HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 1068
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 149/18, Urteil v. 23.08.2018, HRRS 2018 Nr. 1068
Auf die Revision des Generalbundesanwalts wird das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20. September 2017
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte eines Kriegsverbrechens gegen humanitäre Operationen in Tateinheit mit schwerer Freiheitsberaubung, Beihilfe zum erpresserischen Menschenraub und Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen schuldig ist,
im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Oberlandesgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zu einem mit erpresserischem Menschenraub, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen und schwerer Freiheitsberaubung tateinheitlich zusammentreffenden Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Generalbundesanwalt dagegen, dass der Angeklagte hinsichtlich der schweren Freiheitsberaubung und des Kriegsverbrechens gegen humanitäre Operationen lediglich wegen Beihilfe verurteilt worden ist; außerdem beanstandet er die Strafzumessung. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen bleiben indes bestehen.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts agierte Anfang des Jahres 2013 südlich von Damaskus eine nicht näher identifizierte Gruppierung, die mit islamistischem Gedankengut sympathisierte. Zumindest einzelne ihrer Mitglieder beteiligten sich als Kämpfer aktiv am Aufstand gegen die Regierung von Bashar alAssad. Im Übrigen nutzten die Mitglieder der Gruppierung die Wirren des Aufstands aus, indem sie die Straßendurchfahrt einer nahe Damaskus gelegenen Ortschaft unter Einsatz von Waffengewalt überwachten, um Personen sowie deren Fahrzeuge nach Wertsachen und Waffen zu durchsuchen und diese an sich zu nehmen; dadurch wollten sie zugleich ihren Machtanspruch auf das Gebiet erkennbar machen.
An einer zu diesem Zweck errichteten Straßensperre brachten Mitglieder der Gruppierung am 17. Februar 2013 den kanadischen Staatsangehörigen C., der als ziviler Mitarbeiter der Vereinten Nationen für die friedenserhaltende Mission auf den Golanhöhen tätig war, in ihre Gewalt, indem sie ihn mit Gewehren bedrohten. Anschließend hielten sie ihn gefangen, bis ihm im Oktober 2013 die Flucht gelang. Während sich C. in ihrer Gewalt befand, forderten sie - letztlich erfolglos - für seine Freilassung zunächst von den Vereinten Nationen, später auch von der kanadischen Regierung sowie seinen Eltern ein Lösegeld in Höhe von sieben Millionen US-Dollar.
Die Entführer hielten C. zunächst mehrere Monate lang in einer Villa fest, in der sie ihn in einem Zimmer einsperrten, das sich im ersten Stockwerk befand. Die Fenster des Raumes waren vergittert und die Zimmertür ließ sich nur von außen öffnen. C. stand unter ständiger Bewachung und durfte das Zimmer nur unter Aufsicht verlassen, etwa um sich zur Toilette zu begeben.
Der Angeklagte, welcher der Gruppierung nicht angehörte, hielt sich in der Zeit von Anfang März bis Ende Mai 2013 zumindest an sieben Tagen in der Villa auf, ohne dass sich der Grund dafür genau feststellen ließ. Ihm war bekannt, dass es der Gruppierung im Zuge der Bürgerkriegswirren gelungen war, mit C. einen aus dem Westen stammenden Mitarbeiter der Vereinten Nationen gefangen zu nehmen. Er wusste auch, dass die Entführung dazu ausgenutzt werden sollte, für die Freilassung von C. ein hohes Lösegeld zu fordern, und er rechnete aufgrund der ihm bekannten Informationen damit, dass die Entführer ihre Lösegeldforderung an die Vereinten Nationen, aber auch an die kanadische Regierung sowie die Familie von C. richten würden. Er sympathisierte mit islamistischem Gedankengut und befürwortete die Entführung von C. sowie das Vorhaben der Entführer. Deshalb wollte er sie entsprechend ihren Anweisungen unterstützen und dadurch zum Gelingen ihres Tatplans beitragen.
Zu diesem Zweck stellte er sich als Wache zur Verfügung und übernahm entsprechend den Anweisungen der Entführer zwischen Anfang März und Ende Mai 2013 über einen Zeitraum von vier Wochen zumindest an sieben Tagen die Bewachung von C. Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde ihm bewusst, dass C. ununterbrochen länger als eine Woche gefangen gehalten wurde und bis zum nicht absehbaren Abschluss der Verhandlungen über seine Freilassung auch weiter gefangen gehalten werden sollte. Wie bei allen anderen Wachen gehörte es zu den Aufgaben des Angeklagten, C. zweimal täglich das Essen zu bringen, ihn zur Toilette oder zur Dusche zu begleiten und ihn danach wieder in dessen Zimmer einzuschließen.
Die Revision führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und infolgedessen zur Aufhebung des Strafausspruchs.
1. Der Generalbundesanwalt beanstandet zu Recht, dass das Oberlandesgericht den Angeklagten hinsichtlich der schweren Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB) und des Kriegsverbrechens gegen humanitäre Operationen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB) nur wegen Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) verurteilt hat. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen, dass der Angeklagte in Bezug auf diese Delikte als Täter anzusehen ist.
a) Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Angeklagte sei hinsichtlich aller ihm zur Last fallenden Delikte nur Gehilfe gewesen. Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) scheide aus, weil er im Verhältnis zur gesamten Dauer der Gefangenschaft von C. nur in geringem Umfang in das Geschehen involviert gewesen sei. Seine Tätigkeit habe sich ausschließlich auf das konkret definierte Aufgabenfeld als Bewacher von C. beschränkt. Innerhalb der losen Hierarchie der Gruppierung habe er nur einen untergeordneten Status innegehabt. Er habe auf Anweisungen Dritter gehandelt und sei weder in die konkreten Planungen oder Entscheidungsprozesse der Gruppierung eingebunden gewesen, noch habe er einzelne Teile oder Abläufe des Tatgeschehens beherrscht. Es fehle überdies an einem greifbaren eigenen Interesse des Angeklagten an dem Gelingen der Tat. Schließlich habe er die Gruppierung in einem frühen Stadium ohne jegliches Interesse an dem Ergebnis der laufenden Verhandlungen über die Freilassung von C. verlassen.
Daraus, dass er C. wiederholt in dessen Zimmer eingeschlossen habe, folge auch keine unmittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Alternative 1 StGB) in Bezug auf die schwere Freiheitsberaubung und das Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen. Unmittelbarer Täter sei zwar, wer die tatbestandsmäßige Tat selbst begehe, mithin sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirkliche. Dem Angeklagten sei jedoch allein mit dem wiederholten Einschließen von C. in dessen Zimmer „keine Tatherrschaft“ zugekommen. Er habe es mit seinem Handeln nicht alleine in der Hand gehabt, über die Freiheit oder Gefangenschaft von C. zu entscheiden, sondern lediglich einen Teilakt ausgeführt, der zusammen mit anderen Maßnahmen nur dessen vorherige Gefangennahme abgesichert habe. Gleiches gelte für den mittels der Freiheitsberaubung ausgeführten andauernden Angriff auf C. als Mitarbeiter einer humanitären Hilfsorganisation.
b) Diese Ausführungen stoßen im Hinblick auf die schwere Freiheitsberaubung und das Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen auf durchgreifende rechtliche Bedenken.
aa) Ihnen liegt ein unzutreffendes Verständnis der unmittelbaren Täterschaft im Sinne des § 25 Abs. 1 Alternative 1 StGB zugrunde. Dazu gilt:
Nach § 25 Abs. 1 Alternative 1 StGB wird als Täter bestraft, wer die Straftat selbst begeht, also in seiner Person alle Tatbestandsmerkmale rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht. Nach ihrer Fassung bezieht sich die Vorschrift zwar nur auf die Alleintäterschaft; sie gilt jedoch auch für denjenigen, der gemeinsam mit anderen an der Straftat beteiligt ist und dabei selbst sämtliche Tatbestandsmerkmale rechtswidrig und schuldhaft verwirklicht. Auch er ist als unmittelbarer Täter im Sinne des § 25 Abs. 1 Alternative 1 StGB anzusehen, selbst wenn er unter dem Einfluss eines anderen oder nur in dessen Interesse handelt (vgl. BGH, Urteile vom 26. November 1986 - 3 StR 107/86, NStZ 1987, 224, 225; vom 11. September 1990 - 1 StR 390/90, BGHR StGB § 178 Abs. 1 Mittäter 1; vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 316 f.; vom 25. Mai 1994 - 3 StR 79/94, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 34).
Der Senat braucht nicht darüber zu befinden, ob daran festzuhalten ist, dass in „extremen Ausnahmefällen“ Abweichendes denkbar sein mag (so BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 316; kritisch insoweit etwa Roxin, Täterschaft und Tatherrschaft, 9. Aufl., S. 546 ff.; Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl., § 25 Rn. 1, jeweils mwN). Denn ein extremer Ausnahmefall, welcher der Annahme einer unmittelbaren Täterschaft des Angeklagten trotz eigenhändiger Verwirklichung aller Tatbestandsmerkmale entgegenstehen könnte, liegt hier ersichtlich nicht vor.
bb) Die unmittelbare Täterschaft des Angeklagten in Bezug auf die schwere Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB) und das Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB) ergibt sich daraus, dass der Angeklagte die Tatbestandsmerkmale dieser Deliktstatbestände durch sein Verhalten selbst verwirklicht hat.
(1) Im Hinblick auf den Grundtatbestand der Freiheitsberaubung gemäß § 239 Abs. 1 StGB gilt:
Die Vorschrift bestraft den Eingriff in die persönliche Bewegungsfreiheit, durch den das Opfer des Gebrauchs der persönlichen Freiheit beraubt wird (BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - 3 StR 410/14, NStZ 2015, 338, 339). Tatbestandsmäßig im Sinne des § 239 Abs. 1 StGB ist ein Verhalten, durch das ein Mensch daran gehindert wird, seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort zu verlassen (BGH, Urteile vom 6. Dezember 1983 - 1 StR 651/83, BGHSt 32, 183, 188 f.; vom 22. Januar 2015 - 3 StR 410/14, NStZ 2015, 338, 339). Der Tatbestand nennt zwei Begehungsweisen: das Einsperren oder die Freiheitsberaubung auf andere Weise. Einsperren hebt der Gesetzestext beispielhaft als häufigste Begehungsform hervor; es ist gegeben, wenn die Fortbewegungsmöglichkeit des Betroffenen dadurch aufgehoben wird, dass er in einen umschlossenen Raum verbracht wird, der über äußere, nicht notwendig unüberwindbare Vorrichtungen verfügt, welche ein Verlassen des Raumes verhindern (vgl. MüKoStGB/Wieck-Noodt, 3. Aufl., § 239 Rn. 21).
Es handelt sich um ein Dauerdelikt. Die Tat ist mit Eintritt des Freiheitsentzugs vollendet und erst beendet, wenn das Opfer seine Fortbewegungsfreiheit zurückerlangt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 1965 - 2 StR 187/65, BGHSt 20, 227, 228; LK/Schluckebier, StGB, 12. Aufl., § 239 Rn. 20; Lackner/Kühl, aaO § 239 Rn. 8). Tatbestandsmäßig ist deshalb auch ein Verhalten, durch das die Freiheitsentziehung aufrechterhalten wird.
Hier war C. von den Entführern in einem Zimmer eingesperrt worden. Die dadurch begründete Freiheitsentziehung hielt der Angeklagte aufrecht, indem er sich an der Bewachung von C. beteiligte und diesen nach einer Ausführung zum Sanitärbereich immer wieder in dem Zimmer einschloss.
Dadurch verwirklichte er auch den Qualifikationstatbestand der schweren Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB). Die länger als eine Woche andauernde Freiheitsentziehung wird ihm gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet, weil er an dem Dauerdelikt als unmittelbarer Täter sowie als solcher zugleich gemeinsam mit den Entführern als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) beteiligt war und wusste, dass C. länger als eine Woche seiner Freiheit beraubt wurde.
(2) Durch seine täterschaftliche Beteiligung an der Freiheitsberaubung zum Nachteil von C. erfüllte der Angeklagte zudem den Tatbestand des Kriegsverbrechens gegen humanitäre Operationen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB). Er beteiligte sich dadurch eigenhändig an einem gegen C. als von dieser Vorschrift geschützte Person gerichteten Angriff. Dazu gilt:
Der Begriff des Angriffs im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB ist, angelehnt an Art. 9 des Übereinkommens über die Sicherheit von Personal der Vereinten Nationen und beigeordnetem Personal (BGBl. II 1997 S. 230, 235), weit auszulegen und erfasst jede Art der Gewaltanwendung unabhängig von der Art der dabei verwendeten Waffen; zu den typischen Angriffsformen gehören Nötigungen, Einschüchterungen, bewaffneter Raub, Entführungen, Geiselnahmen, Drangsalierungen, widerrechtliche Festnahmen und Inhaftierungen sowie Akte der Zerstörung und Plünderung des Eigentums humanitärer Missionen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2016 - AK 43/16, BGHR VStGB § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Zu schützende Person 1; Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, 4. Aufl., Rn. 1480; MüKoStGB/Zimmermann/Geiß, 3. Aufl., § 10 VStGB Rn. 17 f.; BT-Drucks. 14/8524, S. 32). Damit stellt auch die hier von dem Angeklagten verwirklichte (schwere) Freiheitsberaubung einen Angriff auf eine von § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB geschützte Person dar.
c) Da der Angeklagte danach aufgrund der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen in Bezug auf die schwere Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB) und das Kriegsverbrechen gegen humanitäre Operationen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB) als Täter zu verurteilen war, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend geändert (§ 354 Abs. 1 analog StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen. Der zum äußeren Tatgeschehen weitgehend geständige Angeklagte hätte sich gegen den Tatvorwurf, der dem geänderten Schuldspruch zugrunde liegt und der - mit Ausnahme des mittäterschaftlich angeklagten erpresserischen Menschenraubs sowie der versuchten schweren räuberischen Erpressung - demjenigen der unverändert zugelassenen Anklage entspricht, nicht anders als geschehen verteidigen können.
2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Oberlandesgericht auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs eine höhere Strafe gegen den Angeklagten verhängt hätte. Die dem Strafausspruch zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler indes nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
3. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Ausländerrechtliche Folgen einer Verurteilung sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine bestimmenden Strafzumessungsgründe. Das war bereits zur früheren ausländerrechtlichen Rechtslage - auch für die damals vorgesehene zwingende Ausweisung - anerkannt und gilt nunmehr vor dem Hintergrund der seit dem 17. März 2016 geltenden Regelung des § 53 Abs. 1 und 2 AufenthG, nach der bei einer Ausweisungsentscheidung generell eine Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse (§ 54 AufenthG) und Bleibeinteresse (§ 55 AufenthG) vorzunehmen ist, umso mehr. Eine andere strafzumessungsrechtliche Bewertung kann gerechtfertigt sein, wenn im Einzelfall zusätzliche Umstände hinzutreten, welche die Beendigung des Aufenthalts im Inland als besondere Härte erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2001 - 2 StR 273/01, NStZ 2002, 196; vom 26. Oktober 2017 - 4 StR 259/17, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Ausländer 8; Beschlüsse vom 31. August 2007 - 2 StR 304/07, juris Rn. 3; vom 13. Oktober 2011 - 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147; vom 11. September 1996 - 3 StR 351/96, NStZ 1997, 77; vom 12. Januar 2016 - 5 StR 502/15, juris).
b) Eine Medienberichterstattung über eine Straftat sowie die Person des Angeklagten stellt - selbst wenn sie „aggressiven und vorverurteilenden“ Charakter hat - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig ebenfalls keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar (BGH, Urteile vom 7. September 2016 - 1 StR 154/16, NJW 2016, 3670, 3672; vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07, NStZ-RR 2008, 343, 344; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. März 2011 - 4 StR 42/11, juris Rn. 24). Das Tatgericht kann eine mediale Berichterstattung allerdings strafmildernd berücksichtigen, wenn sie weit über das gewöhnliche Maß hinausgeht, das jeder Straftäter über sich ergehen lassen muss, und sich deshalb besonders nachteilig für den Angeklagten ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urteile vom 7. November 2007 - 1 StR 164/07, NStZ-RR 2008, 343, 344; vom 7. September 2016 - 1 StR 154/16, NJW 2016, 3670, 3672; Beschlüsse vom 30. März 2011 - 4 StR 42/11, juris Rn. 24; vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 56/15, NJW 2016, 728, 730).
HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 1068
Externe Fundstellen: StV 2019, 441
Bearbeiter: Christian Becker