HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 609
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, StB 13/20, Beschluss v. 28.04.2020, HRRS 2020 Nr. 609
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2020 (3 BGs 128/20) wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Der Beschwerdeführer befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2020 seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe die von fünf Mitbeschuldigten gebildete „Gruppe S.“ unterstützt, eine Vereinigung, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet sei, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) sowie gemeingefährliche Straftaten in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB und Straftaten nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKG) zu begehen, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 StGB.
Gegen diesen Haftbefehl hat der Beschuldigte mit Schriftsatz vom 2. April 2020 Haftbeschwerde eingelegt, welcher der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs nicht abgeholfen hat.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
a) Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
aa) Der für die Gruppe namensgebende Mitbeschuldigte S. und jedenfalls vier weitere Mitbeschuldigte kamen zu einem noch nicht genau bekannten Zeitpunkt, jedenfalls kurz vor dem 28. September 2019, überein, sich auf unbestimmte Zeit zu der „Gruppe S.“ zusammenzuschließen, um gemeinsam die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland durch Begehung von Anschlägen gegen Politiker, Asylsuchende und Personen muslimischen Glaubens zu erschüttern und zu überwinden. Die Gruppierung strebte die Herbeiführung bürgerkriegsähnlicher Zustände dadurch an, dass mit muslimischen Gläubigen besetzte Moscheen in kleineren Ortschaften mit Schuss- und anderen Waffen angegriffen und die dort Anwesenden getötet und/oder verletzt werden sollten. Dabei spekulierten die Mitglieder der Vereinigung darauf, dass diese Angriffe eine möglicherweise gewaltsame Reaktion seitens der Muslime auslösen und „die Deutschen dann wach“ würden; letztlich sollten notstandsähnliche Zustände eintreten, die zu einem Eingreifen von Militär und/oder Polizei führen würden. Die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratisch gewählten Vertreter sollten so in erheblicher Weise eingeschüchtert werden.
Neben der dargelegten geplanten Begehung eigener Anschläge verfügte der Mitbeschuldigte S. aufgrund seiner Vernetzung innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums über die Möglichkeit, kampfbereite und überwiegend bewaffnete Personen in erheblichem Umfang - der Mitbeschuldigte E. nannte die Größenordnung von 2.500 - zu mobilisieren. Der Mitbeschuldigte S. warb weiter solche Personen an bzw. war um ihre Rekrutierung bemüht, wozu er in überwiegend - aber nicht ausschließlich - im virtuellen Raum bestehenden rechtsextremistisch ausgerichteten Chatgruppen aktiv wurde; er war in mehreren solcher Foren vertreten und gründete zu diesem Zweck im Dezember 2019 eine geschlossene Facebook-Chatgruppe, die im Januar 2020 bereits 21 Mitglieder aufwies.
Innerhalb der über eine hierarchische Struktur und klar abgegrenzte Zuständigkeiten verfügenden „Gruppe S.“ war der Mitbeschuldigte S. der Kopf, der in allen wesentlichen Belangen - etwa in der Frage, wer zu Treffen eingeladen wurde - das letzte Wort hatte. Der dem militanten rechtsextremistischen Spektrum zuzurechnende Mitbeschuldigte E. trat gegenüber anderen Mitgliedern der Gruppe als rechte Hand S. s auf und war in enger Absprache mit diesem mit der praktischen Organisation des ersten Treffens der Gruppe Ende September 2019 befasst, an dem über die Gruppenmitglieder hinaus weitere Personen teilnahmen. Er war bereit, zur Umsetzung der Gruppenziele strafbare Handlungen zu begehen und erforderlichenfalls sein Leben zu opfern. Gleiches gilt für den Mitbeschuldigten N. In dessen Privat 7 8 räumen fand auf Geheiß des erneut organisierenden Mitbeschuldigten E. ein weiteres Treffen der Gruppe am 7./8. Februar 2020 unter konspirativen Umständen statt. An diesem nahmen wiederum weitere, von dem Mitbeschuldigten S. eingeladene bzw. zugelassene Personen teil. In dessen Rahmen wurden die Absprachen über das weitere Vorgehen der Gruppe zur Umsetzung ihrer terroristischen Zielrichtung, namentlich zu den Anschlägen auf Moscheen, getroffen. Weitere Mitglieder der „Gruppe S.“ waren der Mitbeschuldigte B., der zwar nur an der ersten Zusammenkunft der Gruppe teilnahm, aber von S. als jemand geschätzt wurde, „der zu allem bereit“ sei, sowie der Mitbeschuldigte U., der in der Vergangenheit zahlreiche Gewalttaten beging, wegen derer er über 20 Jahre Haft verbüßte, und der deshalb innerhalb der Gruppe die Rolle des „getreuen Fußsoldaten“ bekleidete.
Die Mitglieder der Gruppe verfügten teilweise bereits über Schusswaffen und waren an der Beschaffung weiterer Waffen interessiert. Bei dem Treffen im Februar 2020 stellte der Mitbeschuldigte S. die Summe von 50.000 € in den Raum, die zum Ankauf der für die geplanten Anschläge benötigten Waffen aufgebracht werden müsse. Die Anwesenden - unter ihnen der Beschuldigte - sagten die Bereitstellung von Beträgen zwischen 500 und 5.000 € zu, so dass letztlich 45.000 € zusammenkamen, die der Mitbeschuldigte S. aus eigenen Mitteln auf die veranschlagten 50.000 € aufstocken wollte. Die Beschaffung der Waffen wollten zwei weitere Mitbeschuldigte übernehmen, die ebenfalls dem rechtsextremistischen Spektrum zuzurechnen sind.
bb) Der Beschuldigte unterhielt bereits seit Ende Juli 2019 persönliche Kontakte zu den Mitbeschuldigten S., E. und N., die er bei einer Versammlung der Gruppe in T. getroffen hatte. Er hielt diesen Kontakt in der Folge jedenfalls über eine WhatsApp-Chatgruppe aufrecht, in der 9 10 er seine Gewaltbereitschaft gegenüber straffällig gewordenen Migranten äußerte und sich an Kommunikation über den erforderlichen „Kampf“ beteiligte; in diesem Rahmen äußerte er unter anderem, dass man schon sehen werde, „wer Germanisches Blut und wer Pisse in den Adern“ habe.
Zum ersten Treffen der „Gruppe S.“ Ende September 2019 brachte der Beschuldigte eine Schutzweste mit, die er den anderen Teilnehmern präsentierte. Er behauptete, er verfüge über Kontakte, die gesamte Gruppe mit sog. Kachelwesten auszustatten; über die Beschaffung von schusssicheren Platten für Schutzwesten hatte er zuvor mit dem Sohn seiner Lebensgefährtin kommuniziert. Nach der Zusammenkunft tauschten sich die Mitbeschuldigten S. und E. am Telefon darüber aus, dass der Beschuldigte sehr gute schusssichere Westen habe.
Auch zu dem Treffen am 7./8. Februar 2020 erschien der Beschuldigte. Er sicherte dabei die finanzielle Unterstützung des Vorhabens der Gruppe durch die Zahlung von 5.000 € zu, die zur Waffenbeschaffung eingesetzt werden sollten; er äußerte sich zudem dazu, welche Waffen er präferieren würde (eine Langwaffe und eine Kurzwaffe).
b) aa) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der Bildung, der Struktur und der Zielsetzung der „Gruppe S.“ ergibt sich aus einer Zusammenschau der umfänglichen geständigen Einlassungen des Mitbeschuldigten U. und mehrerer, weiterer Erkenntnisse und Beweismittel, die seine Angaben objektivieren, insbesondere Auswertungen zu den gesicherten Chatverläufen, Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung unter anderem des Anschlusses des Mitbeschuldigten S. sowie aus Observationsmaßnahmen im zeitlichen Umfeld der Gruppentreffen. Aus den Chatverläufen sind die Gewaltbereitschaft gegenüber Migranten sowie - etwa für den Mitbeschuldigten N. - politisch Andersdenkenden und die Forderung nach einem politischen Umsturz ersichtlich. Die Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung belegen überdies das Zusammenwirken der Mitbeschuldigten S. und E. sowie die Bemühungen S. s um die Beschaffung von selbst gebauten Schusswaffen, sog. Slam-Guns. Der Beschuldigte hat in seiner Einlassung Organisation, Planung und Ziele der „Gruppe S.“ bestätigt. Aus den Observationsberichten folgt etwa das konspirative Verhalten der Teilnehmer des Treffens im Februar 2020, die ihre Mobiltelefone in Aluminiumfolie gewickelt in ihren Fahrzeugen ließen.
Wegen der Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht insoweit begründenden Tatsachen nimmt der Senat Bezug auf die ausführliche Darstellung und Würdigung in dem angefochtenen Haftbefehl.
bb) Betreffend die Tathandlungen des Beschuldigten folgt der dringende Tatverdacht aus seiner überwiegend geständigen Einlassung, aus den Angaben des Mitbeschuldigten U. sowie aus weiteren Erkenntnissen vor allem aus der Durchsuchung seiner Wohnung. Dabei wurden insbesondere mehrere Aktiv- und Passivwaffen sowie erhebliche Geldbeträge sichergestellt, die belegen, dass der Beschuldigte zu der von ihm zugesagten finanziellen Unterstützung der Ziele der Vereinigung ohne Weiteres in der Lage war.
Auch insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darstellung in dem angefochtenen Haftbefehl.
Soweit der Beschuldigte mit Blick auf die Zusammenkunft Ende September 2019 sich - den Tatverdacht relativierend - dahin eingelassen hat, es habe dabei nur um ein „Survival-Training“ bzw. um das „Preppen“ gehen sollen, steht dem schon entgegen, dass er dazu mit einer schusssicheren Weste erschien, die in dem von ihm angegebenen Zusammenhang nicht erforderlich gewesen wäre. Aus den anlässlich der Observation gefertigten Lichtbildern geht zudem hervor, dass die Teilnehmer des Treffens in martialischen Posen teils vermummt mit Macheten und Streitäxten posierten. Seine Behauptung, er sei davon ausgegangen, bei der Versammlung im Februar 2020 hätten wieder nur die Themen „Preppen“ und „Survival-Training“ thematisiert werden sollen, stellt sich vor dem Hintergrund seiner gesicherten Einträge in verschiedenen Chat-Gruppen, in denen er erklärte, es sei „allerhöchste Zeit“ zu kämpfen und es gebe für ihn „nur noch einen Weg“, als Schutzbehauptung dar. Letztlich hat der Beschuldigte auf Vorhalt auch die Angaben des Mitbeschuldigten U. bestätigt, dass es bei dem Treffen von Anfang an um Anschlagspläne auf kleinere Moscheen gegangen sei, mit dem Ziel einen Bürgerkrieg zwischen den Kulturen heraufzubeschwören.
Soweit der Verteidiger in der Beschwerdebegründung ausgeführt hat, der Beschuldigte habe sich nach dem Treffen von der Vereinigung distanzieren wollen, in der ohnehin immer nur geredet worden sei, entkräftet dies den Tatverdacht nicht. Ausweislich der Chat-Protokolle befürwortete der Beschuldigte den Kontaktabbruch in erster Linie, weil er sich observiert fühlte; seine Entfernung aus der Chat-Gruppe wurde mit „Sicherheitsgründen“ erklärt. Aus einem Gespräch zwischen S. und E., in dem diese erörterten, dass die Angriffe von kleinen „Kommandos“ ausgeführt werden sollten, geht hervor, dass die „Gruppe S.“ ihre Anschlagspläne unverändert weiter verfolgte.
c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus zumindest der dringende Tatverdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB.
Die „Gruppe S.“ stellte nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen einen auf längere Dauer angelegten organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses im Sinne von § 129 Abs. 2 StGB dar, der darüber hinaus über - nach der Neuregelung durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom 17. Juli 2017 (BGBl. I, S. 2440) nicht mehr erforderliche - Strukturmerkmale wie etwa Führungspersonal und klare Aufgabenverteilung verfügte. Die Zwecke der Vereinigung waren jedenfalls auf die Begehung von bewaffneten Anschlägen auf Moscheen und damit auf die Begehung von Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) gerichtet.
Diese Vereinigung unterstützte der Beschuldigte durch sein Handeln. Hierzu gilt:
Unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB ist grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt. Dies kann dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft. Der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung greift zudem über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss. Das Wirken des Nichtmitglieds muss nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn sein Tun für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt. Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren grundsätzliche Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 19. April 2018 - 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17 f. mwN).
Fördert ein Außenstehender die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Januar 2020 - AK 61/19, juris Rn. 28 mwN).
Nach den dargestellten Maßstäben kann schon allein in der Zusage eines Außenstehenden, zugunsten der Vereinigung Geld- oder Sachleistungen zu erbringen, eine Unterstützungshandlung im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB liegen, selbst wenn es nicht zur Erfüllung der Zusage kommt. Voraussetzung ist insoweit allerdings stets, dass das Tun des Nichtmitglieds für die Vereinigung objektiven Nutzen entfaltet. Bereits die Zusage für sich genommen muss sich auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder in irgendeiner Weise positiv auswirken (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6 mwN).
Hier sind die Voraussetzungen einer Unterstützungshandlung in mehrfacher Hinsicht erfüllt: Bereits durch seine Teilnahme an den Gruppentreffen und insbesondere seine Diskussionsbeiträge bei dem Treffen am 7./8. Februar 2020 bestärkte er die Mitglieder der Vereinigung, ihre terroristischen Bestrebungen in Form der Anschlagsplanungen fortzusetzen; der Feststellung eines weitergehenden positiven Effekts bedarf es damit nicht.
Weiter konnte auch die Zusage, sich an der Finanzierung der für die Anschläge benötigten Waffen mit einem namhaften Betrag zu beteiligen, die Mitglieder der „Gruppe S.“ in ihrem Entschluss stärken, die geplanten Straftaten, die der Verwirklichung der terroristischen Ziele der Vereinigung dienten, tatsächlich zu begehen, weil sie den Eindruck gewannen, sie würden in der Lage sein, die erforderlichen Tatmittel zu erwerben; damit war bereits die Zusicherung der Zahlung, zu der es wegen der Festnahme der Beschuldigten nicht mehr kommen konnte, objektiv nützlich und wirkte sich positiv auf das Bestehen und die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung aus.
2. Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Haftbefehls ist der Haftgrund der Fluchtgefahr gegeben, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO. Der Beschuldigte hat wegen der ihm zur Last gelegten Tat mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Mit Blick auf das Ziel der Vereinigung, bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung jedenfalls der politischen und verfassungsrechtlichen Grundstrukturen der Bundesrepublik Deutschland hätten führen sollen und können, wiegt die Tat so schwer, dass die in der Beschwerdebegründung angeführten Milderungsgründe zu keiner anderen Beurteilung führen. Diese Straferwartung macht es überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschuldigte sich dem weiteren Verfahren durch Flucht entziehen würde. Die Ermittlungen haben soziale Bindungen, die dem bestehenden Fluchtanreiz entscheidend entgegenwirken könnten, nicht ergeben. Insbesondere hat ihn die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin nicht davon abgehalten, die Heraufbeschwörung bürgerkriegsähnlicher Zustände in der Bundesrepublik zu befürworten und zu unterstützen, in deren Folge auch ein friedliches Zusammenleben mit ihr erheblich gefährdet gewesen wäre. Zu seinem leiblichen Sohn und seinen Geschwistern unterhält er bloß geringfügige bis sporadische Kontakte. Seinen Arbeitsplatz hat der Beschuldigte verloren. Freunde oder engere Bekannte außerhalb der rechtsextremistischen Szene haben sich ebenfalls nicht ermitteln lassen. Seine Verbindungen zu der Gruppierung , die nach polizeilichen Erkenntnissen innerhalb Deutschlands gut vernetzt ist, können ihm ein Untertauchen im Inland ermöglichen. Hinzu kommt, dass er als Mitglied der sog. Prepper-Szene mutmaßlich über sog. Fluchtpunkte verfügt, an denen Vorräte, Kleidung und gegebenenfalls Waffen gelagert werden. Er ist zudem in „Survival-Trainings“ erfahren, so dass er auch in der freien Natur untertauchen könnte.
Der damit bestehenden Fluchtgefahr kann durch andere fluchthemmende Maßnahmen nicht in gleicher Form begegnet werden. Insbesondere besteht keine Gewähr, dass sich der Beschuldigte an die von seinem Verteidiger angeregte Meldeauflage tatsächlich halten würde. Der Zweck der Untersuchungshaft kann deshalb nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 StPO erreicht werden.
3. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alledem entgegen den über allgemeine Ausführungen nicht hinausgehenden Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Mit Blick auf die Haftdauer von etwa zweieinhalb Monaten, die fortlaufenden Ermittlungen und das komplexe, sich gegen eine Vielzahl von Beschuldigten richtende Verfahren ergibt sich auch unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes aus Art. 5 Abs. 3 EMRK nichts anderes.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 609
Bearbeiter: Christian Becker