HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 739
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 478/18, Beschluss v. 25.04.2019, HRRS 2019 Nr. 739
Das Verfahren über den Antrag des Angeklagten auf Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die Adhäsionsanträge des Nebenklägers wird zuständigkeitshalber an das Landgericht Bielefeld abgegeben.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Adhäsionsentscheidungen getroffen. Mit ihrer auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft dagegen, dass das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat. Dem auf diesen Beschwerdepunkt wirksam beschränkten Rechtsmittel hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben.
Einen ersten Antrag des Angeklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren hat das Landgericht mit Beschluss vom 3. September 2018 abgelehnt, weil der Angeklagte die hierfür notwendige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht hatte. Mit Antrag vom 19. September 2018, beim Landgericht Bielefeld eingegangen am 1. Oktober 2018, hat der Angeklagte erneut Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt und das hierfür vorgesehene Formular (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe) ausgefüllt beigefügt. Beim Senat sind die Akten am 24. Oktober 2018 eingegangen.
Entgegen der Auffassung des Vorsitzenden der im ersten Durchgang entscheidenden Strafkammer in seinem Vermerk vom 8. Oktober 2018 ist das Landgericht Bielefeld für die Entscheidung über den erneut gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren zuständig. Dies folgt aus § 404 Abs. 5 Satz 3 StPO. Denn das Landgericht ist das mit der Sache befasste Gericht. Auf das Rechtsmittelgericht geht die Zuständigkeit erst über, wenn bei diesem die Akten eingegangen sind (Pollähne in HkStPO, 6. Aufl., § 404 Rn. 23 mwN). Das Gericht, bei dem Prozesskostenhilfe beantragt wird, darf über diesen Antrag nur für den zu ihm selbst eröffneten Rechtszug entscheiden, nicht aber für die Unterinstanz (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 119 Rn. 1 mwN; vgl. auch § 404 Abs. 5 Satz 3 Halbs. 2 StPO).
Zu dem Zeitpunkt, als der erneute Prozesskostenhilfeantrag beim Landgericht einging, war das Verfahren noch nicht beim Senat anhängig. Dies ist gemäß § 347 Abs. 2 StPO erst mit Vorlage der Akten geschehen. Aber auch hierdurch ist die Zuständigkeit für den Prozesskostenhilfeantrag nicht etwa auf den Senat übergegangen. Denn die Staatsanwaltschaft hat das Urteil gegen den Angeklagten nur insoweit angefochten, als das Landgericht die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung abgelehnt hat; diese Beschränkung ist, wie sich aus dem Urteil des Senats vom heutigen Tage ergibt, wirksam. Daher ist das Adhäsionsverfahren nicht beim Senat anhängig geworden (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 5 StR 456/15, Rn. 5); das Landgericht Bielefeld wird über den erneut gestellten Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 739
Externe Fundstellen: NStZ 2020, 84
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner