HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 877
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 119/12, Urteil v. 05.07.2012, HRRS 2012 Nr. 877
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 5. September 2011, soweit es den Angeklagten P. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückgewiesen.
Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zum Diebstahl in elf Fällen sowie wegen Hehlerei in neun Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Vom Vorwurf eines weiteren Falles der Hehlerei hat es ihn freigesprochen. Die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Die Staatsanwaltschaft stützt ihre zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision auf die Sachrüge. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe den Angeklagten jeweils rechtsfehlerhaft lediglich der Anstiftung zum Diebstahl (und der Hehlerei) und nicht des täterschaftlichen Diebstahls bzw. des schweren Bandendiebstahls für schuldig befunden. Weiter beanstandet sie den Teilfreispruch. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. a) Im Mai 2008 äußerte der Angeklagte im Beisein des Mitangeklagten W., er "bräuchte günstig Radlader", "erstmal" jedoch nur einen. Zugleich benannte er ein landwirtschaftliches Anwesen, auf dem "so ein Ding" stehe, man "sollte" sich einmal ansehen, ob man "das so mitnehmen kann". Damit wollte der Angeklagte seine Zuhörer auffordern, diese Maschine für ihn zu entwenden, was W. auch so verstand. In der Nacht vom 22. auf den 23. Mai 2008 begab sich W. zusammen mit dem weiteren Mitangeklagten G. auf das vom Angeklagten bezeichnete Anwesen. Den dort vorgefundenen Hoflader verbrachten beide zum Hof des Angeklagten, der ihnen hierfür 1.500 € bezahlte [Fall II. A 1) der Urteilsgründe].
b) Um sich eine laufende Einnahmequelle zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zu verschaffen, entschlossen sich W. und G. nunmehr, auch künftig Land- oder Baumaschinen zu stehlen, um diese gegen Bezahlung dem Angeklagten zu überlassen. In einem Teil der Fälle nahmen sie hierzu selbst Ausschau nach lohnenden Objekten und vergewisserten sich vor der Tat der Abnahmebereitschaft des Angeklagten. In anderen Fällen trat der Angeklagte an sie heran und bekundete sein Interesse an einer bestimmten von ihm ausfindig gemachten Maschine. Wie der Angeklagte wusste, machten W. und G. die Tatausführung jeweils von seiner Erklärung abhängig, ihnen die benannte Maschine gegen Entgelt abzunehmen; hätte er an dieser kein Interesse gehabt, so "hätten W. und G. sie nicht entwendet". Die gestohlenen Maschinen verbrachten sie jeweils in die Scheune des Angeklagten. Diese war so präpariert, dass die Maschinen hineingefahren und hinter Strohballen versteckt werden konnten. Hierfür bezahlte ihnen der Angeklagte je Maschine einen "vereinbarten Festpreis" von 1.500 €, in einem Falle 2.000 €. Unter Ausnutzung seiner Kontakte als Viehkaufmann und Vertreter für Landwirtschaftsbedarf verkaufte der Angeklagte die Maschinen sodann - bis auf einen Fall - auf eigene Rechnung gewinnbringend weiter. Auf diese Weise entwendeten W. und G. zur Weitergabe an den Angeklagten in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 2008 von einem Betriebshof einen Kompaktbagger und einen Anhänger sowie zwischen dem 26. und dem 29. September 2008 aus einem Umspannwerk einen Kleinbagger und einen Kompaktradlader [Fälle II. A 2) und 3) der Urteilsgründe].
c) Von W. eingeweiht, wollte sich nun auch der Mitangeklagte K. an entsprechenden Diebstählen beteiligen, um sich dadurch eine laufende Einnahmequelle zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu eröffnen. Er kam mit W. und G. überein, man wolle künftig gemeinsam nach den Vorgaben des Angeklagten Land- und Baumaschinen entwenden, um sie diesem jeweils gegen Zahlung der vereinbarten 1.500 € zu überlassen. In der Folge dessen kam es in der Zeit vom 28. Dezember 2008 bis zum 26. September 2009 zu weiteren acht in der oben beschriebenen Weise abgewickelten Diebstahlstaten [Fälle II. B 4) bis 11) der Urteilsgründe].
2. Aus eigenem Antrieb entwendeten die Mitangeklagten W. und G. am 21. Mai 2009 vom Gelände eines Kfz-Händlers zwei Quads. Eines dieser Quads bot W. dem Angeklagten später zum Kauf an. Dieser sah nach einer Probefahrt aber von einem Ankauf ab. Das Quad verblieb in der Folge auf dem Hofgelände des Angeklagten [Fall II. C 15) der Urteilsgründe].
3. a) Im Fall II. C 15) der Urteilsgründe (oben 2.) hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Es hat sich nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte das Quad, wie nach § 259 Abs. 1 StGB erforderlich, angekauft oder sonst sich verschafft hat, um sich zu bereichern. Die vom Mitangeklagten W. bestätigte Einlassung des Angeklagten, W. habe ihm Anfang Oktober 2009 eines der Quads zum Kauf angeboten, nach einer Testfahrt habe er hiervon aber mangels Interesses Abstand genommen, sei nicht zu widerlegen.
b) Zu den weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten Taten (oben 1.) hat das Landgericht ausgeführt:
Der Angeklagte sei in keinem der Fälle Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) der von den Mitangeklagten begangenen Maschinendiebstähle gewesen, sondern habe lediglich zur Begehung dieser Taten angestiftet (§ 26 StGB). Durch den nachfolgenden Ankauf der Maschinen habe sich der Angeklagte jeweils - tatmehrheitlich zur Anstiftung zum Diebstahl - der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) schuldig gemacht, wobei hinsichtlich der in einer Nacht entwendeten Maschinen von einer Tat auszugehen sei. Was die Fälle II. A 2) und 3) sowie II. B 4) bis 11) der Urteilsgründe betreffe, habe zwischen dem Angeklagten und den Mitangeklagten auch keine Bandenabrede im Sinne von § 244a Abs. 1 Alt. 2, § 260 Abs. 1 Nr. 2 StGB bestanden.
II. Revision der Staatsanwaltschaft
1. Der Freispruch im Falle II. C 15) der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
Es begegnet zwar keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht einen Ankauf oder sonst ein Sichverschaffen des Quad durch den Angeklagten nicht für erweislich gehalten und diesen deshalb nicht wegen Hehlerei (§ 259 StGB) verurteilt hat. Jedoch hat die Strafkammer dadurch, dass sie den Verbleib des Fahrzeugs auf dem Gelände des Angeklagten nicht auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten geprüft und deshalb die Gründe hierfür nicht aufgeklärt hat, gegen die ihr obliegende allgemeine Kognitionspflicht verstoßen (§ 264 Abs. 2 StPO). So liegt es nicht fern, dass dem Mitangeklagten W. eigene sichere Möglichkeiten zum Abstellen des Fahrzeugs bis zu dessen anderweitiger Verwertung gefehlt haben, so dass dem Angeklagten eine Begünstigung (§ 257 Abs. 1 StGB) oder eine Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte (§ 261 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 Buchst. a), Abs. 2 Nr. 2 StGB) zur Last fallen könnte.
2. Ebenso hält die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei in den Fällen II. A und B der Urteilsgründe nicht Mittäter gewesen, sondern habe die Mitangeklagten jeweils lediglich zum Diebstahl angestiftet, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 25 Rn. 12 mwN). Ob danach Mittäterschaft oder nur Teilnahme an fremder Tat anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. zuletzt Senat, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12, StraFo 2012, 194 mwN). Sofern sich die Handlung des sich Beteiligenden nach seiner Willensrichtung als Teil der Tätigkeit aller darstellt, braucht sie auch nicht zwingend das Kerngeschehen zu betreffen; ausreichen kann etwa auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt (BGH aaO; Urteil vom 17. Oktober 2002 - 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 - 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25). Dementsprechend steht es der Annahme von Mittäterschaft auch nicht entgegen, dass der Beteiligte am Tatort nicht anwesend ist und sich zur unmittelbaren Tatausführung Dritter bedient (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1984 - 2 StR 470/84, BGHSt 33, 50).
b) Die nach diesen Maßstäben für eine Mittäterschaft des Angeklagten sprechenden Umstände hat das Landgericht nicht vollständig bedacht. Es stützt sich im Wesentlichen nur auf den Umstand, dass der Angeklagte die Aufträge für die Diebstähle erteilte, ohne auf das "eigentliche Wie und Wann der Tatausführungen" Einfluss gehabt zu haben; auch sei sein Interesse an der Begehung der Tat nicht über das eines Anstifters hinausgegangen. Für ein zur Mittäterschaft führendes eigenes unmittelbares Interesse des Angeklagten am Taterfolg könnte aber sprechen, dass ihm daran gelegen war, den Gewahrsam über bestimmte, konkret ausgewählte Maschinen zu erlangen, die ihm nach seinen Möglichkeiten für eine Verfügung zu eigenen Zwecken geeignet erschienen. Ebenso hätte das Landgericht bei der Prüfung, inwieweit der Angeklagte Anteil an der Tatherrschaft hatte, nicht außer Betracht lassen dürfen, dass die Ausführung der Diebstähle jeweils absprachegemäß von seiner Entscheidung und von seiner Zusage abhing, die Maschine zu übernehmen und dafür die vereinbarte pauschale Entlohnung zu bezahlen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass er, soweit notwendig, ein Fahrzeug für den Abtransport der Beute zur Verfügung stellte und jeweils - zu seinen eigenen Gunsten - deren endgültige Sicherung in seiner eigens dafür "präparierten" Scheune ermöglichte. Erteilt ein Beteiligter Mitbeteiligten den Auftrag, eine bestimmte Sache zu entwenden, um sie sodann an ihn zu übergeben, damit er sie verkaufen bzw. für sich verwenden kann, kann dies gerade auf ein erhebliches eigenes Tatinteresse und einen Anteil an der Tatherrschaft hinweisen (BGH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - 3 StR 473/04, NStZ 2005, 567).
3. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich auch die Annahme des Landgerichts, zwischen dem Angeklagten und den Mitangeklagten habe keine Bandenabrede im Sinne von § 244a Abs. 1 Alt. 2, § 260 Abs. 1 Nr. 2 StGB bestanden, denn die Strafkammer hat sich mit wesentlichen für eine solche Abrede sprechenden Beweisanzeichen nicht auseinandergesetzt.
a) Zutreffend geht das Landgericht zunächst davon aus, dass der Begriff der Bande den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraussetzt, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten des im Gesetz genannten Deliktstyps zu begehen (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 - GSSt 1/00, BGHSt 46, 321). Eine solche Bandenabrede bedarf keiner ausdrücklichen Vereinbarung; vielmehr genügt eine stillschweigende Übereinkunft, die auch aus dem konkret feststellbaren wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden kann (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 - 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160; Beschluss vom 15. Januar 2002 - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214).
b) Danach hätte die Strafkammer bei der Prüfung, ob der Angeklagte in eine Bandenabrede eingebunden war, auch berücksichtigen müssen, dass die Mitangeklagten in der Folge zwischen Juni 2008 und September 2009 insgesamt zehn gleichartige Diebstähle begingen, an denen sich der Angeklagte stets auf dieselbe Weise beteiligte. Ein weiterer deutlicher Hinweis auf den Willen des Angeklagten, sich für eine gewisse Dauer an solchen Taten zu beteiligen, ergibt sich bereits aus seiner Äußerung vor der ersten Tat, er "bräuchte günstig Radlader", "erstmal" jedoch nur einen. Hinzu kommt, dass er schon für die zweite Tat seine Scheune in einer für die Aufnahme und das Verbergen entsprechenden Diebesguts geeigneten Weise "präpariert" und mit den Mitangeklagten vorab einen Festpreis pro Maschine vereinbart hatte. Die nicht näher erläuterte Aussage des Mitangeklagten W., der Angeklagte habe sich immer nur "von Fall zu Fall" für Maschinen interessiert, stünde der Annahme einer Bandenabrede nicht ohne weiteres entgegen, denn an einer solchen Beteiligte können konkrete Tatentschlüsse auch von sich bietenden günstigen Gelegenheiten abhängig machen.
c) Sollte sich auch das neue Tatgericht in den Fällen II. A und B der Urteilsgründe von einer Mittäterschaft des Angeklagten nicht überzeugen können (oben 2.), weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das strafschärfende besondere persönliche Merkmal (§ 28 Abs. 2 StGB) des Handelns als Mitglied einer Bande keine mittäterschaftliche Beteiligung an der Bandentat voraussetzt. Mitglied einer Bande kann auch eine Person sein, der nach dem Inhalt der Abrede zwischen den Beteiligten bei den in Aussicht genommenen Taten lediglich eine Rolle zufallen soll, die sich nach den allgemeinen Grundsätzen der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme als Beihilfe (§ 27 StGB) darstellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begeht Beihilfe zur bandenmäßig begangenen Tat, wer bei deren Ausführung der getroffenen Abrede entsprechend nicht gänzlich untergeordnete, aber gleichwohl nur als Gehilfentätigkeit anzusehende Aufgaben übernimmt, denn auch die Zusage künftiger dauerhafter Gehilfentätigkeit ist - nicht anders als die Zusage täterschaftlicher Tatbeiträge - in erheblicher Weise geeignet, die erhöhte Gefährlichkeit des Zusammenschlusses von Straftätern hervorzurufen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Januar 2002 - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214; vom 19. April 2006 - 4 StR 395/05, NStZ 2007, 33; vom 25. Juni 2008 - 5 StR 219/08, NStZ 2008, 570, 571). Nichts anderes kann gelten, wenn sich der Beitrag des an der Bandenabrede Beteiligten als Anstiftung zu den konkreten Taten darstellen soll (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 3 StR 162/07, NStZ-RR 2007, 307, 308; vgl. auch Gaede StV 2003, 78, 80), denn mit Blick auf das im Vergleich zur Beihilfe regelmäßig sogar höhere Gewicht der Anstiftung wird durch eine solche Zusage erst recht ein deutlich erhöhtes Gefahrenpotential geschaffen.
III. Revision des Angeklagten
Die Revision des Angeklagten ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 877
Bearbeiter: Christian Becker