HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 437
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 669/11, Beschluss v. 06.03.2012, HRRS 2012 Nr. 437
1. Auf die Revisionen der Angeklagten U. und L. wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 25. Juli 2011 aufgehoben,
a) soweit die Angeklagten U. und L. verurteilt worden sind mit Ausnahme der Verurteilungen im Fall II. 3. Tat 57 der Urteilsgründe;
b) soweit der Angeklagte Y. verurteilt worden ist mit Ausnahme der Verurteilungen in den Fällen II. 2. Taten 54 und 55 der Urteilsgründe;
c) soweit der Angeklagte O. verurteilt worden ist;
d) in den Gesamtstrafenaussprüchen.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten U. und L. werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung ist die Revision des Angeklagten Y. erledigt. Seine weiter gehende Revision wird verworfen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten U., L. und Y., an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten U. wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zehn Fällen und wegen gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßig begangener Urkundenfälschung in 25 Fällen, von denen es in vier Fällen hinsichtlich der Betrugstat beim Versuch blieb, sowie "wegen des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den Angeklagten L. hat es des Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in neun Fällen, des gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßig begangener Urkundenfälschung in 35 Fällen, von denen es in fünf Fällen hinsichtlich der Betrugstat beim Versuch blieb, sowie "des vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition in Tateinheit mit Überlassen dieser Waffe an einen Nichtberechtigten" schuldig gesprochen und für die zuletzt begangene Tat des gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßig begangener Urkundenfälschung die Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten und für die übrigen Taten unter Einbeziehung der Strafe aus einer früheren Verurteilung die Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verhängt. Der Angeklagte Y. ist wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßig begangener Urkundenfälschung in 12 Fällen, wobei es in einem Fall hinsichtlich der Betrugstat beim Versuch blieb, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt hat. Den nach Revisionsrücknahme nicht mehr revidierenden Angeklagten O. hat die Strafkammer wegen versuchten Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen gewerbs- und bandenmäßig begangenen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßig begangener Urkundenfälschung in 17 Fällen, wobei es in zwei Fällen hinsichtlich der Betrugstat beim Versuch blieb, unter Einbeziehung der Strafe aus einem früheren Urteil zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Die Angeklagten U. und L. wenden sich mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen gegen ihre Verurteilungen. Die nachträglich wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten Y. richtet sich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts gegen den Strafausspruch. Die Rechtsmittel der Angeklagten U. und L. führen auch hinsichtlich der Angeklagten O. und Y. in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung der Schuldsprüche und Gesamtstrafen; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Revision des Angeklagten Y. bleibt, soweit sie nicht durch die Aufhebung des diesen Angeklagten betreffenden Schuldspruchs nach § 357 Satz 1 StPO erledigt ist, ebenfalls ohne Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
Nach den Feststellungen reichten die Angeklagten, die in unterschiedlichem Umfange an den einzelnen Taten beteiligt waren, entweder selbst oder durch Dritte gefälschte Schecks bei verschiedenen Banken zur Einreichung auf Konten ein, die den Angeklagten von den Kontoinhabern absprachegemäß hierfür zur Verfügung gestellt worden waren. Die mit den Scheckeinreichungen befassten Bankmitarbeiter, welche die eingereichten Schecks irrtümlich für echt hielten, veranlassten jeweils vorläufige Gutschriften der Schecksummen auf den Empfängerkonten, über die durch Geldabhebungen an Bankautomaten sogleich verfügt werden konnte. Nachdem die Angeklagten von den vorläufigen Gutschriften Kenntnis erlangt hatten, wurden teils von den Angeklagten unter Verwendung der von den Kontoinhabern überlassenen Bankkarten, teils durch die von den Angeklagten beauftragten und überwachten Kontoinhaber Abhebungen an Geldautomaten getätigt, welche die vorläufig gutgeschriebenen Schecksummen wertmäßig nahezu ausschöpften, zum Teil aber auch der Höhe nach deutlich hinter den Beträgen der vorläufigen Gutschriften zurückblieben. In einigen Fällen erfolgten seitens der mit der Einziehung beauftragten Banken keine Gutschriften auf den Empfängerkonten oder waren trotz Gutschrift wegen Kontosperren oder aus anderen im Einzelnen nicht festgestellten Gründen Abhebungen an den Geldautomaten nicht möglich.
Revisionen der Angeklagten U. und L.
Die Verurteilungen der Angeklagten U. und L. wegen - jeweils tateinheitlich begangenen - Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB und gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs gemäß § 263 Abs. 5 StGB halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil ein Vermögensschaden nicht festgestellt ist. Soweit die Angeklagten U. und L. wegen - jeweils tateinheitlich begangener - versuchter Betrugstaten nach § 263 Abs. 5 StGB verurteilt worden sind, ist ein Betrugsvorsatz nicht rechtsfehlerfrei dargetan.
1. Das Landgericht hat in allen Fällen, in welchen die über das Vorliegen einer wirksamen Scheckanweisung getäuschten Bankmitarbeiter eine vorläufige Gutschrift der Schecksumme auf den Empfängerkonten veranlassten, ohne weitere Voraussetzungen einen Vermögensschaden der mit der Scheckeinreichung beauftragten Bank angenommen und einen vollendeten Betrug nach § 263 Abs. 1 oder 5 StGB bejaht. Dieser rechtlichen Bewertung begegnen durchgreifende Bedenken.
a) Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199 Tz. 10 ff.). In den Gesamtvermögensvergleich vor und nach der Verfügung miteinzubeziehen sind auch bestehende Sicherungsmöglichkeiten, die, sofern sie werthaltig sind und von dem durch die Vermögensverfügung nachteilig Betroffenen ohne Schwierigkeiten realisiert werden können, geeignet sind, einen verfügungsbedingten Vermögensnachteil zu kompensieren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. November 2009 - 5 StR 91/09, NStZ-RR 2010, 109; vom 5. März 2009 - 3 StR 559/08, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 71; vom 17. August 2005 - 2 StR 6/05, NStZ-RR 2005, 374; Urteile vom 22. Oktober 1986 - 3 StR 226/86, BGHSt 34, 199, 202; vom 3. Juni 1960 - 4 StR 121/60, BGHSt 15, 24, 27; vgl. SSWStGB/ Satzger, § 263 Rn. 154 ff. m.w.N.).
b) Bei dem Scheckinkasso zur Gutschrift auf ein Konto übernimmt die beauftragte Bank für den Kontoinhaber die Einziehung des Schecks bei der bezogenen Bank. Obgleich ein Anspruch auf Gutschrift des Scheckbetrags erst mit Erhalt der buchmäßigen Deckung nach Einlösung des Schecks durch die bezogene Bank entsteht (vgl. Mayen in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I, 4. Aufl., § 47 Rn. 10; Nobbe in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I, 4. Aufl., § 61 Rn. 46, 50), schreiben die Inkassobanken aus bankorganisatorischen Gründen den Gegenwert eingereichter Schecks bereits bei Erteilung des Einziehungsauftrags dem bei der Einreichung genannten Konto gut (vgl. Mayen aaO Rn. 55; Nobbe aaO Rn. 48).
Die als abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis zu qualifizierende Gutschrift (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2004 - XI ZR 361/03, BGHZ 161, 273, 278 m.w.N.) erfolgt im Vorgriff auf die spätere Einlösung des Schecks und steht nach Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken unter dem Vorbehalt seiner Einlösung. Streitig ist, ob die Gutschrift auf Grund des Vorbehalts nach Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken als auflösend oder aufschiebend bedingt anzusehen ist (vgl. zum Streitstand einerseits Mayen aaO Rn. 55 ff.; andererseits Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I, 4. Aufl., § 14 Rn. 19 ff. jew. m.w.N.). Ungeachtet ihres vorläufigen Charakters wird die Vorbehaltsgutschrift von der Inkassobank in das Kontokorrent eingestellt und buchmäßig, etwa bei der Ermittlung des der Verfügungsmöglichkeit des Kontoinhabers unterliegenden Tagessaldos, nicht anders behandelt als eine endgültige Gutschrift (vgl. Mayen aaO Rn. 44, 56; Nobbe aaO Rn. 51). Mit der Erteilung der Vorbehaltsgutschrift erwirbt die Inkassobank nach Nr. 9 Abs. 1 Satz 4 und 5 AGB-Banken das Recht, die Gutschrift ohne Rücksicht auf einen zwischenzeitlichen Rechnungsabschluss rückgängig zu machen, wenn der Scheck nicht eingelöst wird oder die Bank den Scheckbetrag nicht erhält. Das vertragliche Rückbelastungsrecht aus Nr. 9 Abs. 1 Satz 4 AGB-Banken (vgl. Bunte aaO § 14 Rn. 5, 26) ermöglicht es der Bank, den Scheckbetrag unabhängig vom Willen des Kontoinhabers zurückzubuchen, um die bei Nichteinlösung des Schecks oder anderweitigem Ausbleiben einer buchmäßigen Deckung materiell-rechtlich ohne Weiteres entfallende Vorbehaltsgutschrift buchungsmäßig im Kontokorrent zu beseitigen.
c) Bei der betrügerischen Einreichung gefälschter Schecks trifft die über die Existenz einer wirksamen Scheckanweisung getäuschte Inkassobank durch die Erteilung der Vorbehaltsgutschrift eine Vermögensverfügung zu Lasten ihres Vermögens. Die Vorbehaltsgutschrift führt zu einer schadensgleichen Vermögensgefährdung, soweit der Kontoinhaber tatsächlich die Möglichkeit hat, auf den vorläufig gutgeschriebenen Scheckbetrag zuzugreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. April 2007 - 4 StR 558/06, NStZ-RR 2007, 236, 237; Satzger aaO § 263 Rn. 204; Trück in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., § 49 Rn. 16) und die Inkassobank nach den konkreten Umständen des Einzelfalles durch das ihr zukommende Rückbelastungsrecht nicht hinreichend gegen eine Vermögenseinbuße gesichert ist. Eine solche Sicherung der Bank ist in dem Umfang gegeben, in dem das Konto ohne Berücksichtigung der Vorbehaltsgutschrift ein Guthaben aufweist und zu erwarten steht, dass die Rückbelastung des Scheckbetrags wertmäßig abgedeckt sein wird. Aber auch in Fällen, in denen auf Grund der Rückbuchung mit einem Debetsaldo zu rechnen ist, fehlt es an einer schadensgleichen Vermögensgefährdung, soweit ein aus dem Wegfall der Vorbehaltsgutschrift resultierender Ausgleichsanspruch der Bank anderweitig, etwa durch das Pfandrecht der Bank aus Nr. 14 AGB-Banken, gesichert ist oder seitens der Bank ohne Schwierigkeiten realisiert werden kann, weil der Kontoinhaber zum Ausgleich des Kontos willens und in der Lage ist (vgl. zum Lastschriftbetrug BGH, Urteil vom 15. Juni 2005 - 2 StR 30/05, BGHSt 50, 147, 154; Beschluss vom 24. August 2005 - 5 StR 221/05, wistra 2006, 20; vom 14. September 2010 - 4 StR 422/10, wistra 2010, 476; a.A. OLG Hamm NJW 1977, 1834, 1836). Zu den danach für die Annahme einer schadensgleichen Vermögensgefährdung maßgeblichen tatsächlichen Umständen verhält sich das angefochtene Urteil nicht. Das Landgericht hat weder zu den Kontoständen der jeweiligen Empfängerkonten noch zur Werthaltigkeit möglicher Ausgleichsansprüche konkrete Feststellungen getroffen.
2. Die Verurteilungen der Angeklagten U. und L. wegen - jeweils tateinheitlich begangener - versuchter Betrugstaten gemäß § 263 Abs. 5 StGB können ebenfalls keinen Bestand haben, weil das Landgericht seinen unzutreffenden rechtlichen Maßstab hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des Vermögensschadens auch der Würdigung der subjektiven Tatseite zu Grunde gelegt und sich demzufolge nicht mit den subjektiven Vorstellungen der Angeklagten über die für den Eintritt eines Vermögensschadens maßgeblichen tatsächlichen Umstände auseinandergesetzt hat. Ein Betrugsvorsatz ist daher nicht ausreichend dargetan.
3. Der Rechtsfehler betrifft alle Fälle der Urteilsgründe, in denen die Angeklagten U. und L. wegen versuchter oder vollendeter Betrugstaten nach § 263 Abs. 1 und 5 StGB verurteilt worden sind. Er führt insoweit zur Aufhebung der Schuldsprüche, die auch jeweils die an sich rechtsfehlerfrei erfolgten Verurteilungen wegen tateinheitlich begangener Urkundenfälschung oder gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 und 4 StGB umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 - 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Unberührt bleiben die Verurteilungen der beiden Angeklagten jeweils wegen eines Waffendelikts im Fall II. 3. Tat 57 der Urteilsgründe, die Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht erkennen lassen.
Da die teilweise Aufhebung der Schuldsprüche allein darauf beruht, dass es die Strafkammer versäumt hat, weitere für die Annahme eines Vermögensschadens und eines entsprechenden Vorsatzes erforderliche Feststellungen zu treffen, bedarf es nicht der Aufhebung der bisherigen Feststellungen. Diese sind frei von Rechtsfehlern und können bestehen bleiben. Die Teilaufhebung der Schuldsprüche entzieht den gegen beide Angeklagten verhängten Gesamtstrafen die Grundlage.
Die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils in den Schuldsprüchen ist nach § 357 Satz 1 StPO auf den nach Rücknahme seiner Revision nicht mehr revidierenden Angeklagten O. und den Angeklagten Y., der sein Rechtsmittel wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, zu erstrecken, soweit sie wegen der nämlichen Taten im prozessualen Sinne (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. November 1995 - 5 StR 495/95, bei Kusch, NStZ 1996, 327; v. 23. Januar 1959 - 4 StR 428/58, BGHSt 12, 335, 341) wie die Angeklagten U. oder L. verurteilt worden sind. Die Vorschrift des § 357 StPO findet auch in Fällen einer zurückgenommenen oder auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkten Revision Anwendung (vgl. Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 357 Rn. 12 m.w.N.). Die Erstreckung hat bei dem Angeklagten O. die vollständige, bei dem Angeklagten Y. die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs mit Ausnahme der Verurteilungen in den Fällen II. 2. Taten 54 und 55 der Urteilsgründe und den Wegfall der Gesamtstrafenaussprüche zur Folge. Eine Aufhebung der Verurteilungen des Angeklagten Y. in den Fällen II. 2. Taten 54 und 55 der Urteilsgründe kommt im Wege der Erstreckung nach § 357 Satz 1 StPO nicht in Betracht, weil diesen Fällen selbständige Betrugstaten im Sinne des § 264 StPO zu Grunde liegen, wegen derer weder der Angeklagte U. noch der Angeklagte L. verurteilt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 1995 - 5 StR 495/95 aaO).
Revision des Angeklagten Y.
Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten Y. ist durch die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs im Wege der Erstreckung nach § 357 Satz 1 StPO in diesem Umfang erledigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1991 - 5 StR 178/91; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 357 Rn. 7; Wohlers in SK-StPO Stand: Oktober 2003, § 357 Rn. 28). Die Annahme einer (teilweisen) Erledigung des Rechtsmittels entspricht dem Grundgedanken des § 357 StPO, den Nichtrevidenten unter den dort geregelten Voraussetzungen so zu stellen, als habe er im gleichen Umfang wie der revidierende Mitangeklagte Revision eingelegt (vgl. Kuckein aaO § 357 Rn. 1; Hanack in Löwe/ Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 357 Rn. 12). Im Übrigen ist die Revision des Angeklagten Y. unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), weil die rechtliche Prüfung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. 2. Taten 54 und 55 der Urteilsgründe auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Eine durch die Erteilung der Vorbehaltsgutschrift verursachte schadensgleiche Vermögensgefährdung der Inkassobank setzt u.a. voraus, dass der Kontoinhaber die tatsächliche Möglichkeit besitzt, auf den vorläufig gutgeschriebenen Scheckbetrag zuzugreifen. Eine Vermögensgefährdung scheidet daher aus, wenn bei erfolgter Vorbehaltsgutschrift wegen einer zum Gutschriftszeitpunkt bereits bestehenden Kontosperre nicht zu Lasten des Kontos verfügt werden konnte. Entsprechendes gilt, soweit der Kontoinhaber in den Verfügungsmöglichkeiten über sein Konto beschränkt war. In den Fällen, in welchen die nach der Gutschrift getätigten Abhebungen wertmäßig nicht unerheblich hinter dem Scheckbetrag zurückblieben, wird der neue Tatrichter auch zu klären haben, in welchem Umfang ein Zugriff auf den vorläufig gutgeschriebenen Betrag eröffnet war.
2. Bei der Beteiligung mehrerer Mittäter an einer Serie selbständiger Einzeltaten kommt es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die konkurrenzrechtliche Beurteilung maßgeblich auf den eigenen Tatbeitrag des jeweiligen Mittäters an (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2011 - 4 StR 346/11, wistra 2012, 67; vom 7. Dezember 2010 - 3 StR 434/10, StraFo 2011, 238; vom 21. April 2010 - 4 StR 635/09, wistra 2010, 344). Danach ist in den Fällen II. 2. Taten 23 und 25 der Urteilsgründe nur eine Tat des Angeklagten U. gegeben, weil sich dessen Tatbeitrag in der sich in einem Akt vollziehenden Beschaffung der Scheckformulare erschöpfte.
In den Fällen II. 2. Taten 46 bis 48 der Urteilsgründe wurden die gefälschten Schecks nach den Feststellungen der Strafkammer möglicherweise gleichzeitig bei einer Bankfiliale eingereicht. Die Scheckeinreichungen stehen daher jedenfalls in natürlicher Handlungseinheit (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 1997 - 5 StR 569/96, BGHSt 43, 381, 386 f; Beschluss vom 3. August 2010 - 4 StR 157/10 Tz. 6) und bilden ein einheitliches Geschehen im Sinne einer materiell-rechtlichen Tat. Damit liegt auch beim Angeklagten Y. insoweit nur eine Tat vor. Dass er verschiedene Tatbeiträge erbrachte, führt nicht zu einer Aufspaltung des einheitlichen Geschehens.
HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 437
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2013, 80; StV 2012, 407
Bearbeiter: Karsten Gaede