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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 295

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 437/13, Beschluss v. 11.02.2014, HRRS 2014 Nr. 295


BGH 4 StR 437/13 - Beschluss vom 11. Februar 2014 (LG Gera)

Zeugnisverweigerungsrecht der Verlobten (Beurteilungsspielraum des Richters hinsichtlich des Verlöbnisses; Einführung der Aussage durch Vernehmung der Verhörsperson); unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Verhältnis zu während einer Transportfahrt begangenen anderen Taten: Tateinheit); Urkundenfälschung (Urkundeneigenschaft von Kfz-Kennzeichen).

§ 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO; § 252 StPO; § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; § 52 StGB; § 267 Abs. 1 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zeugin die Verlobte des Angeklagten war und/oder ist und sie sich deshalb auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann, steht dem Vorsitzenden ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGHSt 55, 65, 69 Rn. 14 mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Revision einen Verstoß gegen § 252 StPO geltend macht und sich darauf beruft, die Angaben der Zeugin gegenüber einer Polizeibeamtin hätten nicht durch Vernehmung dieser Verhörperson in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil verwertet werden dürfen.

2. Zwar vermögen ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine Mittel-Zweck-Verknüpfung eine Tateinheit nicht zu begründen. Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit, wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, stehen diese daher regelmäßig zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit. Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (zum Ganzen vgl. BGH NStZ-RR 2013, 320).

3. Rote Kennzeichen bilden - anders als die mit dem Stempel der Zulassungsstelle versehenen amtlichen Kennzeichen - zusammen mit dem Fahrzeug, an dem sie angebracht sind, keine Urkunde im Sinne von § 267 StGB (vgl. BGHSt 34, 375).

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 19. April 2013

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass

aa) der Angeklagte in den Fällen 1.19 und 2.1 der Urteilsgründe der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und

bb) im Fall 2.2 der Urteilsgründe des Kennzeichenmissbrauchs in Tateinheit mit vorsätzlichem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag, mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe sowie einer verbotenen Waffe schuldig ist,

b) in den Aussprüchen über die in den Fällen 1.19 und 2.1 verhängten Einzelstrafen, die Gesamtstrafe und die Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen - unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall zudem in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, - Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, - unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in neun Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, - unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, - Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen, mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, - Urkundenfälschung in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe sowie einer verbotenen Waffe, im anderen Fall in weiterer Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs, vorsätzlichem gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, - gefährlicher Körperverletzung und - versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt, den Vorwegvollzug von zwei Jahren der Gesamtfreiheitsstrafe vor dieser Maßregel, eine fünfjährige Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis, die Einziehung eines Pkws und Verfall von Wertersatz in Höhe von 30.000 € angeordnet. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Beanstandung der Anwendung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Diese hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Zu den vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 4. Dezember 2013:

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Zeugin die Verlobte des Angeklagten war und/oder ist und sie sich deshalb auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen kann, steht dem Vorsitzenden und nach deren Anrufung gemäß § 238 Abs. 2 StPO der Strafkammer ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2010 - 4 StR 606/09, BGHSt 55, 65, 69 Rn. 14 mwN). Dies gilt auch dann, wenn die Revision - wie hier - einen Verstoß gegen § 252 StPO geltend macht und sich darauf beruft, die Angaben der Zeugin gegenüber einer Polizeibeamtin hätten nicht durch Vernehmung dieser Verhörperson in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil verwertet werden dürfen (vgl. BGH aaO Rn. 15). Jedenfalls innerhalb dieses Beurteilungsspielraums hält sich die auf zutreffender rechtlicher Grundlage vorgenommene Bewertung der vom Landgericht im Strengbeweisverfahren festgestellten Indizien, wonach ein Verlöbnis zwischen der Zeugin S. und dem Angeklagten nicht vorgelegen habe und auch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht vorliege (vgl. zum Prüfungsmaßstab in der Revision im insofern ähnlich gelagerten Fall des § 52 Abs. 2 Satz 1 StPO auch BGH, Beschluss vom 17. April 2012 - 1 StR 146/12, NStZ 2012, 578 m. Anm. Eisenberg, sowie Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 337 Rn. 17).

b) Die Rüge, mit der der Angeklagte die Ablehnung eines Beweisantrags beanstandet, hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.

Ihr liegt der in der tatrichterlichen Hauptverhandlung gestellte Antrag des Verteidigers des Angeklagten zugrunde, ein "Glaubwürdigkeitsgutachten" bezüglich des Zeugen D. zu erholen, das ein "geeigneter Psychiater" erstatten soll, "da bei Herrn D. gravierende psychopathologische Beeinträchtigungen, die zu einer Unterbringung gem. § 64 StGB geführt haben, vorliegen, weshalb nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Beauftragung eines Psychologen nicht ausreichend ist". Den Antrag hat die Strafkammer nach Anhörung einer Psychiaterin "zur Drogenkrankheit des Zeugen ... und seiner Persönlichkeit" (so der Ablehnungsbeschluss des Landgerichts) wegen eigener Sachkunde abgelehnt. Dies beanstandet die Revision und macht geltend, das Gericht hätte ein aussagepsychologisches Gutachten erholen müssen, da Entlastungsbestrebungen und das Eigeninteresse des Zeugen "nur mit den Mitteln der Aussagepsychologie aufgedeckt werden" könnten und das erholte Gutachten sich nur mit der Unterbringung des Zeugen, nicht aber mit der Glaubhaftigkeit seiner Aussage befasst habe.

Die Rüge hat unabhängig davon, dass der Revisionsführer in der Sache nicht einen Rechtsfehler bei der Ablehnung des Beweisantrags geltend macht, sondern eine Aufklärungsrüge erhebt, keinen Erfolg. Denn nach der Erholung des Gutachtens einer Psychiaterin vermisst er nunmehr ein im Beweisantrag noch für entbehrlich erachtetes aussagepsychologisches Sachverständigengutachten zur Glaubhaftigkeit von Angaben eines an einigen der abgeurteilten Taten beteiligten Zeugen aufgrund dessen "Entlastungsbestrebungen" und Eigeninteresses. Ein solches Sachverständigengutachten - auch wenn es begehrt worden wäre - hat die Strafkammer jedoch rechtsfehlerfrei nicht erholt, weil regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist, und dass sie diese Sachkunde den beteiligten Laienrichtern vermitteln können (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Meyer-Goßner aaO § 244 Rn. 74). Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend anders sein könnte, wurden von der Revision nicht vorgebracht; sie sind im Hinblick auf Ausführungen der Strafkammer in dem Beschluss, mit dem der gestellte Beweisantrag abgelehnt wurde, sowie die den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechenden Ausführungen der Strafkammer im Urteil zur Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen und deren Bestätigung durch weitere Beweisanzeichen auch nicht ersichtlich.

2. Die Sachrüge hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist sie aus den vom Generalbundesanwalt in der Antragsschrift vom 4. Dezember 2013 dargelegten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

a) Entgegen der vom Landgericht vorgenommenen Bewertung besteht zwischen den in den Fällen 1.19 und 2.1 verwirklichten Straftatbeständen nicht Tatmehrheit, sondern Tateinheit.

aa) Nach den insofern getroffenen Feststellungen führte der Angeklagte am 6. März 2012 in Tschechien erworbene, zum gewinnbringenden Verkauf bestimmte Betäubungsmittel (118,48 g Crystal und 1448 g Marihuana) nach Deutschland ein. Noch während dieser Fahrt musste er in Gera an einer roten Ampel anhalten (Fall 1.19). Daraufhin stellten die ihn observierenden Polizeibeamten "zwecks Zugriffs" Polizeifahrzeuge diagonal vor und hinter den vom Angeklagten geführten Pkw und sprangen mit gezogenen Waffen aus ihren Fahrzeugen. "Zur Meidung der Feststellung seines Drogenbesitzes und der daraufhin erwarteten Festnahme" (UA S. 14) entschloss sich der Angeklagte zur Flucht, legte den Rückwärtsgang ein und entfernte sich "mit Vollgas", wobei er einen Polizeibeamten verletzte und ein Polizeifahrzeug beschädigte; auf der sich anschließenden "Fluchtfahrt" beging er weitere Straftaten (Fall 2.1).

Die Strafkammer sieht in dem Anhalteversuch der Polizei eine Zäsur und leitet daraus Tatmehrheit zwischen den im Fall 1.19 und 2.1 verwirklichten Straftatbeständen her (UA S. 124).

bb) Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zwar vermögen ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine Mittel-Zweck-Verknüpfung eine Tateinheit nicht zu begründen. Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit, wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, stehen diese daher regelmäßig zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit. Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (zum Ganzen: BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 - 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320).

So liegt es hier. Anders als in Fällen, bei denen durch die Fluchtfahrt lediglich die Festnahme verhindert werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2001 - 4 StR 556/00, NZV 2001, 265), diente sie hier nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen auch dem Transport der unmittelbar zuvor eingeführten Betäubungsmittel, da durch sie die "Meidung der Feststellung seines Drogenbesitzes" erreicht und der ohne Unterbrechung andauernde, lediglich infolge Gesetzeskonkurrenz gegenüber der Einfuhr und dem Handeltreiben zurücktretende Besitz der Betäubungsmittel aufrechterhalten werden sollte (vgl. zur Tateinheit zwischen einem Diebstahl mit Waffen und den während der sich anschließenden Fluchtfahrt begangenen Straftaten auch BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 4 StR 170/05, NZV 2005, 650, 651).

b) Im Fall 2.2 ist der Angeklagte nicht der Urkundenfälschung, sondern des Kennzeichenmissbrauchs gemäß § 22 StVG schuldig.

Denn rote Kennzeichen bilden - anders als die mit dem Stempel der Zulassungsstelle versehenen amtlichen Kennzeichen - zusammen mit dem Fahrzeug, an dem sie angebracht sind, keine Urkunde im Sinne von § 267 StGB (BGH, Urteil vom 14. Mai 1987 - 4 StR 49/87, BGHSt 34, 375).

3. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegenüber dem geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können (vgl. Meyer-Goßner aaO § 265 Rn. 48 mwN).

4. Die Änderung des Schuldspruchs bezüglich der Fälle 1.19 und 2.1 hat die Aufhebung der in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe sowie der - von der Höhe der in der neuen Verhandlung zu verhängenden Gesamtfreiheitsstrafe abhängigen - Anordnung des Vorwegvollzugs der Maßregel des § 64 StGB zur Folge. Dagegen schließt der Senat aus, dass die weiteren Einzelstrafen sowie die Anordnung der Maßregeln nach §§ 64, 69a StGB, der Einziehung und des Verfalls von Wertersatz von den Rechtsfehlern betroffen sind. Diese weisen auch im Übrigen keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insofern bemerkt der Senat ergänzend:

a) Hinsichtlich der im Fall 2.2 verhängten Einzelstrafe schließt der Senat aus, dass diese davon beeinflusst ist, dass die Strafkammer den Tatbestand der Urkundenfälschung statt des Kennzeichenmissbrauchs angenommen hat. Denn Ausgangspunkt für deren Bemessung war nicht nur der Strafrahmen des § 267 Abs. 1 StGB, sondern der des § 29 Abs. 1 BtMG (UA S. 142). Dass der Angeklagte bei dieser Tat eine unechte Urkunde gebraucht hat, hat die Strafkammer auch mit dem Hinweis auf das hohe Entdeckungsrisiko bei der "Nutzung des Fremdkennzeichens" (UA S. 142) nicht strafschärfend berücksichtigt.

b) § 73c StGB ist im angegriffenen Urteil zwar nicht ausdrücklich erwähnt, die Vorschrift ist aber mit den Ausführungen der Strafkammer zur Bemessung des Verfallsbetrages und zum Absehen von weiteren Verfallsanordnungen trotz zahlreicher - auch werthaltiger - sichergestellter Gegenstände (UA S. 152 f.) der Sache nach - was hier angesichts der Besonderheiten des Falles genügt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 - 1 StR 548/13 [juris Rn. 5]) - hinreichend berücksichtigt worden. Im Hinblick auf diese Urteilsausführungen sowie die geringen Eigenbedarfsmengen bei nur einem Teil der Einfuhr- und Handelsfälle schließt der Senat ferner aus, dass ein durchgreifender Rechtsfehler darin liegt, dass die Strafkammer diesen Eigenbedarfsanteil bei der Berechnung des ohnehin nicht alle Handelsfälle umfassenden Verfallsbetrages nicht "herausgerechnet" hat.

c) Der Vollstreckungsstand der mit den Taten 1.1 und - möglicherweise - 1.2 an sich gesamtstrafenfähigen Entscheidung vom 22. August 2011 ist - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - im Urteil mitgeteilt (UA S. 148). Danach hat das Landgericht rechtsfehlerfrei von einer Einbeziehung abgesehen und nur einen Härteausgleich vorgenommen.

d) Die Höhe der im Fall 3.2 verhängten Einzelstrafe ist im Urteil zwar nicht ausdrücklich aufgeführt, sie ergibt sich aber aus den Ausführungen der Strafkammer zu der von ihr hinsichtlich der Taten 3.1 und 3.2 fiktiv gebildeten Gesamtstrafe (UA S. 147). Gleichwohl sollte die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer diese Einzelstrafe klarstellend ausdrücklich mitteilen.

e) Hinsichtlich der neu zu bildenden Gesamtstrafe weist der Senat darauf hin, dass die von der Strafkammer vorgenommene Bildung fiktiver Gesamtstrafen für einzelne Tatkomplexe und die Erhöhung der höchsten dieser fiktiven Gesamtstrafen zu der schließlich tatsächlich verhängten Gesamtstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Denn nach § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB ist eine Gesamtstrafe durch Erhöhung der höchsten verwirkten Einzelstrafe zu bilden.

f) Bei deren Bemessung wird der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter auch zu bedenken haben, dass - was vorliegend genügen würde - eine Einziehung hierbei ein bestimmender Zumessungsgesichtspunkt sein kann (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2001 - 2 StR 205/01, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 39 mwN).

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 295

Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel