HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 229
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 554/17, Beschluss v. 23.01.2018, HRRS 2018 Nr. 229
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 12. Juni 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßiger strafbarer Verletzung von Gemeinschaftsmarken“ in drei Fällen und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie Einziehungs- und Verfallsanordnungen getroffen. Die hiergegen gerichtete auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Nach den Feststellungen des Landgerichts kamen der Angeklagte und sein in der Türkei lebender gesondert verfolgter Bruder E. K. spätestens zu Beginn des Jahres 2015 überein, in arbeitsteiligem Zusammenwirken in der Türkei hergestellte bzw. erworbene Kleidungsstücke, die mit Schriftzügen und Labels verschiedener Markenhersteller versehen waren, unter Verletzung geschützter Gemeinschafts- bzw. Unionsmarken in Deutschland zu verkaufen, obwohl ihnen bewusst war, dass sie nicht über die für deren Verwendung erforderliche Zustimmung der Markenrechtsinhaber verfügten. Dabei nutzten beide die in Berlin ansässige F. (im Folgenden: F.), deren Geschäftsanteile sie zu gleichen Teilen hielten. Der Angeklagte war für den Berliner Geschäftsbetrieb der Gesellschaft allein und umfassend verantwortlich, während sein Bruder als ihr Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen war.
Die Bekleidungsstücke wurden in Deutschland über professionell gestaltete Internetplattformen an Zwischenhändler vertrieben, die die Waren im Voraus teilweise durch Überweisungen auf das Geschäftskonto der F., teilweise in bar an den Angeklagten bezahlt hatten. Nach Bestätigung des Zahlungseingangs wurden die entsprechenden Kleidungsstücke in der Türkei zusammengestellt und nach Berlin geschickt. Mit Ausnahme des Falls 2 erfolgte der Transport der Ware zur Verschleierung und zur Vermeidung von Kontrollen an deutschen Flughäfen über Zwischenstationen in Polen und Großbritannien, von wo aus die Weiterversendung an ständig wechselnde und teilweise fiktive Anschriften in Berlin erfolgte. Dort nahm der Angeklagte die Pakete mit den Kleidungsstücken selbst oder durch Dritte in Empfang, brachte sie in angemietete Lagerräume, verpackte sie gemäß den vorliegenden Bestellungen zu neuen Sendungen und verschickte sie durch Paketdienste unter Angabe fiktiver Absenderanschriften an die Abnehmer, sofern nicht in Ausnahmefällen eine persönliche Übergabe erfolgte. Für die erworbene Ware erhielten die Abnehmer (Schein-)Rechnungen, die entweder auf die F. ausgestellt waren oder auf Einzelfirmen mit fiktiven Inhabern.
Abweichend von den geschilderten Modalitäten wurden im Fall 2 die gefälschten Kleidungsstücke am 8. September 2016 auf dem Luftweg von Istanbul an die Adresse der F. in Berlin verschickt. Die betreffenden Hemden waren mit Schriftzeichen und Labeln von „Hugo Boss“ versehen, welche ihrerseits mit Tarnaufklebern „Mio Calvino“ überklebt waren. Zum Empfang und beabsichtigten Weiterverkauf der Hemden kam es nicht mehr, da die Sendung am Flughafen Tegel durch die Zollbehörden angehalten wurde.
Die Taten 1 und 3 betreffen Textilien, die durch den Angeklagten in den Jahren 2015 und 2016 eingeführt und zum Teil weiterverkauft wurden. Insoweit konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Einfuhr der Textilien in die EU in dem betreffenden Jahr jeweils durch eine einheitliche Handlung erfolgte. Die angemieteten Lagerräume wurden am 28. November 2016 durchsucht. Dort wurden „gefälschte“ Textilien zum Gesamtpreis von mehr als 260.000 Euro beschlagnahmt.
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat in den Fällen 1 bis 3 im Ergebnis zu Recht einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG bejaht. Näherer Erörterung bedarf allerdings Folgendes:
1. Soweit § 143a Abs. 1 MarkenG ein Handeln „trotz eines Verbotes und ohne Zustimmung des Markeninhabers“ verlangt, ist der Ausspruch eines gesonderten Verbotes nicht erforderlich (BT-Drucks. 14/6203 S. 71; vgl. auch Büscher in: Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 3. Aufl., § 143a MarkenG Rn. 1; Ekey in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, Bd. 1, 3. Aufl., § 143a MarkenG Rn. 7; Thiering in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 143a Rn. 6). Vielmehr genügt das absolut wirkende Verbot der Benutzung der Gemeinschafts- bzw. Unionsmarke (BeckOK MarkenR/Klingelhöfer, MarkenG, § 143a Rn. 4). Durch die Übernahme dieser beiden Tatbestandsmerkmale des Artikels 9 Absatz 1 Satz 2 der damals gültigen Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (Verordnung [EG] Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993, ABl. EG 1994 Nr. L 11, S. 1) sollte sichergestellt werden, dass die Strafbewehrung nicht über die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgewährung hinausgeht. Dass die Rechtsinhaber der verfahrensgegenständlichen Verwendung ihrer Marken nicht zugestimmt hatten, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt (UA S. 17).
2. Die Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten EU-Verordnung lässt die Strafbarkeit des Angeklagten unberührt.
a) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte mit den seit dem 23. März 2016, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EU) 2015/2424 vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der in § 143a Abs. 1 MarkenG zitierten Verordnung (EG) Nr. 207/2009 (zuvor: Gemeinschaftsmarken-VO/GMV; seitdem: Unionsmarken-VO/UMV), verübten Tathandlungen die Rechte von Inhabern einer Unionsmarke nach Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV verletzt und sich deswegen auch hinsichtlich dieser Taten gemäß § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG strafbar gemacht hat. Allerdings ist die starre Verweisung in § 143a Abs. 1 MarkenG auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 der mit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2015/2424 verbundenen Änderung nicht angepasst worden. Seitdem geht sie ins Leere, da die Regelungen in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 GMV, auf die verwiesen wird, in Art. 9 Abs. 2 UMV überführt wurden.
b) Dieser Umstand, der sich nicht durch eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers erklären lässt, wirkt sich auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots (Art. 103 Abs. 2 GG) auf die Beurteilung des vorliegenden Falls nicht aus. Denn bei der Strafvorschrift des § 143a MarkenG handelt es sich nicht etwa um eine Blankettnorm, die Sanktionen an Verstöße gegen anderweitig geregelte, lediglich in Bezug genommene Verhaltenspflichten anknüpft (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 - 5 StR 532/16, BGHSt 62, 13). Vielmehr hat der Gesetzgeber den Text der in Bezug genommenen Vorschrift in vollem Wortlaut in die Verweisungsnorm aufgenommen. Paragraph 143a MarkenG, der durch Art. 9 Nr. 35 des „Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums“ vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I 3656) in das Markengesetz eingefügt wurde, greift in seinem Absatz 1 auch insoweit die in Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der damals gültigen Verordnung (EG) Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke genannten Verletzungshandlungen auf und übernimmt den Wortlaut der in Bezug genommenen Regelung (BT-Drucks. 14/6203 S. 71). Diese war wortlautidentisch mit Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 in ihrer Fassung bis einschließlich 22. März 2016, auf die § 143a MarkenG in seiner seit dem 28. Dezember 2010 gültigen Fassung verweist. Die Wiedergabe des Wortlauts der Regelung, auf die zudem verwiesen wird, hat bewirkt, dass der eigentliche Straftatbestand in § 143a MarkenG voll ausformuliert ist (Büscher aaO § 143a MarkenG Rn. 2; Thiering aaO § 143a MarkenG Rn. 2) und es zur Bestimmung des strafbaren Verhaltens nicht des Rückgriffs auf die in Bezug genommene Norm bedarf.
c) Der Verweis auf Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 war allerdings aus Sicht des Gesetzgebers gleichwohl nicht verzichtbar. Er erfüllte vielmehr einen gesetzgeberischen Zweck, der bei Auslegung und Anwendung des § 143a Abs. 1 MarkenG zu berücksichtigen ist. Mit dem Verweis sollte nämlich ein Gleichlauf der unmittelbar geltenden Rechtsgewährung durch die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke und der Strafbewehrung sichergestellt werden. Durch Übernahme der in der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke genannten Verletzungshandlungen sollte die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Schutzbestimmungen als Anknüpfungspunkt der Strafbewehrung konkretisiert werden (BT-Drucks. 14/6203 S. 71).
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob dieser Gleichlauf von § 143a Abs. 1 MarkenG auch gegenüber der unmittelbar geltenden Rechtsgewährung in Art. 9 Abs. 2 UMV in vollem Umfang besteht und welche Folgerungen sich aus möglichen Abweichungen für die strafrechtliche Bewertung von Verstößen ergeben könnten. Denn jedenfalls hinsichtlich der vom Landgericht angenommenen Verletzungshandlung nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG ist der vom Gesetzgeber gewollte Gleichlauf mit der unionsrechtlichen Regelung nicht gestört. Diese findet sich jetzt, wie vom Landgericht im Grundsatz erkannt, in Art. 9 Abs. 2 lit. a UMV, der für den Umfang der Rechtsgewährung des Markeninhabers gegenüber Dritten keine relevanten Abweichungen zu der Beschreibung der Verletzungshandlung in § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG aufweist.
d) Der Verurteilung nach § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG steht, worauf der Generalbundesanwalt in seiner Stellungnahme zu Recht hinweist, unter Berücksichtigung von § 2 StGB auch nicht entgegen, dass die in Bezug genommene Verordnung (EG) 207/2009 mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 durch die Verordnung (EU) 2017/1001 aufgehoben und ersetzt wurde. Denn Art. 9 Abs. 2 der letztgenannten Verordnung enthält dieselben Rechte und ihnen korrespondierende Verbote wie die Vorgängerverordnung.
3. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Angeklagte auch im Fall 2 ein mit einer Unionsmarke identisches Zeichen benutzt hat.
Bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs des § 143a Abs. 1 MarkenG ist die nicht abschließende Aufzählung von Benutzungshandlungen in Art. 9 Abs. 3 UMV (gleichlautend mit § 9 Abs. 2 GMV) zu berücksichtigen. Für nationale Marken enthält § 14 Abs. 3 MarkenG eine entsprechende Regelung. Unter den Benutzungsbegriff fällt danach unter anderem die Einfuhr von Waren „unter dem Zeichen“, die das Landgericht im Fall 2 geprüft und abgelehnt hat (UA S. 78); gleichwohl ist es im Folgenden von einer strafbaren Einfuhr ausgegangen (UA S. 80). Dieser Widerspruch ist hier indes unerheblich, da nach den Urteilsfeststellungen eine Einfuhr tatsächlich vorlag.
a) Das Landgericht hat angelehnt an eine Entscheidung des OLG Stuttgart (NStZ-RR 2000, 25 f.) angenommen, dass das „Einschmuggeln“ markengeschützter Ware - die Markenzeichen waren im Fall 2 überklebt - keine strafbare Einfuhr „unter dem Markenzeichen“ darstelle. Nach Auffassung des OLG Stuttgart (aaO) ist im Einschmuggeln ein Benutzen des Markenzeichens nicht zu sehen, denn der Wortsinn setze voraus, dass das Zeichen in irgendeiner Weise eingesetzt oder wenigstens kenntlich gemacht werde; eine Einfuhr „unter dem Zeichen“ könne jedenfalls dann nicht mehr bejaht werden, wenn das Zeichen bei der Einfuhr versteckt gehalten werde.
Dieser Ansicht kann jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zugestimmt werden (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 860; Ebert-Weidenfeller in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, 4. Aufl., Kapitel Markenstrafrecht Rn. 69; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 - 5 StR 72/98, StV 1998, 663). Der Anwendung von § 143a MarkenG ist ebenso wie derjenigen des § 14 MarkenG ein markenfunktionaler Benutzungsbegriff zugrunde zu legen (Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 120). Der Markeninhaber erhält den Schutz seiner spezifischen markenrechtlichen Interessen um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann (EuGH GRUR 2007, 318 Nr. 21). Erforderlich ist, dass die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH GRUR 2005, 153 Nr. 59). Hauptfunktion der Marke ist es, die Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten (EuGH GRUR 2003, 55 Nr. 51; Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 121). Die Einfuhr einer solchen Ware ist unabhängig davon, ob der Täter heimlich oder offen importiert, geeignet, die Herkunftsfunktion der Marke (vgl. Thiering in: Ströbele/ Hacker/Thiering, § 14 Rn. 97 f.) zu beeinträchtigen. Der Schutz des Markengesetzes richtet sich gegen den Import jeglicher ohne Zustimmung des Markeninhabers mit der Marke versehener Waren. Da die im Ausland erfolgte Kennzeichnung von Waren infolge des Territorialitätsprinzips nicht vom Verbietungsrecht des Markeninhabers erfasst wird, soll bereits der Eintritt der mit dem Zeichen versehenen Waren in den Geltungsbereich der markenrechtlichen Normen als inländische Verletzungshandlung verfolgbar sein (Schweyer in: v. Schultz, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 228). Einfuhr „unter dem Zeichen“ ist demnach der Import widerrechtlich gekennzeichneter Ware (Hacker aaO Rn. 179; Ekey aaO § 14 Rn. 328; Schweyer aaO). Sie stellt eine Benutzungshandlung zur Begründung einer Markenrechtsverletzung dar (Fezer aaO). Ungeachtet dessen, dass Art. 9 Abs. 3 UMV bzw. § 9 Abs. 2 GMV nur Auslegungsregeln enthalten und nicht Gegenstand der Strafnorm sind, steht ihr Wortlaut diesem Verständnis nicht entgegen.
b) Eine Einfuhr liegt vor, wenn die gekennzeichnete Ware aus dem Ausland tatsächlich in den Schutzbereich des Markengesetzes überführt worden ist (Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 575; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 241; Schweyer aaO § 14 Rn. 228; vgl. demgegenüber zur Durchfuhr EuGH GRUR 2006, 146). Täter dieser Verletzungshandlung ist nicht nur, wer im Zeitpunkt des Grenzübertritts bzw. bei Nichtunionswaren im Zeitpunkt ihres Statuswechsels zu Unionswaren die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Ware hat, sondern auch der die Einfuhr veranlassende im geschäftlichen Verkehr handelnde inländische Besteller der Ware (OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 350 f.; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rn. 244). Auch eine Grenzbeschlagnahme steht der Einfuhr nicht entgegen (OLG Hamburg aaO; Büscher aaO; Ebert-Weidenfeller aaO Rn. 70; Ekey aaO, § 14 MarkenG Rn. 329; Fezer aaO, § 14 MarkenG Rn. 860; Hacker aaO, § 14 Rn. 179; Ingerl/Rohnke aaO). Die gegenteilige Auffassung (OLG Bremen, NJWE-WettbR 2000, 46) überzeugt nicht, da dadurch der Grenzbeschlagnahme, die gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 MarkenG „bei der Einfuhr“ erfolgt, diese also voraussetzt, die Grundlage entzogen würde (Hacker aaO). Der in den verschiedensten Gesetzen verwendete Einfuhrbegriff ist kein einheitlicher, sondern muss für jedes von ihnen nach seinem speziellen Sinn und Zweck ausgelegt werden (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1986 - 2 StR 335/86, BGHSt 34, 180, 182 mwN). Die Aufnahme der „Einfuhr“ als Benutzungshandlung sollte den Verletzungstatbestand im Interesse effektiven Markenschutzes gerade so weit wie möglich nach vorne verlagern (Ingerl/Rohnke aaO Rn. 244). Dieser Zielrichtung würde es nicht entsprechen, für eine vollendete Einfuhr nicht schon das Hereinschaffen der Ware ins inländische Hoheitsgebiet genügen zu lassen, sondern beispielsweise zusätzlich zu fordern, dass die Ware die Zollstelle passiert hat. Gelangt die Ware in das Bundesgebiet, kommt es für die Benutzungshandlung der Einfuhr nicht mehr darauf an, ob ein nachfolgendes Inverkehrbringen als weitere eigenständige Verletzungshandlung durch die Beschlagnahme verhindert wird (Ingerl/Rohnke aaO).
Ungeachtet des „Anhaltens“ der Ware durch den deutschen Zoll am Flughafen Tegel liegt daher im verfahrensgegenständlichen Fall eine Einfuhr vor. Sie erfolgte auch zum Zweck des Inverkehrbringens (vgl. zu diesem Erfordernis Hacker aaO § 14 Rn. 181 ff.; Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 575; Ingerl/Rohnke § 14 Rn. 241 f.) und stellt eine Benutzungshandlung im Sinne des § 143a Abs. 1 Nr. 1 MarkenG dar. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die im Fall 2 insoweit wenig konkreten Feststellungen des Urteils auch die Annahme eines Anbieten der geschützten Ware über „die Internetplattformen“ tragen, die das Landgericht als (weitere) Benutzungshandlung bejaht hat (UA S. 82 f.).
HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 229
Externe Fundstellen: NJW 2018, 801
Bearbeiter: Christian Becker