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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 524

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 545/18, Beschluss v. 05.02.2019, HRRS 2019 Nr. 524


BGH 5 StR 545/18 - Beschluss vom 5. Februar 2019 (LG Berlin)

Rechtsfehlerhafte Berücksichtigung von Einzelstrafen bei der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe; gesamtschuldnerische Haftung bei der Einziehungsentscheidung.

§ 54 Abs. 1 StGB; § 73 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten O. A. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 6. April 2018 - soweit es ihn betrifft -

im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 51, 53, 55, 56, 67 bis 86, 88, 115, 116, 118, 119, 121, 123 und 124 aufgehoben; diese Strafen entfallen;

im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, zu treffen ist.

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Einziehung dahin geändert, dass gegen den Angeklagten Y. A. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 8.211,49 Euro angeordnet wird und er hinsichtlich des Teilbetrages von 4.906,72 Euro, in dessen Höhe gegen den Angeklagten O. A. die Einziehung angeordnet ist, mit diesem Angeklagten sowie hinsichtlich des Teilbetrages von 850,93 Euro, in dessen Höhe gegen den Mitangeklagten E. die Einziehung angeordnet ist, mit dem Mitangeklagten E. als Gesamtschuldner haftet.

Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Der Angeklagte Y. A. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten Y. A. wegen Urkundenfälschung in 50 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Betrug sowie in fünf Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, unter Einbeziehung einer Strafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Weiterhin hat es diesen Angeklagten wegen Urkundenfälschung in 73 Fällen, davon in 60 Fällen in Tateinheit mit Betrug sowie in neun Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Den Angeklagten O. A. hat es wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 38 Fällen sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es gegen beide Angeklagte die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die Angeklagten wenden sich gegen dieses Urteil mit ihren jeweils auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revisionen; der Angeklagte O. A. hat sein Rechtsmittel wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Die Revisionen haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich der den nicht revidierenden Mitangeklagten E. betreffenden Einziehungsentscheidung; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

1. In Bezug auf den Angeklagten O. A. hält der Strafausspruch zu den 32 in der Entscheidungsformel aufgeführten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat den Angeklagten O. A. wegen der 32 in den genannten Fällen zugrunde liegenden Taten nicht schuldig gesprochen, da er an ihnen nach den Feststellungen nicht unmittelbar beteiligt war und sie ihm auch nicht mittäterschaftlich zugerechnet wurden. Gleichwohl hat es - im selben Umfang wie bei dem wegen dieser Taten verurteilten Angeklagten Y. A. - auch gegen ihn auf Freiheitsstrafen von sechsmal je elf Monaten und von 26-mal je einem Jahr erkannt. Diese Strafen müssen entfallen, da sie von dem durch die Rechtsmittelbeschränkung in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch nicht umfasst sind. In Anbetracht der Vielzahl der Strafen, die vom Landgericht danach rechtsfehlerhaft bei seiner Gesamtstrafenbildung gemäß § 54 Abs. 1 StGB berücksichtigt worden sind, ist auch die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs geboten.

Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht. Die Kosten- und Auslagenentscheidung bezüglich des Angeklagten O. A. war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten.

2. Die Einziehungsentscheidungen des Landgerichts bedürfen teilweiser Abänderung und Ergänzung.

a) Hinsichtlich des Umfangs der gegen den Angeklagten Y. A. angeordneten Einziehung des Wertes von Taterträgen war in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der Einziehungsbetrag wegen des vom Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführten Rechenfehlers bezüglich des im Fall 116 nur zur Hälfte eingelösten gefälschten Rezepts zu berichtigen.

b) Bei der Anordnung einer Einziehung nach §§ 73, 73c StGB bei mehreren Beteiligten, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-) Verfügungsmacht gewonnen haben, ist von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen und diese in die Entscheidungsformel aufzunehmen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17). Auch insoweit ordnet der Senat selbst in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in Höhe des Einziehungsbetrages von 4.906,72 Euro die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Angeklagten untereinander an.

Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung des Rechtsfolgenausspruchs im Hinblick auf die Anordnung gesamtschuldnerischer Haftung auf den Mitangeklagten E. zu erstrecken, soweit auch gegen ihn hinsichtlich eines Teilbetrages der insgesamt vom Angeklagten Y. A. erlangten Taterträge der Wertersatz in Höhe von 850,93 Euro angeordnet ist. Die Einziehungsentscheidung beruht auch bei ihm auf dem aufgezeigten sachlich-rechtlichen Mangel (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 - 5 StR 623/17 und 624/17; Beschlüsse vom 23. November 2011 - 4 StR 516/11, NStZ 2012, 382, 383; vom 10. April 2018 - 5 StR 101/18).

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 524

Bearbeiter: Christian Becker