Bearbeiter: Rocco Beck
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 442/99, Urteil v. 19.04.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 1998 mit den Feststellungen aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zur Kontaminierung der Blutkonserven mit dem Bakterium Rahnella aquatilis und zur Ursächlichkeit dieser Verseuchung für den Tod bzw. die Körperverletzung der betroffenen Patienten aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat die Beschwerdeführerin und den Mitangeklagten Prof. Dr. B. jeweils wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den Ausführungen der Strafkammer sind der Mitangeklagte als früherer Leiter des Instituts für Blutgerinnungswesen und Transfusionsmedizin der medizinischen Einrichtungen der Universität D. (im folgenden: Institut) und die Beschwerdeführerin als dessen Stellvertreterin für insgesamt sechs durch eine bakterielle Kontamination von Blutkonserven verursachte Transfusionszwischenfälle, von denen fünf zum Tode der betroffenen Patienten führten, strafrechtlich verantwortlich. Die an den konkreten Vorfällen nicht beteiligte Beschwerdeführerin sei strafbar, weil sie es unterlassen habe, übergeordnete Stellen und Behörden von einer unsachgemäßen Behandlung der Blutkonserven und dem Unterbleiben von mikrobiologischen Untersuchungen nach Transfusionszwischenfällen zu unterrichten. Mit ihrer Revision beanstandet die Beschwerdeführerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
I. Nach den Feststellungen baute der Mitangeklagte in den siebziger Jahren das Institut auf und leitete es bis zum November 1994. Die Beschwerdeführerin, die sich 1983 habilitierte, war als akademische Oberrätin von 1987 bis Anfang 1997 (vgl. UA S. 14) stellvertretende Institutsdirektorin gemäß § 44 des Gesetzes über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen (UG NRW), übte dieses Amt aber in der Zeit vom 14. bis zum 24. September 1994 nicht aus (UA S. 16). Das Institut diente in erster Linie der Versorgung der Patienten der medizinischen Einrichtungen in Düsseldorf mit Blutprodukten. Der Bereich der Herstellung dieser Blutprodukte wurde als Blutbank bezeichnet. Da die Haushaltslage der Universitätskliniken angespannt war, reichten die Sachmittel nicht aus, um wichtige Projekte wie etwa eine zentrale EDV-Anlage zu finanzieren. Im Vergleich mit anderen großen universitären Transfusionseinrichtungen wurde der gleiche Umsatz an Blutprodukten auf knapp der Hälfte des Raumes erzielt. Täglich wurden regelmäßig 250, gelegentlich auch bis zu 400 Konserven ausgegeben. Der Mitangeklagte übte als Institutsdirektor die Fachaufsicht über das Personal aus. Zwischen ihm und der Beschwerdeführerin bestand zumindest in den Jahren 1993 und 1994 ein gespanntes Verhältnis. Die Beschwerdeführerin fühlte sich und ihre Leistungen nicht hinreichend gewürdigt, ihre Verbesserungsvorschläge nicht genügend beachtet. Die seit 1989 geltende Krankenhaushygieneverordnung wurde in den Universitätskliniken nur unzureichend umgesetzt. Im November 1993 fand eine Begehung der Blutbank durch die Aufsichtsbehörden statt. Dabei wurde der Herstellungsprozeß bis zur Einlagerung der Blutkonserven überprüft. In serologischer Hinsicht wurden keine Beanstandungen erhoben.
Zur Herstellung der Blutprodukte wurde ein Beutelsystem benutzt, das aus drei durch Schläuche miteinander verbundenen Kunststoffbeuteln bestand. In den ersten Beutel gelangte das Blut bei der Spende. Durch Zentrifugation wurde das Erythrozytenkonzentrat (im folgenden: EK) von dem Blutplasma getrennt. Das EK verblieb in dem ersten Beutel, das Plasma gelangte in den zweiten. Die Verbindung zwischen diesen beiden Beuteln wurde getrennt und verschweißt. In einem weiteren Arbeitsgang wurde später aus dem Plasma ein Präparat zur Blutgerinnung gewonnen, das Restplasma wurde in den dritten Beutel gepreßt. Bei der Blutspende wurden außer dem ersten Beutel des Beutelsystems bis Mitte 1993 ein, ab diesem Zeitpunkt auf Anregung einer Oberschwester zwei Reagenzröhrchen mit Spenderblut (U-Pilotröhrchen) gefüllt. Dieses Blut diente zur Durchführung der Tests, mit denen vor der Transfusion der Konserve die Verträglichkeit von Spender und Patientenblut geprüft wurde. Die Röhrchen waren zuvor mit einer Nährstofflösung gefüllt worden, die mittels eines Dispensers, d.h. eines Verteilers mit automatischer Dosierung, in die Röhrchen gelangte. Die in der Blutbank vorhandenen Dispenser wurden einmal wöchentlich in der Sterilisationsabteilung der Chirurgie sterilisiert, was jedoch nicht ausreichte, um eine dauernde Keimfreiheit sicherzustellen.
Es war zumindest seit 1976 üblich, angeforderte, aber dann nicht verwendete Konserven von den Stationen zurückzunehmen. Zurückgelangte, äußerlich unauffällige Konserven, bei denen das Verfallsdatum noch nicht abgelaufen war, wurden wieder für eine erneute Ausgabe vorbereitet. Hierzu mußte das bei der ersten Ausgabe abgetrennte und gesondert verwahrte Pilotröhrchen herausgesucht und hinzuverbunden werden. War dieses jedoch wegen zwischenzeitlicher Vernichtung nicht mehr vorhanden oder wurde vom Heraussuchen wegen des damit verbundenen Zeitaufwandes abgesehen, griff man ab Mitte 1993 auf das seit dieser Zeit eingeführte, nach Nummern geordnete zweite U-Pilotröhrchen zurück. Wenn die EK - Konserve wiederholt von anfordernden Stellen zur Blutbank zurückkehrte und kein Pilotröhrchen mehr vorhanden war oder zugeordnet werden konnte, entsprach es mindestens seit 1976 dem üblichen Arbeitsablauf, aus dem Inhalt der EK - Konserve durch "Abquetschen" ein neues Pilotröhrchen herzustellen. Dabei ließen die Mitarbeiter aus dem ersten Beutel des geschlossenen Systems durch einen Schlauch einen Teil des EK - Konzentrats in ein Reagenzglas laufen, das zuvor mittels eines Dispensers mit einer Nährstofflösung gefüllt worden war. Eine allgemeine Dienstanweisung oder schriftliche Tätigkeitsbeschreibung lag hierfür nicht vor. Das "Abquetschen" fand offen im Bereich der Konservenausgabe statt. Dort stand ein ständiger und vorbereiteter Arbeitsplatz bereit. Die Konservenausgabe erfolgte in einem Raum, in dem sich auch die Konservenkühlschränke befanden und der daher von den Mitarbeitern der Blutbank häufig aufgesucht wurde. Wiederholt erteilten im Institut tätige Ärzte ausdrücklich die Anweisung, Konserven "abzuquetschen".
Nach 1992 wurden zuvor beim "Abquetschen" angewandte Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr regelmäßig beachtet. So wurde das Schlauchende der EK - Konserve gelegentlich derart in das Röhrchen eingeführt, daß es dort mit der Nährstofflösung in Berührung kommen konnte. Nach dem Verschließen des Schlauches wurden die Konserven zumindest von einigen Schwestern umgedreht, so daß die unterhalb der Klemme befindliche Blutsäule nach erneutem Öffnen der Klemme in die Konserve zurücklief und ein - vermeintlich - sauberes Verschließen der Konserve ermöglicht wurde. Der Rücklauf des Blutes vom Schlauchende in die Konserve war aber ein Einfallstor für Keime. Im Jahre 1994 gelangte auf die dargestellte Weise von einem kontaminierten Dispenser über die in dem Reagenzglas befindliche Nährstofflösung das Bakterium Rahnella aquatilis, das bis dahin nicht als Verursacher von Transfusionszwischenfällen und auch sonst nicht als für Menschen lebensgefährlich bekannt war, in mehrere Blutkonserven. In der Zeit vom 25. August 1994 bis zum 1. Oktober 1994 wurden insgesamt sechs Patienten derartige bakteriell verseuchte Blutkonserven transfundiert. Fünf dieser Patienten verstarben daraufhin an einer durch das Endotoxin des Bakteriums verursachten Sepsis und deren Komplikationen. Ein Patient konnte nach intensiver medizinischer Betreuung zwei Wochen nach dem Vorfall als geheilt entlassen werden.
Der Mitangeklagte und die Beschwerdeführerin kannten die Praxis des "Abquetschens". Der Mitangeklagte bezeichnete sie einmal als "Schweinerei", bei der die Schwestern "schön vorsichtig und steril" vorgehen müßten. Die Beschwerdeführerin kannte die mit dem "Abquetschen" verbundenen abstrakten Verkeimungsrisiken, ohne sich jedoch insoweit einer konkreten Gefahr oder der Möglichkeit einer gesundheitlichen Schädigung von Patienten bewußt zu sein. Sie kannte den Vorgang des "Abquetschens" als eine seit langem - zumindest in Ausnahmefällen - praktizierte Methode zur Weiterverwendung von Rückläuferkonserven und ging von der Billigung des Mitangeklagten und des weiteren davon aus, daß der Mitangeklagte auf der Fortführung des "Abquetschens" im Interesse der Verwertung der Rückläuferkonserven bestehen würde. Die Beschwerdeführerin hielt es für unmöglich, bei lediglich institutsinterner Beschwerde das Gehör des Mitangeklagten zu finden und das "Abquetschen" beenden zu können, zumal sie mit ihrem Vorschlag, Blutbeutel mit ca. zehn geschlossenen Schlauchsegmenten einzuführen, die eine entsprechende Anzahl von Kreuzproben ohne Eingriff in das geschlossene System ermöglicht hätten, bereits 1993 beim Angeklagten nicht durchgedrungen war. An eine Anzeige an eine gegenüber dem Mitangeklagten als Institutsleiter übergeordnete Stelle ("ärztlicher Direktor, Verwaltungsdirektor, klinischer Vorstand, Rektor, Bezirksregierung, Ministerium" UA S. 44) dachte die Beschwerdeführerin nicht. Insoweit ist die Kammer jedoch - ohne dies näher zu belegen - überzeugt davon, daß eine solche Anzeige Erfolg gehabt und zu einem Verbot des "Abquetschens" geführt hätte.
II. Die Verfahrensrügen sind teilweise in unzulässiger Form erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), teilweise sind sie unbegründet. Der Senat nimmt insoweit auf die auch unter Berücksichtigung des weiteren Revisionsvorbringens zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug und bemerkt ergänzend:
1. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des § 229 StPO geltend macht, hat sie zwar den Beschluß der Strafkammer vom 19. März 1998 vorgelegt. Die Rüge ist gleichwohl im Hinblick auf § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig, da die Revision das Protokoll der Hauptverhandlung vom 27. März 1998 nur teilweise mitteilt und in dem fehlenden Teil für die Beurteilung der Hemmung der Unterbrechungsfrist gemäß § 229 Abs. 3 StPO wesentliche Fakten festgehalten sind.
Die Rüge wäre auch unbegründet, da der Fortsetzungstermin vom 18. März eine Verhandlung zur Sache darstellte. Hierfür reichen Feststellungen zur Verhandlungsfähigkeit und die Beauftragung eines Sachverständigen aus (vgl. die Senatsentscheidung BGHR StPO § 229 Abs. 1 Sachverhandlung 1). Zum anderen gilt die Hemmung bezüglich eines Angeklagten auch für den anderen (vgl. Tolksdorf in KK 4. Aufl. § 229 Rdn. 11).
2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) geltend macht, weil die Strafkammer die Todesbescheinigungen der verstorbenen Patienten nicht in das Verfahren eingeführt habe, ist die Rüge auch deshalb unzulässig, weil die in dem vertraulichen Teil der vorgelegten Bescheinigungen aufgeführten Todesursachen mit den diesbezüglichen Feststellungen der Strafkammer zwanglos übereinstimmen und sich aus dem Vortrag der Revision somit nicht ergibt, welches der Beschwerdeführerin günstige Beweisergebnis die vermißte Beweiserhebung erbracht hätte.
3. Soweit die Beschwerdeführerin rügt, bei der Hauptverhandlung am 20. November 1998 sei der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt worden, ergibt sich aus der innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO eingereichten Revisionsbegründung ein solcher Verstoß nicht. Die nach Fristablauf in der Erwiderungsschrift nachgeschobene Tatsache, ein Hinweisschild vor dem Krankenhausgebäude sei nicht vorhanden gewesen, kann vom Revisionsgericht nach § 352 Abs. 1 StPO nicht berücksichtigt werden.
III. Das Urteil hält materiell - rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht nimmt eine Täterschaft durch Unterlassen an. Die Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um eine Garantenstellung der Beschwerdeführerin zu begründen. Auch die Ursächlichkeit des Unterlassens für die eingetretenen Todes- bzw. Körperverletzungserfolge ist nicht ausreichend dargelegt. Die rechtlichen Mängel betreffen lediglich die Verurteilung der Beschwerdeführerin, so daß eine Erstreckung auf den Mitangeklagten gemäß § 357 StPO nicht in Betracht kommt.
1. Die Strafbarkeit wegen eines unechten Unterlassungsdelikts setzt voraus, daß der Täter als Garant für das betroffene Rechtsgut anzusehen ist. Dies ist der Fall, wenn eine besondere Pflichtenstellung vorliegt, die über die für jedermann geltende Handlungspflicht hinausgeht. Ausreichende diesbezügliche Feststellungen enthält das Urteil nicht.
a) Die Strafkammer führt in diesem Zusammenhang zunächst aus, als stellvertretender Institutsleiterin habe der Beschwerdeführerin die Rechtspflicht obgelegen, dafür Sorge zu tragen, daß Empfänger von in der Blutbank hergestellten Produkten durch diese keine vermeidbaren gesundheitlichen Schäden erlitten. Somit sei sie insbesondere für die Beachtung der Regeln der Hygiene und folglich dafür verantwortlich gewesen, unzulässige Eröffnungen von Konserven zu unterbinden.
Allein aus der formalen Stellung gemäß § 44 UG NRW läßt sich die Garantenstellung der Beschwerdeführerin indes nicht ableiten. In § 44 Abs. 1 UG NRW ist bestimmt, daß der Leiter der Abteilung für die Behandlung der Patienten und für die der Krankenversorgung dienenden Untersuchungen und sonstigen Dienstleistungen die ärztliche und fachliche Verantwortung unbeschadet der Verantwortung der von ihm mit den Aufgaben der Krankenversorgung betrauten Bediensteten trägt. Er ist gegenüber allen Bediensteten der Abteilung, also auch gegenüber seiner Vertretung, auf dem Gebiet der Krankenversorgung weisungsbefugt. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 UG NRW wird der Stellvertreter auf Vorschlag des Leiters der Abteilung vom klinischen Vorstand nach Anhörung des Vorstands des medizinischen Zentrums auf Zeit bestellt. Einzelheiten hierzu, insbesondere zu den Umständen der auf UA S. 16 genannten Unterbrechung vom 14. bis zum 24. September 1994 sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Konkrete inhaltliche, über die Vertretung des Leiters im Fall von dessen Verhinderung hinausgehende Pflichten und Aufgaben eines stellvertretenden Abteilungsleiters sind in § 44 UG NRW nicht festgelegt. Der Schluß der Kammer allein von der formalen Stellung der Beschwerdeführerin auf eine Verantwortung für die Beachtung der Regeln der Hygiene in dem gesamten Institut ist somit nicht zulässig. Der gesetzlichen Regelung läßt sich zwar entnehmen, daß den Mitangeklagten als Abteilungsleiter eine umfassende Verantwortung für die Vorgänge im Institut traf. Diese bestand für die Beschwerdeführerin in entsprechendem Maße jedoch nur dann, wenn der Mitangeklagte verhindert war, und sie diesen in seiner Funktion als Leiter des Instituts zu vertreten hatte. Ein diesbezügliches sorgfaltswidriges Unterlassen ist aber nicht festgestellt.
b) Die Feststellungen begründen daneben keine Garantenstellung der Beschwerdeführerin durch Ausübung einer Funktion nach dem Arzneimittelgesetz oder einer sonstigen zur Tatzeit für den Bereich der Transfusionsmedizin geltenden Regelung.
Die Beschwerdeführerin übte zu keinem Zeitpunkt die Funktion eines Herstellungsleiters nach dem für den Umgang mit Blutprodukten anwendbaren Arzneimittelgesetz (§ 4 Abs. 2 AMG) aus. Dieser ist gemäß § 19 Abs. 1 AMG unter anderem dafür verantwortlich, daß die Arzneimittel entsprechend den einschlägigen Vorschriften hergestellt, gelagert und gekennzeichnet werden. Auch als Kontrolleiter, der gemäß § 19 Abs. 2 AMG die Verantwortung dafür trägt, daß die Arzneimittel auf die erforderliche Qualität geprüft werden, war die Beschwerdeführerin nicht tätig. Sie wurde lediglich in dem Protokoll einer Besichtigung vom 22. November 1993 als Stufenplanbeauftragte bezeichnet. Als solcher hätte ihr gemäß § 63a AMG die Sammlung und Bewertung bekanntgewordener Meldungen über Arzneimittelrisiken, die Koordination der notwendigen Maßnahmen und die Erfüllung der Anzeigepflichten, soweit sie Arzneimittelrisiken betreffen, obgelegen. Mit Schreiben vom 3. Februar 1994 teilte der Verwaltungsdirektor der medizinischen Einrichtungen dem Regierungspräsidium Düsseldorf jedoch mit, daß der Mitangeklagte zum Stufenplanbeauftragten bestellt worden sei. Eine spätere Änderungsanzeige erfolgte nicht.
Auch eine in diesem Zusammenhang relevante Tätigkeit der Beschwerdeführerin nach der Krankenhaushygieneverordnung NRW läßt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Nach den Feststellungen sollte jede Abteilung gemäß § 2 dieser Verordnung i.V. mit einem Beschluß der Hygienekommission vom 1. März 1990 einen Hygienebeauftragten und einen Stellvertreter benennen. Zu dessen in § 4 Abs. 2 der Verordnung festgelegten Aufgaben gehörte es auch, Maßnahmen zur Verhütung und Aufdeckung von Krankenhausinfektionen zu treffen. Der Mitangeklagte benannte gegenüber der Verwaltung sich, die Beschwerdeführerin und zwei weitere Ärzte als Hygienebeauftragte und Stellvertreter. Feststellungen dazu, welche der benannten Personen welche Aufgaben wahrnehmen sollten und wer als Hygienebeauftragter und wer nur als dessen Stellvertreter benannt wurde, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Eine förmliche Bestellung erfolgte nicht.
Schließlich bestimmte Ziffer 1.5 der zur Tatzeit geltenden Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion aus dem Jahre 1991, aufgestellt vom wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer und vom Bundesgesundheitsamt (Deutscher Ärzte - Verlag Köln 1992), daß Träger von Einrichtungen, die transfusionsmedizinische Aufgaben wahrnehmen, für eine angemessene personelle und sachliche Ausstattung zuständig sind und einen für diesen Bereich verantwortlichen Arzt, der eine den Aufgaben entsprechende Qualifikation besitzen mußte, bestellen. Dem verantwortlichen Arzt oblag auch die Organisation zur Vorbereitung und zur Durchführung der Transfusion von Blut- und Blutbestandteilkonserven. Er hatte das zugezogene Personal anzuleiten, zu überwachen und entsprechende Anweisungen zu erteilen. Unbeschadet der Frage der rechtlichen Verbindlichkeit dieser Richtlinien ergeben die Feststellungen jedenfalls nicht, daß die Beschwerdeführerin diese Funktion ausübte.
