HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 877
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 541/18, Urteil v. 06.06.2019, HRRS 2019 Nr. 877
1. Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 7. Dezember 2017, soweit es die Angeklagten V. L., M. L. und J. betrifft, - mit Ausnahme der Feststellungen, die bestehen bleiben, der Entscheidungen über den Anrechnungsmaßstab und des Adhäsionsausspruchs - aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hatte die Angeklagten mit Urteil vom 3. Juni 2014 jeweils wegen erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge und vierfachem Computerbetrug sowie wegen Computerbetrugs in vier Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf Jahren und zwei Monaten (Angeklagter V. L.) und jeweils elf Jahren und zwei Monaten (Angeklagte J. und M. L.) verurteilt. Ferner hatte es unter Bestimmung eines teilweisen Vorwegvollzugs der Strafen die Unterbringung der Angeklagten J. und M. L. in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie Entscheidungen über den Anrechnungsmaßstab für erlittene Auslieferungshaft und eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
Auf die Revisionen der Angeklagten und der Nebenkläger hob der Senat die Verurteilungen wegen erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge und vierfachem Computerbetrug, die Gesamtstrafenaussprüche sowie die gegen die Angeklagten J. und M. L. ergangenen Maßregelentscheidungen jeweils mit den zugehörigen Feststellungen auf und verwies die Sache insoweit an das Landgericht zurück.
Das Landgericht hat die Angeklagten nunmehr des versuchten Totschlags in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub, Raub, gefährlicher Körperverletzung und mit Computerbetrug in vier rechtlich zusammentreffenden Fällen schuldig gesprochen und gegen sie unter Berücksichtigung der bereits rechtskräftigen Einzelstrafen Gesamtfreiheitsstrafen von zehn Jahren und drei Monaten (Angeklagter V. L.), acht Jahren und sechs Monaten (Angeklagter M. L.) sowie acht Jahren und neun Monaten (Angeklagter J.) verhängt. Ferner hat es die Unterbringung der Angeklagten J. und M. L. in einer Entziehungsanstalt angeordnet und den Vorwegvollzug eines Teils der Strafen bestimmt. Schließlich hat es eine neue Entscheidung über den Anrechnungsmaßstab für erlittene Auslieferungshaft getroffen und den Adhäsionsausspruch abgeändert.
Mit ihren Revisionen, die jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts und vom Nebenkläger Dr. H. Mö. auch mit einer Verfahrensbeanstandung begründet sind, erstreben die Nebenkläger insbesondere jeweils Verurteilungen der Angeklagten wegen eines vollendeten Tötungsdelikts. Die Nebenkläger Dr. H. Mö. und R. Mö. beanstanden zudem die Verneinung des Mordmerkmals der Verdeckungsabsicht durch die Strafkammer.
Die Rechtsmittel haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie aus den in den Verwerfungsanträgen des Generalbundesanwalts zutreffend ausgeführten Erwägungen unbegründet, weil die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen insoweit weder Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten noch zu deren Nachteil (§ 301 StPO) ergeben hat.
1. Nach den Feststellungen fassten die Angeklagten sowie die bereits rechtskräftig abgeurteilten L. L. und S. Si., die wenige Tage zuvor in Begleitung von D. A. und E. B. mit einem Transporter Ford Transit und einem Pkw Audi von Litauen nach Deutschland gereist waren und sich auf einer als Lagerplatz dienenden Lichtung in einem Waldstück zwischen C. und R. aufhielten, im Verlauf des Abends des 9. Januar 2012 den Entschluss, sich eines Menschen zu bemächtigen und unter Anwendung der hierfür erforderlichen Gewalt dessen Bankkarten nebst PIN zu erlangen, um damit Geld an Bankautomaten abzuheben. Während D. A. und E. B., die sich an der eigentlichen Tatausführung nicht beteiligen sollten, mit dem Ford Transit von dem Lagerplatz wegfuhren, um das Fahrzeug zur Vermeidung möglicher Hinweise auf die Tätergruppe vor dem späteren Opfer verborgen zu halten, fuhren die Angeklagten und die Verurteilten Si. und L. L. mit dem Pkw Audi zu einem Parkplatz an der Autobahn A 9 und warteten dort auf ein ihnen geeignet erscheinendes Opfer.
Als der 39 Jahre alte U. Mö., der spätere Getötete, der seinerseits mit einem Transporter Mercedes Sprinter auf der Autobahn unterwegs gewesen war und den Parkplatz angesteuert hatte, das auf dem Parkplatz befindliche Toilettenhäuschen verließ, wurde er von den Angeklagten und dem Verurteilten L. L. durch einen oder mehrere Schläge ins Gesicht, die zu einer Nasenbeinfraktur und einer Blutung aus der Nase führten, überwältigt, mit Klebeband zumindest an den Händen gefesselt und in den Laderaum des von ihm genutzten Transporters verbracht. Anschließend fuhren alle Tatbeteiligten mit den beiden Fahrzeugen zu dem Lagerplatz zurück, wobei der Verurteilte Si. den Pkw Audi auf Anweisung des Angeklagten V. L. in der Nähe des Lagerplatzes so abstellte, dass das Fahrzeug von U. Mö. nicht wahrgenommen werden konnte. Auf dem Lagerplatz wurden dem Tatopfer gewaltsam zunächst drei seiner Bankkarten weggenommen und die Preisgabe der jeweiligen PIN erzwungen, ohne dass es bereits zu diesem Zeitpunkt zur Anwendung von Gewalt größeren Ausmaßes kam. Etwa 20 Minuten nach der Rückkehr auf die Lichtung verließen die Verurteilten Si. und L. L. mit dem Pkw Audi den Lagerplatz, holten D. A. am Abstellort des Ford Transit ab und fuhren zusammen nach C. und W., wo sie bei insgesamt fünf Geldabhebungen an Bankautomaten unter Verwendung der entwendeten Karten des Opfers jeweils 500 Euro erlangten und eine Reihe von weiteren gescheiterten Abhebeversuchen unternahmen. Während eines wegen der Eingabe einer falschen PIN erfolglos verlaufenden Abhebevorgangs kam es zu einem telefonischen Kontakt mit den auf dem Lagerplatz verbliebenen Angeklagten, bei dem zumindest der Umstand mitgeteilt wurde, dass eine der entwendeten Karten nicht eingesetzt werden konnte. Nach Beendigung der Geldabhebebemühungen kehrten die Verurteilten Si. und L. L. gemeinsam mit D. A. zu den Angeklagten auf den Lagerplatz zurück.
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt - möglicherweise während der Abwesenheit der Verurteilten Si. und L. L. - kam es aus der Gruppe der beim Tatopfer auf dem Lagerplatz verbliebenen Angeklagten neben einem vom Angeklagten V. L. mit dem Netbook des Tatopfers gegen dessen Kopf geführten Schlag, der zum Zerbersten des Netbooks führte, zu weiteren stumpfen Gewalteinwirkungen massivster Art, deren Einzelheiten nicht mehr geklärt werden konnten. Die Strafkammer hat die Gewalthandlungen weder einem oder mehreren Angeklagten zuordnen noch Feststellungen zu der die Gewalt auslösenden Situation und den ihr zugrundeliegenden Beweggründen treffen können. Fest steht allerdings, dass alle Angeklagten den Gewaltausbruch auf dem Lagerplatz wahrnahmen und dementsprechend Kenntnis von den massiven Verletzungshandlungen hatten. Als Folge der stumpfen Gewalteinwirkungen trug U. Mö. schwerste innere Verletzungen, darunter eine Brustkorbkompression mit Rippenserienbrüchen und einem Brustbeinquerbruch, vielfältige kräftig ausgeprägte Unterblutungen, Muskelblutungen und Fettgewebszertrümmerungen im Bereich des Oberkörpers und der Beine sowie ein Schädelhirntrauma davon. Im Anschluss an die Gewalthandlungen wurde das schwer verletzte Tatopfer von den Angeklagten J. und V. L. im Beisein des Angeklagten M. L., der U. Mö. bei dieser Gelegenheit im Unterschenkelbereich anfasste, zunächst mittels Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, wobei die Hände des Opfers hinter dem Rücken so straff mit Klebeband umwickelt wurden, dass es zu massiven Schwellungen kam, und sodann im Laderaum des Transporters Mercedes Sprinter auf einer Matratze zwischen der Ladung abgelegt. In der Absicht, U. Mö. an