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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 317

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 353/20, Beschluss v. 02.02.2021, HRRS 2021 Nr. 317


BGH 5 StR 353/20 - Beschluss vom 2. Februar 2021 (LG Bremen)

Konkurrenzen bei der Beihilfe zum Betrug (Tateinheit; Tatmehrheit); fehlende Prüfung der Entreicherung bei Einziehung beim Drittbetroffenen.

§ 263 StGB; § 27 StGB; § 52 StGB; § 53 StGB; § 73b StGB; § 73e StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten R. gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 25. Februar 2020 wird verworfen.

Auf die Revision des Angeklagten B. wird das vorgenannte Urteil dahin geändert, dass

im Schuldspruch die Verurteilung wegen eines Falles der Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug (A I.14) entfällt und

im Strafausspruch die Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 19. Juni 2018 (7 Cs 225 Js 14737/18) unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe in die ausgeurteilte Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten einbezogen sind.

Die Urteilsformel wird insoweit klarstellend neu gefasst, dass der Angeklagte B. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug in zwei Fällen, davon in einem Fall in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Betrug, sowie wegen Hehlerei in Tateinheit mit Geldwäsche unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 19. Juni 2018 - 7 Cs 225 Js 14737/18 - und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt wird.

Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Auf die Revision der Einziehungsbeteiligten K. wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit ihr gegenüber die erweiterte Einziehung des Wertersatzes in Höhe von 172.700 Euro angeordnet worden ist; die Feststellungen zu den objektiven Umständen bleiben jedoch aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehenden Revisionen des Angeklagten B. und der Einziehungsbeteiligten werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in sieben Fällen, davon in einem Fall versucht, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt. Den Angeklagten B. hat es der Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug in drei Fällen, der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in sechs Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Betrug, und der Hehlerei in Tateinheit mit Geldwäsche für schuldig befunden und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie - wegen angenommener Zäsurwirkung des Strafbefehls des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 19. Juni 2018 - zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Überdies hat das Landgericht umfangreiche Einziehungsentscheidungen getroffen und dabei betreffend die Einziehungsbeteiligte K. die erweiterte Einziehung von Wertersatz in Höhe von 172.700 Euro angeordnet.

Der Angeklagte B. und die Einziehungsbeteiligte K. wenden sich gegen das Urteil jeweils mit der Sachrüge. Der Angeklagte R. rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

I.

Die Revision des Angeklagten R. erweist sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und damit bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

II.

Die Revision des Angeklagten B. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen - geringfügigen - Erfolg. Im Schuldspruch war ein Fehler des Landgerichts bei der Beurteilung der Konkurrenzen zu korrigieren. Der Strafausspruch war überdies um die versehentlich durch die Strafkammer nicht in den Urteilstenor aufgenommene Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl zu ergänzen. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Urteilsfeststellungen rechtfertigen die Annahme von Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug in zwei tatmehrheitlichen Fällen hinsichtlich der Taten A I.13 und A I.14 nicht. Es liegt vielmehr eine Beihilfehandlung zum bandenmäßigen Betrug in zwei tateinheitlichen Fällen vor.

a) Ob bei einer Beihilfe Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit nach § 53 StGB liegt vor, wenn mehreren Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen ist eine Beihilfe im Sinne des § 52 StGB gegeben, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. August 2020 - 4 StR 197/20; vom 21. April 2020 - 1 StR 486/19; vom 13. März 2013 - 2 StR 586/12, NJW 2013, 2211; vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168).

b) So verhält es sich hier hinsichtlich der Betrugstaten A I.13 und A I.14, die der Angeklagte B. durch eine einzige Handlung förderte. Die Angeklagten und ihre Mittäter handelten im Komplex A als Mitglieder einer Bande, die danach trachtete, sich in den Besitz von Geld und Wertgegenständen von - vorwiegend - älteren Personen zu bringen. Im arbeitsteiligen Vorgehen wurde den Geschädigten im Zuge von Telefonanrufen vorgespiegelt, sie sprächen mit Beamten von Strafverfolgungsbehörden, die sie vor dem drohenden Zugriff von Straftätern auf ihr Vermögen warnen wollten. Die Opfer sollten vermeintlichen Polizeibeamten, bei denen es sich tatsächlich um andere Bandenmitglieder (sogenannte Abholer) handelte, ihre Vermögensgegenstände aushändigen, damit sie sichergestellt und so dem Zugriff der Straftäter entzogen würden. Die Hilfeleistung des Angeklagten B. hinsichtlich der genannten Taten beschränkte sich darauf, den als Abholer tätigen Mitangeklagten R. zum Firmengelände der M. L. GmbH zu bestellen. Von dort aus holte der Mitangeklagte R. mit seinem Pkw zunächst Bargeld von Geschädigten in P. (A l.13) und - ohne weitere Beteiligung des Angeklagten B. - direkt im Anschluss in B. S. (A l.14) ab und kehrte anschließend mit der Tatbeute aus beiden Betrugstaten zurück.

Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

c) Infolge der Änderung des Schuldspruchs entfällt die im Fall A I.14 verhängte Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt von dem Wegfall dieser Einzelstrafe unberührt. Denn der Unrechtsgehalt der Tat wird durch die bloße Änderung der konkurrenzrechtlichen Beurteilung nicht berührt (vgl. BGH, Urteile vom 12. September 2018 - 5 StR 278/18; vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1585d).

Der Senat schließt angesichts der Höhe der Einsatzstrafe im Fall A I.4 (ein Jahr und sechs Monate) sowie der verbleibenden Freiheitsstrafe von zehn Monaten zudem aus, dass die Strafkammer bei zutreffender Beurteilung der Konkurrenzen, also bei Annahme von einer Beihilfe zum bandenmäßigen Betrug in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen bei gleicher Anzahl der Geschädigten und gleichbleibender Schadenssumme, ohne die wegfallende Strafe auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

2. Der Strafausspruch war wie vom Generalbundesanwalt beantragt lediglich zu ergänzen, soweit das Landgericht bei der Abfassung die zutreffend vorgenommene Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem noch nicht vollständig erledigten Strafbefehl des Amtsgerichts Rotenburg (Wümme) vom 19. Juni 2018 sowie die Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe nicht in die Urteilsformel aufgenommen hat.

3. Angesichts des geringen Teilerfolgs hält der Senat es nicht für unbillig, den Angeklagten B. mit den vollen Rechtsmittelkosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

III.

Das Rechtsmittel der Einziehungsbeteiligten K. hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Das Landgericht hat festgestellt, dass der nicht revidierende Mitangeklagte K. aus Straftaten erlangte Bargeldbeträge in Höhe von insgesamt 172.700 Euro auf gemeinsam mit der Einziehungsbeteiligten geführte Konten einzahlte.

Dabei ist die Strafkammer im Ansatz rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass die aus anderen als den gegenständlichen Straftaten herrührenden Bareinzahlungen auf die gemeinsamen Konten des Mitangeklagten und der Einziehungsbeteiligten als Wert der Taterträge grundsätzlich der erweiterten Einziehung nach § 73a Abs. 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a, § 73c StGB unterliegen. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung im Vermögen der - nach der Einlassung des Mitangeklagten K. gutgläubigen - Drittbegünstigten noch vorhanden oder Entreicherung eingetreten war (§ 73e Abs. 2 StGB; vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 - 1 StR 651/17, BGHR StGB § 73c Verhältnismäßigkeit 1; BTDrucks. 18/9525 S. 69; Köhler/Burkhard NStZ 2017, 665, 674). Der Ausschlusstatbestand des § 73e Abs. 2 StGB ist indes von Amts wegen zu prüfen (Fischer, StGB, 68. Aufl., § 73e Rn. 6). Dies ist von der neu zur Entscheidung berufenen Strafkammer nachzuholen, wenn sie ebenfalls zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Einziehungsbeteiligte gutgläubig war. Hierbei wird sie zudem in den Blick zu nehmen haben, dass die Einziehungsbeteiligte erst ab dem 11. Januar 2016 Mitinhaberin des Kontos bei der Targo Bank war.

Zu den subjektiven Vorstellungen der Einziehungsbeteiligten sind mithin neue Feststellungen zu treffen. Einer Aufhebung der die erweiterte Einziehung betreffenden Feststellungen zu den Bareinzahlungen und deren illegaler Herkunft bedarf es nicht. Das neue Tatgericht darf insoweit ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 317

Bearbeiter: Christian Becker