HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 739
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, AK 28/17, Beschluss v. 14.06.2017, HRRS 2017 Nr. 739
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.
Der Beschuldigte wurde am 22. November 2016 aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2016 (5 BGs 369/16) festgenommen. Er befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.
Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe die außereuropäische terroristische Vereinigung „Ahrar al Sham“ dadurch unterstützt, dass er im Juli 2013 vier Zielfernrohre beschaffte, die zwischen dem 16. August und dem 21. September 2013 nach Syrien zur Ahrar al Sham transportiert wurden.
Auf die mündliche Haftprüfung am 20. April 2017 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 24. April 2017 (5 BGs 125/17) den Haftbefehl mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beschuldigte nicht der Lieferung von vier Zielfernrohren, sondern von vier Ferngläsern der Marke Carl Zeiss dringend verdächtig ist, und den weiteren Vollzug angeordnet.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vorgeworfenen Tat dringend verdächtig.
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
aa) Die Vereinigung Ahrar al Sham
(1) Die Ahrar al Sham ist aus den im Jahr 2011 gegründeten „Kata'ib Ahrar al Sham“ („Brigaden der Freien von Großsyrien“) hervorgegangen, die sich Ende des Jahres 2012 dem Bündnis „Al Jabha al Islamiya as Suriya“ („Syrisch-Islamische Front“) anschloss. Nach der damaligen Verlautbarung war Ziel der Organisation der Sturz des Assad-Regimes; mit militärischen und zivilen Mitteln sollte eine islamische Gesellschaft entstehen, die gemäß den Regeln der Sharia regiert werden sollte. Nicht-Muslime wurden indes nicht als Feinde bezeichnet, in der militärischen Auseinandersetzung sollten Zivilisten geschont werden.
Ende Januar 2013 schlossen sich die „Kata'ib Ahrar al Sham“ mit drei anderen Gruppierungen zur Ahrar al Sham zusammen. In dem dazu veröffentlichten Video mit dem Titel „Gründungserklärung der Harakat Ahrar al Sham al Islamiya“ wurde nunmehr eine streng islamische Ausrichtung der Organisation betont. Ende November 2013 löste sich die „Syrisch-Islamische Front“ auf und gab zugleich die Gründung eines neuen, umfassenderen Bündnisses mit dem Namen „Islamische Front“ bekannt, als dessen Ziele der Sturz des Assad-Regimes und die Gründung eines „rechtgeleiteten islamischen Staates“ unter der Geltung der Sharia in ihrer radikalislamistischen Ausrichtung benannt wurden. Die Ahrar al Sham wurde in der Erklärung als Gründungsmitglied bezeichnet; sie blieb als eigenständige Vereinigung innerhalb des Bündnisses gleichwohl bestehen.
(2) Ziel der Ahrar al Sham ist nach wie vor in erster Linie der Sturz des Assad-Regimes. Im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen, in denen von Toleranz gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen die Rede war, wird nunmehr eine salafistische Ausrichtung der Organisation betont, die den Schutz des Islam und die Errichtung einer Gesellschaftsordnung unter dem Gesetz der Sharia als weitere Ziele definiert. Korrespondierend mit den teilweise engen Bindungen der Ahrar al Sham zu etwa der Jabhat al Nusra und zum Teil auch dem Al Qaida-Netzwerk sind die Ziele der Ahrar al Sham von denen dieser jihadistisch ausgerichteten Gruppierungen nicht klar abzugrenzen: So akzeptiert die Ahrar al Sham die derzeitigen Grenzen des syrischen Staates nicht und beabsichtigt dementsprechend, den islamischen Staat, dessen Errichtung sie anstrebt, über die Grenzen des heutigen Syriens hinaus auszudehnen. Eine politische Lösung des Konflikts lehnt die Organisation ab, der bewaffnete Kampf wird als einzige Möglichkeit angesehen. Das politische System des zu schaffenden Staates soll auf der Basis der Sharia autoritär geprägt sein, Säkularismus und Demokratie sieht die Ahrar al Sham als Übel an, die in ihrem Staat keinen Platz hätten. Dem allgemeinen Ziel der Al Qaida, einen transnationalen islamischen Staat zu schaffen, stimmt die Vereinigung zu, wenn sie auch die Auffassung vertritt, dass bei der Erreichung dieses Ziels Realismus und Geduld von Nöten seien.
(3) Im Lauf des Jahres 2013 wurde die Ahrar al Sham mit 10.000 bis 20.000 Kämpfern zur stärksten Gruppierung innerhalb des syrischen Aufstands. Sie setzt im Kampf gegen das Assad-Regime in erster Linie militärische Mittel und Einsatztaktiken ein. Selbstmordattentate lehnt sie zwar ab, arbeitete aber bei Operationen mit der Jabhat al Nusra zusammen, deren Kämpfer dabei Selbstmordanschläge begingen. Bereits seit dem Jahr 2012 war sie bzw. ihre Vorgängerorganisation - häufig in enger Zusammenarbeit mit Gruppierungen der späteren Islamischen Front - an fast allen wichtigen Operationen der syrischen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der Offensive in der Stadt Aleppo im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt Raqqa im März 2013, in Zusammenarbeit mit der Jabhat al Nusra, dem „Islamischen Staat im Irak und Syrien“ und anderen jihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Provinz Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von Aleppo, an dem wiederum auch die Jabhat al Nusra und weitere jihadistische Vereinigungen teilnahmen. Seit März 2015 besteht ein dauerhaftes militärisches Zweckbündnis mit der Jabhat al Nusra.
(4) An der Spitze der Organisation stand bis September 2014 als politischer Führer Hassan Abboud, der im Juni 2013 in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al Jazeera an die Öffentlichkeit trat und sich ausführlich zur Ahrar al Sham und ihren Zielen äußerte. Nachdem Abboud mit anderen Führungspersönlichkeiten der Vereinigung am 9. September 2014 getötet worden war, setzte der Shura-Rat der Organisation bereits am Tag nach seinem Tod mit Hashim al Sheikh (Kampfname: Abu Dschabir) einen Nachfolger für ihn ein und mit Abu Salih Tahhan den Nachfolger für den ebenfalls getöteten bisherigen Militärverantwortlichen Abu Talha. Seit September 2015 führt Abu Yahia al Hamawi (alias Mohannad al Masri) die Ahrar al Sham. Die zentrale Führung der Ahrar al Sham besteht aus einem Shura-Rat sowie Büros für Militär, Religion, Finanzen, humanitäre Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation verfügt nach eigenen Angaben über ein eigenes Medienbüro, das die diversen Videoveröffentlichungen erstellt; Verlautbarungen sowie Bekenner- und Propagandavideos werden sowohl über soziale Netzwerke, als auch über die eigene Internetpräsenz verbreitet. Als weitere Führungsebene fungieren die Anführer in den einzelnen syrischen Provinzen. Die Mitglieder der Vereinigung stammen überwiegend aus Syrien, in einigen Fällen auch aus anderen Ländern. Die Kampfeinheiten sind überwiegend mit erbeuteten ehemaligen Beständen der syrischen Armee bewaffnet. Die Organisation verfügt über koordinierende Befehlsstrukturen; die Anweisungen und Planungen der höheren Ebenen werden durch die nachgeordneten Teile umgesetzt.
bb) Die Tathandlungen des Beschuldigten
Der Beschuldigte unterstützte die Ahrar al Sham in Kenntnis der Ziele und Methoden der Organisation im Juli 2013 dadurch, dass er in Kenntnis des Bestimmungsortes für den Mitbeschuldigten A. vier Ferngläser der Marke Carl Zeiss beschaffte, die dieser sodann zwischen dem 16. August und dem 21. September 2013 nach Syrien zur Ahrar al Sham transportierte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 31. Oktober 2016 Bezug genommen.
b) Der dringende Tatverdacht folgt, soweit er die Vereinigung Ahrar al Sham betrifft, aus öffentlich zugänglichen Quellen und den vorliegenden Strukturerkenntnissen zu dieser Organisation. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen insbesondere auf die Gutachten des Sachverständigen Dr. St. vom 19. Februar 2015 und vom 21. März 2016 (vorläufige SA Bd. 1, Fach „Struktur der Ahrar al Sham“) und den Auswertebericht des Bundeskriminalamts vom 1. November 2015 (vorläufige SA Bd. 1, Fach „Struktur der Ahrar al Sham“).
Betreffend die Tathandlung des Beschuldigten ergibt sich der dringende Tatverdacht aus der Einlassung des Beschuldigten und den weiteren Ermittlungsergebnissen:
Der Beschuldigte hat in der richterlichen Vernehmung vom 22. November 2016 (Haftsachakte Ha., Bl. 27 ff.) eingeräumt, vier Ferngläser, die er aus dem Internet bezogen habe, an den Mitbeschuldigten A. verkauft und damit Gewinn gemacht zu haben; 30 weitere Ferngläser habe er an eine ihm unbekannte Person verkauft. Dabei sei ihm klar gewesen, dass die Ferngläser nach Syrien gehen. Ihm sei nicht bekannt, dass der Mitbeschuldigte A. bei der Ahrar al Sham organisiert sei. An dieser Vereinigung könne er nichts Böses sehen; ihre Mitglieder seien einfache Leute, die sich verteidigen, nicht besonders religiös und gemäßigte Kämpfer seien. Die Ahrar al Sham kämpfe nur gegen das Regime von Assad. Er habe immer für Menschenrechte gekämpft und dabei zum Teil Frau und Kinder vernachlässigt. Bei der Lieferung der Ferngläser sei ihm nicht klar gewesen, dass diese für militärische Zwecke genutzt werden; er habe gedacht, sie seien für die Menschen, damit diese beobachten können, ob ein Angriff droht oder ein Rettungsfahrzeug kommt.
Soweit der Beschuldigte die Vorwürfe bestreitet, ergibt sich der dringende Tatverdacht aus der Auswertung der durch das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellten Audio-Files aus vorangegangenen Maßnahmen nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (vorläufige SA Bde. 3 bis 5, Inhalte aus G-10-Maßnahmen; Zusammenfassender Bericht des Bayerischen Landeskriminalamts vom 18. Juni 2015, vorläufige SA Bd. 1 Fach Verfahrensgang) sowie den bei dem Beschuldigten und bei Mitbeschuldigten sichergestellten Datenträgern und Notizen, deren Auswertung andauert. Weitere belastende Hinweise sind den Angaben des Mitbeschuldigten H. (Vernehmung vom 22. November 2016, vorläufige SA Bd. 2 Fach Vernehmungen) zu entnehmen, der lediglich Hilfslieferungen nach Syrien organisiert haben will.
Aus den Auswertungen der bei den (Mit-)Beschuldigten sichergestellten Gegenständen ergeben sich zusätzliche Hinweise: So wurden handschriftliche Notizen des Mitbeschuldigten A. mit Auflistungen der Ausgaben für Tages- und Nachtferngläser sowie Zahlungen der mutmaßlichen Empfänger sichergestellt; neben dem Namen eines Empfängers bei der Ahrar al Sham fand sich das Wort „Scharfschützenfernglas“. Hinsichtlich des Mitbeschuldigten S. und des Mitbeschuldigten H. ergaben sich aus der Asservatenauswertung Anhaltspunkte für zahlreiche Transporte von Ausrüstungsgegenständen nach Syrien, die teilweise unter falschem Namen beschafft worden waren.
2. Es besteht nach alledem der dringende Tatverdacht, dass sich der Beschuldigte wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB strafbar gemacht hat.
a) Die Gruppierung Ahrar al Sham stellt sich nach den vorliegenden Erkenntnissen dar als auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen, mithin als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB (st. Rspr.; etwa BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 221 mwN). Ihre Zwecke und ihre Tätigkeit sind darauf gerichtet, Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB) zu begehen, wobei die Opfer nicht nur Soldaten des von ihr bekämpften Assad-Regimes sind, sondern - wie etwa die Massaker in alawitischen Dörfern zeigen - auch Zivilisten zu ihren Zielen gehören.
Selbst eine angenommene Ausrichtung allein auf die Bekämpfung der syrischen Regierungstruppen würde nichts an dieser Einordnung ändern, da weder völkervertragsrechtliche noch völkergewohnheitsrechtliche Grundsätze die Kampfhandlungen gegen deren Soldaten zu rechtfertigen vermögen.
b) Der Beschuldigte hat diese Vereinigung durch die Lieferung von vier Ferngläsern unterstützt.
c) Deutsches Strafrecht ist anwendbar (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
d) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der Ahrar al Sham, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten, hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 25. Juli 2014 erteilt (Aktenzeichen II B 1 4030 E [1027] 21 1158/2013).
3. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Durch weniger einschneidende Maßnahmen als den Haftvollzug kann der Zweck der Untersuchungshaft nach wie vor nicht erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
Die Gesamtwürdigung der Umstände des Falles macht es wahrscheinlicher, dass sich der Beschuldigte - würde er aus der Haft entlassen - dem Strafverfahren entzieht, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde. Der Beschuldigte ist aufgrund der bisherigen Ermittlungen bei der Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen für die Ahrar al Sham tätig geworden; die Unterstützung ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht (§ 129a Abs. 5 Satz 1 StGB). Er hat daher mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen, die einen erheblichen Fluchtanreiz bietet.
Fluchthemmende Umstände, die geeignet sind, dem von der zu erwartenden Freiheitsstrafe ausgehenden Fluchtanreiz hinreichend entgegenzuwirken, liegen nicht vor. Zwar lebt der Angeklagte, der als freiberuflicher Ingenieur tätig ist, seit geraumer Zeit mit seiner Ehefrau und vier Kindern in Deutschland; die Familie ist hier sozial integriert und bemühte sich um den Erwerb eines Eigenheims. Der Beschuldigte selbst hat aber eingeräumt, seine Familie vernachlässigt zu haben, während er „für die Menschenrechte gekämpft“ habe; als Syrer sei es seine Pflicht, die Gewalt des Regimes zu stoppen (Vernehmung vom 22. November 2016, Haftsachakte Ha., Bl. 29). Die Eltern des Beschuldigten leben in der Türkei. Dort betreibt auch er ein Unternehmen mit zwei Beschäftigten; wenn er einen größeren Auftrag bekäme, ginge er gern mit seiner Familie in die Türkei (Vernehmung vom 22. November 2016, Haftsachakte Ha., Bl. 33). Die Eltern seiner Frau wohnen in Saudi Arabien. Der Beschuldigte hat daher verschiedene Möglichkeiten, sich ohne weiteres ins Ausland abzusetzen und sich dem Verfahren zu entziehen. Seine wirtschaftliche Situation ist prekär, nachdem er durch seine Inhaftierung geschäftliche Kontakte verlor; als Ingenieur kann er ohne weiteres auch im Ausland eine Beschäftigung finden. Nach Angaben des Zeugen D. (Vernehmung vom 15. März 2017, Haftsachakte Ha., Bl. 358 - 363) soll der Beschuldigte diesem die Telefonnummer seiner Ehefrau gegeben haben, damit er ihr ausrichte, dass sie sich nach Saudi Arabien absetzen solle.
Seine beruflichen und familiären Bindungen in Deutschland reichen damit insgesamt nicht aus, ihn von der Flucht abzuhalten, zumal der Beschuldigte nach den Ermittlungsergebnissen Kontakte zu Unterstützern der Ahrar al Sham sowie Oppositionellen in Syrien pflegt, die ihm bei einer Flucht behilflich sein könnten. Die genannten Umstände begründen die Gefahr, dass die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden könnte.
Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO, insbesondere die angebotene Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 €, die Hinterlegung des Reisepasses und Meldeauflagen, nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Der Umfang der Ermittlungen und ihre besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
Zwar hat der Beschuldigte das objektive Geschehen - die Beschaffung von vier Ferngläsern - eingeräumt, zur Aufklärung der subjektiven Tatseite des insoweit bestreitenden Beschuldigten sind jedoch umfangreiche Ermittlungen und Auswertungen erforderlich. Diese gestalten sich bereits deshalb dem Grunde nach als schwierig, weil sich das komplexe Ermittlungsverfahren gegen insgesamt fünf Beschuldigte richtet und zahlreiche Lieferungen nach Syrien umfasst, die auf ihren Bezug zur Ahrar al Sham zu überprüfen sind. Insbesondere dauert die Auswertung der bei der Durchsuchung von zehn Objekten am 22. November 2016 sichergestellten umfangreichen Beweismittel an, aus denen sich Hinweise auf die subjektive Tatseite des Beschuldigten ergeben könnten. Neben zahlreichen CDs sind neun Tablet-Computer, 26 Laptops, 35 USB-Speichergeräte, 33 Mobiltelefone und 108 Festplatten auszuwerten; allein die dem Mitbeschuldigten A. zugeordneten Speichermedien umfassen etwa zwei Terabyte Daten, die auch in gelöschten Speicherbereichen ausgewertet werden müssen. Die Speichermedien sind zwischenzeitlich nahezu vollständig technisch gesichert. Die inhaltliche Auswertung wird dadurch erschwert, dass zahlreiche Inhalte in arabischer Sprache abgefasst sind. Trotz des Einsatzes von regelmäßig zwei Dolmetschern dauert deren Analyse noch an. Die Auswertung der mobilen Endgeräte ist weitgehend abgeschlossen; bislang wurden 35 Geräte entschlüsselt, technisch gesichert und inhaltlich gesichtet. Bei der Auswertung der Mobiltelefone, die mit Ausnahme eines Gerätes beendet ist, wurden bisher 690.000 Mediendateien (unter anderem Bilder, Videos und Audiodateien) gesichtet (Sachstandsbericht des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 12. Mai 2017, Bl. 28). Bei 12 Geräten sind noch weitere Dolmetschertätigkeiten erforderlich; bei 16 Geräten noch abschließende Ermittlungen und Bewertungen.
5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfen derzeit noch nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - StB 6/17, juris, Rn. 34 - 36). Im Hinblick auf den Umfang der dem Beschuldigten mit dem Haftbefehl vorgeworfenen Handlungen, die dieser in objektiver Hinsicht nicht bestreitet, und die bisherige Dauer des Verfahrens ist es jedoch erforderlich, nunmehr mit besonderer Eile auf den Abschluss der Ermittlungen hinzuwirken.
Sollte vor einer weiteren gesetzlichen Haftprüfung durch den Senat Anklage noch nicht erhoben sein, wird sich die Aufrechterhaltung des Haftbefehls kaum rechtfertigen lassen.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 739
Bearbeiter: Christian Becker