einen anderen Ort zu bringen, um ein Auffinden des Opfers zu erschweren und der gesamten Tätergruppe damit hinlänglich Zeit für ihre Ausreise nach Litauen zu geben, verließen die Angeklagten und die anderen Anwesenden mit den beiden Fahrzeugen den Lagerplatz. Nach kurzer Fahrt in Richtung R. steuerte der Angeklagte V. L. den Mercedes Sprinter an eine etwa 200 Meter von der Straße entfernt gelegene Stelle im Wald, wo das im schlammigen Waldboden festgefahrene Fahrzeug mit dem im Laderaum befindlichen schwer verletzten Opfer bei laufendem Motor zurückgelassen wurde.
Die Angeklagten, die nicht davon ausgingen, dass U. Mö. bereits tödlich verletzt war, beabsichtigten nicht, den Tod des Opfers herbeizuführen. Indem sie U. Mö. in Kenntnis der ihm gegenüber verübten schweren Verletzungshandlungen, seiner massiven Fesselung und der Abgeschiedenheit des Abstellortes sowie im Bewusstsein, dass er sich nicht selbst würde befreien können, seinem Schicksal überließen, nahmen sie indes den Tod des Opfers billigend in Kauf.
U. Mö. verstarb im Verlaufe des 10. Januar 2012 an einer Lungenfettembolie als Folge der durch die massiven stumpfen Gewalteinwirkungen hervorgerufenen schweren inneren Verletzungen. Auch bei sofortiger medizinischer Behandlung wäre sein Tod nicht zu verhindern gewesen.
2. Das Landgericht hat das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht verneint, weil nach den Vorstellungen der Angeklagten, die um die schweren Verletzungshandlungen und die massive Fesselung wussten, auch ein Überleben des Opfers möglich war und aus Sicht der Angeklagten im Vordergrund stand, ihre Ergreifung zu erschweren.
Die vom Nebenkläger Dr. H. Mö. erhobene Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung von § 55 Abs. 1, § 245 Abs. 1 Satz 1 und § 244 Abs. 2 StPO bei der Zeugenvernehmung des Verurteilten Si. beanstandet wird, ist unbegründet. Der Senat verweist insoweit auf die Gründe seines Beschlusses vom 27. März 2019 - 4 StR 541/18 zu den den Verurteilten L. L. betreffenden Revisionen der Nebenkläger.
Die Verurteilungen der Angeklagten wegen tateinheitlich begangenen versuchten Totschlags halten einer sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Strafkammer das Vorliegen des Mordmerkmals der Verdeckungsabsicht nicht mit tragfähigen Erwägungen verneint hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts schließen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zur subjektiven Tatseite eine Verdeckungsabsicht bei den Angeklagten nicht aus.
1. In Verdeckungsabsicht im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB handelt, wer als Täter ein Opfer deswegen tötet, um dadurch eine vorangegangene Straftat als solche oder auch Spuren zu verdecken, die bei einer näheren Untersuchung Aufschluss über bedeutsame Tatumstände geben könnten. Zu den einer Verdeckung zugänglichen Tatumständen gehört insbesondere die eigene Beteiligung an der vorangegangenen Tat. Schon begrifflich scheidet eine Tötung zur Verdeckung einer Straftat dagegen aus, wenn diese bereits aufgedeckt ist. Für die Beurteilung dieser Frage kommt es nicht auf die objektiv gegebene Sachlage, sondern ausschließlich auf die subjektive Sicht des Täters an. Solange der Täter subjektiv davon ausgeht, dass die Umstände der Tat noch nicht in einem die Strafverfolgung sicherstellenden Umfang bekannt sind, kommt eine Tötung aus Verdeckungsabsicht in Betracht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. Mai 2011 - 1 StR 50/11, BGHSt 56, 239, 243 ff.; vom 1. Februar 2005 - 1 StR 327/04, BGHSt 50, 11, 14 f.; vom 2. Dezember 1960 - 4 StR 453/60, BGHSt 15, 291, 295 f.).
Eine beim Täter gegebene Fluchtmotivation steht der Annahme von Verdeckungsabsicht nicht entgegen. In Fällen, in denen eine befürchtete Ergreifung aus der allein maßgeblichen Sicht des Täters zugleich die Aufdeckung der eigenen Tatbeteiligung zur Folge haben kann, besteht vielmehr notwendigerweise ein enger Zusammenhang zwischen Flucht und Tatverdeckung, aufgrund dessen die Absicht zu fliehen in aller Regel auch den bestimmenden Willen umfasst, die eigene Täterschaft zu verdecken (vgl. BGH, Urteile vom 23. Dezember 1998 - 3 StR 319/98, NJW 1999, 1039, 1040 f.; vom 20. September 1996 - 2 StR 278/96, NStZ-RR 1997, 132; vom 2. Dezember 1960 - 4 StR 453/60, aaO; vgl. Schneider in MüKo-StGB, 3. Aufl., § 211 Rn. 224; Rissing-van Saan/Zimmermann in LK-StGB, 12. Aufl., § 211 Rn. 48). Eine andere Bewertung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann geboten, wenn der Täter - unabhängig von einem noch für möglich gehaltenen Verbergen seiner Täterschaft - ausschließlich deswegen tötet, um sich der Ergreifung durch Flucht zu entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 2011 - 1 StR 50/11, aaO S. 245; Beschlüsse vom 26. November 1990 - 5 StR 480/90, NStZ 1991, 127; vom 24. Oktober 1984 - 2 StR 614/84, NStZ 1985, 166; Urteile vom 1. August 1978 - 5 StR 302/78, GA 1979, 108; vom 27. April 1978 - 4 StR 143/78, DRiZ 1978, 216; vgl. Schneider aaO Rn. 225; Rissing-van Saan/Zimmermann aaO). Bei dieser Motivlage fehlt es an einer auf Verdeckung gerichteten Absicht des Täters. In diesen Fällen wird allerdings das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe in Betracht zu ziehen sein (vgl. BGH, Urteile vom 30. August 2012 - 4 StR 84/12, NStZ 2013, 337, 339 mwN; vom 23. Dezember 1998 - 3 StR 319/98, aaO; vom 1. August 1978 - 5 StR 302/78, aaO; vgl. Rissing-van Saan/ Zimmermann aaO Rn. 63).
2. Gemessen an diesen Maßstäben halten die Erwägungen, mit denen das Landgericht das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht verneint hat, einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung der Strafkammer schließt der festgestellte Beweggrund der Angeklagten, durch das Verbringen des hilflosen Opfers an eine andere Stelle im Wald dessen Auffinden zu erschweren, um auf diese Weise hinlänglich Zeit für die Ausreise nach Litauen zu sichern, die Annahme von Verdeckungsabsicht nicht ohne weiteres aus. Denn diese Feststellung zur subjektiven Tatseite lässt gerade offen, ob die Angeklagten ausschließlich zur Absicherung ihrer Flucht agierten oder ob nicht auch das Bestreben handlungsleitend war, infolge der räumlichen Entfernung vom Tatort mit dem Überfall nicht als Tatbeteiligte in Verbindung gebracht zu werden. Für die letztgenannte Möglichkeit einer auf Verdeckung abzielenden Willensrichtung könnte sprechen, dass die Angeklagten schon in einem früheren Stadium des Überfalls auf das Opfer ein auf Verschleierung angelegtes Verhalten an den Tag legten. So trugen sie jeweils dafür Sorge, dass die von ihnen benutzten Fahrzeuge vom Opfer nicht wahrgenommen werden konnten, um mögliche Hinweise auf die Tätergruppe von vornherein auszuschließen. Mit ihrer beweiswürdigenden Erwägung, die Entdeckungs- bzw. Festnahmegefahr sei für die Angeklagten nicht mehr akut gewesen, nachdem sie sich aus der Nähe des Tatorts entfernt gehabt hätten, hat die Strafkammer den engen Zusammenhang zwischen Tatverdeckung und Flucht letztlich selbst erkannt, ohne allerdings die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für eine abschließende Klärung der maßgeblichen Tatmotivation zu ziehen.
3. Dass nach den Vorstellungen der Angeklagten auch ein Überleben des Tatopfers möglich war, steht schließlich einer Verdeckungsabsicht der Angeklagten ebenfalls nicht entgegen. Denn eine Sachverhaltskonstellation, in welcher ein lediglich bedingter Tötungsvorsatz des Täters das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht ausschließt, weil nach den maßgeblichen Tätervorstellungen ein Verdeckungserfolg nur durch den Tod des Opfers erreichbar erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 7. Juni 2017 - 2 StR 474/16, NStZ 2018, 93, 94; vom 23. November 1995 - 1 StR 475/95, BGHSt 41, 358, 359 ff.; vom 26. Juli 1967 - 2 StR 368/67, BGHSt 21, 283; vgl. Rissing-van Saan/ Zimmermann aaO Rn. 58), ist nach den Feststellungen nicht gegeben.
4. Die Verurteilungen der Angeklagten jeweils wegen tateinheitlich begangenen versuchten Totschlags haben daher keinen Bestand. Weitere Rechtsfehler weist das angefochtene Urteil nicht auf. Da die nicht sicher zuordenbaren, todesursächlichen Gewalthandlungen aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Verwerfungsanträgen zutreffend ausgeführten Erwägungen den Angeklagten nicht im Wege der sukzessiven Mittäterschaft zugerechnet werden können, hat das Landgericht die Angeklagten jeweils zu Recht lediglich wegen eines versuchten Tötungsdelikts verurteilt. Schließlich begegnet auch die Verneinung des für eine Strafbarkeit nach § 239a Abs. 3 StGB oder § 251 StGB erforderlichen qualifikationsspezifischen Zusammenhangs keinen rechtlichen Bedenken.
Wegen des tateinheitlichen Zusammenhangs erfassen die Aufhebungen jeweils auch die ohne Rechtsfehler erfolgten Verurteilungen wegen erpresserischen Menschenraubs, Raubs, gefährlicher Körperverletzung und Computerbetrugs in vier tateinheitlichen Fällen. Die nicht vom Rechtsmittelangriff der Nebenkläger erfassten Entscheidungen über den Anrechnungsmaßstab für erlittene Auslieferungshaft sowie der Adhäsionsausspruch (vgl. BGH, Urteile vom 28. November 2007 - 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 3. Dezember 2015 - 4 StR 223/15, NStZ 2016, 721, 723) bleiben unberührt. Die rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils bleiben ebenfalls bestehen. Der neue Tatrichter wird - ohne Widerspruch zu den bisherigen Sachverhaltsfeststellungen - die erforderlichen ergänzenden Feststellungen zur Beurteilung der Mordmerkmale der Verdeckungsabsicht und gegebenenfalls der niedrigen Beweggründe zu treffen haben.
Da sich das weitere Verfahren nur noch gegen Erwachsene richtet, verweist der Senat die Sache in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 3 StPO an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurück (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 1988 - 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267; vgl. Gericke in KK-StPO, 8. Aufl., § 354 Rn. 37).
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 877
Externe Fundstellen: NStZ 2019, 605; StV 2020, 91
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner