HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 654
Bearbeiter: Fabian Afshar
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 489/22, Beschluss v. 18.04.2023, HRRS 2023 Nr. 654
1. Der Antrag des Angeklagten auf Aussetzung des Revisionsverfahrens wird zurückgewiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 15. August 2022 wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie eine Regelung zum Vorwegvollzug getroffen. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts und beantragt, das Verfahren auszusetzen, bis der Gerichtshof der Europäischen Union über ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Berlin entschieden hat. Das bereits jetzt entscheidungsreife Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Eine Grundlage für die Aussetzung des Revisionsverfahrens besteht bereits deshalb nicht, weil für die Entscheidung des Senats über das Rechtsmittel des Angeklagten ohne Belang ist, wie der Gerichtshof der Europäischen Union ihm durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 19. Oktober 2022 ([525 KLs] 279 Js 30/22 [8/22]) vorgelegte Fragen zur Auslegung einzelner Vorschriften der Richtlinie 2014/41/EU beantwortet (s. Rechtssache C-670/22, ABl. EU 2023 Nr. C 35 S. 31 ff.). Auf die Auslegung der insoweit angeführten Normen kommt es vorliegend nicht an, da der Senat darüber mangels einer zulässigen Verfahrensbeanstandung nicht zu befinden hat (s. sogleich unter 2.). Mithin bedarf es hier keiner Vertiefung, dass es vorrangig Sache des nationalen Rechts und der nationalen Gerichte ist, über die Verwertbarkeit von Beweisen zu entscheiden (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 6. Oktober 2020 - C-511/18 u.a. - La Quadrature du Net u.a. - NJW 2021, 531 Rn. 225; vom 17. Januar 2019 - C-310/16, HFR 2019, 237 Rn. 24; vom 10. April 2003 - C-276/01 - Steffensen - Slg. 2003, I-3756 Rn. 75; zur Bedeutung des materiellen und formellen Strafrechts für die demokratische Selbstgestaltungsfähigkeit eines Verfassungsstaates BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a., BVerfGE 123, 267, 359 f.).
2. Die vom Angeklagten erhobene Rüge, sogenannte EncroChat-Nachrichten seien von deutschen Behörden unrechtmäßig erlangt worden und hätten nicht als Beweismittel verwertet werden dürfen, genügt nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Insoweit ist ergänzend zu den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vorgebrachten Bedenken von Belang, dass die Angaben zum Verfahrensgang aus sich heraus eine revisionsgerichtliche Überprüfung nicht ermöglichen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Februar 2023 - 4 StR 93/22, juris Rn. 5 mwN). Soweit beispielsweise vorgebracht wird, verschiedene Unterlagen hätten bei dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. März 2022 in dem Verfahren 5 StR 457/21 (BGHSt 67, 29) noch nicht berücksichtigt werden können, ergibt sich deren näherer Inhalt aus dem Revisionsvorbringen nicht (s. zur Darlegungspflicht allgemein etwa BGH, Urteil vom 8. Juni 2022 - 5 StR 406/21, NJW 2022, 2422 Rn. 15 ff. mwN). Daher ist auch in der Sache nicht ersichtlich, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung (vgl. ergänzend BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2022 - 3 StR 88/22, juris; vom 6. Juli 2022 - 4 StR 63/22, NStZ-RR 2022, 286; vom 6. April 2022 - 6 StR 55/22, juris) die Verwertung der erhobenen Beweise unzulässig war.
3. Die weiteren Verfahrensrügen dringen aus den vom Generalbundesanwalt näher dargelegten Gründen nicht durch. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 654
Bearbeiter: Fabian Afshar