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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 991

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 115/24, Beschluss v. 14.05.2024, HRRS 2024 Nr. 991


BGH 3 StR 115/24 - Beschluss vom 14. Mai 2024 (LG Düsseldorf)

Handeltreiben mit Cannabis (nicht geringe Menge).

§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 7. Dezember 2023

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Cannabis in zwei Fällen schuldig ist;

b) aufgehoben in den Aussprüchen über

aa) die Strafe,

bb) die Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit dieser den Betrag von 500 € übersteigt; jedoch werden die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 14.500 € angeordnet. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vermittelte der Angeklagte im Mai 2020 für einen Dritten den Kauf von fünf Kilogramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von mindestens 500 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC), begleitete die Geschäftsabwicklung und erhielt eine Provision von jedenfalls 100 € je Kilogramm. Eine Teilmenge von 200 Gramm des an ihn übergebenen Marihuanas nahm er für den eigenen Konsum an sich (Fall 1). Im April 2020 bestellte er als Vermittler für einen anderen bei einem Chatpartner insgesamt 20 Kilogramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von zwei Kilogramm THC, verhandelte über die zu liefernde Sorte sowie die Zahlungsmodalitäten und überprüfte die Ware anhand von Fotos. Dass es tatsächlich zur Übergabe kam, ist nicht festgestellt worden (Fall 2). Das Rauschmittel war in beiden Fällen zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen.

2. Während die Feststellungen ohne Rechtsfehler getroffen sind, ist der Schuldspruch infolge einer Gesetzesänderung nach Urteilsverkündung zu ändern. Dies zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Unabhängig davon hat die Einziehungsentscheidung weitgehend keinen Bestand.

a) Der Angeklagte ist statt eines zweifachen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge eines solchen mit Cannabis schuldig. Der durch das Cannabisgesetz vom 27. März 2024 (BGBl. I Nr. 109) mit Wirkung vom 1. April 2024 geltende Straftatbestand des Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) stellt auch unter Berücksichtigung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle (§ 34 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 4 KCanG) die im Sinne von § 2 Abs. 3 StGB gegenüber § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mildere und daher für die Revisionsentscheidung nach § 354a StPO maßgebliche Regelung dar. Die zur Tathandlung des Handeltreibens nach dem Betäubungsmittelgesetz entwickelten Grundsätze sind auf die entsprechende Handlungsform nach dem Konsumcannabisgesetz zu übertragen (s. BGH, Beschluss vom 18. April 2024 - 1 StR 106/24, juris Rn. 5). Danach kann eine eigennützige Förderung fremder Umsatzgeschäfte dem Begriff des Handeltreibens unterfallen. Dieser setzt weder ein eigenes Umsatzgeschäft noch einen Absatz voraus (s. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2022 - 5 StR 128/22, NStZ 2023, 45 Rn. 9 mwN). Mithin erfüllte der Angeklagte aus den vom Generalbundesanwalt näher dargelegten Gründen selbst den Tatbestand des Handeltreibens. Hierfür ist nicht maßgeblich, ob er von der zunächst insgesamt für den Handel bestimmten Menge später einen Teil für den eigenen Konsum entnahm (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2001 - 3 StR 268/01, StV 2002, 255, 256).

Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1, § 354a StPO ändern, weil sich der Angeklagte bei einem gerichtlichen Hinweis nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

b) Die Änderung des Schuldspruchs hat die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge, da der nach § 34 Abs. 1, Abs. 3 KCanG in Betracht kommende Strafrahmen deutlich geringer als der vom Landgericht zugrunde gelegte Rahmen des § 29a Abs. 1 BtMG und nicht auszuschließen ist, dass es bei Anwendung des nunmehr geltenden Rechts auf eine geringere Strafe erkannt hätte.

c) Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in der die erlangte Provision von 500 € übersteigenden Höhe wird von den Feststellungen nicht getragen. Ihnen ist nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte neben dem Marihuana selbst zugleich den Kaufpreis zumindest zeitweilig erhielt und damit durch oder für die Tat gemäß § 73 Abs. 1 StGB erlangte (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 27. September 2018 - 4 StR 78/18, NStZ-RR 2019, 22). Da das Marihuana grundsätzlich als Tatobjekt der Einziehung unterliegt, es dem Angeklagten aber nicht zustand, kommt insofern die Einziehung des Wertes nach § 74c Abs. 1, § 74 Abs. 2 StGB nicht in Betracht (s. BGH, Beschluss vom 10. Juni 2020 - 3 StR 37/20, NStZ 2021, 557 Rn. 4 f.). Falls ihm indes 200 Gramm davon als Entlohnung für seinen Tatbeitrag überlassen worden sein sollten, ist eine Einziehung des entsprechenden Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB möglich (s. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 37/15, BGHR StGB § 73 Erlangtes 17 Rn. 6 mwN; Beschluss vom 9. Februar 2022 - 6 StR 644/21, juris Rn. 7). Insofern verhalten sich die Urteilsgründe jedoch nicht zu den Einzelheiten, so dass etwa ungewiss ist, ob er die Teilmenge als Lohn bekam, er sie gegebenenfalls eigenmächtig behielt oder eine Verrechnung mit der Provision vorgenommen wurde.

d) Die zur Urteilsaufhebung führenden Gesichtspunkte berühren nicht die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, die bestehen bleiben können (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich und in Bezug auf die Einziehungsentscheidung geboten.

3. Für die der neuen Hauptverhandlung vorbehaltene Strafzumessung weist der Senat darauf hin, dass eine nicht geringe Menge im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG ab 7,5 Gramm THC gegeben ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. April 2024 - 1 StR 106/24, juris Rn. 7; vom 23. April 2024 - 5 StR 153/24, juris Rn. 11; vom 30. April 2024 - 6 StR 164/24, juris Rn. 6).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 991

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede