HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 827
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 533/19, Beschluss v. 13.05.2020, HRRS 2020 Nr. 827
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 11. Juni 2018 wird als unbegründet verworfen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt, von der vier Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt gelten. Im Übrigen hat das Landgericht die Angeklagte freigesprochen. Die Angeklagte wendet sich mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gegen ihre Verurteilung. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat das Folgende:
Ein Verfahrenshindernis besteht - anders als die Beschwerdeführerin meint - nicht. Ein solches ergibt sich nicht daraus, dass der Angeklagten und ihrem damaligen Verteidiger zunächst versehentlich nicht die Anklageschrift vom 5. April 2011 mitgeteilt worden war, sondern Abschriften eines anderslautenden Entwurfs der Anklage, die sich lose in den Akten befunden hatten; dieses Versehen war erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens bemerkt worden. Danach verfügte der Vorsitzende die Zustellung der Anklage vom 5. April 2011 an die Verfahrensbeteiligten. Die Eröffnung des Hauptverfahrens wurde nicht wiederholt.
Die unterbliebene Mitteilung der Anklageschrift begründet kein Verfahrenshindernis und führt insbesondere nicht zur Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses (BGH, Beschluss vom 19. April 1985 - 2 StR 317/84, BGHSt 33, 183; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Juli 2003 - III-2 Ss 88/03, NJW 2003, 2766; MK-StPO/Wenske, 1. Aufl., § 201 Rn. 2; LR-StPO/Stuckenberg, 27. Aufl., § 201 Rn. 44), da der Verstoß gegen § 201 StPO im weiteren Verfahren durch Nachholung der Mitteilung noch kompensiert werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1981 - 4 StR 564/81; KG, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 4 Ws 78/15; KK-StPO/Schneider, 8. Aufl., § 201 Rn. 11; MK-StPO/Wenske, aaO, Rn. 35). Dies ist im vorliegenden Fall geschehen.
Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg:
1. Die Rüge, die Anordnung der Untersuchungshaft gegen die Angeklagte sei objektiv willkürlich gewesen und habe gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 c EMRK verstoßen, weil sie auf der Grundlage der rechtlichen Würdigung des Anklageentwurfs durch die Strafkammer ergangen sei, ist bereits nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Ziel der Rüge ist eine Kompensation des geltend gemachten Konventionsverstoßes bei der Strafe.
Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. September 2018 - 4 StR 135/18; vom 8. August 2018 - 2 StR 131/18 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319; vgl. auch LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 372; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 224).
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, da die Beschwerdeführerin zu ihrer Rüge weder den Wortlaut des Haftbefehls, noch des Haftfortdauerbeschlusses und des Beschlusses des Oberlandesgerichts Hamm, mit dem der Haftbefehl aufgehoben wurde, mitgeteilt hat. Soweit diese Schriftstücke Bestandteil der Revisionsbegründung zu anderen Verfahrensrügen sind, reicht dies nicht aus, wenn - wie hier - ein ausdrücklicher Verweis fehlt. Denn es ist nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts, sich aus einem umfangreichen Konvolut von Unterlagen das für die jeweilige Rüge passende herauszusuchen und dabei den Sachzusammenhang selbst herzustellen (BGH, Beschluss vom 27. September 2016 - 4 StR 263/16, NStZ-RR, 2016, 383; BGH, Beschluss vom 7. April 2005 - 5 StR 532/04, NStZ 2005, 463).
2. Die Rüge, das Landgericht habe ein Ablehnungsgesuch der Angeklagten gegen die Berufsrichter und die Schöffen zu Unrecht zurückgewiesen, ist jedenfalls unbegründet. Denn eine Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 24 Abs. 2 StPO bestand nicht:
Das Ablehnungsgesuch war darauf gestützt, dass die Strafkammer ihrerseits einem Ablehnungsgesuch der Staatsanwaltschaft gegen den Sachverständigen L. unberechtigt entsprochen habe. Der nach Beschwerdegrundsätzen zu prüfende Beschluss des Landgerichts, mit dem das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen wurde, ist nicht zu beanstanden.
Rechtsfehler in Entscheidungen bei Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand können eine Ablehnung der mitwirkenden Richter regelmäßig nur begründen, wenn die getroffene Entscheidung bzw. die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung sich als rechtlich völlig abwegig oder gar als willkürlich erweist (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02, BGHSt 48, 4, 8; Urteil vom 12. November 2009 - 4 StR 275/09, NStZ 2010, 342 f.; Scheuten in KK-StPO, 8. Aufl., § 24 Rn. 8). Dazu ist nichts ersichtlich, da die Entscheidung des Landgerichts, dem Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen stattzugeben, formell ordnungsgemäß zustande gekommen und vertretbar begründet ist.
Soweit die Angeklagte in ihrem Ablehnungsgesuch gegen die Richter und Schöffen auf weitere, teils lange zurückliegende Verfahrensgeschehnisse Bezug genommen hatte, sollten diese offenkundig nicht als eigenständige Ablehnungsgründe verstanden werden, sondern lediglich das Ablehnungsgesuch unterstützen (vgl. insoweit Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 25 Rn. 5). Wegen der Unbedenklichkeit der landgerichtlichen Entscheidung zur Ablehnung des Sachverständigen kam es auf diese - für sich genommen mit Blick auf § 25 Abs. 2 Nr. 2 StPO verwirkten - Gründe nicht mehr an.
3. Die Rüge, das Landgericht habe eine in der Hauptverhandlung im Rahmen einer Gutachtenerstattung in Augenschein genommene Videosequenz zu Drehbewegungen eines Säuglings nicht im Urteil verwertet und damit gegen § 261 StPO verstoßen, ist nach Maßgabe des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bereits unzulässig, da der Inhalt der Videosequenz nicht im Einzelnen mitgeteilt worden ist. Jedenfalls kann der Senat ein Beruhen des Urteils auf der unterbliebenen Erörterung der Erkenntnisse aus dem Video ausschließen. Denn das Landgericht hat einen Sturz des getöteten Säuglings aus dem Elternbett als Ursache seiner schweren Verletzungen aus anderen Gründen tragfähig verneint. Daher kam es nicht darauf an, ob sich der vorgeblich auf dem Elternbett abgelegte Säugling durch Drehen an die Bettkante hätte bewegen und sodann zu Boden stürzen können.
4. Die Rüge, das Landgericht habe zu Unrecht einen Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines weiteren pädiatrischen Sachverständigengutachtens zurückgewiesen, ist zulässig erhoben, jedoch unbegründet: Das Landgericht hat die Ablehnung gemäß § 244 Abs. 4 StPO rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass es einerseits durch das bereits erhobene Sachverständigengutachten selbst die erforderliche Sachkunde besitze, andererseits durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen sei.
5. Die zulässige Rüge eines Verstoßes gegen die Begründungspflichten des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO ist ebenfalls unbegründet: Die Erörterung eines Absehens von Strafe gemäß § 60 Satz 1 StGB in den Urteilsgründen konnte trotz eines entsprechenden Antrags im Schlussvortrag des Verteidigers ausnahmsweise unterbleiben. Denn die Angeklagte hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verwirkt, so dass gemäß § 60 Satz 2 StGB ein Absehen von Strafe offensichtlich nicht in Betracht kam (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - 4 StR 534/07).
6. Die Rügen, in zwei Fällen sei die Unterbrechungshöchstfrist des § 229 Abs. 1 StPO überschritten worden, sind unzulässig. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, sowohl am 18. als auch am 67. Hauptverhandlungstag sei das Verfahren „nicht gefördert“ worden, so dass diese Fortsetzungstermine jeweils die Frist nicht hätten wahren können. Entgegen den Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2000 - 3 StR 442/99, NJW 2000, 2754) hat die Beschwerdeführerin den Verfahrensablauf der betreffenden Termine jedoch nicht so vollständig wiedergegeben, wie es für die Beurteilung der Rügen von Bedeutung ist: Es fehlt der Vortrag zu wesentlichen Verfahrensereignissen, die ein Verhandeln zur Sache begründen können (Abgabe einer Stellungnahme durch die Staatsanwaltschaft, Zustimmungserteilung der Verfahrensbeteiligten zu einer Verlesung einer Urkunde gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO am 18. Hauptverhandlungstag, erneute Zustimmungserteilung zum Verlesen gemäß § 251 Abs. 1 Nr. 1 StPO, Anordnung des Selbstleseverfahrens gemäß § 249 Abs. 2 StPO, Abgabe einer Erklärung der Verteidigung am 67. Hauptverhandlungstag).
7. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, das Landgericht habe zu Unrecht einen auf § 246 Abs. 2 und 3 StPO gestützten Aussetzungsantrag zurückgewiesen, lässt sich der Zeitpunkt der Namhaftmachung des Sachverständigen durch das Gericht der Revisionsbegründung nicht zweifelsfrei entnehmen; dies führt zur Unzulässigkeit der Rüge.
8. Die zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe ein Ablehnungsgesuch der Beschwerdeführerin gegen den Sachverständigen H. zu Unrecht zurückgewiesen, ist unbegründet: Der Beschluss des Landgerichts teilt mit, welche Tatsachen es seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat; hieran ist der Senat gebunden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Januar 2017 - 4 StR 531/16; vom 22. Juli 2014 - 3 StR 302/14 mwN). Die Begründung der Entscheidung lässt weiter erkennen, dass das Landgericht die maßgeblichen rechtlichen Anforderungen berücksichtigt hat.
9. Die Rüge, das Landgericht habe zu Unrecht einen Beweisantrag zurückgewiesen, ein weiteres - drittes - neuropathologisches Sachverständigengutachten einzuholen, ist zulässig erhoben, jedoch nicht begründet:
Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Landgerichts, bei dem Antrag handele es sich nicht um einen Beweisantrag, da er auf die Wiederholung von Beweiserhebungen ziele. Ein Antrag auf wiederholte Beweiserhebung, dem das Gericht nur im Rahmen seiner Aufklärungspflicht nachkommen muss (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 3 StR 211/01; BGH, Urteil vom 7. August 1990 - 1 StR 263/90, BGHR § 244 Abs. 6 Beweisantrag 16; BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 - 2 StR 67/95, BGHR § 244 Abs. 6 Beweisantrag 32), liegt indes nur vor, wenn Beweisthema und Beweismittel der früheren und der begehrten Beweiserhebung jeweils identisch sind. Demgegenüber zielte hier der Antrag auf Vernehmung eines weiteren Sachverständigen, also auf ein anderes Beweismittel.
Doch wirkt sich der Rechtsfehler nicht aus. Denn das Landgericht hat sich in seinem den Antrag zurückweisenden Beschluss nicht allein auf die fehlende Pflicht zur weiteren Aufklärung, sondern zusätzlich auf den Ablehnungsgrund der eigenen Sachkunde gemäß § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO gestützt. Diese Begründung ist tragfähig, da das Landgericht zum selben Beweisthema bereits zwei Sachverständige erschöpfend vernommen und so die erforderlichen Kenntnisse gewonnen hatte.
Daher ist auch die mit gleicher Stoßrichtung erhobene Aufklärungsrüge jedenfalls unbegründet.
10. Schließlich erweist sich auch die zulässig erhobene Rüge, das Landgericht habe zu Unrecht einen Hilfsbeweisantrag auf Einholung eines weiteren rechtsmedizinischen Gutachtens zurückgewiesen, als unbegründet. Das Landgericht hat sich gemäß § 244 Abs. 4 StPO rechtsfehlerfrei darauf berufen, aufgrund der Einvernahme diverser rechtsmedizinischer Sachverständiger selbst die erforderliche Sachkunde zu besitzen; überdies sei das Gegenteil der behaupteten Tatsachen durch sechs frühere Gutachten bereits erwiesen. Auch die mit gleicher Stoßrichtung erhobene Aufklärungsrüge ist damit unbegründet.
Die Sachrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Verurteilung der Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand. Zu erörtern ist nur Folgendes:
1. Das Erfordernis des spezifischen Gefahrzusammenhangs zwischen der vorsätzlichen Körperverletzung und der Todesfolge (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 1960 - 1 StR 14/60, BGHSt 13, 110; vom 30. Juni 1982 - 2 StR 226/82, BGHSt 31, 96; Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 5 StR 42/02, BGHSt 48, 34) hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt und belegt.
Zum Tatgeschehen hat das Landgericht festgestellt, die Angeklagte habe ihren damals sechs Monate alten Säugling „mit großer Gewalt über einen Zeitraum von mindestens fünf bis zehn Sekunden etwa zehn- bis dreißigmal hin und her geschüttelt“. Dabei seien ihr mögliche Gesundheitsschäden des Säuglings durch das Schütteln bewusst gewesen; diese seien ihr in diesem Moment gleichgültig gewesen. Während des Schüttelns sei der Kopf des Kindes „unbeabsichtigt“ bzw. „versehentlich“ (UA 434) entweder gegen eine Wand oder ein Möbelstück gestoßen oder durch einen „beschleunigten Sturz“ des Kindes aus den Händen der Angeklagten auf dem Boden aufgeschlagen. Der Tod des Kindes am Folgetag sei durch erheblich gesteigerten Hirndruck und das dadurch bedingte Versagen lebenswichtiger Funktionen des Gehirns eingetreten.
Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe entnimmt der Senat, dass der todesursächliche Hirndruck sowohl durch Verletzungen mitverursacht worden ist, die das Gehirn des Säuglings aufgrund des Schüttelns davongetragen hatte, als auch durch ein raumforderndes epidurales Hämatom infolge eines Schädelbruchs, der durch das Anschlagen des Kopfes bewirkt worden war. Auszuschließen ist nach den Urteilsgründen, dass Ursache für die den Tod herbeiführende Erhöhung des Hirndrucks allein der lediglich „versehentlich“, also nur fahrlässig herbeigeführte Schädelbruch war. Dem stehen die Ausführungen auf UA 31 nicht entgegen; sie behandeln lediglich das Verhältnis der zum erhöhten Hirndruck führenden pathophysiologischen Mechanismen zueinander. Die Feststellungen zur Todesursache sind hinreichend belegt durch die Angaben der Sachverständigen Dr. K. und Dr. N., denen sich die Kammer mit rechtsfehlerfreien Erwägungen angeschlossen hat.
Daher erweist sich bereits der vorsätzlich verursachte Körperverletzungserfolg, nämlich die unmittelbar durch das Schütteln eingetretene Hirnverletzung, als mitursächlich für den Tod des Säuglings. Der spezifische Gefahrzusammenhang zwischen der vorsätzlichen Körperverletzung - dem Schütteln des Säuglings - und der Todesfolge ist auf dieser Grundlage zu bejahen, da sich im Tod die typische Gefahr verwirklicht hat, die mit schweren Hirnschäden einhergeht.
2. Der Körperverletzungsvorsatz der Angeklagten ist ausreichend beweiswürdigend belegt. Hinsichtlich des kognitiven Elements stützt sich das Urteil rechtsfehlerfrei insbesondere auf die Angaben der psychologischen Sachverständigen Prof. No., der gegenüber die Angeklagte erklärt hatte, ihr sei grundsätzlich bekannt gewesen, dass das Schütteln eines Säuglings mit Gefahren für dessen Leib und Leben verbunden sei. Dabei lassen die Urteilsgründe erkennen, dass das Landgericht erwogen hat, ob der von ihm nicht ausgeschlossene „affektive Ausnahmezustand“ der Angeklagten bei Tatbegehung, der auf der Ebene der Schuld zur Annahme der verminderten Schuldfähigkeit geführt hat, auch Auswirkungen auf ihr Vorstellungsbild und damit den Vorsatz gehabt haben könnte. Dies hat das Landgericht knapp, aber vertretbar verneint, wobei seine Würdigung mit den Angaben der Sachverständigen Prof. No. - erneut zur Frage der Schuld - in Einklang steht, die den affektiven Ausnahmezustand nicht als so schwerwiegend einschätzte, dass er die Einsichtsfähigkeit der Angeklagten beeinträchtigt hätte.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 827
Externe Fundstellen: NStZ 2021, 178; StV 2020, 827
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner