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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 588

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 430/19, Beschluss v. 18.02.2020, HRRS 2020 Nr. 588


BGH 3 StR 430/19 - Beschluss vom 18. Februar 2020 (LG Trier)

BGHSt 64, 283; kein Anspruch auf schriftliche Übersetzung eines nicht rechtskräftigen Strafurteils für den bei der Urteilsverkündung anwesenden und verteidigten Angeklagten (mündliche Übersetzung; Hinzuziehung eines Dolmetschers; kein rechtsstaatlich zwingendes Erfordernis für schriftliche Übersetzung; berechtigtes Interesse; eigene Sachkunde des Angeklagten; kein Kontakt zwischen Angeklagtem und Verteidiger; faires Verfahren; Verfahrenssubjekt; Angewiesenheit auf den Wortlaut der Entscheidung).

§ 187 GVG; Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK; Art. 103 Abs. 1 GG; Art. 3 Abs. 3 GG

Leitsätze

1. Der Angeklagte hat grundsätzlich keinen Anspruch auf schriftliche Übersetzung eines nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Strafurteils, wenn er verteidigt ist, er und sein Verteidiger bei der Urteilsverkündung anwesend waren und dem Angeklagten die Urteilsgründe durch einen Dolmetscher mündlich übersetzt worden sind. (BGHSt)

2. Ein berechtigtes Interesse des Angeklagten an einer schriftlichen Übersetzung des Urteils wird nicht allein dadurch begründet, dass nach der Urteilsverkündung kein Kontakt zwischen ihm und seinem Verteidiger bestand. (BGHSt)

3. § 187 GVG, der der Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren dient, begründet keinen generellen Übersetzungsanspruch. Dieses Verständnis ist mit den Vorgaben der Richtlinie 2010/64/EU vereinbar, die nicht auf die Schaffung umfassender Ansprüche auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen abzielt. Sie sieht vielmehr ausdrücklich Ausnahmen von einer schriftlichen Übersetzung - auch eines Urteils - vor und knüpft diese (ausschließlich) daran, dass eine mündliche Übersetzung einem fairen Verfahren nicht entgegensteht. (Bearbeiter)

4. Die Bestimmungen der verfahrensrechtlichen Befugnisse und Hilfestellungen, die einem Angeklagten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen, und die Festlegung, wie diese auszugestalten sind, sind in erster Linie dem Gesetzgeber, dessen Aufgabe es ist, zwischen möglichen Alternativen der normativen Ausgestaltung des Rechts auf ein faires Verfahren zu wählen, und sodann den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist. (Bearbeiter)

5. Ein Anspruch auf schriftliche Übersetzung besteht für den verteidigten, bei der mündlichen Urteilsverkündung anwesenden Angeklagten nur, wenn der Angeklagte ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer schriftlichen Übersetzung hat. Dies kommt insbesondere bei eigener Sachkunde des Angeklagten in Betracht, mithin in Konstellationen, in denen der Verteidiger seiner Aufgabe, die Rechte des Verurteilten wahrzunehmen, nicht gewachsen ist, wenn nicht der Verurteilte in den Stand gesetzt wird, von sich aus aufgrund eigener Kenntnis der Urteilsgründe Hilfe anzubieten. (Bearbeiter)

6. Wenn der Angeklagte verteidigt ist und ihm ein Dolmetscher zur Verfügung stand, wird die effektive Verteidigung des sprachunkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt und der Angeklagte die Möglichkeit hat, das Urteil mit ihm - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers - zu besprechen und sich insoweit auch die schriftliche Begründung übersetzen zu lassen. Dabei umfasst der Anspruch des verteidigten Angeklagten auf umfassende Verdolmetschung auch die Gespräche mit seinem Verteidiger nach Urteilsverkündung, etwa zur Vorbereitung der Begründung eines Rechtsmittels. Soweit die Hinzuziehung eines Dolmetschers für einen solchen Termin erforderlich ist, kann der Angeklagte dies jederzeit beantragen. (Bearbeiter)

7. Eine effektive Verteidigung des Angeklagten auch in der Revisionsinstanz wird dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt, denn er ist zur Revisionsrechtfertigung berufen und verpflichtet; auf rechtliche Hinweise des Angeklagten ist er bei der Revisionsbegründung nicht angewiesen. Soweit sich aufgrund der schriftlich niedergelegten Urteilsgründe ausnahmsweise eine „Fühlungnahme“ mit dem Angeklagten zur sachgemäßen Interessenwahrnehmung als notwendig erweisen sollte, liegt es maßgeblich in der Verantwortung des Rechtsanwalts, in welchem Umfang er über einen Dolmetscher eine Verständigung herbeiführt. (Bearbeiter)

8. Der Angeklagte wird nicht als bloßes Objekt des Verfahrens behandelt. Er kann seinen Rechtsanwalt, falls erforderlich unter Einschaltung eines Dolmetschers, auf eigene Bedenken gegen das Verfahren des Gerichts oder die Begründung des Urteils hinweisen. Auch einem sprachunkundigen Angeklagten ist dies möglich, denn ihm sind in der Hauptverhandlung alle ihn betreffenden wesentlichen Verfahrensakte einschließlich der mündlichen Urteilsbegründung verständlich gemacht worden, und er hat auch selbst durch sein Fragerecht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung beitragen können. (Bearbeiter)

9. Eingedenk dessen, dass dem Angeklagten die Ausübung seiner Verteidigungsrechte möglicherweise durch Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung erleichtert würde, stellt die bloße Ablehnung einer Verteidigungserleichterung nicht per se eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren dar. Entscheidend ist, dass dem Angeklagten keine Übersetzung vorenthalten, sondern er lediglich auf eine mündliche verwiesen wird. Auch dadurch, dass ihm ein Dolmetscher das schriftliche Urteil mündlich übersetzt, wird er in die Lage versetzt, seine Verteidigungsrechte geltend zu machen. Eine schriftliche Übersetzung ist aus rechtsstaatlicher Sicht weder zwingend noch unverzichtbar. (Bearbeiter)

10. Aus Art. 6 EMRK ergibt sich ein Anspruch auf Übersetzung allenfalls bezüglich solcher Schriftstücke, auf deren Kenntnis der Angeklagte angewiesen ist, um ein faires Verfahren zu haben. Hierfür ist nicht erforderlich, jedes Beweismittel oder Aktenstück schriftlich zu übersetzen, sondern es ist lediglich sicherzustellen, dass der Angeklagte in der Lage ist zu verstehen, was ihm vorgeworfen wird, und er sich verteidigen kann, indem er insbesondere dem Gericht seine Version der Ereignisse vortragen kann. Maßgeblich ist danach, ob der Angeklagte für seine weitere Verteidigung auf den Wortlaut der Entscheidung angewiesen ist. (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Trier vom 18. Juni 2019 wird verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in zehn Fällen, des Diebstahls in zwei Fällen, des versuchten schweren Wohnungseinbruchdiebstahls in neun Fällen sowie des versuchten Diebstahls in zwei Fällen schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in zehn Fällen, Diebstahls in zwei Fällen, versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls in neun Fällen sowie versuchten Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

Der Senat ist zur Entscheidung berufen. Die Zustellung des landgerichtlichen Urteils ist wirksam gewesen, auch wenn das Urteil nicht zusammen mit einer schriftlichen Übersetzung zugestellt worden ist.

1. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:

Bei der Urteilsverkündung vor dem Landgericht sind der Angeklagte, sein Verteidiger und ein Simultandolmetscher, der die mündliche Urteilsbegründung übersetzt hat, anwesend gewesen. Das Urteil ist dem Verteidiger des Angeklagten zugestellt und dem Angeklagten formlos übersandt worden. Eine schriftliche Übersetzung des Urteils ist unterblieben. Der Verteidiger hat die form- und fristgerecht eingelegte Revision begründet.

Auf den Antrag des Generalbundesanwalts, die Revision zu verwerfen, hat der Angeklagte in einem an den Senat weitergeleiteten Schreiben beanstandet, bisher keine Übersetzung des angegriffenen Urteils in seine Muttersprache erhalten und seit der Urteilsverkündung keinen Kontakt mit seinem Verteidiger gehabt zu haben. Zugleich hat er einen entsprechenden Übersetzungsantrag gestellt.

2. Das Landgericht hat das Urteil ohne schriftliche Übersetzung wirksam zugestellt (§ 37 Abs. 3 StPO). Der Angeklagte hatte weder aus § 187 GVG (dazu a)) noch aus der diesem zugrundeliegenden Richtlinie 2010/64/EU (dazu b)) noch aus Art. 6 EMRK (dazu c)) noch unmittelbar aus dem Grundgesetz (dazu d)) einen Anspruch auf Anfertigung einer schriftlichen Übersetzung. Für diese Frage, die der Bundesgerichtshof bisher nicht tragend entschieden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, juris Rn. 37; s. auch BGH, Beschluss vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 [Vorsitzendenentscheidung]), gilt:

Ein Anspruch auf schriftliche Übersetzung eines nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Strafurteils besteht nicht, wenn der Angeklagte verteidigt ist, er und sein Verteidiger bei der Urteilsverkündung anwesend waren und dem Angeklagten die Urteilsgründe durch einen Dolmetscher mündlich übersetzt wurden, sofern der Angeklagte nicht ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer schriftlichen Übersetzung hat (vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192; vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1; vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, NStZ 2014, 725; OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris; OLG Hamm, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - III-1 Ws 8/16, juris; vom 11. März 2014 - III-2 Ws 40/14, NStZ-RR 2014, 217; OLG Celle, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 1 Ss (OWi) 118/15, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 3. März 2014 - 2 Ws 63/14, NStZ-RR 2014, 183; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 6-2 StE 2/12, juris; BeckOK StGB/ Walther, § 187 GVG Rn. 3; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 187 Rn. 16, 18; KK/Diemer, StPO, 8. Aufl., § 187 GVG Rn. 4; LR/Krauß, StPO, 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 14; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 187 GVG Rn. 4; SSWStPO/Rosenau, 3. Aufl., § 187 GVG Rn. 7; SSWStPO/Mosbacher/Claus, 3. Aufl., § 37 Rn. 58; aA MüKoStPO/Gaede, Art. 6 EMRK Rn. 275; SKStPO/ Frister, 5. Aufl., § 187 GVG Rn. 10; SKStPO/Meyer, 5. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 537; Kotz, StRR 2014, 364; Bockemühl, StV 2014, 537; Eisenberg, JR 2013, 442; Heldmann, StV 1981, 251; Sieg, MDR 1981, 281; Schmidt, Verteidigung von Ausländern, 4. Aufl., S. 131 f.; vgl. auch LR/Esser, StPO, 26. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 849; differenzierend MüKoStPO/O?lakcio?lu, § 187 GVG Rn. 27, 48 f.; Römer, NStZ 1981, 474; Schneider, StV 2015, 379; Yalcin, ZRP 2013, 104).

Ob hiervon Abweichendes in Betracht kommt, wenn es sich - anders als im vorliegenden Fall - um Sonderkonstellationen wie in Abwesenheit des Angeklagten ergangene Berufungsurteile (vgl. OLG München, Beschluss vom 18. November 2013 - 4 StR 120/13, StV 2014, 532) oder Strafbefehle (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - C-278/16, NJW 2018, 142 Rn. 34; LG Stuttgart, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 7 Qs 18/14, NStZ-RR 2014, 216; vgl. hierzu auch die Übersicht bei BeckOK StPO/Larcher, § 37 Rn. 39 ff. sowie Sandherr, NZV 2017, 531) und damit um Fälle handelt, in denen dem Angeklagten mit der Zustellung der Entscheidung zugleich rechtliches Gehör gewährt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Oktober 2017 - C-278/16, NJW 2018, 142 Rn. 30; SSW-StPO/Mosbacher/Claus, 3. Aufl., § 37 StPO Rn. 59), bedarf hier keiner Entscheidung.

Im Einzelnen:

a) § 187 GVG begründet nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und seiner Entstehungsgeschichte keinen generellen Übersetzungsanspruch (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 15 ff.; vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 Rn. 5; vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14, NStZ 2014, 725, 726; so auch bezüglich eines Anspruchs auf schriftliche Übersetzung von Aktenbestandteilen HansOLG Hamburg, Beschluss vom 6. Dezember 2013 - 2 Ws 253/13, wistra 2014, 158).

aa) § 187 GVG dient der Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 7). Der Gesetzgeber hat diese Richtlinie durch das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren vom 2. Juli 2013 mit Wirkung vom 6. Juli 2013 (BGBl. I S. 1938) in nationales Recht umgesetzt. Nach § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG zieht das Gericht für den Beschuldigten oder Verurteilten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, einen Dolmetscher oder Übersetzer heran, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist. Erforderlich zur Ausübung der strafprozessualen Rechte ist in der Regel die schriftliche Übersetzung von (unter anderem) nicht rechtskräftigen Urteilen (§ 187 Abs. 2 Satz 1 GVG). An die Stelle der schriftlichen Übersetzung kann eine mündliche Übersetzung der Unterlagen oder eine mündliche Zusammenfassung des Inhalts der Unterlagen treten, wenn hierdurch die strafprozessualen Rechte des Beschuldigten gewahrt werden (§ 187 Abs. 2 Satz 4 GVG). Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat (§ 187 Abs. 2 Satz 5 GVG).

bb) Bereits nach dem Wortlaut des § 187 Abs. 2 GVG und dessen abgestuftem System (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 11) ist damit eine schriftliche Übersetzung regelmäßig nicht notwendig, wenn der Angeklagte verteidigt ist und ihm ein Dolmetscher zur Verfügung stand (dazu (1)), es sei denn, hierdurch werden ausnahmsweise seine strafprozessualen Rechte nicht gewahrt (dazu (2)).

(1) In diesem Fall wird die effektive Verteidigung des sprachunkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt und der Angeklagte die Möglichkeit hat, das Urteil mit ihm - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers - zu besprechen und sich insoweit auch die schriftliche Begründung übersetzen zu lassen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, juris Rn. 37; vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 Rn. 5).

Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger wie hier bei der Urteilsverkündung anwesend waren und dem Angeklagten die mündliche Urteilsbegründung von einem Dolmetscher übersetzt worden ist (OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 10; noch weitergehend für das Ordnungswidrigkeitenverfahren OLG Celle, Beschluss vom 22. Juli 2015 - 1 Ss (Owi) 118/15, juris Rn. 5). Dabei umfasst der Anspruch des verteidigten Angeklagten auf umfassende Verdolmetschung auch die Gespräche mit seinem Verteidiger nach Urteilsverkündung, etwa zur Vorbereitung der Begründung eines Rechtsmittels. Soweit die Hinzuziehung eines Dolmetschers für einen solchen Termin erforderlich ist, kann der Angeklagte dies jederzeit beantragen (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 11).

(2) Ein Anspruch auf schriftliche Übersetzung besteht in diesen Fällen nur dann, wenn der Angeklagte ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an einer schriftlichen Übersetzung hat (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016 - III-1 Ws 8/16, juris Rn. 5; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 6-2 StE 2/12, juris Rn. 11 ff.; LR/Krauß, StPO, 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 14). Dies kommt insbesondere bei eigener Sachkunde des Angeklagten in Betracht, mithin in Konstellationen, in denen der Verteidiger seiner Aufgabe, die Rechte des Verurteilten wahrzunehmen, nicht gewachsen ist, wenn nicht der Verurteilte in den Stand gesetzt wird, von sich aus aufgrund eigener Kenntnis der Urteilsgründe Hilfe anzubieten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 31; zur „Fachkundigkeit“ BT-Drucks. 17/12578, S. 12; LR/Krauß, StPO, 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 14; s. zu Gründen, die allein kein berechtigtes Interesse begründen, OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 15 ["emotionale Spitzen“ und „unzulässige Wertungen"]; OLG Hamm, Beschluss vom 26. Januar 2016 - III-1 Ws 8/16, juris Rn. 5 ["hoch schwierige Formulierungen, komplizierte Gedankengänge und Schlussfolgerungen“, „Höhe der ausgeurteilten Strafe“ sowie OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 6-2 StE 2/12, juris Rn. 12 f. [Besonderheiten des Revisionsverfahrens und „Bedeutung der Sache, des Umfangs und insbesondere die Komplexität der schriftlichen Urteilsgründe"]).

Ein berechtigtes Interesse besteht hier nicht. Eine besondere Sachkunde des Angeklagten, ohne die der Verteidiger dessen Rechte im hiesigen Verfahren, das keine hochkomplexen Rechtsfragen beinhaltet, nicht wahrnehmen könnte, ist nicht ersichtlich.

Ein solches ergibt sich auch mit Blick darauf, dass ein begründetes Verlangen Indiz für ein berechtigtes Interesse sein kann (so BT-Drucks. 17/12578, S. 12), nicht ausnahmsweise daraus, dass der Angeklagte ausweislich seines Antragsvorbringens seit der Urteilsverkündung keinen Kontakt mit seinem Verteidiger hatte. Bereits die Gesetzesbegründung geht ausdrücklich davon aus, entscheidend für das Absehen einer schriftlichen Übersetzung „soll allein das bestehende Mandatsverhältnis zu einem Verteidiger in dem betreffenden Strafverfahren sein“ (BT-Drucks. 17/12578, S. 12); hiernach soll es auf die Ausgestaltung des Innenverhältnisses gerade nicht ankommen. Zudem liegt es maßgeblich in der Verantwortung des Rechtsanwalts, in welchem Umfang er über einen Dolmetscher eine Verständigung mit dem Angeklagten herbeiführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 155). Demnach ist die pauschale Behauptung, der Verteidiger habe nicht ausreichend Kontakt zu dem Angeklagten gehalten, für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Übersetzungsanspruchs nicht entscheidend, zumal andernfalls die von dem Gesetzgeber bewusst gewählte Möglichkeit, von einer schriftlichen Übersetzung abzusehen, leicht ausgehebelt werden könnte. Überdies ist bereits nicht dargetan, ob eine Abstimmung über die Revisionseinlegung und -begründung nicht direkt im Anschluss an die mündliche Urteilsbegründung stattgefunden hat.

cc) Dieses Ergebnis steht zudem mit der Gesetzesbegründung und dem daraus folgenden Sinn und Zweck der Norm in Einklang (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 7, 11; s. auch BGH, Beschlüsse vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 18; vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 Rn. 5).

Der Gesetzgeber wollte durch die Umsetzung der Richtlinie keine generelle - der deutschen Gerichtspraxis fremde - Pflicht zur vollständigen schriftlichen Übersetzung eines Urteils begründen (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 7, 11). Gleichzeitig sollte der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Rechnung getragen werden, nach der unter Verweis auf die Gewährleistung eines fairen Verfahrens ein der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtiger Angeklagter, der nicht verteidigt ist und ein Rechtsmittel einlegen möchte, einen Anspruch auf schriftliche Übersetzung in diesem Umfang haben kann. § 187 Abs. 2 GVG sollte diesen Rechtsgedanken aufgreifen und eine Einschränkung der generellen schriftlichen Übersetzungspflicht vor allem in Fällen des verteidigten Angeklagten in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts stellen (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 7, 11). Im Falle des verteidigten Angeklagten sollte nach der Gesetzesbegründung demnach auch ein „vollständiges Absehen von der schriftlichen Übersetzung“ möglich sein (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 12). Nach Auffassung des Gesetzgebers ermögliche die Beratung mit dem Verteidiger auch dem der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtigen Angeklagten die Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte und gewährleiste ein faires Verfahren. Sein Anspruch auf umfassende Verdolmetschung umfasse die Gespräche mit seinem Verteidiger etwa zur Vorbereitung der Begründung eines Rechtsmittels - also zu einem Zeitpunkt, in dem die schriftliche Urteilsbegründung im Sinne des § 275 StPO bereits vorliege. Der Dolmetscher stehe mithin zur Verfügung, um dem Angeklagten im Rahmen dieses Gesprächs das Urteil mündlich ganz oder teilweise zu übersetzen (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 12).

Nach dem gesetzgeberischen Willen sollte die Übersetzungsvorgabe damit praxisgerecht ausgestaltet und nicht mit einer starren und mit erheblichen Kosten verbundenen umfassenden Übersetzungspflicht belastet werden. Zugleich wollte der Gesetzgeber das in der Richtlinie vorgegebene Regel-Ausnahme-Verhältnis dadurch umsetzen, dass es im amtsgerichtlichen Verfahren, das in der Praxis noch deutlich häufiger ohne Mitwirkung eines Verteidigers stattfinde, im Falle der Rechtsmitteleinlegung bei dem grundsätzlichen Erfordernis einer Urteilsübersetzung bleibt (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 12).

Der Gesetzgeber wollte durch die Fassung des § 187 Abs. 2 GVG schließlich dem Beschleunigungsgrundsatz Rechnung tragen und die unvermeidliche Verzögerung des Verfahrens durch eine schriftliche Übersetzung des Urteils - die erst nach Urteilsniederschrift im Sinne des § 275 Abs. 1 StPO in Auftrag gegeben werden könne - in Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie auf die Verfahren beschränken, in denen eine vollständige Übersetzung zur Wahrung der Verteidigungsrechte erforderlich ist (vgl. BT-Drucks. 17/12578, S. 12).

dd) Dieses Verständnis ist mit den Vorgaben der Richtlinie 2010/64/EU vereinbar (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 13; OLG Hamm, Beschlüsse vom 26. Januar 2016 - III-1 Ws 8/16, juris Rn. 4; vom 11. März 2014 - III-2 Ws 40/14, NStZ-RR 2014, 217; OLG Stuttgart, Beschluss vom 9. Januar 2014 - 6-2 StE 2/12, juris Rn. 7 ff.; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 187 Rn. 16; aA Eisenberg, JR 2013, 442, 445; MüKoStPO/O?lakcio?lu, § 187 GVG Rn. 27; Schneider, StV 2015, 379, 383; Yalcin, ZRP 2013, 104, 106; s. auch Kotz, StRR 2014, 364, 365 ["de facto europafeindlich"]).

(1) Nach der genannten Richtlinie stellen die Mitgliedsstaaten sicher, dass verdächtige oder beschuldigte Personen, die die Sprache des Strafverfahrens nicht verstehen, innerhalb einer angemessenen Frist eine schriftliche Übersetzung aller Unterlagen erhalten, die wesentlich sind, um zu gewährleisten, dass sie imstande sind, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen, und um ein faires Verfahren zu gewährleisten (Art. 3 Abs. 1 RL 2010/64/EU). Zu den wesentlichen Unterlagen gehört (unter anderem) jegliches Urteil (Art. 3 Abs. 2 RL 2010/64/EU). Als Ausnahme zu den allgemeinen Regeln nach den Absätzen 1 und 2 kann eine mündliche Übersetzung oder eine mündliche Zusammenfassung der wesentlichen Unterlagen anstelle einer schriftlichen Übersetzung unter der Bedingung zur Verfügung gestellt werden, dass eine solche mündliche Übersetzung oder mündliche Zusammenfassung einem fairen Verfahren nicht entgegensteht (Art. 3 Abs. 7 RL 2010/64/EU).

Die Richtlinie zielt demnach nicht auf die Schaffung umfassender Ansprüche auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen ab. Ihr Zweck besteht vielmehr darin, insoweit (lediglich) Mindestvorschriften festzulegen (vgl. Nr. 3, 8, 9, 12, 32 der Erwägungsgründe, ABl. L 280/1, S. 1 f., 4) und die praktische Anwendung des sich aus Art. 6 EMRK in dessen Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ergebenden Rechts auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen zu erleichtern (vgl. Nr. 14 der Erwägungsgründe, ABl. L 280/1, S. 2). Über das zur Erreichung „dieses Ziels erforderliche Maß“ will die Richtlinie nicht hinausgehen (vgl. Nr. 34 der Erwägungsgründe, ABl. L 280/1, S. 4). Konsequenterweise sieht die Richtlinie daher bereits nach ihrem Wortlaut selbst ausdrücklich Ausnahmen von einer schriftlichen Übersetzung - auch eines Urteils - vor und knüpft diese (ausschließlich) daran, dass eine mündliche Übersetzung „einem fairen Verfahren nicht entgegensteht“ (Art. 3 Abs. 7 RL 2010/64/EU).

(2) In diesem Zusammenhang allein entscheidend ist damit, ob die konkrete Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber das Recht eines Angeklagten auf ein faires Verfahren in seiner nationalen oder europarechtlichen Ausprägung verletzt.

Dies ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bewerten. Die Bestimmungen der verfahrensrechtlichen Befugnisse und Hilfestellungen, die einem Angeklagten nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens im Einzelnen einzuräumen, und die Festlegung, wie diese auszugestalten sind, sind in erster Linie dem Gesetzgeber, dessen Aufgabe es ist, zwischen möglichen Alternativen der normativen Ausgestaltung des Rechts auf ein faires Verfahren zu wählen, und sodann den Gerichten bei der ihnen obliegenden Rechtsauslegung und -anwendung aufgegeben. Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt erst dann vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Gerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 145 f.; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 5).

Gemessen an diesen Maßstäben ist der fair trial-Grundsatz nicht verletzt:

(a) Aus der Gewährleistung eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens folgte bereits vor Geltung des § 187 GVG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kein Übersetzungsanspruch (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 145 ff.). Die nunmehrige Fassung des § 187 GVG hat diese Rechtsprechung kodifiziert. Anhaltspunkte dafür, dass von Verfassungs wegen eine andere Bewertung angezeigt wäre, bestehen nicht (aA DAV Stellungnahme Nr. 11/2013, S. 9). Im Einzelnen:

Den insoweit nach den vorgenannten Maßstäben an die Ausgestaltung des Strafverfahrens gestellten Anforderungen ist durch die Rechtsordnung und die Rechtspraxis in Konkretisierung des Verfassungsgebots in weitem Umfang Rechnung getragen worden. Dem sprachunkundigen Beschuldigten werden im Strafverfahren Übersetzungshilfen gewährt, die es ihm ermöglichen, sich gegen den strafrechtlichen Vorwurf effektiv zur Wehr zu setzen und dadurch seine Rolle als Subjekt des Verfahrens auszufüllen, und zwar sowohl bereits vor als auch in der mündlichen Hauptverhandlung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 146 ff.). Der Dolmetscher übersetzt schließlich die Urteilsformel und die Eröffnung der Urteilsgründe, so dass der Angeklagte darüber unterrichtet wird, weshalb er verurteilt worden ist. Auch darf die Hilfestellung nicht außer Betracht bleiben, die der Beistand eines Verteidigers dem Angeklagten gibt. Jedenfalls wenn der verteidigte Angeklagte Revision eingelegt hat, lässt sich dem Recht auf ein rechtsstaatliches faires Verfahren grundsätzlich kein Anspruch des Angeklagten entnehmen, dass ihm das Gericht das schriftlich niedergelegte Strafurteil zum Zwecke der Revisionsbegründung in einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache mitteilt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 149).

Eine effektive Verteidigung des Angeklagten auch in der Revisionsinstanz wird dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt, denn er ist zur Revisionsrechtfertigung berufen und verpflichtet; auf rechtliche Hinweise des Angeklagten ist er bei der Revisionsbegründung nicht angewiesen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris Rn. 7; vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 155). Nicht der Angeklagte hat unter Zuhilfenahme seines Verteidigers die Revisionsbegründung zu verfassen, sondern der Verteidiger hat diese im Rahmen des Mandatsverhältnisses gegebenenfalls in Rücksprache mit seinem Mandanten zu erstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris Rn. 8).

Dass es dem Angeklagten verwehrt ist, auf die Begründung der Revision durch einen Rechtsanwalt insoweit bestimmenden Einfluss zu gewinnen, als diesem die Verantwortung für ihren Inhalt aufgetragen ist, begegnet keinen rechtsstaatlichen Bedenken. Gegenüber dem mit dieser Regelung verfolgten wichtigen rechtsstaatlichen Anliegen sind verfassungsrechtlich geschützte gegenläufige Belange, die eine Erweiterung seiner Einwirkungsbefugnisse auf den Rechtsanwalt verlangten, nicht vorhanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 152).

Dadurch wird der Angeklagte nicht als bloßes Objekt des Verfahrens behandelt. Er kann seinen Rechtsanwalt, falls erforderlich unter Einschaltung eines Dolmetschers, auf eigene Bedenken gegen das Verfahren des Gerichts oder die Begründung des Urteils hinweisen. Auch einem sprachunkundigen Angeklagten ist dies möglich, denn ihm sind in der Hauptverhandlung alle ihn betreffenden wesentlichen Verfahrensakte einschließlich der mündlichen Urteilsbegründung verständlich gemacht worden, und er hat auch selbst durch sein Fragerecht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung beitragen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 153 f.).

Soweit sich aufgrund der schriftlich niedergelegten Urteilsgründe ausnahmsweise eine „Fühlungnahme“ mit dem Angeklagten zur sachgemäßen Interessenwahrnehmung als notwendig erweisen sollte, liegt es maßgeblich in der Verantwortung des Rechtsanwalts, in welchem Umfang er über einen Dolmetscher eine Verständigung herbeiführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 155).

Der Anspruch auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren gebietet die schriftliche Übersetzung schließlich auch nicht deswegen, weil der Angeklagte neben seinem Verteidiger die Revision selbst zu Protokoll der Geschäftsstelle begründen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris Rn. 9; BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 155 f.).

Dies stellt eine zusätzliche Möglichkeit dar, die von Rechts wegen auch mit Blick auf das Erfordernis eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens nicht geboten ist, vielmehr hierüber hinausgeht. Will der verteidigte Angeklagte hiervon Gebrauch machen, lässt sich deshalb aus seinem Anspruch auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren nicht herleiten, dass ihm der Staat dafür zusätzliche Übersetzungshilfen zu gewähren hätte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 156). Es bleibt dem Angeklagten überlassen, ob er eine Übersetzung anfertigen lässt, um auf dieser Grundlage eine selbständige Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle zu geben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris Rn. 9).

(b) Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf eine schriftliche Übersetzung an das Bestehen oder Nichtbestehen eines Mandatsverhältnisses geknüpft und Regel-Ausnahme-Verhältnisse insoweit umgekehrt hat, als er dem verteidigten Angeklagten einen Übersetzungsanspruch nur in atypischen Fällen zubilligt, während Art. 3 der Richtlinie ein Absehen von der Übersetzungspflicht nur in Ausnahmefällen vorsieht (aA Eisenberg, JR 2013, 442, 445; Yalcin, ZRP 2013, 104, 106; vgl. auch Kotz, StRR 2014, 364, 365; MüKoStPO/O?lakcio?lu, § 187 GVG Rn. 26; DAV Stellungnahme Nr. 11/2013, S. 8). Der Gesetzgeber bewegt sich mit der Absehensmöglichkeit im Rahmen der Richtlinie selbst. Diese mag zwar keine Verknüpfung dazu herstellen, ob der Angeklagte verteidigt ist oder nicht. Entscheidend ist aber, dass sie eine solche nicht ausschließt. Die Verknüpfung zu normieren, ist daher Teil des gesetzgeberischen, willkürfreien Gestaltungsspielraums.

Die Bestimmung, bei einem verteidigten Angeklagten dürfe „in der Regel“ von einer schriftlichen Übersetzung abgesehen werden, führt ebenso wenig zur Rechtswidrigkeit. Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie hat allein den Gehalt, Ausnahmen von der schriftlichen Übersetzungspflicht zuzulassen. Damit ist gerade nicht gesagt, dass die so ermöglichten nationalen Ausnahmetatbestände ihrerseits keine Regelwirkungen enthalten dürften.

(c) Eine Verletzung des fair trial-Grundsatzes folgt zudem nicht aus einem „mittelbaren Verstoß“ gegen den Grundsatz der Unentgeltlichkeit der Übersetzung aufgrund der Erwägung, dass die teilnehmende Anwesenheit des Verteidigers während der Übersetzung nicht unentgeltlich sei, und der Verteidiger deshalb einen finanziellen Ausgleich durchsetzen werde (vgl. Eisenberg, JR 2013, 442, 445; DAV Stellungnahme Nr. 11/2013, S. 10).

Das Recht des Angeklagten auf unentgeltlichen Beistand eines Dolmetschers ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK (vgl. EGMR, Urteil vom 28. November 1978 - 6210/73 u.a. - Luedicke u.a. gegen Deutschland -, EGMRE 1, 344 Rn. 48) und wird durch § 187 Abs. 2 Satz 5 GVG nicht eingeschränkt. Soweit die Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich ist, kann der Angeklagte diese jederzeit beantragen (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 11), ohne dass dies mit einer Kostenlast verbunden wäre (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 25 f.). Nichts anderes garantiert Art. 4 der Richtlinie, nachdem die Mitgliedstaaten für die entstehenden Dolmetsch- und Übersetzungskosten aufkommen.

(d) Der Angeklagte wird durch die grundsätzliche Ablehnung eines Anspruchs auf schriftliche Urteilsübersetzung überdies nicht in einer sein Recht auf ein faires Verfahren verletzenden Weise in seinen Verteidigungsrechten beschränkt.

Eingedenk dessen, dass dem Angeklagten die Ausübung seiner Verteidigungsrechte möglicherweise durch Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung erleichtert würde, stellt die bloße Ablehnung einer Verteidigungserleichterung nicht per se eine Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren dar. Entscheidend ist, dass dem Angeklagten keine Übersetzung vorenthalten, sondern er lediglich auf eine mündliche verwiesen wird. Auch dadurch, dass ihm ein Dolmetscher das schriftliche Urteil mündlich übersetzt, wird er in die Lage versetzt, seine Verteidigungsrechte geltend zu machen, und zwar gleichermaßen hinsichtlich der Vornahme der Revisionsbegründung vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, der Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, der unterstützenden Information seines Verteidigers, der Kontrolle der Qualität der Verteidigung und der Möglichkeit, sich selbst zu verteidigen (aA MüKoStPO/O?lakcio?lu, § 187 GVG Rn. 48; SKStPO/Frister, 5. Aufl., § 187 GVG Rn. 10; SKStPO/Meyer, 5. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 537; Bockemühl, StV 2014, 537, 539; Schneider, StV 2015, 379, 382 f.; Eisenberg, JR 2013, 443, 445; Kotz, StRR 2012, 124 f.; siehe auch Schmidt, Verteidigung von Ausländern, 4. Aufl., S. 131). Eine schriftliche Übersetzung ist für all dies keine unabdingbare Voraussetzung und aus rechtsstaatlicher Sicht weder zwingend noch unverzichtbar.

(e) Eine Verletzung der Rechte des Angeklagten ergibt sich auch nicht aus einem Zusammenspiel mit anderen ihm konventionsrechtlich garantierten Rechten aus Art. 6 EMRK (vgl. zur dogmatischen Vorgehensweise Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 3 f., 16; MüKoStPO/Gaede, Art. 6 EMRK Rn. 17 ff.):

(?) Die prozessualen Rechte des verteidigten Angeklagten sind mit Blick auf Art. 6 EMRK hinreichend gewahrt, wenn ihm die mündliche Urteilsbegründung durch einen Dolmetscher übersetzt worden ist; hierauf darf er grundsätzlich verwiesen werden (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2018 - 4 StR 506/17, 42 43 BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 Rn. 6; BeckOK StGB/Walther, § 187 GVG Rn. 4; SSWStPO/Satzger, 3. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 69; vgl. auch Kissel/ Mayer, GVG, 9. Aufl., § 187 Rn. 16; KK/Lohse/Jakobs, StPO, 8. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 115 f.; aA Bockemühl, StV 2014, 537 ff.; Kotz, StRR 2012, 124 f.; Heldmann, StV 1981, 251, 253 f.; Sieg, MDR 1981, 281, 282; vgl. Römer, NStZ 1981, 474, 475; MüKoStPO/Gaede, Art. 6 EMRK Rn. 275; SKStPO/Meyer, 5. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 537; vgl. auch LR/Esser, StPO, 26. Aufl., Art. 6 EMRK Rn. 849; Schneider, StV 2015, 379, 383).

Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, deren Berücksichtigung im Rahmen methodisch vertretbarer Gesetzesauslegung des innerstaatlichen Rechts zur Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gehört (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 2015 - 2 StR 97/14, BGHSt 60, 276 Rn. 44). Danach stellt das Fehlen einer schriftlichen Übersetzung eines Urteils für sich genommen keine Verletzung des Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK dar (vgl. EGMR, Urteile vom 19. Dezember 1989 - 9783/82 - Kamasinski gegen Österreich - EGMRE 4, 450 Rn. 85; vom 28. August 2018 - 59868/08 - Vizgirda v. Slovenia - Rn. 78). Hierfür spricht bereits dessen Wortlaut, der sich auf das Recht zur Hinzuziehung eines (mündlichen) „Dolmetschers“, nicht hingegen eines (schriftlichen) „Übersetzers“ bezieht (vgl. EGMR, Urteil vom 28. August 2018 - 59868/08 - Vizgirda v. Slovenia - Rn. 78). Ein Anspruch auf Übersetzung besteht nur bezüglich solcher Schriftstücke, auf deren Kenntnis der Angeklagte angewiesen ist, um ein faires Verfahren zu haben. Hierfür ist nicht erforderlich, jedes Beweismittel oder Aktenstück schriftlich zu übersetzen, sondern es ist lediglich sicherzustellen, dass der Angeklagte in der Lage ist zu verstehen, was ihm vorgeworfen wird, und er sich verteidigen kann, indem er insbesondere dem Gericht seine Version der Ereignisse vortragen kann. Maßgeblich ist danach, ob der Angeklagte für seine weitere Verteidigung auf den Wortlaut der Entscheidung angewiesen ist (vgl. EGMR, Urteil vom 19. Dezember 1989 - 9783/82 - Kamasinski gegen Österreich - EGMRE 4, 450 Rn. 74; EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-216/14 - Covaci - NJW 2016, 303 Rn. 39).

Hiernach bedarf der verteidigte Angeklagte im hiesigen Revisionsverfahren keiner schriftlichen Übersetzung.

(?) Auch das Recht aus Art. 6 Abs. 3 EMRK auf effektive Verteidigung, das als Einzelgarantie von dem Recht auf ein faires Verfahren integral in dieses aufgenommen wird (vgl. MüKoStPO/Gaede, Art. 6 EMRK Rn. 16), zwingt zu keiner anderen Betrachtung. Dem Angeklagten wird hierdurch eine effektive, aber keine bestmögliche Verteidigung garantiert. Dass sich der Angeklagte ohne eine schriftliche Übersetzung der Urteilsgründe nicht effektiv in einem Revisionsverfahren verteidigen könnte, ist nicht ersichtlich.

Dies gilt ebenso betreffend den Einwand, ohne schriftliche Übersetzung sei es dem Angeklagten und seinem Verteidiger verwehrt, sich im Rahmen der Revisionsbegründungsfrist gerade mit dem schriftlichen Urteil auseinanderzusetzen (vgl. Kotz, StRR 2014, 364, 366). Zum einen ist die sprachliche Kommunikation zwischen einem nicht der deutschen Sprache mächtigen Angeklagten und einem Verteidiger unabhängig von der Frage erschwert, ob eine schriftliche Übersetzung vorliegt oder nicht. Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten stellen mit Blick auf die Einhaltung gesetzlicher Fristen aber ebenso wenig eine relevante Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte dar wie andere Umstände, die eine Kommunikation zwischen Angeklagtem und Verteidiger erschweren, wie beispielsweise eine größere örtliche Distanz. Zum anderen ist die Schwerpunktbildung in der anwaltlichen Tätigkeit in die Verantwortung des einzelnen Strafverteidigers gestellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris Rn. 2).

(f) Schließlich ist anzunehmen, dass auch die Europäische Kommission davon ausgeht, der deutsche Gesetzgeber sei seiner Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU ausreichend nachgekommen. Ausweislich ihres Berichts an das Europäische Parlament und den Rat über die Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU hat die Kommission „überprüft, ob die Mitgliedsstaaten die Richtlinie innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens umgesetzt haben und ob die nationalen Rechtsvorschriften den Zielen und Anforderungen der Richtlinie entsprechen“ (vgl. S. 3 des Berichts der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2018 - COM(2018) 857 final). Die Bewertung zeige, dass die Richtlinie derzeit nicht überarbeitet werden müsse, ihre Anwendung in der Praxis aber weiter verbessert werden könne. Die Kommission werde die Einhaltung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten weiterhin überprüfen und alle geeigneten Maßnahmen treffen - und erforderlichenfalls auch Vertragsverletzungsverfahren einleiten -, um die Beachtung ihrer Bestimmungen in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen (vgl. S. 4 Abs. 3, S. 15 letzter Absatz des Berichts der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2018 - COM(2018) 857 final). Gegen die Bundesrepublik Deutschland wurden bisher keine Maßnahmen eingeleitet, insbesondere kein Vertragsverletzungsverfahren. Dies legt es zumindest nahe, dass aus Sicht der Europäischen Kommission die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht nicht europarechtswidrig ist.

b) Ein Anspruch auf schriftliche Übersetzung ergibt sich ferner nicht unmittelbar aus der Richtlinie 2010/64/EU (aA Schneider, StV 2015, 379, 384).

Diese ist durch das Gesetz zur Stärkung von Verfahrensrechten von Beschuldigten im Strafverfahren vollständig und unmissverständlich in das deutsche Recht umgesetzt worden, so dass kein Raum für eine unmittelbare Anwendung verbleibt. Die Ausnahmeregelung der § 187 Abs. 2 Sätze 4 und 5 GVG entspricht wie ausgeführt den Vorgaben des Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie, der Ausnahmen von einer generellen Übersetzungspflicht zulässt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 32; OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 - 1 Ws 82/16, juris Rn. 13; vgl. auch HansOLG Hamburg, Beschluss vom 6. Dezember 2013 - 2 Ws 253/13, wistra 2014, 158, 159; Kissel/Mayer, GVG, 9. Aufl., § 187 Rn. 16, 18). Zudem verweist die Richtlinie für ihre Auslegung und Umsetzung auf die Auslegung der in Art. 6 EMRK verbürgten Rechte durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 26). Hiernach besteht aber kein Übersetzungsanspruch.

c) Aus den dargelegten Gründen scheidet Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK als Anspruchsgrundlage aus.

d) Schließlich ergibt sich kein aus der Verfassung herzuleitender Anspruch auf schriftliche Übersetzung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2005 - 2 BvR 760/05, juris; BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135; Kühne, StV 2019, 599, 600; Basdorf in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 19, 26 ff.; aA Kotz, StRR 2014, 364, 365 f.; Sieg, MDR 1981, 281, 282; Römer, NStZ 1981, 474, 475; Schmidt, Verteidigung von Ausländern, 4. Aufl., S. 132).

aa) Ein solcher Anspruch folgt nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG.

Dessen Schutzbereich umfasst nicht die Frage, ob und in welchem Umfang ein der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtiger Angeklagter einen Anspruch darauf hat, dass das Gericht ihm über einen Dolmetscher oder Übersetzer zur Überbrückung von Verständigungsschwierigkeiten verhilft. Das Grundgesetz begegnet den aus solchen Verständigungsproblemen erwachsenden Gefährdungen nicht durch Art. 103 Abs. 1 GG, sondern durch die Gewährleistung eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens, auf das der Angeklagte einen grundrechtlich gesicherten Anspruch aus Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 144 f.; BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 34; Kühne, StV 2019, 599, 600; aA Kotz, StRR 2014, 364, 365 f.).

bb) Aus der Gewährleistung eines rechtsstaatlichen, fairen Verfahrens ergibt sich allerdings wie ausgeführt kein Übersetzungsanspruch.

cc) Dem steht der besondere Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 GG nicht entgegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 156 f.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Oktober 1979 - 3 Ws 830/79, NJW 1980, 1238; Kühne, StV 2019, 599, 600).

Nicht jede Benachteiligung oder Bevorzugung reicht für eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 GG aus, vielmehr hat dieses Differenzierungsverbot nur die Bedeutung, dass die aufgeführte Verschiedenheit keine rechtlichen, nicht aber auch, dass sie keine sonstigen Wirkungen haben dürfe. Zum Ausgleich sprachbedingter Erschwernisse, die im Tatsächlichen auftreten, verpflichtet das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG nicht. Der Angeklagte wird dadurch, dass Strafurteile ihm, wie jedermann, nur in dieser Form schriftlich bekannt gegeben werden, rechtlich nicht benachteiligt; denn damit wird seine Sprache nicht als Anknüpfungspunkt für Rechtsnachteile verwendet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 - 2 BvR 731/80, BVerfGE 64, 135, 157; BGH, Beschluss vom 13. September 2018 - 1 StR 320/17, BGHSt 63, 192 Rn. 36; Basdorf in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer, 1990, S. 19, 20).

II.

Der Schuldspruch ist in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus Ziffer 1 der Beschlussformel ersichtlich abzuändern.

Das Landgericht hat auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Taten II.2, II.4 bis II.6, II.8 bis II.21, II.23 jeweils zutreffend als Fälle des § 244 Abs. 4 StGB gewürdigt. Die vollendete (Fälle II.2, II.4, II.6, II.9, II.12-13, II.16-17, II.21, II.23) und versuchte (Fälle II.5, II.8, II.10-11, II.14-15, II.18-20) Verwirklichung des Qualifikationstatbestandes ist aus Gründen der Klarstellung allerdings auch im Schuldspruch als „schwerer Wohnungseinbruchdiebstahl“ beziehungsweise als „versuchter schwerer Wohnungseinbruchdiebstahl“ kenntlich zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2019 - 3 StR 2/19, NStZ 2019, 674 Rn. 6).

Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 8 f.; KKGericke, StPO, 8. Aufl., § 358 Rn. 18; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit s. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99, juris Rn. 3).

§ 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 588

Externe Fundstellen: BGHSt 64, 283; NJW 2020, 2041; StV 2021, 79

Bearbeiter: Christian Becker