Aus dem Gesetz zur Regelung des Transfusionswesens (TFG) vom 1. Juli 1998 (BGBl 1998 I 1752), mit dem das Blutspende - und Transfusionswesen eine gesetzliche Grundlage erhalten hat, um dadurch das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten durch Blutprodukte zu vermindern (vgl. BT-Drucks. 13/9594 S. 1; 13/10643 S. 1), lassen sich für die Tatzeit keine weitergehenden Verantwortlichkeiten ableiten.
c) Den Feststellungen des Urteils ist auch nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin deshalb Garantin war, weil sie auf Grund dienstlichen Auftrags oder tatsächlich im Bereich der Blutbank eine Funktion ausübte, kraft derer sie für den Umgang mit den Blutkonserven und/oder die Einhaltung von Hygienevorschriften verantwortlich war (zur Garantenstellung eines Arztes unter dem Gesichtspunkt der Übernahme der Verantwortung vgl. aus der strafrechtlichen Rechtsprechung BGH NJW 1979, 1258; aus der allg. Kommentarliteratur Jescheck in LK 11. Aufl. § 13 Rdn. 27; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 13 Rdn, 8; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 13 Rdn. 9; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 13 Rdn. 28a; aus der Fachliteratur Lenckner, Arzt und Strafrecht, in Praxis der Rechtsmedizin S. 572 ff.; Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis, 2. Aufl. Rdn. 34; aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung BGH NJW 1979, 1248, 1249).
Die Strafkammer teilt lediglich an einer Stelle der Sachverhaltsschilderung in einem Nebensatz mit, die Beschwerdeführerin habe die tatsächliche Aufsicht über die nichtärztlichen Mitarbeiter der Blutbank geführt. Dieser bereits als solcher substanzlose, nicht durch weitere Feststellungen näher konkretisierte Hinweis reicht nicht aus. Bei der Garantenstellung handelt es sich um eine für die Haftung aus einem unechten Unterlassensdelikt schlechterdings unverzichtbare Voraussetzung. An dieser essentiellen Bedeutung müssen sich die sachlich - rechtlichen Darlegungsanforderungen im vorliegenden Fall orientieren. Die Urteilsgründe enthalten jedoch keine auch nur einigermaßen umfassende Darstellung der dienstlich übertragenen oder tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben der Beschwerdeführerin. Hinzu kommt, daß nach den weiteren Feststellungen der Mitangeklagte die Fachaufsicht über die Bediensteten des Instituts führte. Unter diesen Umständen wären nähere, konkretere Ausführungen zu den Aufgaben und Tätigkeiten der Beschwerdeführerin im Institut erforderlich gewesen. So wäre etwa darzustellen gewesen, ob und gegebenenfalls wie und in welchem Umfang die Beschwerdeführerin mit der Führung der Aufsicht über das nichtärztliche Personal, das mit Blutprodukten befaßt war, betraut worden ist. Wenn die Strafkammer die Wahrnehmung der Aufsichtsführung nur aus der tatsächlichen Übung im Institut hergeleitet hat, hätten die Tatsachen, aus denen dieser Schluß gezogen worden ist, mitgeteilt werden müssen.
d) Entgegen der Auffassung der Strafkammer begründen die Feststellungen schließlich keine Garantenstellung der Beschwerdeführerin aus Ingerenz.
Die Strafkammer hat insoweit zwar rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beschwerdeführerin das "Abquetschen" in einem Fall aktiv förderte, indem sie im Januar 1992 zu der Zeugin R. sagte, die vor dieser auf dem Tisch liegenden Konserven sollten "abgequetscht" werden. Soweit sie aus diesem einzelnen Vorfall eine Garantenstellung für Geschehnisse ableitet, die sich im Jahre 1994 und damit mehr als zwei Jahre später ereigneten, ist dies jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen nicht ausreichend. Ein pflichtwidriges Vorverhalten begründet nur dann eine Garantenstellung, wenn es die nahe Gefahr des Eintritts des konkret untersuchten tatbestandsmäßigen Erfolges verursacht (st. Rspr., vgl. BGHR StGB § 13 I Garantenstellung 14; Jescheck in LK 11. Aufl. § 13 Rdn. 32; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 13 Rdn. 34). Dem Urteil läßt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, daß sich die Aussage der Beschwerdeführerin gegenüber der Schwester R. zur Tatzeit im Jahre 1994 noch gefahrerhöhend ausgewirkt hat. Weder ist festgestellt, daß bei dem Vorfall weitere Mitarbeiter anwesend waren, noch daß die Zeugin R. ihn weitererzählt hat oder daß die Zeugin R. im Jahre 1994 überhaupt noch im Institut tätig war. Im übrigen wird in den UrteiIsgründen festgestellt, daß ab 1992 wiederholt Ärzte eine ausdrückliche Anweisung zum "Abquetschen" erteilt haben, wobei allerdings nur die Ärzte Dr. Z. und Dr. E. , nicht aber die Beschwerdeführerin genannt werden. Wesentlich ist dabei der Umstand, daß der Mitangeklagte als Institutsleiter die Praxis des "Abquetschens" kannte und duldete. Bei der Gesamtbewertung des Vorverhaltens hätte auch berücksichtigt werden müssen, daß die Beschwerdeführerin gegenüber dem Mitangeklagten im Jahre 1993 den Vorschlag machte, ein Beutelsystem mit etwa zehn außerhalb des geschlossenen Systems befindlichen Schlauchsegmenten zu benutzen, was ein "Abquetschen" praktisch überflüssig gemacht hätte.
e) Soweit der strafrechtliche Vorwurf gegen die Beschwerdeführerin ferner darauf gestützt wird, sie habe es nach Transfusionszwischenfällen unterlassen, auf die Durchführung bakteriologischer Tests hinzuwirken, läßt sich den Feststellungen auch insoweit keine Garantenstellung entnehmen. Zwar führt die Kammer in diesem Zusammenhang aus, die Beschwerdeführerin habe im Jahre 1990 eine Handlungsanweisung für Transfusionszwischenfälle erstellt. Etwas nähere Angaben macht das Urteil noch im Rahmen der Beweiswürdigung. Dort wird dargelegt, daß die Beschwerdeführerin neben dem Mitangeklagten Zwischenfallberichte unterzeichnet habe. Ob die Beschwerdeführerin dies regelmäßig oder gar in jedem Fall tat, nur für eine bestimmte Gruppe von Patienten zuständig war oder die Berichte nur bei Abwesenheit des Mitangeklagten als dessen Stellvertreterin unterschrieb, teilt das Urteil nicht mit. So bleibt unklar, welche genauen Aufgaben die Beschwerdeführerin im Jahre 1994 im Zusammenhang mit der Aufklärung von Transfusionszwischenfällen hatte.
2. Schließlich ist auch die Ursächlichkeit des Unterlassens für den Eintritt des Erfolges nicht ausreichend belegt.
Bei der Prüfung der Ursächlichkeit des Pflichtenverstoßes ist hypothetisch zu fragen, was geschehen wäre, wenn sich der Täter pflichtgemäß verhalten hätte. Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine pflichtwidrige Unterlassung der Beschwerdeführerin grundsätzlich nur angelastet werden, wenn der strafrechtlich relevante Erfolg bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert worden wäre (vgl. BGHR StGB § 222 Kausalität 1, 2, 3, 4 jeweils m.w.Nachw.; Lenckner, Arzt und Strafrecht, in Praxis der Rechtsmedizin S. 571; Ulsenheimer, MedR 1992, 127, 130; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 13 Rdn. 61 m.w.Nachw.; demgegenüber will die Gegenmeinung eine bloße Risikoerhöhung ausreichen lassen, vgl. Roxin, ZStW 74 (1962), 411, 430 ff.; vgl. auch die Nachweise bei BGHSt 37, 106, 127). Weiter muß bei den Erfolgsdelikten zur sachgemäßen Begrenzung der objektiven Zurechenbarkeit der Erfolg seinen Grund gerade in der objektiven Pflichtverletzung haben.
Die Kammer führt hierzu lediglich aus, sie sei angesichts der Eindeutigkeit des Regelverstoßes einerseits und der fachlichen und dienstlichen Autorität der Beschwerdeführerin andererseits davon überzeugt, daß zumindest eine schriftliche Eingabe an übergeordnete Stellen zu einem kurzfristigen Verbot des "Abquetschens" bis spätestens Frühjahr 1994 geführt und die dadurch verursachten Transfusionszwischenfälle verhindert hätte. Weitergehende Ausführungen zur Kausalität enthalten die Entscheidungsgründe nicht. Dies ist nicht ausreichend. Die Besonderheiten des zu beurteilenden Geschehens erforderten hier eine eingehendere Darlegung der Beweiswürdigung.
Die Strafkammer teilt nicht einmal mit, ob die getroffene Feststellung überhaupt auf der Aussage eines oder mehrerer Zeugen oder der Verwertung eines sonstigen Beweismittels beruht. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, daß die Schlußfolgerung der Strafkammer eine bloße Vermutung ist. Der Schluß erscheint nach den übrigen Feststellungen keineswegs so naheliegend oder gar selbstverständlich, daß es entsprechender Darlegungen nicht bedurft hätte. Der Mitangeklagte kannte und billigte die Praxis des "Abquetschens". Bei einer Anzeige an eine höhere Behörde wäre zu erwarten gewesen, daß diese sich mit dem Mitangeklagten als Institutsleiter in Verbindung setzt, um dessen Auffassung zu erfahren und gegebenenfalls bei der zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen. Der fachlichen Autorität der Beschwerdeführerin hätte dann die als höher einzustufende fachliche Autorität des Mitangeklagten gegenübergestanden. Ob die höhere Behörde unter diesen Umständen zu dem von der Strafkammer dargestellten Ergebnis gelangt wäre, versteht sich jedenfalls nicht von selbst. Hinzu kommt, daß nach den Feststellungen die übergeordneten Stellen auch sonst bei Entscheidungen die angespannte Haushaltslage berücksichtigt haben und es an der gebotenen personellen und sachlichen Ausstattung der Blutbank fehlen ließen. So war es dem Mitangeklagten spätestens seit Anfang der neunziger Jahre nicht mehr möglich, die Blutbank durch Neubauten erweitern zu lassen oder von ihm als dringend benötigt angemeldete Einrichtungen wie eine zentrale EDV-Anlage zu erhalten. Weiter hat die Strafkammer nicht festzustellen vermocht, daß eine vollständige Umsetzung der Krankenhaushygieneverordnung NRW durch den Krankenhausträger - sofern sie denn von einer übergeordneten Stelle überhaupt angeordnet worden wäre - das "Abquetschen" verhindert hätte. Das Institut ist zudem im Herbst 1993 durch die Aufsichtsbehörde untersucht worden, wenn auch nach den Feststellungen nur der Bereich der Herstellung der Konserven und nicht deren "Weiterverarbeitung" begutachtet wurde. Dabei ist der Aufsichtsbehörde das nach den Urteilsgründen offensichtliche "Abquetschen" nicht als beanstandenswert aufgefallen. Schließlich ist zu beachten, daß das "Abquetschen" in dem Institut über einen Zeitraum von annähernd 20 Jahren praktiziert wurde. Wieso eine Meldung der seit langer Zeit in dem Institut tätigen Beschwerdeführerin dazu geführt hätte, daß das "Abquetschen" gerade ab "spätestens dem Beginn des Jahres 1994" untersagt worden wäre, wird in den Urteilsgründen ebenfalls nicht näher dargelegt.
Die Strafkammer führt schließlich unter Hinweis auf die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHSt 37, 106 ff. entwickelten Grundsätze zur Kausalität in einem Fall, in dem die zur Schadensabwendung gebotene Maßnahme nur durch Zusammenwirken mehrerer Beteiligter zustande kommt, aus, die Beschwerdeführerin könne sich nicht dadurch entlasten, daß ihr Bemühen, die Entscheidung einer höheren Behörde herbeizuführen, möglicherweise erfolglos geblieben wäre. Könne die zur Schadensabwendung gebotene Maßnahme nur durch Zusammenwirken mehrerer Beteiligter zustande kommen, so setze jeder, der es trotz seiner Mitwirkungspflicht unterlasse, seinen Beitrag dazu zu leisten, eine Ursache dafür, daß die gebotene Maßnahme unterbleibe. Dabei verkennt die Strafkammer, daß sich der vorliegende Sachverhalt von demjenigen, welcher der genannten Entscheidung zugrunde lag, maßgeblich unterscheidet. Dort ging es um die gemeinsame und gleichstufige Verantwortung mehrerer Geschäftsführer einer GmbH für den Rückruf eines Produkts (vgl. BGH aaO, S. 132). So liegt es hier nicht. Das von der Beschwerdeführerin unterlassene Handeln sollte nicht gemeinsam und in gleichstufiger Verantwortung mit dem Mitangeklagten gefordert werden, sondern vielmehr durch sie allein an Stelle des in erster Linie verantwortlichen, aber pflichtwidrig untätigen Leiters des Instituts.
Soweit es um die Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin wegen des Unterlassens bakteriologischer Tests geht, stellt die Kammer eine Kausalität für die ersten Zwischenfälle bei den Patienten S. und Br. selbst nicht fest. Im übrigen ist auch in diesem Zusammenhang nicht ausreichend dargelegt, daß es auf eine Intervention der Beschwerdeführerin hin zu einer Anordnung solcher Tests gekommen wäre, zumal der in der Fachwelt renommierte Mitangeklagte als Institutsleiter sich ersichtlich aus finanziellen Gründen eindeutig dagegen ausgesprochen hatte. Sein Wort hätte bei den höheren Stellen Gewicht gehabt.
3. Die von der Frage der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin abgrenzbaren Feststellungen zur Kontaminierung der Blutkonserven mit dem Bakterium Rahnella aquatilis und der Ursächlichkeit dieser Verseuchung für den Tod bzw. die Körperverletzung der betroffenen Patienten können bestehen bleiben. Sie werden durch die aufgezeigten Rechtsfehler nicht betroffen und sind auch unter Berücksichtigung der gegen sie gerichteten Angriffe der Revision nicht zu beanstanden. Insbesondere enthält die diesbezügliche Beweiswürdigung keinen Rechtsfehler. Allerdings sind die Feststellungen zur Sorgfaltswidrigkeit des "Abquetschens" und zur Nichteinhaltung steriler Bedingungen nicht aufrechterhalten und neu zu treffen. Dabei wird klarzustellen sein, ob bereits die Methode des "Abquetschens" als solche oder erst ihre Durchführung unter nicht sterilen Bedingungen als sorgfaltswidrig angesehen wird (vgl. dazu die mißverständliche Begründung zur Ablehnung eines Hilfsbeweisantrags auf UA S. 161, 162, in der ein Widerspruch zur sonstigen Urteilsbegründung gesehen werden könnte).
IV. Mit der Entscheidung des Senats hat sich die gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts eingelegte sofortige Beschwerde erledigt.
V. Für die neue Hauptverhandlung gibt der Senat folgende Hinweise:
1. Die neu entscheidende Strafkammer wird auch Gelegenheit zur Prüfung haben, ob die Beschwerdeführerin bei ihrer Rückkehr aus dem Urlaub am 19. September 1994 (vgl. dazu ihre Angaben in der Revisionsbegründung S. 92) nicht Veranlassung gehabt hätte, Sofortmaßnahmen auf Grund der bekanntgewordenen Zwischenfälle einzuleiten, bevor sie am 22. September 1994 zu einer Tagung gefahren ist. Dazu wird ihr Kenntnisstand bei Urlaubsrückkehr und ihre verantwortliche Stellung im Institut nach Ablauf ihrer formalen Bestellung als Stellvertreterin zu prüfen sein, insbesondere ob sie nicht bereits am 19. September 1994 auf die Bestellung eines Stellvertreters hätte dringen müssen, da der Mitangeklagte zu dieser Zeit in Urlaub war. Dabei wird auch zu klären sein, wie es dazu kommt, daß nach UA S. 45 ein Schreiben vom 12. September 1994 von beiden Angeklagten unterzeichnet worden sein soll, obwohl zu dieser Zeit nach den Urteilsfeststellungen der Mitangeklagte (UA S. 47) und nach ihren eigenen Angaben auch die Beschwerdeführerin (S. 92 der Revisionsbegründung) in Urlaub abwesend gewesen sein sollen.
2. Je nach der festgestellten Stellung im Institut und der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin für die Transfusionszwischenfälle wird nicht nur Täterschaft durch Unterlassen, sondern gegebenenfalls auch Täterschaft durch positives Tun zu prüfen sein (vgl. zur Abgrenzung bei Jescheck in LK 11. Aufl. Rdn. 90 vor § 13 StGB).
3. Bei der Beurteilung der Frage einer Sorgfaltspflichtverletzung wird zu beachten sein, daß an das Maß der ärztlichen Sorgfalt hohe Anforderungen zu stellen sind. Art und Maß der anzuwendenden Sorgfalt ergeben sich aus den Anforderungen, die bei einer Betrachtung der Gefahrenlage "ex ante" an einen besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Lage und der sozialen Rolle des Handelnden zu stellen sind (vgl. Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 15 Rdn. 37). Für die Beurteilung ärztlichen Handelns gibt es kein "Ärzteprivileg", wonach die strafrechtliche Haftung sich etwa auf die Fälle grober Behandlungsfehler beschränkt (vgl. Ulsenheimer, MedR 1984, 161, 162; ders. MedR 1992, 127, 129). Maßgebend ist der Standard eines erfahrenen Facharztes, also das zum Behandlungszeitpunkt in der ärztlichen Praxis und Erfahrung bewährte, nach naturwissenschaftlicher Erkenntnis gesicherte, von einem durchschnittlichen Facharzt verlangte Maß an Kenntnis und Können. Da aus medizinischen Maßnahmen besonders ernste Folgen entstehen können und der Patient regelmäßig die Zweckmäßigkeit oder Fehlerhaftigkeit der Handlung nicht beurteilen kann, sind an das Maß der ärztlichen Sorgfalt hohe Anforderungen zu stellen (st. Rspr., vgl. BGHSt 6, 282, 288; BGH bei Dallinger, MDR 1972, 384, 385; vgl. aus der Lit. etwa Ulsenheimer, Arztstrafrecht in der Praxis 2. Aufl. Rdn. 18; Schroeder in LK 11. Aufl. § 16 Rdn. 197; Cramer in Schönke/ Schröder, StGB 25. Aufl. § 15 Rdn. 219). Diese schon grundsätzlich hohen Sorgfaltsanforderungen gelten für den besonders gefahrenträchtigen Bereich der Transfusionsmedizin erst recht (vgl. aus dem strafrechtlichen Bereich BGH GA 1969, 246 = DMW 1969, 92, 93; BGH, Urt. vom 27. Februar 1957 - 2 StR 5/57; Jähnke in LK 11. Aufl. § 222 Rdn. 10; aus dem zivilrechtlichen Bereich BGHZ 114, 284, 291 f.; 116, 379, 382; Weißauer/Opderbecke, MedR 1992, 307 ff.; Fahrenhorst, MedR 1992, 74 ff.; Hart, MedR 1995, 61 ff.; Teichner, MedR 1986, S. 110 ff.; Weißauer, MedR 1987, 272 ff.; zur zivilrechtlichen Haftung bei Hygienezwischenfällen vgl. Stegers, MedR 1988, 227 ff.; ders., MedR 1997, 390, 392).
4. Soweit sich die Beschwerdeführerin maßgeblich auch damit verteidigt, das Bakterium Rahnella aquatilis sowie dessen Gefährlichkeit nicht gekannt zu haben, wird zu prüfen sein, ob dieser Umstand für die Frage der Vorhersehbarkeit der eingetretenen Folgen nicht deswegen bedeutungslos ist, weil nur eine unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf vorliegt.
Externe Fundstellen: NJW 2000, 2754; NStZ 2001, 188
Bearbeiter: Rocco Beck