HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 224
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 488/17, Urteil v. 23.01.2018, HRRS 2018 Nr. 224
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 29. Mai 2017 wird mit der Maßgabe verworfen, dass die Zinsen auf das Schmerzensgeld erst ab dem 18. Mai 2017 zu zahlen sind und es in der Adhäsionsentscheidung anstatt „Im Übrigen wird der Adhäsionsantrag abgewiesen“ heißt „Im Übrigen wird von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen.“
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch dem Neben- und Adhäsionskläger entstandenen notwendigen Auslagen sowie die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer insoweit beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision, dass der Angeklagte nicht in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden ist. Der Angeklagte wendet sich mit seinem Rechtsmittel umfassend gegen seine Verurteilung. Beide Revisionsführer rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, während die Revision des Angeklagten lediglich zu einer Klarstellung des Adhäsionsausspruchs führt.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wuchs der 74-jährige, bislang unbestrafte Angeklagte auf dem Hof der Eltern auf. Diesen verließ er im Streit, weil er sich ungerecht behandelt fühlte, schloss erfolgreich eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann ab und war anschließend acht Jahre in Madagaskar in der Entwicklungshilfe tätig. Einer weiteren Ausbildung zum Betriebswirt und dem Erwerb mehrerer Eigentumswohnungen in Teneriffa folgte der Kauf des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in Bremen, des späteren Tatorts. Eine anschließende Anstellung mit Einsatz in Algerien endete nach sechs Monaten im Streit, weil sich der Angeklagte „nichts vorschreiben lassen“ wollte. In den Folgejahren lebte der Angeklagte von Mieteinnahmen und zwischenzeitlich auch von dem Betrieb einer Kiesgrube auf dem elterlichen Hof und auf angrenzenden Grundstücken. Er wohnte seit Ende der 1980-er Jahre in einem Eigenheim in Leer, benutzte aber ab und zu auch eine leerstehende Wohnung in seinem Bremer Haus.
Der Angeklagte lebte seit seinem frühen Erwachsenenalter als Einzelgänger ohne engere partnerschaftliche oder freundschaftliche Bindungen. Das Verhalten anderer erlebte er schon früh als gezielte Handlungen gegen sich. Im Rahmen des Kiesgrubenbetriebs war er in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt, die er häufig verlor. Weil er nicht einsehen konnte, dass er nicht im Recht war, verdächtigte er teilweise seine eigenen Anwälte der Zusammenarbeit mit der Gegenseite. Zunehmend verfestigte sich sein Eindruck, ihm stehe eine „Justizmafia“ gegenüber, die ihm sein Recht verweigere. Unzählige Eingaben, Dienstaufsichtsbeschwerden und Strafanzeigen sowie der Betrieb einer Internetseite zur Offenlegung des von ihm so empfundenen „Justizskandals“ folgten. Da die Texte teilweise antisemitische Inhalte hatten, kam es zu einem Strafverfahren wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung. In einem dort erstatteten Gutachten kam der psychiatrische Sachverständige zur Einschätzung, der Angeklagte leide an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung. Auch dies sah der Angeklagte als Ausdruck krimineller Machenschaften zwischen Gericht und Gutachter, um ihn mundtot zu machen.
Der Angeklagte kümmerte sich selbst um die Verwaltung der von ihm vermieteten Immobilien. Sah er sich gegenüber seinen Mietern im Recht, wurde er teilweise auch aufbrausend, verbal aggressiv und einschüchternd. Die Wohnung im zweiten Obergeschoss seines Hauses hatte der Angeklagte an den Nebenkläger Sl. im Jahr 2005 vermietet. Er ging dabei - wie bei anderen Mietern - davon aus, dass Sl. nach Ende seines damaligen Studiums wieder ausziehen würde. Langfristige Mieter wollte der Angeklagte nicht. Der Nebenkläger brach indes sein Studium ab und lebte von wechselnden Tätigkeiten. Der Angeklagte war hierüber verärgert. Im Herbst 2013 wollte er selbst die Wohnung des Nebenklägers nutzen und erklärte diesem, dass er ausziehen solle. Es folgte im Februar 2014 eine zumindest mündliche Kündigung, die der Nebenkläger mit anwaltlicher Hilfe zurückwies. Der Angeklagte war der Meinung, die Kündigung sei zu Ende März 2014 wirksam geworden, und versuchte am 1. April 2014, sich Zugang zu der Wohnung zu verschaffen. Dies gelang nicht, weil der Schlüssel des Nebenklägers von innen steckte. In der Annahme, das Schloss sei ausgetauscht worden, begann der Angeklagte, das Schloss mit einer Bohrmaschine aufzubohren. Als Sl. die Tür öffnete, ging der erregte Angeklagte mit laufender Bohrmaschine auf ihn zu. Der Bohrer verhedderte sich im T-Shirt des Nebenklägers und verursachte eine Schürfwunde am Bauch. Sl. stellte Strafanzeige und erwirkte mit anwaltlicher Hilfe eine einstweilige Verfügung, die dem Angeklagten das Betreten der Wohnung ohne Einwilligung verbot. Zudem erging Mitte Juni 2015 ein umfassendes Kontaktverbot gegen den Angeklagten nach dem Gewaltschutzgesetz.
Der Angeklagte sah das Verhalten des Nebenklägers als illegale Wohnraumbesetzung an und war überzeugt, dass die gegenteiligen Gerichtsentscheidungen auf Prozessbetrug beruhten. Zudem wuchs bei dem Angeklagten vor dem Hintergrund seiner paranoiden Persönlichkeitsstörung die Überzeugung, dass die Bremer Justiz in diese „kriminellen Machenschaften“ verwickelt sei. Er sah die Bremer Justiz von einer „Ganovenorganisation“, einer „Wohnungsenteignungsbande“ untergraben, hinter der die Scientology-Sekte stecke, deren Mitglieder durch bestellte Urteile lebenslang illegal in Wohnungen „eingenistet“ würden. Es folgten Strafanzeigen, Dienstaufsichtsbeschwerden und Eingaben, u.a. auch beim Bundesverfassungsgericht, beim Bundesjustizminister und beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Angeklagte sah sich aus seiner zunehmend wahnhaft verzerrten Sicht ohnmächtig einer vermeintlich rechtswidrigen Wohnungsenteignung ausgeliefert. In zunehmend aggressiven Schreiben erklärte er, dass beteiligte Rechtsanwälte und Richter „an die Wand gestellt gehörten“. Als ihm in der Strafsache wegen des Geschehens mit der Bohrmaschine kein Pflichtverteidiger bestellt wurde, erklärte er sinngemäß, ob er dann wohl mit einer „Kalaschnikow“ vorbeikommen müsse. Aufgrund des aus seiner Sicht rechtswidrigen Justizhandelns sah er sich hierzu als berechtigt an. Im Juli 2015 wurde der Angeklagte wegen des Vorfalls mit der Bohrmaschine zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld an den Nebenkläger verurteilt. Auch hiergegen ging der Angeklagte mit zahlreichen Eingaben vor und mahnte eine Aufarbeitung des vermeintlichen Justizskandals an. Während eines der gerichtlichen Zusammentreffen mit Sl. sagte der Angeklagte zu ihm: „Entweder du ziehst aus oder du bist tot.“ 2. Im April 2016 entschloss sich der Angeklagte aufgrund der Erfolglosigkeit seines bisherigen Vorgehens, weitergehend gegen den Nebenkläger vorzugehen. Um ihm den Ernst der Lage zu demonstrieren und ihn zum Auszug zu bewegen, richtete der Angeklagte im Treppenflur die Gabelspitzen einer Mistforke gegen Sl. und schwenkte sie kurz vor seinem Kopf hin und her. Dies führte zu einem weiteren Strafverfahren. Wahrscheinlich schon im Rahmen dieses Vorfalls, jedenfalls im Verlauf des Sommers 2016 bis zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Tat hatte sich der Eindruck der Existenz einer Bremer Justizmafia, einer „Wohnraumenteignungsbande“, gelenkt von der Scientology-Sekte, bei dem Angeklagten so verfestigt, dass er davon unkorrigierbar überzeugt und bei ihm eine wahnhafte Störung entstanden war. Als der Angeklagte im Oktober 2016 feststellte, dass der Nebenkläger die Miete für diesen Monat noch nicht überwiesen hatte und aus seiner Wohnung Wasser in die untere Wohnung eingedrungen war, verfestigte sich seine Überzeugung, „Sl. muss raus“. Er wollte die Sache nunmehr selbst in die Hand nehmen und entschloss sich, deutlich massiver gegen seinen Mieter vorzugehen. Er besorgte sich einen gut geschliffenen Spaten und ein spitzes Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 11,5 cm. Mit dem Spaten wollte er Sl. angreifen, wobei es ihm nicht darauf ankam, ihn zu töten; dies nahm er aber billigend in Kauf.
Am 7. Oktober 2016 hielt sich der Angeklagte in dem Haus R. in einer leerstehenden Wohnung im 1. Obergeschoss auf und wartete auf den Nebenkläger. Als er hörte, dass dieser das Treppenhaus betrat, versteckte sich der Angeklagte hinter seiner Wohnungstür, die sich direkt gegenüber der verschlossenen Tür eines Windfangs befand, durch den Sl. in seine im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung gehen musste. Der Angeklagte bemerkte, dass der Nebenkläger die Tür des Windfangs aufschloss, und trat unter bewusster Ausnutzung des Überraschungsmoments von hinten an den völlig ahnungslosen Sl. heran. Er schlug mit bedingtem Tötungsvorsatz wuchtig den Spaten in Richtung des Kopfes. Dabei schrie er: „Jetzt habe ich dich, jetzt bist du dran, mein Haus, mein Eigentum.“ Der Spaten traf den Nebenkläger an Kopf und Schulter und verursachte eine leichte Schädelprellung und Schmerzen in der Schulter. Platz zum erneuten Ausholen mit dem Spaten hatte der Angeklagte, der auf sein Opfer zugegangen war, nun nicht mehr. Er stieß den Spaten noch ein-, zweimal gegen Sl., dem es gelang, den Spaten zu ergreifen und festzuhalten. Nunmehr griff der Angeklagte dem Nebenkläger schmerzhaft in Gesicht und Mund. Während eines Gerangels fielen beide die steile Treppe herunter. Der Angeklagte erlitt dabei einen Schienbeinkopfbruch. Hiervon unbeeindruckt nahm er erneut den Spaten und schlug wiederum zwei- bis dreimal nach dem Nebenkläger. Bei einem weiteren Gerangel nahm der Angeklagte Sl., der hierdurch zunehmend Luftnot bekam, in den Schwitzkasten und stach - weiterhin mit bedingtem Tötungsvorsatz - nunmehr mit seinem Küchenmesser in Richtung Bauch bzw. Oberkörper seines Opfers. Unter Aufbietung aller Kräfte gelang es diesem, die Hand des Angeklagten fest- und das Messer von sich fernzuhalten. Letztlich fügte der Angeklagte dem Geschädigten eine zwölf Zentimeter lange oberflächliche Schnittwunde im Bereich des Bauchnabels zu. Der Nebenkläger schrie lauthals um Hilfe und versuchte weiter sich zu wehren, während der Angeklagte - hiervon unbeeindruckt - erneut mit dem Messer gegen ihn vorging. Von herbeigekommenen Passanten wurde der Angeklagte schließlich vom Nebenkläger weggezogen und am Boden fixiert.
Aufgrund einer akuten wahnhaften Störung und einer paranoiden Persönlichkeitsstörung war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei der Tatbegehung erheblich vermindert.
3. Das sachverständig beratene Schwurgericht hat eine Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt, weil nicht ausreichend sicher festgestellt werden könne, dass der Angeklagte für die Allgemeinheit gefährlich sei. Zwar wirkten - wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt habe - die vom Angeklagten geäußerten Überzeugungen unkorrigierbar und es bestehe die Gefahr, dass er störungsbedingt weiter versuchen würde, Sl. aus der Wohnung zu bekommen. Ein tatsächliches Unrechtsbewusstsein sei trotz Wissen um die Strafbarkeit des Handelns nicht zu erkennen. Es sei auch nicht zu erwarten, dass der Angeklagte zukünftig zu weniger drastischen Maßnahmen greifen würde. Ohne eine Behandlung bestehe die Gefahr zukünftiger Aggressionstaten zumindest zum Nachteil von Sl. als Mieter. Die Dynamik würde sich deutlich entaktualisieren, wenn sich Sl. eine andere Wohnung suchen und der Angeklagte dauerhaft in Leer wohnen bleiben würde.
Angesichts der spezifischen Täter-Opfer-Beziehung habe die Kammer Zweifel, dass eine Gefährlichkeit des Angeklagten für die Allgemeinheit wirklich vorliege, auch wenn er weiterhin als Vermieter tätig sei und deshalb Gefahren für andere denkbar erschienen. Zwar sei davon auszugehen, dass das Krankheitsbild weiterhin bestehen bleibe. Allerdings sprächen gute Anhaltspunkte dafür, dass es bis zur Entlassung des Angeklagten aus der Haft durchaus erwartbare Veränderungen im Lebensumfeld des Angeklagten gebe, die weitere Taten zum Nachteil von Sl. und anderen nicht hochgradig wahrscheinlich erscheinen ließen. Es sei wahrscheinlich, dass Sl. bis zur Haftentlassung des Angeklagten umziehe. Der Angeklagte könne die Kündigung im Wege der Eigenbedarfskündigung wirksam durchsetzen. Auch eine dauerhafte Verwaltung der Immobilie durch seine Nichte sei möglich. Sollten sich im Verlauf des Strafvollzugs Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Entaktualisierung unterblieben sei, müsse dann auch bei geringfügigen Anlassdelikten wie etwa massiven Bedrohungen eine Unterbringung nach § 63 StGB ernsthaft geprüft werden.
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
Die auf rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen den Schuldspruch. Auch die Strafzumessung weist keine revisionsrechtlich beachtlichen Fehler zum Nachteil des Angeklagten aus.
Der Klarstellung bedarf lediglich die Adhäsionsentscheidung. Gibt das Gericht - wie hier - einem Adhäsionsantrag nur teilweise statt, obliegt der weitergehende Teil nicht der Abweisung. Vielmehr ist insoweit von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO; vgl. hierzu näher BGH, Urteil vom 13. Mai 2003 - 1 StR 529/02, NStZ 2003, 565, 566). Zudem sind die geltend gemachten Prozesszinsen erst ab dem auf die Anhängigkeit folgenden Tag (hier also ab dem 18. Mai 2017) zu entrichten (vgl. § 404 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2015 - 4 StR 411/15 mwN).
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Die Revision ist wirksam auf die Nichtanordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus beschränkt.
2. Die Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten im psychiatrischen Krankenhaus hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstat auf Grund eines psychischen Defekts schuldunfähig (§ 20 StGB) oder vermindert schuldfähig (§ 21 StGB) war und die Tatbegehung hierauf beruht. Daneben muss eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades bestehen, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird; die zu erwartenden Taten müssen schwere Störungen des Rechtsfriedens besorgen lassen. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und des von ihm begangenen Anlassdelikts zu entwickeln; sie muss sich auch darauf erstrecken, welche rechtswidrigen Taten von dem Beschuldigten drohen und wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2017 - 5 StR 388/17 mwN).
Die Gefährlichkeitsprognose ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Urteils zu beziehen; nur mögliche positive Entwicklungen in der Zukunft haben dabei außen vor zu bleiben (vgl. BGH, Urteile vom 10. August 2005 - 2 StR 209/05, NStZ-RR 2005, 370, 371, und vom 17. Februar 2004 - 1 StR 437/03; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. August 2017 - 4 StR 193/17 mwN).
b) Diesen Maßstäben werden die Ausführungen des Landgerichts nicht gerecht:
Das Landgericht hat seine Gefährlichkeitsprognose nicht auf den Zeitpunkt des Urteils bezogen, sondern auf mögliche, keineswegs jetzt schon sichere Entwicklungen abgestellt, die zu einer Verringerung der Gefährlichkeit des Angeklagten führen können. Festgestellt ist, dass sich die Aggressionen des weiterhin seinen Wahnvorstellungen verhafteten Angeklagten immer noch gegen seinen Mieter Sl. richten (UA S. 54). Gefährlich für die Allgemeinheit ist ein Angeklagter auch dann, wenn von ihm nur gegen bestimmte Einzelpersonen erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind (vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Juni 1995 - 2 StR 206/95, NStZ 1995, 609 mwN). Ob der Nebenkläger auszieht, ist derzeit ebenso ungewiss wie ein dauerhafter Übergang der Immobilienverwaltung an seine Nichte. Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf mithin erneuter Prüfung.
3. Der Senat schließt aus, dass das Schwurgericht bei Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB eine noch niedrigere als die verhängte Freiheitsstrafe verhängt hätte und dass angesichts des Krankheitsbildes Feststellungen getroffen werden, die zur Annahme von Schuldunfähigkeit führen könnten.
HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 224
Bearbeiter: Christian Becker