HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 611
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 23/17, Beschluss v. 25.04.2017, HRRS 2017 Nr. 611
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 18. August 2016 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Eine Milderung des in § 323a Abs. 1 StGB normierten Strafrahmens gemäß § 49 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt, dass bei Begehung der Rauschtat die Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) des Angeklagten lediglich nicht auszuschließen ist, seine verminderte Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) hingegen sicher feststeht, kommt hier nicht in Betracht. Darauf, inwieweit der Tatrichter in Fällen verschuldeter Trunkenheit von der Strafrahmenverschiebung absehen kann oder gar muss (hierzu Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 63/15, juris), kommt es dabei nicht an.
Bei nicht ausschließbarer Schuldunfähigkeit und feststehender verminderter Schuldfähigkeit kann deshalb eine Strafrahmenmilderung gemäß § 49 Abs. 1 StGB geboten sein, weil die Verurteilung des Angeklagten nach § 323a Abs. 1 StGB Folge des Zweifelssatzes ist. Denn im Rahmen der Strafzumessung darf dies für den Angeklagten nicht nachteilig sein. Solche Nachteile bestünden ohne Strafrahmenverschiebung in Fällen, in denen für den rauschbedingt Schuldunfähigen ein höherer Strafrahmen wegen des Vollrauschs als der für den erheblich vermindert Schuldfähigen gemilderte Strafrahmen wegen der Rauschtat vorgesehen wäre; dabei können auch mehrfache Milderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sein (vgl. grundlegend BGH, Beschluss vom 17. Oktober 1991 - 4 StR 465/91, BGHR StGB § 323a Abs. 2 Strafzumessung 5; ferner BGH, Urteil vom 27. März 2003 - 3 StR 435/02, BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 31; Beschlüsse vom 6. Februar 1996 - 4 StR 17/96, NStZ-RR 1996, 290; vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 63/15, aaO Rn. 46; MüKoStGB/Geisler, 2. Aufl., § 323a Rn. 80).
Im vorliegenden Fall kann indes der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen des § 323a Abs. 1 StGB für den Angeklagten nur vorteilhaft sein. Bei nur verminderter Schuldfähigkeit wäre der anzuwendende Strafrahmen selbst nach einer - hier eher fernliegenden - doppelten Strafrahmenmilderung dergestalt, dass der für den minder schweren Fall nach § 213 StGB geltende Strafrahmen herangezogen und nach § 49 Abs. 1 StGB nochmals herabgesetzt würde, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu sieben Jahren und sechs Monaten höher als derjenige des § 323a Abs. 1 StGB (Freiheitstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe).
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 611
Externe Fundstellen: NStZ 2017, 711; StV 2019, 684
Bearbeiter: Christian Becker