HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 601
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, StB 9/17, Beschluss v. 19.04.2017, HRRS 2017 Nr. 601
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 9. Februar 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
I. Der Beschuldigte befindet sich seit dem 9. Februar 2017 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom selben Tage (5 BGs 56/17) in Untersuchungshaft.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe, teils als strafrechtlich verantwortlicher Jugendlicher, teils als Heranwachsender, in den Jahren 2013 bis 2015 in Afghanistan in drei Fällen sich als Mitglied an den „Taliban“ und damit an einer Vereinigung im Ausland beteiligt, deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen, und jeweils tateinheitlich die tatsächliche Gewalt über Kriegswaffen ausgeübt, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht habe oder eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen erstattet worden sei, sowie hierzu tateinheitlich in einem Fall versucht, gemeinschaftlich mit anderen aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln Menschen in einer bislang nicht bekannten Anzahl zu töten, und dazu in einem weiteren Fall tateinheitlich gemeinschaftlich mit anderen aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln einen Menschen getötet und tateinheitlich hierzu versucht, aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zwei weitere Menschen zu töten, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, §§ 211, 22, 52, 53 StGB, § 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG, §§ 1 ff., 32, 105 ff. JGG.
Der Beschuldigte hat mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 22. März 2017 Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund einer Tätigkeit für den afghanischen Geheimdienst stünden die Rechtswidrigkeit seines Tuns und seine Schuld in Frage. Bezüglich des Mordvorwurfs bestünden Zweifel an seiner Beteiligung an den Tötungshandlungen. Jedenfalls seien die Mordmerkmale des niedrigen Beweggrundes und der Heimtücke nicht gegeben. Schließlich bestehe keine konkrete Fluchtgefahr, der nicht auch durch Auflagen begegnet werden könne. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. März 2017 (5 BGs 88/17) mit näherer Begründung nicht abgeholfen. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Beschwerde aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung zu verwerfen.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Der Beschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.
a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
aa) Die in Afghanistan operierenden „Taliban“ haben sich - von radikalreligiösen Anschauungen geleitet - zum Ziel gesetzt, alle ausländischen Streitkräfte vom Gebiet Afghanistans zu vertreiben und auf dem gesamten Staatsgebiet einen islamischen Staat unter Geltung der Scharia als einziger Rechtsgrundlage zu errichten; dabei nehmen sie auch zivile Opfer in Kauf.
Die Organisation ist streng hierarchisch organisiert. An ihrer Spitze steht der uneingeschränkte politisch-religiöse Führer, der gleichzeitig auch militärischer Befehlshaber ist. Dabei handelte es sich zunächst um Mullah Mohammad Omar Mudjahed, der nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen entweder im Jahr 2013 oder 2015 starb. Sein Nachfolger Maulawi Akhtar Muhammad Mansur kam am 21. Mai 2016 bei einem amerikanischen Drohnenangriff im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan ums Leben. Aktueller Anführer der Organisation ist Maulwai Haibatallah Akhundzada, der von Sirajuddin Haqqani und Maulawai Muhammad Ya´qub (Sohn des ersten Führers Mullah Omar) vertreten wird.
In die Entschlussfassungen der Führung maßgeblich eingebunden ist ein Schura-Rat. Er besteht aus den - gegenwärtig etwa 22 - höchsten militärischen Kommandeuren und nichtmilitärischen Vertretern, von denen einzelne für verschiedene Aufgabenbereiche wie „Politik“, „Militär“, „Finanzen“, „Angelegenheiten der Gefangenen“ oder „Öffentlichkeitsarbeit“ verantwortlich sind. Dem Schura-Rat sind zudem zehn Kommissionen angegliedert, in denen über spezielle Themen beraten wird.
Die „Taliban“ verfügen über eine Vielzahl von Kämpfern auf der untersten Hierarchieebene, die teilweise von lokalen Paschtunen-Stämmen organisiert sind und als Kampfverbände handeln. Für die Planung und Durchführung der militärischen Operationen, die Rekrutierung von Mudschahedin in Afghanistan und die Ausbildung der Kämpfer in Trainingslagern ist die Kommission für militärische Angelegenheiten zuständig, der die Militärführer aller afghanischen Provinzen angehören.
Zur Umsetzung ihrer Ziele begehen die „Taliban“ - räumlich auf das Staatsgebiet von Afghanistan beschränkt - Selbstmordattentate, Minen- und Bombenanschläge, Entführungen, Geiselnahmen und gezielte Tötungen. Angriffsziele sind sowohl die ausländischen „Invasoren“, insbesondere die früheren ISAF-Kräfte, als auch die politischen und religiösen Führer des afghanischen Staates, die afghanische Armee sowie die Polizei. Bei den Aktionen der „Taliban“, die über moderne Waffen und Kommunikationsmittel verfügen, kommt es häufig auch zu zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung, die von den „Taliban“ zu Propagandazwecken genutzt werden.
Die „Taliban“ finanzieren sich auf lokaler Ebene sowohl durch Spenden und Sachmittel der örtlichen Stammesstrukturen und religiösen Gemeinschaften als auch durch kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel, Schutzgelderpressungen und Entführungen. Auf überregionaler Ebene bildet neben Spenden aus dem In- und Ausland der Drogenhandel die Haupteinnahmequelle der Organisation.
bb) Der Beschuldigte schloss sich den „Taliban“ im April oder Mai des Jahres 2013 an. Er gehörte zu einer im Dorf Sijawand, Distrikt Barakibarak, Provinz Logar, stationierten Gruppe. Diese bestand aus etwa 20 Kämpfern und wurde von einem Kommandanten mit dem Namen K. angeführt. Der Beschuldigte erhielt eine russische Pistole TT und ein Schnellfeuergewehr AK 47 (Kalaschnikow) mit dazugehöriger Munition sowie zwei Handgranaten und führte diese Gegenstände regelmäßig mit sich. Zugleich wurde er im Umgang mit den Waffen ausgebildet und erhielt ein Schießtraining. U.a. transportierte er mehrfach für die Vereinigung fernzündbare Magnetbomben.
In den Jahren 2013 und 2014 nahm der Beschuldigte in mindestens zwei Fällen jeweils im Auftrag des örtlichen „Taliban"-Kommandanten mit weiteren Angehörigen seiner „Taliban"-Gruppe sowie Kämpfern anderer Gruppen an Kampfeinsätzen gegen afghanische Regierungstruppen und amerikanische Soldaten teil. Dabei gab er jeweils zahlreiche Schüsse mit dem Schnellfeuergewehr des Typs AK 47 (Kalaschnikow) in die Richtung der Angegriffenen ab.
Der erste Angriff ereignete sich etwa Ende des Jahres 2013 in der Nähe der Ortschaft Pole Jogi. Der Beschuldigte, zwei weitere Mitglieder seiner „Taliban"-Gruppe und weitere „Taliban"-Kämpfer attackierten vom Straßenrand aus einen auf der Hauptstraße zwischen Pole Jogi und Wardak befindlichen Konvoi. Dieser bestand aus einem Ranger, einem afghanischen Panzerwagen sowie mit amerikanischen Soldaten besetzten Panzern. Der Beschuldigte feuerte etwa 30 Schüsse auf die Angegriffenen ab. Ob durch den Angriff afghanische oder amerikanische Soldaten verletzt oder getötet wurden, steht bislang noch nicht fest.
Der zweite Angriff fand etwa Anfang des Jahres 2014 statt. Der Beschuldigte und ungefähr 20 Mitkämpfer seiner Gruppierung und anderer „Taliban"-Gruppen nahmen einen Konvoi, der aus acht bis neun amerikanischen Panzerwagen bestand, auf der Hauptstraße zwischen Barakibarak und Logar im Bereich Galeh Patkhabi unter Beschuss, nachdem sie sich zuvor in einer Kurve hinter Bäumen versteckt hatten. Dabei verwendeten sie eine Panzerfaust und Schnellfeuergewehre des Typs AK 47 (Kalaschnikow). Der Beschuldigte gab mit seinem Schnellfeuergewehr mindestens 20 Schüsse in Richtung der Fahrzeuge ab. Bei dem Angriff wurde mindestens ein amerikanischer Soldat getötet; zwei weitere wurden verletzt.
Etwa vier Wochen, nachdem der Beschuldigte sich den „Taliban“ angeschlossen hatte, wurde er als Informant für den afghanischen Geheimdienst angeworben und war seitdem auch für diesen tätig. Seine diesbezügliche Tätigkeit wurde von den „Taliban“ entdeckt. Daraufhin flüchtete der Beschuldigte im Jahr 2015 zunächst nach Pakistan. Von dort kam er über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien und weiter über die sog. Balkanroute nach Deutschland. Hier stellte er einen Asylantrag.
b) Der dringende Tatverdacht beruht im Hinblick auf die terroristische Vereinigung der „Taliban“ auf den diesbezüglichen Auswerteberichten des Bundeskriminalamtes, insbesondere demjenigen vom 15. Dezember 2012, zuletzt fortgeschrieben unter dem 6. Dezember 2016 (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. Januar 2017 - StB 40/16, juris Rn. 7 ff.).
Hinsichtlich der mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlungen des Beschuldigten einschließlich seiner Teilnahme an den Kampfeinsätzen ergibt sich der dringende Tatverdacht aus dessen Einlassung bei seiner polizeilichen Vernehmung vom 8. Februar 2017, mit der er seine Angaben in der Anhörung gemäß § 25 AsylG vom 5. September 2016 bestätigt und präzisiert hat. Der Beschuldigte hat insbesondere seinen Anschluss an die „Taliban“ und seine Tätigkeiten für diese Organisation einschließlich seiner Teilnahme an den beiden geschilderten Angriffen auf die Fahrzeugkolonnen in sich schlüssig geschildert und dabei zahlreiche Details benannt. Dazu hat er Lichtbilder vorgelegt, die zu seinen Angaben passen. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen besteht deshalb kein Anlass, an der Glaubhaftigkeit seiner Einlassung zu zweifeln, auch wenn diese bisher nicht durch weitere Beweismittel bestätigt worden ist. Dies gilt ebenfalls, soweit der Beschuldigte Angaben zu Opfern bei dem zweiten von ihm geschilderten Angriff gemacht hat. Insoweit begründet seine Einlassung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein amerikanischer Soldat ums Leben kam und zwei weitere verletzt wurden, auch wenn seine diesbezüglichen Angaben nicht auf eigener Wahrnehmung sondern auf einer entsprechenden Mitteilung nach dem Kampfgeschehen beruhen.
Der Senat hat bei seiner Haftentscheidung nicht weitergehend darüber zu befinden, ob die bisher allein vorliegenden Angaben des Beschuldigten, insbesondere zu den geschilderten Überfällen, genügen, um gegebenenfalls eine die Verurteilung tragende richterliche Überzeugung zu begründen. Dies bleibt gegebenenfalls den weiteren Ermittlungsergebnissen und dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme vorbehalten.
c) Danach hat sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB, §§ 1, 3 JGG). Er ist zudem dringend verdächtig, tateinheitlich hierzu die tatsächliche Gewalt über eine Kriegswaffe ausgeübt zu haben, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht oder eine Anzeige nach § 12 Abs. 6 Nr. 1 oder § 26a KWKG erstattet worden ist (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 KWKG, §§ 1, 3 JGG). Bei dem Schnellfeuergewehr AK 47 (Kalaschnikow) handelt es sich um ein vollautomatisches Sturmgewehr und damit um eine Kriegswaffe im Sinne des § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. Anlage Teil B, Abschnitt V, Nr. 29 Buchst. c.
Die Teilnahme des Beschuldigten an dem Überfall Ende des Jahres 2013 bei Pole Jogi begründet den dringenden Verdacht, tateinheitlich zu den bereits genannten Delikten gemeinschaftlich mit anderen einen versuchten Mord begangen zu haben (§§ 211, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB, §§ 1, 3 JGG). Durch seine Mitwirkung an dem Angriff etwa zu Beginn des Jahres 2014 zwischen Barakibarak und Logar hat der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit neben den dargelegten Delikten als Mittäter tateinheitlich einen Mord sowie einen versuchten Mord begangen (§§ 211, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB, §§ 1, 3 JGG). Aufgrund der gehaltvollen Angaben des Beschuldigten ist der Tatverdacht insoweit jeweils auch ausreichend konkretisierbar (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2015 - StB 15/15, NStZ 2016, 745, 746). Bei beiden Überfällen wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit jedenfalls das Mordmerkmal der Heimtücke verwirklicht. Dem steht nach derzeitiger Beweislage nicht entgegen, dass die Überfallenen als in Afghanistan stationierte Soldaten mit einem Angriff rechnen konnten oder mussten; denn ein berufs- bzw. rollenbedingtes „generelles Misstrauen“ führt als solches noch nicht zum dauerhaften Ausschluss der Arglosigkeit (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 211 Rn. 37a mwN). Es kann deshalb offenbleiben, ob daneben ein dringender Tatverdacht bezüglich weiterer Mordmerkmale gegeben ist.
Die anlässlich der beiden Überfälle vorgenommenen Handlungen stehen sowohl untereinander als auch zu der Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte in Tatmehrheit (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308, 311 f., 319 f.).
Nach dem Stand der Ermittlungen ist mangels entgegenstehender Umstände davon auszugehen, dass der Beschuldigte nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug war, das Unrecht seines Handelns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Der Umstand, dass der Beschuldigte, der sich aus eigenem Antrieb und eigener Überzeugung den „Taliban“ anschloss, an Waffen ausgebildet wurde und später an Kampfhandlungen teilnahm, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als Informant für den afghanischen Geheimdienst tätig war, führt nicht zur Straflosigkeit seiner Handlungen. Nach deutschem Recht vermögen Tätigkeiten für einen Geheimdienst in diesem Zusammenhang begangene Straftaten, sofern keine spezielle Norm eingreift (vgl. etwa § 9a BVerfSchG), allenfalls in einem - hier offensichtlich nicht vorliegenden - Ausnahmefall und sehr engen Grenzen nach § 34 StGB zu rechtfertigen (vgl. Hofmann/Ritzert, NStZ 2014, 177, 180 mwN). Das Vorliegen eines Entschuldigungsgrundes ist ebenfalls nicht ersichtlich.
d) Deutsches Strafrecht ist anwendbar. Der Beschuldigte hielt sich vor seiner Festnahme in Deutschland auf. Da zurzeit ein Auslieferungsverkehr mit Afghanistan nicht stattfindet und nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen entsprechend den Ausführungen in dem angefochtenen Haftbefehl, auf die der Senat Bezug nimmt, davon auszugehen ist, dass die Handlungen des Beschuldigten auch nach afghanischem Recht strafbar sind, ohne dass ein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund eingreift, ergibt sich die Anwendbarkeit des deutschen Rechts für alle in Betracht kommenden Delikte bereits aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Es kann deshalb weiterhin offen bleiben, ob die Anwendbarkeit der §§ 129, 129a StGB ausschließlich aus § 129b Abs. 1 StGB folgt oder ob mit der herrschenden Meinung anzunehmen ist, dass auch für die Vereinigungsdelikte daneben die §§ 3 ff. StGB ihre Geltung behalten (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
e) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten des Beschuldigten im Zusammenhang mit der Vereinigung der „Taliban“ liegt vor.
2. Es besteht, wie in dem Haftbefehl sowie in der Nichtabhilfeentscheidung des Ermittlungsrichters zu Recht ausgeführt ist, jedenfalls der Haftgrund der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO i.V.m. § 2 Abs. 2, § 72 JGG); denn der Beschuldigte ist der Begehung von Straftaten nach den § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1, § 211 StGB dringend verdächtig.
Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung auch mit Blick etwa auf sein Alter, die konkreten Tatumstände sowie seine Lebensumstände in Deutschland mit nicht unerheblichem Freiheitsentzug zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen auch bei angemessener Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens keine fluchthindernden Umstände entgegen, die derart gewichtig sind, dass sie die Fluchtgefahr ausschließen. Deshalb ist mit dem Ermittlungsrichter anzunehmen, dass die Gefahr begründet ist, die Ahndung der Tat könnte ohne die weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden. Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 StPO liegen somit auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung der Vorschrift (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) vor. Vor diesem Hintergrund kommen mildere Maßnahmen, etwa die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls, nicht in Betracht.
3. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft auch unter Berücksichtigung der besonderen Belastungen, die dieser für den Beschuldigten zur Folge hat, nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO, § 72 Abs. 1 Satz 2 JGG).
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 601
Bearbeiter: Christian Becker