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HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 52

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 380/22, Beschluss v. 22.11.2022, HRRS 2023 Nr. 52


BGH 5 StR 380/22 - Beschluss vom 22. November 2022 (LG Berlin)

Nebenstrafen und Nebenfolgen (hier: Einziehung) bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung.

§ 55 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen, sodass über sie durch das Gericht zu entscheiden ist, das auch über die nachträgliche Gesamtstrafe befindet. Dieses ist dabei an die Rechtskraft der ursprünglichen Entscheidung gebunden. Sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die frühere Einziehungsentscheidung im neuen Urteil aufrechtzuerhalten. Wird die Einziehungsanordnung in dem früheren Urteil gegenstandslos, bedarf es hingegen keiner Aufrechterhaltung; die Anordnung muss dann entfallen.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juni 2022 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Ausspruch über die Aufrechterhaltung der durch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. Dezember 2021 (242 Ds 187/21) angeordneten Einziehung eines Einhandmessers, einer Spritze, eines Koffers und einer Tasche entfällt.

Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls, Diebstahls mit Waffen und Diebstahls in vier Fällen unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem früheren Urteil und Aufrechterhaltung der darin angeordneten Einziehung der in der Beschlussformel aufgeführten Gegenstände zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es ihn wegen Diebstahls mit Waffen und Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Im Übrigen hat es ihn freigesprochen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten führt zum Wegfall des Ausspruchs über die Aufrechterhaltung der in dem früheren Urteil getroffenen Einziehungsanordnung; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Die Aufrechterhaltung der durch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. Dezember 2021 angeordneten Einziehung eines Einhandmessers, einer Spritze, eines Koffers und einer Tasche war nicht auszusprechen.

Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen, sodass über sie durch das Gericht zu entscheiden ist, das auch über die nachträgliche Gesamtstrafe befindet. Dieses ist dabei an die Rechtskraft der ursprünglichen Entscheidung gebunden. Sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die frühere Einziehungsentscheidung im neuen Urteil aufrechtzuerhalten. Wird die Einziehungsanordnung in dem früheren Urteil gegenstandslos, bedarf es hingegen keiner Aufrechterhaltung; die Anordnung muss dann entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 StR 26/19 Rn. 5). So liegt der Fall hier. Denn mit der Rechtskraft der Einziehungsanordnung nach § 74 Abs. 1 StGB ist das Eigentum an den als Tatmittel eingezogenen Gegenständen bereits auf den Staat übergegangen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 StGB); die Einziehungsanordnung hat sich damit erledigt (vgl. LK/Rissing-van Saan/Scholze, StGB,13. Aufl., § 55 Rn. 60).

2. Angesichts des nur geringfügigen Erfolgs seiner Revision ist es nicht unbillig, dass der Beschwerdeführer die Kosten des Rechtsmittels in vollem Umfang zu tragen hat (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 52

Bearbeiter: Christian Becker