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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 278

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 239/23, Beschluss v. 31.01.2024, HRRS 2024 Nr. 278


BGH 4 StR 239/23 - Beschluss vom 31. Januar 2024 (LG Göttingen)

Verwerfung eines unzulässigen Ablehnungsantrags (Glaubhaftmachung des vorgetragenen Ablehnungsgrundes).

§ 26a StPO

Entscheidungstenor

1. Die Ablehnungsgesuche vom 21. November 2023 gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Quentin, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Maatsch und Dr. Scheuß sowie die Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Momsen-Pflanz und Marks werden zurückgewiesen.

2. Die Anhörungsrüge vom 21. November 2023 gegen den Beschluss des Senats vom 14. November 2023 (Zurückweisung eines Befangenheitsantrags) wird auf Kosten des Verurteilten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Senat hatte über eine Revision des - damals - Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Göttingen zu entscheiden, durch welches er bei Freispruch im Übrigen wegen „Betruges in 64 Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Diebstahl, des Diebstahls in einem weiteren Fall und der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis“ unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten und zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden war. Durch Anträge vom 5. September, 11. September, 18. September, 8. Oktober und 21. Oktober 2023 lehnte der Angeklagte den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Quentin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Senat wies die Ablehnungsgesuche in der Besetzung gemäß § 27 Abs. 1 StPO mit Beschluss vom 14. November 2023 zurück. Durch Beschluss vom 15. November 2023 entschied er in der Besetzung mit dem erfolglos abgelehnten Vorsitzenden über die Revision des Angeklagten. Die Entscheidungen vom 14. und 15. November 2023 wurden von der Geschäftsstelle am 20. November 2023 versandt.

Durch Schriftsatz vom 21. November 2023, eingegangen am 22. November 2023, hat der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 14. November 2023 „Befangenheitsanträge gegen BGH Richter Dr. Quentin, BGH Richterin Dr. Bartel, und Senatsmitglieder des mitgewirkten Beschlusses“ erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass ihm die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters nicht zur Kenntnis gebracht worden sei. Das Gericht habe die Pflicht, sämtliche Unterlagen dem Beschwerdeführer zukommen zu lassen, damit eine Erwiderung erfolgen könne. Dieses Recht sei ihm verwehrt worden, worin ein Befangenheitsgrund liege.

Mit weiterem Schriftsatz vom 21. November 2023, eingegangen am 22. November 2023, hat der Beschwerdeführer „Gegendarstellung“ gegen den Beschluss vom 14. November 2023 erhoben und eine „Verletzung von Art 103 GG“ gerügt. Er habe keine dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters erhalten, wodurch sein Recht, eine Erwiderung auf diese vorzulegen, verletzt worden sei.

II.

1. Das gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Quentin und die an der Entscheidung vom 14. November 2023 beteiligten Senatsmitglieder - Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Maatsch und Dr. Scheuß sowie Richterinnen am Bundesgerichtshof Dr. Momsen-Pflanz und Marks - erhobene Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.

a) Soweit sich das Gesuch vom 21. November 2023 auch gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Dr. Quentin richtet, ist es - ungeachtet der weiteren Ausführungen - bereits deshalb unzulässig, da der Vorsitzende an der Entscheidung vom 14. November 2023 nicht mitgewirkt hat.

b) Das Ablehnungsgesuch ist im Übrigen unzulässig, da es jedenfalls (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020 - 4 StR 654/19, juris Rn. 3; Beschluss vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, juris Rn. 12; BeckOK-StPO/Cirener, 50. Ed., § 26a Rn. 6 jeweils mwN zum Fehlen eines Ablehnungsgrundes bei völlig ungeeigneter oder haltloser Begründung) an der Glaubhaftmachung des vorgetragenen Ablehnungsgrundes fehlt, § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO. Die Glaubhaftmachung ist vorliegend auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, da der vorgetragene Ablehnungsgrund offenkundig ist oder sich aus den Akten ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 2020 - 5 StR 236/20, juris Rn. 20; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2014 - 5 StR 99/14, juris Rn. 6). Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Der Vortrag des Beschwerdeführers im Ablehnungsgesuch vom 21. November 2023, er habe die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters nicht erhalten, steht im Widerspruch zu seinem Schreiben vom 4. November 2023, in dem er ausdrücklich den Eingang der dienstlichen Stellungnahme nebst weiterer Unterlagen bestätigt hat.

Der Senat braucht angesichts der Unzulässigkeit des Gesuchs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO nicht zu entscheiden, ob darüber hinaus der weitere Unzulässigkeitsgrund des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO vorliegt und der Betroffene durch ein auf wahrheitswidrigen Sachvortrag gestütztes Ablehnungsgesuch offensichtlich verfahrensfremde Zwecke verfolgt.

2. Die statthafte (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2009 - 1 StR 541/08, juris Rn. 6) Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 14. November 2023 ist unbegründet.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung am 14. November 2023 über die Ablehnungsgesuche vom 5. September, 11. September, 18. September, 8. Oktober und 21. Oktober 2023 weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Beschwerdeführer nicht gehört worden ist, noch hat er Vorbringen übergangen.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 278

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede