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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 792

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 501/23, Beschluss v. 27.03.2024, HRRS 2024 Nr. 792


BGH 2 StR 501/23 - Beschluss vom 27. März 2024 (LG Bonn)

Verwerfung der Revision als unbegründet.

§ 349 Abs. 2 StPO

Entscheidungstenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 2. Juni 2023 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Einziehung des sichergestellten Bargelds in Höhe von 7.000 € sowie der Armbanduhr der Marke O. entfällt.

2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unerlaubter Ausübung der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt, sichergestelltes Bargeld in Höhe von 7.000 € sowie die in der Beschlussformel bezeichnete Armbanduhr eingezogen und die Einziehung des Wertes von Taterträgen gegen den Angeklagten in Höhe von 195.009,44 € als Gesamtschuldner angeordnet. Das auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass die Strafkammer die belastende Indiztatsache, dass der Angeklagte mehrfach in der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit Waffen aufgefallen sei, nicht in die Gesamtwürdigung hätte einstellen dürfen. Indiztatsachen, aus denen Schlussfolgerungen zum Nachteil eines Angeklagten gezogen werden, müssen zur Überzeugung des Tatgerichts feststehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juli 2015 - 4 StR 132/15, juris Rn. 9; vom 15. Dezember 2016 - 2 StR 379/16, NStZ-RR 2017, 88; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 261 Rn. 82 mwN). Hieran fehlt es. Denn die Strafkammer konnte nicht ausschließen, dass der Angeklagte, der zweimal als Beifahrer in einem Fahrzeug in Situationen angetroffen wurde, in denen der Fahrer eine echte Schusswaffe mit sich führte, keine Kenntnis von den Waffen hatte. Damit entfiel die Indizwirkung. Der bloße Verdacht ist nicht geeignet, die Überzeugung von der Schuld des Täters zu belegen.

Der Rechtsfehler lässt den Schuldspruch jedoch unberührt. Der Senat schließt angesichts der Vielzahl der die Täterschaft des Angeklagten belegenden Indizien - insbesondere der Angaben seiner Ehefrau in den überwachten Telefonaten - aus, dass die Strafkammer ohne die rechtsfehlerhafte Wertung zu einem für den Angeklagten günstigeren Beweisergebnis gelangt wäre.

2. Der Strafausspruch sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen weisen aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargestellten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insbesondere ist der Angeklagte nicht dadurch beschwert, dass die Strafkammer nicht den Verkehrswert der Beutegegenstände eingezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 - 2 StR 369/22, NZWist 2023, 469, 470), der regelmäßig auch die Umsatzsteuer umfasst (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2018 - 3 StR 352/18, juris Rn. 5).

3. Hingegen hat die auf § 73a Abs. 1 StGB gestützte Anordnung der erweiterten Einziehung der in der Beschlussformel bezeichneten Armbanduhr sowie des bei dem Angeklagten aufgefundenen Bargelds keinen Bestand. Zwar hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei festgestellt, dass diese Gegenstände aus nicht näher konkretisierbaren rechtswidrigen Taten stammen. Es fehlt jedoch an dem weiteren Erfordernis der erweiterten Einziehung, dass diese Gegenstände bei der Begehung der Anknüpfungstat im Vermögen des Angeklagten gegenständlich vorhanden waren (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2023 - 2 StR 131/23, juris Rn. 11 mwN).

Der Senat hat - dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend - von einer Zurückverweisung nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO abgesehen und die Einziehung dieser beiden Gegenstände entfallen lassen. Es ist nicht anzunehmen, dass sich entsprechende Feststellungen in der neuen Hauptverhandlung noch treffen lassen. Die Anlasstat datiert vom 6. Oktober 2020, das Bargeld und die Armbanduhr wurden erst am 26. April 2022 anlässlich der Durchsuchung bei dem Angeklagten aufgefunden. Dieser hat sich dahingehend eingelassen, die Uhr kurz vor der bei ihm erfolgten Durchsuchung als Geschenk erhalten zu haben. Weitere Beweismittel, die eine Feststellung ermöglichen könnten, dass der Angeklagte bereits am 6. Oktober 2020 im Besitz der Armbanduhr und der sichergestellten Geldscheine war, sind nicht erkennbar.

4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu belasten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 792

Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede