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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1209

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 210/22, Beschluss v. 20.09.2022, HRRS 2022 Nr. 1209


BGH 3 StR 210/22 - Beschluss vom 20. September 2022 (LG Aurich)

Betäubungsmittelstrafrecht (Konkurrenzen bei tateinheitlicher Einfuhr und Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge).

§ 29a BtMG; § 30 BtMG; § 52 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 23. März 2022 im Schuld- und Strafausspruch dahin geändert und neu gefasst, dass der Angeklagte verurteilt wird

a) wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Wittmund vom 14. Dezember 2020 (91 Ls 110 Js 4721/20 [23/20]) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten,

b) wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Aurich vom 29. Juni 2021 in Verbindung mit dessen Beschluss vom 3. November 2021 (6 Cs 110 Js 12090/21 [358/21]) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat ihn jeweils unter Einbeziehung einer Strafe aus einem anderen Erkenntnis zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten sowie von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt. Außerdem hat die Strafkammer seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, den Vorwegvollzug eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafen vor Beginn der Maßregel bestimmt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Die mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat den aus Ziffer 1 der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch erweist sich als rechtsfehlerhaft, soweit die Strafkammer den Angeklagten in den Fällen II. 1. und II. 2. der Urteilsgründe neben der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat. Was den jeweiligen zum Eigenkonsum bestimmten Anteil der ins Inland verbrachten Drogen betrifft, tritt der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gegenüber der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zurück, da dem Besitz lediglich die Funktion eines Auffangtatbestandes zukommt, die bei einer gleichzeitigen Verwirklichung der unrechtsschwereren Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht zum Tragen kommt (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - 3 StR 534/15, juris Rn. 3; Urteil vom 20. Juni 2018 - 5 StR 68/18, NStZ 2019, 95 Rn. 8; Beschluss vom 24. November 2020 - 3 StR 360/20, StV 2021, 448 Rn. 6). Demgemäß ist der Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu ändern.

Der Strafausspruch bleibt hiervon unberührt. Das Landgericht hat zwar bei der Strafzumessung zulasten des Angeklagten jeweils berücksichtigt, dass er mehrere Straftatbestände verwirklichte. Es ist jedoch - auch weil es trotz der Schuldspruchänderung neben der Einfuhrstrafbarkeit bei einer tateinheitlichen Verwirklichung des Tatbestandes des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verbleibt - auszuschließen, dass die Strafkammer bei einer zutreffenden rechtlichen Bewertung geringere Strafen verhängt hätte.

2. Ferner ist die Urteilsformel im Schuld- und Strafausspruch insgesamt neu zu fassen, damit sie erkennen lässt, für welche der abgeurteilten Straftaten des Angeklagten die erste und für welche die weitere Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 2007 - 3 StR 19/07, juris Rn. 3; vom 11. Juli 2019 - 1 StR 456/18, wistra 2020, 295 Rn. 33; Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 30. Aufl., Rn. 83).

3. Im Übrigen hat die sachlichrechtliche Nachprüfung aufgrund der Revisionsrechtfertigung aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.

4. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 1209

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede