HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 815
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, AK 29/19, Beschluss v. 05.06.2019, HRRS 2019 Nr. 815
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht München übertragen.
Der Angeschuldigte wurde am 23. November 2018 aufgrund des Haftbefehls des Oberlandesgerichts München (Ermittlungsrichter) vom 5. November 2018 (OGs 153/18) festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Angeschuldigte habe sich als strafrechtlich verantwortlicher Jugendlicher durch zwei rechtlich selbständige Handlungen im Mai oder Juni 2013 in Syrien als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Liwa Owais Al Qorani“ beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB) zu begehen, und in einem Fall zugleich über eine Kriegswaffe sonst die tatsächliche Gewalt ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (Kriegswaffenkontrollgesetz) beruht habe oder eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a dieses Gesetzes erstattet worden sei (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKG i.V.m. Teil B Nr. 37 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG, §§ 1, 3 JGG).
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat am 30. April 2019 wegen der dem Haftbefehl vom 5. November 2018 zugrundeliegenden Tatvorwürfe Anklage zum Oberlandesgericht München erhoben.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Der Angeschuldigte ist der ihm in dem Haftbefehl zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt auszugehen:
aa) Bei der „Liwa Owais Al Qorani“ handelte es sich um eine selbständig agierende, im Jahr 2011 gegründete Rebellengruppe aus dem Ort Tabka. Sie war nach dem Gefährten „Owais Al Qorani“ des Propheten Mohammed benannt, der im Jahr 657 n.Chr. verstorben und in einer Moschee in Raqqa begraben sein soll.
Die Gruppierung trat zunächst unter der Bezeichnung „Katiba Owais Al Qorani“ auf. Das offizielle „Gründungsvideo“ der Organisation wurde am 13. April 2013 veröffentlicht. Ein Sprecher, der auf einer großen Lichtung vor ca. 100 Kämpfern und schwerem Gerät zu sehen ist, verkündete darin, die „Katiba Owais Al Qorani“ sei so stark angewachsen, dass sie nun die „Liwa (Brigade) Owais Al Qorani“ gebildet habe, die aus mehreren Katibas (Bataillonen) bestehe.
Die Gruppierung hatte zunächst am Aufstand in Idlib und Aleppo teilgenommen, war im Laufe des Jahres 2011 weiter nach Osten vorgerückt und im Februar 2013 maßgeblich an der Eroberung von Tabka beteiligt.
Zu ihren Mitgliedern zählten überwiegend, aber nicht ausschließlich Angehörige des Stammes N., dem unter anderem die Familien K. und A. angehörten. Der Anführer der Miliz war der zum Stamm der N. gehörende H. (alias ) aus Tabka. Die Organisation war streng hierarchisch strukturiert. Stellvertreter war B. (alias ). Der in der Führungshierarchie an dritter Stelle stehende Militärchef der Organisation war Ha., der im März 2013 verstarb.
Die Gruppierung war militärisch-islamistisch ausgerichtet. Sie verfolgte als oberstes Ziel, die bestehende Diktatur unter der Herrschaft des Machthabers Bashar Al Assad zu beseitigen. Die Tötung von Angehörigen des Assad-Regimes wurde dabei zumindest billigend in Kauf genommen. Im Anschluss an den Sturz des Assad-Regimes sollte ein islamischer Staat unter der Geltung der Scharia errichtet werden. Die „Liwa Owais Al Qorani“ verfügte über eine nicht unerhebliche Anzahl von Mitgliedern und unterhielt eine aktive Medienabteilung.
Zur Erreichung ihrer Ziele verübte sie gezielt Anschläge und Attentate auf diverse Repräsentanten des syrischen Staates. So griff sie am 17. September 2012 einen Militärkonvoi auf einer Straße in der Nähe von Tabka an, tötete sieben Offiziere und beschlagnahmte deren Waffen. Ende 2012/Anfang 2013 töteten Mitglieder der Vereinigung den Regierungsangestellten Kh. in dessen Wohnung in Sa. Dieser war für die Enteignung von Land der N. im Zuge der Errichtung des Assad-Staudamms verantwortlich.
Neben diesen Einzelaktionen schloss die „Liwa Owais Al Qorani“ im Verlauf des syrischen Bürgerkriegs zeitweise eine militärische Allianz mit der „Jabhat al Nusra“ und nahm mit dieser in einem gemeinsamen Kampfverband an mindestens vier Schlachten teil.
Infolge des ab April 2013 aufkommenden Konflikts zwischen der Jabhat al Nusra und dem im Laufe des Jahres 2013 immer stärker werdenden „ISIG“ gerieten auch die Mitglieder der „Liwa Owais Al Qorani“ zunehmend unter Druck. Denn die „Liwa Owais Al Qorani“ lehnte einen bewaffneten Kampf zwischen Muslimen ab. Als spätestens ab Januar 2014 der Konflikt zwischen den muslimischen Gruppierungen auch mit Waffen ausgetragen wurde, löste sich die „Liwa Owais Al Qorani“ auf.
bb) Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Mai oder Juni 2013 schloss sich der Angeschuldigte als strafrechtlich verantwortlicher Jugendlicher der „Liwa Owais Al Qorani“ unter Billigung deren Ziele und Methoden an und gliederte sich als Mitglied in deren hierarchische Struktur ein. Er verrichtete als Vertreter dieser Organisation für ca. zwei Wochen zusammen mit weiteren Milizen eine Art „Polizeidienst“ in der eroberten syrischen Stadt Tabka. Die Polizeieinheit agierte unter der Führung des anderweitig verfolgten Al. nach den Regeln der Scharia und unterstand den von der Vereinigung „Jabhat al Nusra“ eingesetzten Scharia-Richtern.
In Ausübung dieses „Polizeidienstes“ fuhr der Angeschuldigte im Auftrag der „Liwa Owais Al Qorani“ zusammen mit vier bewaffneten Vertretern weiterer Rebellengruppen, die an der Eroberung der Stadt Tabka beteiligt gewesen waren, auf einem mit Panzerabwehreinrichtungen ausgestatteten Pickup Streife und kontrollierte Fahrzeuge und deren Insassen. Dabei besaß er - wie er wusste - nicht die für den Umgang mit Panzerabwehreinrichtungen erforderliche Erlaubnis. Darüber hinaus nahm er zusammen mit zwei weiteren bewaffneten Mitgliedern einen Dieb fest und übergab ihn Al. .
Der Angeschuldigte war nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug, das Unrecht seiner Taten einzusehen.
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
aa) Hinsichtlich der außereuropäischen Vereinigung „Liwa Owais Al Qorani“ beruht er auf dem Auswertebericht des Bundeskriminalamts vom 5. April 2017, der Zusammenfassung der Internetrecherche des Landeskriminalamts Baden-Württemberg vom 21. März 2017, Propagandavideos sowie dem Gutachten des Islamwissenschaftlers Dr. St. vom 19. Februar 2018, das bei der Prüfung des dringenden Tatverdachts zumindest insoweit Verwendung finden kann, als es nicht auf den Angaben des Zeugen S., eines Bruders des Angeschuldigten, beruht. S. hatte in seinem eigenen Strafverfahren auch zum Aufbau und der Struktur der „Liwa Owais Al Qorani“ Angaben gemacht. Er beruft sich zwischenzeitlich indes auf sein Zeugnisverweigerungsrecht aus § 52 StPO. Nachdem sich das Gutachten des Sachverständigen Dr. St. in weiten Teilen (auch) auf andere Quellen stützt, kann es - ungeachtet der Frage der Verwertbarkeit der Angaben des S. und der vorsorglich durch die Generalstaatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen neuen Begutachtung - zur Begründung des dringenden Tatverdachts weiterhin zumindest in dem genannten Umfang herangezogen werden.
bb) Betreffend die dem Angeschuldigten zur Last gelegten Taten ergibt sich der dringende Tatverdacht im Wesentlichen aus seinen eigenen Einlassungen. Wegen der Einzelheiten wird auf die ausführliche Darstellung in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 17. April 2019 Bezug genommen. Auch anlässlich der Haftbefehlseröffnung vor dem Ermittlungsrichter des Oberlandesgerichts München am 23. November 2018 räumte der Angeschuldigte ein, „Teil dieser Einheit“ gewesen zu sein. Die Einlassung des Angeschuldigten wird gestützt durch die Ergebnisse der Auswertung seines am 8. Juni 2017 sichergestellten Handys, auf dem unter anderem Bilder gespeichert sind, die ihn in Kampfpositionen zeigen. Auch insoweit wird - wie auch betreffend die übrigen Beweismittel - auf die Ausführungen in der Anklageschrift verwiesen.
Hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeschuldigten ergibt sich der dringende Tatverdacht aus dem forensischen Gutachten des Sachverständigen Dr. Hu. vom 13. April 2019.
c) Der Angeschuldigte hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in zwei tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen strafbar gemacht (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3, §§ 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKG i.V.m. Teil B Nr. 37 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG, §§ 1, 3 JGG).
aa) Bei der „Liwa Owais Al Qorani“ handelte es sich um eine ausländische terroristische Vereinigung i.S.d. § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Satz 1 StGB.
Anwendung findet dabei der Vereinigungsbegriff der §§ 129, 129a StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung vom 22. Dezember 2003 (§ 2 Abs. 1, 3 StGB). Unter einer Vereinigung im Sinne der §§ 129, 129a StGB aF ist ein auf gewisse Dauer angelegter organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen zu verstehen, die bei Unterordnung des Willens des einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; s. etwa BGH, Urteil vom 11. Oktober 1978 - 3 StR 105/78, BGHSt 28, 147 ff.; Beschlüsse vom 2. Februar 1983 - 3 StR 313/82, BGHSt 31, 239, 240; vom 30. Juni 1999 - StB 5/99, NStZ 1999, 503, 504). Mit Blick auf die hierarchische Struktur der „Liwa Owais Al Qorani“ und das gemeinsame Ziel ihrer Mitglieder, das Assad-Regime zu stürzen, stellt diese eine Vereinigung i.S.d. §§ 129, 129a StGB aF dar. Nachdem die „Liwa Owais Al Qorani“ zur Erreichung ihrer Ziele die Tötung von Angehörigen des Assad-Regimes zumindest billigend in Kauf nahm, liegt auch die terroristische Ausrichtung nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB vor (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juni 1999 - StB 5/99, NStZ 1999, 503, 504).
Spätestens durch seine Tätigkeit bei der „Polizeieinheit“ beteiligte sich der Angeschuldigte als aktives Mitglied der „Liwa Owais Al Qorani“. Ihm war dabei bewusst, dass er für eine Rebellenorganisation tätig ist, die staatliche Stellen unter anderem durch die Begehung von Tötungsdelikten bekämpft.
bb) Die auf dem Pickup montierten Panzerabwehreinrichtungen stellen Kriegswaffen im Sinne von § 1 Abs. 1 KrWaffKG i.V.m. Teil B Nr. 37 der Anlage zu § 1 Abs. 1 KrWaffKG dar. Auf diese konnte der Angeschuldigte jederzeit Zugriff nehmen und hatte deshalb insoweit jedenfalls Mitbesitz.
cc) Zwischen den Straftatbeständen der Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Kriegswaffen (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKG) und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§§ 129a, 129b StGB) besteht Tateinheit (vgl. MüKoStGB/Schäfer, 3. Aufl., § 129 Rn. 144). Die weiteren in einer tatbestandlichen Handlungseinheit zusammengefassten mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlungen des Angeschuldigten in Form seiner über die Patrouillenfahrt hinausgehenden Tätigkeit für den „Polizeidienst“ der „Liwa Owais Al Qorani“ sind rechtlich als weiterer hierzu in Tatmehrheit stehender Fall der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu werten (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308).
Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Hinsichtlich des Vereinigungsdelikts folgt dies jedenfalls aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 4 StGB, weil sich der Beschuldigte in Deutschland befindet (zum Strafanwendungsrecht einer Straftat nach § 129b StGB siehe im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.). Hinsichtlich des Verstoßes gegen § 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKG folgt die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 StGB. Das Führen und Besitzen von Waffen ohne die dazu erforderliche Genehmigung ist gemäß § 41 des Präsidialerlasses Nr. 51 vom 24. September 2011 auch in Syrien unter Strafe gestellt. Sofern eine Waffe besessen wird, um damit einen Terrorakt zu begehen, stellt § 5 des syrischen Anti-Terror-Gesetzes Nr. 19 vom 28. Juni 2012 den Besitz von Waffen unter Strafe. Entsprechend dem Schreiben des Bundesamtes für Justiz vom 19. Mai 2016 (III 1 - 9351 E - S 9 - B 2 1091/2016) findet derzeit ein Auslieferungsverkehr mit Syrien nicht statt. Sollte der Tatort keiner Strafgewalt unterliegen, da aufgrund des Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung keine effektive Hoheitsgewalt mehr ausgeübt werden kann, ergäbe sich die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts aus der zweiten Alternative des ersten Halbsatzes von § 7 Abs. 2 StGB.
Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2, 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung der Vereinigung „Liwa Owais Al Qorani“ liegt vor.
Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München ist gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG, § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB gegeben.
2. Es besteht jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität gemäß § 112 Abs. 3 StPO. Der Angeschuldigte ist einer Straftat nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB dringend verdächtig. Es sind ferner Umstände gegeben, welche die Gefahr begründen, dass die Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Angeschuldigten vereitelt werden könnte, so dass die Fortdauer der Untersuchungshaft auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Vorschrift auf den Haftgrund der Schwerkriminalität gestützt werden kann (BGH, Beschlüsse vom 22. September 2016 - AK 47/16, juris Rn. 26; vom 24. Januar 2019 - AK 57/18, juris Rn. 33 ff.).
Der Angeschuldigte hat im Fall seiner Verurteilung mit der Verhängung einer empfindlichen Jugendstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Er hat weder tragfähige soziale Bindungen von fluchthinderndem Gewicht in Deutschland, noch geht er einer Erwerbstätigkeit nach. Mit Ausnahme eines Bruders, der sich derzeit in Haft befindet, lebt die gesamte Familie des Angeschuldigten in Syrien.
Ob daneben auch der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) besteht, kann für das Haftprüfungsverfahren offen bleiben.
Der Zweck der Untersuchungshaft kann nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO).
3. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor.
Der Umfang und die Schwierigkeiten der Ermittlungen haben ein Urteil innerhalb von sechs Monaten seit der Inhaftierung des Angeschuldigten noch nicht zugelassen. Das Ermittlungsverfahren ist unmittelbar nach dessen Einleitung am 11. Oktober 2018 durch den Generalbundesanwalt an die Generalstaatsanwaltschaft München abgegeben worden. Dort ist sogleich der Erlass des schließlich am 5. November 2018 ergangenen Haftbefehls beantragt worden. Dieser ist am 23. November 2018 vollzogen worden. Zeitgleich damit sind drei Mobiltelefone sichergestellt worden. Diese enthalten einen erheblichen Umfang an Text- und Audiodateien in arabischer Sprache, die gesichtet und übersetzt haben werden müssen. Auf eine beschleunigte Auswertung der Asservate ist stets mit Nachdruck hingewirkt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft hat am 30. April 2019 Anklage zum Oberlandesgericht München erhoben. Unmittelbar nach Eingang der Anklageschrift hat der Vorsitzende des 7. Strafsenats die Zustellung derselben verfügt und dem Angeschuldigten gemäß § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO eine angemessene Frist zur Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen eingeräumt.
In Anbetracht dessen ist das Verfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
4. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dies gilt auch mit Blick auf die gesundheitlichen Beschwerden des Angeschuldigten und des Umstandes, dass dieser zur Tatzeit nicht ausschließbar Jugendlicher war und die gegenständlichen Tatvorwürfe ausschließlich auf seinen Angaben beruhen.
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 815
Bearbeiter: Christian Becker