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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 460

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 170/20, Urteil v. 03.03.2021, HRRS 2021 Nr. 460


BGH 2 StR 170/20 - Urteil vom 3. März 2021 (LG Kassel)

Raub; schwerer Raub (qualifiziertes Nötigungsmittel: Motivwechsel bei fortdauernder Wirkung des Nötigungsmittels; besonders schwerer Fall: Tatbestandsmerkmal „bei der Tat“).

§ 249 Abs. 1 StGB; § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB; § 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Der Tatbestand des Raubes erfordert den Einsatz von Gewalt oder Drohung als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme einer Sache. Er ist auch dann erfüllt, wenn die zunächst mit anderer Zielrichtung vorgenommene Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahme noch andauert oder als aktuelle Drohung mit erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und der Täter diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt, dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute wegzunehmen.

2. Erforderlich hierfür ist etwa, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch Äußerungen oder sonstige Handlungen genügend erkennbar macht; es genügt nicht, wenn der andere nur erwartet, der Täter werde ihm ein empfindliches Übel zufügen. War das Tatopfer allerdings zahlreichen, nicht notwendig im Zusammenhang mit Raub oder räuberischer Erpressung stehenden körperlichen Übergriffen ausgesetzt, liegt es nahe, dass der Täter für den Fall, dass sich das Opfer seinem erpresserischen Ansinnen verweigert oder einer Wegnahme entgegentritt, zumindest konkludent mit der Anwendung weiterer Gewalt droht.

3. Dies gilt insbesondere im Falle einer zeitlich an solche körperlichen Übergriffe unmittelbar anschließenden Wegnahmehandlung. Es genügt, dass aus der Sicht des Täters der Einsatz des Nötigungsmittels notwendig ist. Allein sein Wille und seine Vorstellung, etwa von einer nötigungsbedingten Schwächung der Verteidigungsfähigkeit und bereitschaft des Tatopfers, sind für den Finalzusammenhang maßgebend.

4. Das Tatbestandsmerkmal „bei der Tat“ bezieht sich auf die finale Verknüpfung von Gewalt und Wegnahme. Es ist daher nur dann erfüllt, wenn eine schwere körperliche Misshandlung zur Erzwingung der Wegnahme oder zumindest zur Sicherung der Beute verübt wird. Ein schlichter räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Raub und einer schweren Misshandlung genügt hierfür hingegen nicht. Dies gilt sowohl für den Fall, in dem die Misshandlung der Wegnahme unmittelbar nachfolgt, als auch dann, wenn sie ihr unmittelbar vorausgeht.

Entscheidungstenor

1. Auf die Revisionen der Angeklagten E. und I. wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 12. Februar 2020 - soweit es sie betrifft - im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten E. und I. wegen „gemeinschaftlichen besonders schweren Raubes“ in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung“ verurteilt, den Angeklagten I. zu fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten E. zu sechs Jahren und sechs Monaten. Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.

Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

1. Der Zeuge und spätere Geschädigte B. hatte Ende November 2018 dem nichtrevidierenden früheren Mitangeklagten L. zwei Mobiltelefone entwendet. Nachdem L. das erfahren hatte, forderte er den Zeugen B. mehrfach - auch unter Androhung von Gewalt - vergeblich zur Rückgabe der Geräte auf und erklärte gegenüber dem Mitangeklagten E., den Zeugen „fassen“ zu wollen. E. entschloss sich daraufhin, dem L. „bei sich bietender Gelegenheit behilflich“ zu sein. Für ein am 6. Dezember 2018 zwischen dem Zeugen B. und E. verabredetes Treffen in der Wohnung des B. sagte E. dem L. zu, diesen nach Betreten der Wohnung zu verständigen, damit dieser, die „Herausgabe seiner Mobiltelefone oder aber eine Ersatzleistung für diese, notfalls unter Gewalteinsatz, würde erzwingen können“.

Am Nachmittag des 6. Dezember 2018 erschien E. in Begleitung des Mitangeklagten I. an der Wohnung des B. Gemeinsam beschlossen sie, zu dritt außerhalb der Wohnung Alkohol zu trinken. Hiervon unterrichtete E. absprachegemäß den sich in der Nachbarschaft aufhaltenden L., der kurz darauf auf die Gruppe traf, dem Zeugen B. entgegenrief: „Denkst du, ich krieg Dich nicht?“ und sofort auf diesen einschlug. Der Angeklagte E. nahm den Zeugen sodann in den „Schwitzkasten“ und zog ihn mit Unterstützung von L. und dem Angeklagten I., der sich spätestens in diesem Moment entschlossen hatte, die beiden anderen zu unterstützen, zurück in die Wohnung des Zeugen.

Im Eingangsbereich der Wohnung bedrohte der Angeklagte E. den Zeugen mit einem „Klappmesser“. In der Wohnung versetzte L. dem Zeugen mehrere Faustschläge ins Gesicht und forderte ihn auf, ihm seine Mobiltelefone herauszugeben. Auch der Angeklagte I. schlug dem Zeugen hier ins Gesicht.

Der durch die Angeklagten in den zehn Quadratmeter großen Wohnbereich gedrängte Zeuge B. leistete, beeindruckt von den Gewalthandlungen, keinen Widerstand, stritt aber den Diebstahl der Mobiltelefone wiederholt ab. L. „glaubte ihm nicht“, forderte ihn auf, „ersatzweise“ jedenfalls eine Kompensation für die entwendeten Mobiltelefone zu zahlen, und schlug den Zeugen abermals. In der Absicht, L. „in seinem Verlangen gegenüber dem Zeugen B. zu unterstützen“, schlugen sodann auch die Angeklagten E. und I. weiter auf den Zeugen ein. Dieser konnte auf sein Gesicht gerichtete Schläge des L. mit einem „Henkelglas“ abwehren. Sodann stießen ihn E. und L. „rücklings auf die Couch“, während I. den „Fluchtweg Richtung Tür“ für den Zeugen verstellte. L. stellte sich über den Zeugen und trat diesen mehrfach wuchtig mit seinem „beschuhten Fuß“. Als der Zeuge begann, laut um Hilfe zu rufen, forderten ihn die Angeklagten auf, ruhig zu sein, anderenfalls werde man ihn totschlagen.

Sodann setzte sich E. zum Zeugen auf die Couch, hielt ihm sein Messer vor und drohte ihm mit einem Messerstich ins Bein. Beide anderen Angeklagten nahmen dies ebenfalls wahr. Der Zeuge „flehte daraufhin verzweifelt und unter Tränen“, ihn damit nicht zu verletzen. E. steckte das Messer daraufhin ein und schlug sodann „abwechselnd“ mit L. weiter auf den Zeugen ein. Dabei hielt L. dem Zeugen auch einen aus der Küchenzeile herbeigeschafften „Gegenstand, möglicherweise eine Gabel“, vor und drohte an, ihm damit „ins Auge zu stechen“ und ihm so „das Augenlicht zu nehmen“. Die beiden anderen Angeklagten billigten dies, indem sie „unbeirrt ihr gemeinsames Handeln fortsetzten“.

Der weinende Zeuge B. war hochgradig verängstigt, fürchtete um sein Leben und nässte sich deshalb ein. Hiervon fertigten entweder E. oder I. ein Video, das sie später Dritten vorspielten. Anschließend schlug wiederum L. auf den sich weiterhin nicht wehrenden, blutend auf der Couch liegenden Zeugen ein.

Nach etwa 30 Minuten entschloss sich der Angeklagte L. „als Druckmittel“ zur Durchsetzung seiner Forderung, die ihm nach „seiner Überzeugung wenigstens berechtigt zustand“, das auf einem Tisch liegende Mobiltelefon des Zeugen und dessen Sprachassistenzsystem „Alexa“ als „Pfand mitzunehmen“.

Als er hiermit die Wohnung verließ, kam dem I. „angesichts des eingeschüchtert und verletzt auf der Couch liegenden Zeugen B. der Gedanke“, dass er das Fernsehgerät des Zeugen für sich nutzen oder aber verkaufen könnte. Im Bewusstsein, dass der Zeuge dies „aufgrund der unmittelbar vorangegangenen massiven Gewalteinwirkungen dulden würde“, baute I. - unterstützt von E. - das Gerät ab. Beide trugen das Gerät aus der Wohnung. Dem „widersprach“ der Zeuge B. - wie von den Angeklagten erwartet - aus „Angst und unter der Wirkung der vorangegangenen Misshandlungen“ nicht. Beim Verlassen der Wohnung drohten beide Angeklagten dem Zeugen schließlich damit, seine Familie im Falle einer Verständigung der Polizei „abzustechen“.

Der Zeuge erlitt Frakturen der Nase und der Augenhöhle sowie Prellungen und Hämatome. Er wurde zunächst intensivmedizinisch und anschließend mehrere Tage stationär behandelt.

2. Das Landgericht hat hierin eine Strafbarkeit der - allein revidierenden - Angeklagten E. und I. nach § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 und 3a, § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 25 Abs. 2, § 52 StGB erblickt, weil sie „in unmittelbarem räumlich-zeitlichen Zusammenhang zur gerade stattgehabten massiven Gewalteinwirkung gegen den Zeugen B. dessen Flachbild-Fernsehgerät vor den Augen des durch die Gewalt sichtbar verletzten und beeindruckten Zeugen abbauten und mit sich nahmen, damit der Angeklagte l. das Gerät für sich behalten konnte“. Den früheren Mitangeklagten L. hat die Strafkammer wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung verurteilt (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4, § 240 Abs. 1 StGB).

II.

Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils führt zur Aufhebung der Strafaussprüche. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

1. Der Schuldspruch weist Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht auf. Insbesondere hält ihre Verurteilung wegen besonders schweren Raubes revisionsgerichtlicher Überprüfung stand (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB).

a) Der Tatbestand des Raubes erfordert den Einsatz von Gewalt oder Drohung als Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme einer Sache (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 15. September 1964 - 1 StR 26/64, BGHSt 20, 32, 33, vom 22. September 1983 - 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92, und vom 20. Januar 2016 - 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141, 144). Er ist auch dann erfüllt, wenn die zunächst mit anderer Zielrichtung vorgenommene Gewalt zum Zeitpunkt der Wegnahme noch andauert oder als aktuelle Drohung mit erneuter Gewaltanwendung auf das Opfer einwirkt und der Täter diesen Umstand bewusst dazu ausnutzt, dem Opfer, das sich dagegen nicht mehr zu wehren wagt, die Beute wegzunehmen (vgl. nur BGH, Urteile vom 22. September 1983 - 4 StR 376/83, BGHSt 32, 88, 92, und vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 174/12, NStZ 2013, 471, 472).

Erforderlich hierfür ist etwa, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch Äußerungen oder sonstige Handlungen genügend erkennbar macht; es genügt nicht, wenn der andere nur erwartet, der Täter werde ihm ein empfindliches Übel zufügen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1955 - 4 StR 8/55, BGHSt 7, 252, 253; Urteil vom 12. Februar 2015 - 1 StR 444/14, BeckRS 2015, 6005). War das Tatopfer allerdings zahlreichen, nicht notwendig im Zusammenhang mit Raub oder räuberischer Erpressung stehenden körperlichen Übergriffen ausgesetzt, liegt es nahe, dass der Täter für den Fall, dass sich das Opfer seinem erpresserischen Ansinnen verweigert oder einer Wegnahme entgegentritt, zumindest konkludent mit der Anwendung weiterer Gewalt droht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 422/12, BeckRS 2013, 1325; vom 16. September 2015 - 5 StR 331/15, NStZ-RR 2015, 372). Dies gilt insbesondere im Falle einer zeitlich an solche körperlichen Übergriffe unmittelbar anschließenden Wegnahmehandlung (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 422/12, NStZ-RR 2013, 210; vgl. zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung BGH, Urteil vom 2. Dezember 2020 - 6 StR 148/20, BeckRS 2020, 36559). Es genügt, dass aus der Sicht des Täters der Einsatz des Nötigungsmittels notwendig ist. Allein sein Wille und seine Vorstellung, etwa von einer nötigungsbedingten Schwächung der Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft des Tatopfers, sind für den Finalzusammenhang maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016 - 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141, 144; Senatsbeschluss vom 29. August 2019 - 2 StR 85/19, BeckRS 2019, 27175; Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 422/12, BeckRS 2013, 1325).

b) Hieran gemessen tragen die rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen die Wertung der Strafkammer, die Angeklagten E. und I. hätten gemeinschaftlich gegen den Zeugen B. ein Nötigungsmittel im Sinne von § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB zum Zwecke der Wegnahme des Fernsehgerätes eingesetzt.

aa) Zwar nahmen beide Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen die von ihnen zunächst gemeinschaftlich mit dem früheren Mitangeklagten L. ausgeübten massiven Gewalthandlungen allein deshalb vor, um die - auch aus ihrer Sicht berechtigte - Forderung des L. gegen den Zeugen B. durchzusetzen. Es fehlte ihnen daher zu diesem Tatzeitpunkt die für den Raub notwendige Zueignungsabsicht. Den Entschluss zur rechtswidrigen Zueignung des Fernsehgerätes fassten beide erstmals nach Abschluss der letzten Gewalthandlung. Die vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung geäußerte Ansicht, dass die Beschuldigten zu diesem Zeitpunkt lediglich einen bereits zuvor gefassten und allgemein auf die rechtswidrige Zueignung gerichteten Vorsatz um dieses Tatobjekt erweiterten, teilt der Senat nicht. Insoweit fehlt es - auch in der Gesamtschau der Urteilsgründe - an hinreichend tragfähigen Feststellungen des Landgerichts. Es lag - wie der Generalbundesanwalt im Ausgangspunkt zu recht annimmt - schließlich auch keine zum Zwecke der Wegnahme vorgenommene qualifizierte Nötigungshandlung in der von den Angeklagten E. und I. beim Verlassen der Wohnung mit ihrer Tatbeute ausdrücklich ausgesprochenen Drohung vor, die Familie des Zeugen B. „abzustechen“. Diese Drohung hatte ersichtlich keine gegenwärtige Gefahr zum Gegenstand, sondern sollte vielmehr eine Verständigung der Polizei zu einem späteren Zeitpunkt und damit nach Tatbeendigung verhindern.

bb) Die Urteilsfeststellungen tragen aber die tatgerichtliche Annahme einer Einwirkung der zuvor - ohne Wegnahmeabsicht - angewendeten Gewalt gegen den Zeugen als aktuelle Drohung mit erneuter Gewaltanwendung. Die Angeklagten stellten jedenfalls in der Gesamtschau der Urteilsgründe dem Zeugen gemeinschaftlich konkludent in Aussicht, dass sich die zuvor über einen Zeitraum von etwa 30 Minuten in mehreren Schritten sukzessiv verübten Gewalthandlungen im Falle eines Widerstands des Zeugen ebenso wiederholen würden, wie die Bedrohung mit dem unmittelbar zuvor bereits eingesetzten Messer. Die Strafkammer hat hierzu zutreffend insbesondere auf die zeitlich „unmittelbar vorangegangen massiven Gewalteinwirkungen“ abgestellt. Beide Angeklagten handelten hiernach auch in dem „Bewusstsein“, dass der Zeuge eingedenk der zuvor erlebten Gewalt keinen Widerstand leisten würde (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 4 StR 260/10, NStZ 2010, 570; Beschluss vom 10. Mai 2011 - 3 StR 78/11, NStZ 2012, 34). Insbesondere mit Blick auf das für den Geschädigten vor diesem Hintergrund erkennbare sukzessive Eingreifen des Angeklagten E. zur Unterstützung des Abtransports des Fernsehgeräts durch I. und die noch vor Tatbeendigung ausgesprochene - sogar ausdrücklich einen erneuten Einsatz des von E. mitgeführten Messers in Aussicht stellenden - Drohung für den Fall einer Strafanzeige des Geschädigten bedurfte es keiner weiteren Urteilsfeststellungen hierzu.

c) Hingegen wird durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt, dass die Angeklagten eine andere Person bei der Tat auch körperlich schwer misshandelt haben (§ 250 Abs. 2 Nr. 3a StGB). Das Tatbestandsmerkmal „bei der Tat“ bezieht sich auf die finale Verknüpfung von Gewalt und Wegnahme. Es ist daher nur dann erfüllt, wenn eine schwere körperliche Misshandlung zur Erzwingung der Wegnahme oder zumindest zur Sicherung der Beute verübt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 193/15, NStZ-RR 2015, 277). Ein schlichter räumlich-zeitlicher Zusammenhang zwischen einem Raub und einer schweren Misshandlung genügt hierfür hingegen nicht (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2009 - 5 StR 31/09, BGHSt 53, 234, 236). Dies gilt sowohl für den Fall, in dem die Misshandlung der Wegnahme unmittelbar nachfolgt, als auch dann, wenn sie ihr - wie hier - unmittelbar vorausgeht (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 3 StR 193/15, NStZ-RR 2015, 277; Beschluss vom 26. Juli 2009 - 4 StR 241/09, NStZ 2010, 150).

2. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Strafkammer hat dem Angeklagten E. ausdrücklich strafschärfend zur Last gelegt, „zwei Qualifikationsmerkmale gemäß § 250 Abs. 2 StGB“ verwirklicht zu haben. Mit Blick auf die dem Angeklagten I. im Rahmen der Prüfung des minder schweren Falls nach § 250 Abs. 3 StGB angelasteten „eigene massive(n) Gewalthandlungen“ vermag der Senat auch hinsichtlich dieses Angeklagten ein Beruhen des Urteils insoweit nicht auszuschließen (§ 337 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 460

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2021, 245; StV 2022, 18

Bearbeiter: Christoph Henckel/Karsten Gaede