ließ, in einem so engen Verhältnis, dass sie sich als natürliche Handlungseinheit darstellten.
Dagegen fehlte es - anders als der Generalbundesanwalt meint - zwischen dem Umgang mit den 6 kg versehentlich geliefertem Cannabis einerseits und der ersten Lieferung von CBD-Blüten andererseits an einer solchen engen Verbindung. Bei der objektiv gemeinsamen Entgegennahme dieser beiden Drogenmengen wusste der Angeklagte B. noch nicht von dem versehentlich mitgelieferten Cannabis; nach der Entdeckung wurden die beiden Betäubungsmittelvorräte mit verschiedenen Zweckrichtungen (eigenes Handeltreiben mit den CBD-Blüten, spätere Rückgabe der 6 kg Cannabis) zwar am selben Ort, aber separat voneinander verwahrt. Das geht über einen bloßen gleichzeitigen Besitz, der keine Tateinheit begründet (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2018 - 3 StR 88/18, NStZ 2020, 42), nicht hinaus.
Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht zwar zu Unrecht angenommen, zwischen der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch das Verwahren der zweiten versehentlich gelieferten Cannabismenge von 13,6 kg und dem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge betreffend die zweite Lieferung von CBD-Blüten bestehe Tateinheit statt Tatmehrheit. Hierdurch ist der Angeklagte B. indes nicht beschwert. Dasselbe gilt für den Besitz des Angeklagten K. an den versehentlich gelieferten 13,6 kg Cannabis, der nach der Wertung des Landgerichts mit der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hinsichtlich der zweiten CBD-Lieferung in Tateinheit stehen soll.
c) Der Senat ist durch den Antrag des Generalbundesanwalts auf Schuldspruchkorrektur nicht gehindert, auch die Revision des Angeklagten B. insgesamt nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. Ein Antrag des Generalbundesanwalts auf Schuldspruchänderung, dem der Senat nicht folgen will, steht einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegen; daran ändert der Umstand nichts, dass sich der Generalbundesanwalt auch auf § 349 Abs. 4 StPO bezogen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2022 - 5 StR 128/22; vom 21. November 2019 - 4 StR 158/19; vom 3. Mai 2011 - 5 StR 111/11 jeweils mwN). Dies gilt auch, soweit er - zumal hier nur hilfsweise - die Herabsetzung einer Einzelstrafe beantragt hat (BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2022 - 5 StR 128/22; vom 21. November 2019 - 4 StR 158/19; vom 2. März 2016 - 1 StR 433/15).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1176
Bearbeiter: Christian Becker