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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 25

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 222/24, Beschluss v. 25.09.2024, HRRS 2025 Nr. 25


BGH 2 StR 222/24 - Beschluss vom 25. September 2024 (LG Fulda)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Fulda vom 21. Dezember 2023

a) im Maßregelausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben;

b) hinsichtlich der aufrechterhaltenen Einziehungsentscheidung aus dem einbezogenen Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 1. November 2022 (Az.: 72 Ls - 160 Js 21871/21) aufgehoben, soweit sie sich auf eine Luftdruckpistole bezieht.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung in zwei tateinheitlich begangenen Fällen sowie wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz schuldig gesprochen und unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 1. November 2022 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unter Vorwegvollzug von einem Jahr und zwei Monaten der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet, eine Einziehungsentscheidung getroffen und die Einziehungsentscheidung aus dem einbezogenen Urteil aufrechterhalten. Die gegen dieses Urteil gerichtete und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

Während die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils zu dem von rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragenen Schuldspruch wie auch zum Strafausspruch keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht hat, kann die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt keinen Bestand haben; die Einziehungsentscheidung bedarf der Korrektur.

1. Nach § 64 StGB in der seit 1. Oktober 2023 (Gesetz vom 26. Juli 2023, BGBl. 2023 I Nr. 203) geltenden Fassung kann eine solche Unterbringung nur angeordnet werden, wenn ein Hang im Sinne dieser Vorschrift positiv festgestellt wird. Dieser erfordert eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert, § 64 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz StGB. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Strafkammer indes weder geprüft noch festgestellt. Dass der Angeklagte die Neigung hat, „sich durch Alkohol- und Amphetaminkonsum im Übermaß zu berauschen und gelegentlich auch sonst illegale Drogen zu konsumieren“, genügt für die Annahme eines Hangs nicht.

2. Liegen - wie hier - die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Erkenntnis einheitlich anzuordnen, sodass über sie durch das Gericht zu entscheiden ist, das auch über die nachträgliche Gesamtstrafe befindet. Nur wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die frühere Einziehungsentscheidung im neuen Urteil aufrechtzuerhalten. Wird die Einziehungsanordnung in der früheren rechtskräftigen Entscheidung hingegen gegenstandlos im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB, hat die Anordnung zu entfallen. Dies ist hier bezüglich der nach § 74 Abs. 1 StGB angeordneten Einziehung einer Luftdruckpistole der Fall, denn mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung ist das Eigentum daran bereits auf den Staat übergegangen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 StGB); die Einziehungsanordnung hat sich damit erledigt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2022 ? 5 StR 380/22, NStZ 2023, 675).

3. Das Urteil unterliegt damit in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang der Aufhebung; diese umfasst, ohne dass dies in der Entscheidungsformel gesondert auszusprechen ist, die mit der Maßregel untrennbar zusammenhängende Entscheidung über den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe (BGH, Urteil vom 27. März 2024 - 3 StR 370/23, Rn. 17). Anders als über den mit der aufhebenden Entscheidung des Senats erledigten Ausspruch über die Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 1. November 2022 angeordneten Einziehungsanordnung zur Luftdruckpistole muss über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB - gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) - neu verhandelt und entschieden werden.

Die Feststellungen zum Maßregelausspruch sind hier mit aufzuheben, um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatgericht eigene, in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht wird allerdings zu beachten haben, dass die für die Strafzumessung relevanten Tatsachen des Lebenslaufs des Angeklagten aufgrund ihrer Doppelrelevanz auch für die neuerliche Prüfung der Maßregel Bestand haben; ergänzende, nicht widersprechende Feststellungen sind möglich (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2024 - 2 StR 51/24, Rn. 33).

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 25

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede