HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 721
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 498/13, Beschluss v. 02.07.2014, HRRS 2014 Nr. 721
Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung rechtlichen Gehörs gegen den Beschluss des Senats vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsbehelfs zu tragen.
Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr wird abgesehen (§ 21 GKG).
Mit Beschluss vom 27. Februar 2014 hat der Senat das Verfahren auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 31. Mai 2013 gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges im Fall B III. 6 eingestellt und die Urteilsformel entsprechend neu gefasst. Ferner hat er das vorbezeichnete Urteil unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, soweit festgestellt worden ist, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallserklärung entgegenstehen und der Wert des durch den Angeklagten Erlangten auf 873.068,45 € festgesetzt worden ist.
Der nochmaligen Entscheidung des Senats liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:
1. Dem Verteidiger des Angeklagten war der Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 3 StPO am 9. Dezember 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013, beim Bundesgerichtshof eingegangen am selben Tage, hatte der Verteidiger in Erwiderung auf diesen Antrag die zuvor nur allgemein erhobene Sachrüge näher begründet. Bei seiner Beschlussfassung über das Rechtsmittel des Angeklagten am 27. Februar 2014 hat dem Senat dieser Schriftsatz aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nicht vorgelegen.
2. Gleichwohl ist der zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) im Ergebnis unbegründet.
a) Zwar hat der Senat den Anspruch des Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) objektiv verletzt. Er hat den Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Dezember 2013 mit dem Vortrag zur Sachrüge nicht zur Kenntnis genommen. Dies verhilft der Anhörungsrüge jedoch nicht zum Erfolg; denn die unterbliebene Kenntnisnahme hat sich auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör nicht "in entscheidungserheblicher Weise" verletzt worden ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. August 2010 - 3 StR 105/10, StraFo 2011, 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 356a Rn. 3).
b) Hätte der Senat den genannten Schriftsatz vor seiner Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten zur Kenntnis genommen, wäre diesem gleichwohl der Erfolg versagt geblieben.
Auf Grund der erhobenen Sachrüge hatte der Senat die Gründe des angefochtenen Urteils ohnehin umfassend auf Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten zu überprüfen. Auch die Beanstandungen in dem Schriftsatz des Verteidigers zeigen einen solchen durchgreifenden, den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht auf. Die Auffassung des Verteidigers, Anknüpfungspunkt für den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil des Polizeibeamten S. sei der Aufprall des Dienstfahrzeugs des Geschädigten S. auf den Pkw des Angeklagten gewesen, ist mit den Urteilsgründen nicht vereinbar. Danach hat das Landgericht im Zusammenhang mit diesem (ersten) Geschehensabschnitt ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Angeklagten in Bezug auf eine Verkehrsstraftat oder eine Körperverletzung gerade nicht als erwiesen angesehen (UA 58). Den strafrechtlichen Vorwurf leitet die Strafkammer vielmehr aus dem anschließenden, durch das versehentliche Einlegen des Rückwärtsganges durch den Angeklagten hervorgerufenen (zweiten) Kollisionsgeschehen her, bei dem das Fahrzeug des Geschädigten S. mit diesem am Steuer durch einen vom Angeklagten verursachten Aufprall ruckartig weggeschoben wurde (UA 45). Die mit der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen waren Gegenstand der Senatsberatung am 27. Februar 2014.
Dass der Angeklagte nach den Feststellungen in Panik handelte und sich dem polizeilichen Zugriff entziehen wollte, stellt die für den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erforderliche subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts hier nicht in Frage. Sein Erregungszustand erfüllt auch keines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 - 5 StR 493/93, BGHSt 39, 374 und vom 30. August 2000 - 2 StR 204/00, Rn. 31, insoweit in NStZ 2001, 29 nicht abgedruckt).
HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 721
Bearbeiter: Karsten Gaede