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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 738

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 321/21, Beschluss v. 11.04.2022, HRRS 2022 Nr. 738


BGH 2 StR 321/21 - Beschluss vom 11. April 2022 (LG Aachen)

Konkurrenzen (Spezialität: Verdrängung eines Wohnungseinbruchdiebstahls durch einen besonders schweren räuberischen Diebstahl).

§ 52 StGB; § 244 StGB; § 252 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 25. Januar 2021

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagte wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,

b) im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen „besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Wohnungseinbruchdiebstahl sowie mit versuchter gefährlicher Körperverletzung“ zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Ihre auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Verfahrensrügen versagen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift dargestellten Gründen.

2. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen die Verurteilung wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie die Einziehungsentscheidung. Hingegen begegnet die Verurteilung der Angeklagten wegen tateinheitlicher Begehung eines „Wohnungseinbruchsdiebstahls“ durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Der von der Angeklagten ebenfalls verwirklichte schwere Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 4 StGB) wird im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Spezialität) vom Straftatbestand des (besonders) schweren räuberischen Diebstahls verdrängt, weil er die Merkmale des Diebstahls bereits einschließt, so dass dem (schweren) Wohnungseinbruchdiebstahl keine selbständige strafrechtliche Bedeutung mehr zukommt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 2021 - 6 StR 390/21, juris Rn. 2 mwN; ebenso NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl., § 252 Rn. 28; BeckOK-StGB/Wittig, 52. Ed., § 252 Rn. 19; a.A. Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 252 Rn. 13).

b) Der Senat ändert in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da die Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

3. Die Schuldspruchberichtigung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat sowohl bei der Ablehnung eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB wie auch bei der konkreten Strafzumessung strafschärfend berücksichtigt, dass die Angeklagte drei Straftatbestände in Tateinheit verwirklicht habe. Während nach dem Tatbild und den zahlreichen weiteren strafschärfenden Umständen auszuschließen war, dass das Tatgericht ohne diesen Rechtsfehler zu einer anderen Strafrahmenwahl gelangt wäre, war dieser Schluss bei der Zumessung der Einzelstrafe nicht möglich. Der Anregung des Senats, die Freiheitsstrafe nach § 354 Abs. 1 StPO auf das gesetzliche Mindestmaß von fünf Jahren zu reduzieren, hat sich der Generalbundesanwalt verschlossen. Dieses zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Die Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 738

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß