HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1010
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 381/17, Beschluss v. 20.08.2019, HRRS 2019 Nr. 1010
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2016 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch zu den Fällen 1 bis 6 (Fälle Ziffer II.3 und II.4 der Urteilsgründe),
b) im Gesamtstrafenausspruch sowie
c) im Ausspruch über das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls gegen den Angeklagten nach § 111i Abs. 2 StPO aF in Höhe von 130.000 €.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Wirtschaftsstrafkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur Untreue in sechs Fällen und wegen Untreue in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat von der Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 130.000 € gegen den Angeklagten abgesehen und eine Feststellungsentscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO aF getroffen, weil Ansprüche Geschädigter entgegenstehen. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts gründete der Angeklagte im Jahr 2005 die heutige U. GmbH (im Folgenden: „U. GmbH“), um mit dieser Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften (im Folgenden: „U.-Unternehmensgruppe“) Publikumsfonds aufzulegen. Er bot von 2008 bis 2013 über einzelne Gesellschaften des von ihm betriebenen und beherrschten Firmenkonsortiums nacheinander über fünf Fonds Anlegern die Möglichkeit, sich mittelbar als Treugeber über eine Treuhandkommanditistin an den von ihm aufgelegten Fondsgesellschaften zu beteiligten. Diese Fondsgesellschaften gewährten, unter Abzug von Agio und Platzierungskosten, einer im Anlegerprospekt genannten Investitionsgesellschaft, die ab dem zweiten Fonds in das Firmenkonsortium der gesondert verfolgten S. und K. (im Folgenden:“ U. gruppe“) eingegliedert waren, ein verzinsliches Darlehen für Investitionen im Immobiliensektor. Mittels der Zinszahlungen der jeweiligen Darlehnsnehmerin sollten die prospektierten Ausschüttungen für die vom Angeklagten aufgelegten Fondsgesellschaften generiert werden.
1. Die Strafkammer hat die Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung des gesondert verfolgten S. zur Untreue in sechs Fällen zum Nachteil der Anleger der U.-Unternehmensgruppe ? nach entsprechender Beschränkung gemäß § 154a Abs. 2 StPO ? auf folgende Feststellungen und Wertungen gestützt:
Der zweite Fonds, die D. S. GmbH und Co. KG (im Folgenden: „2. Fonds“) wurde im Mai 2010 prospektiert. Darlehensnehmerin des 2. Fonds sollte die D. S. AG sein, deren Vorstand die gesondert verfolgten S. und K. bildeten. Insgesamt zahlten 1.773 Anleger im Zeitraum von Mai 2010 bis Februar 2013 mehr als 39 Mio. € in den 2. Fonds ein. Im Fondsprospekt war zum Anlageobjekt ausgeführt:
„Die Gesellschaft wird mit dem ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapital ein Darlehen an die D. S. AG gewähren. Auf die Investitionen der D. S. AG hat die Fondsgesellschaft keinen Einfluss.“ Zum beabsichtigten Darlehensvertrag war im Fondsprospekt dargestellt:
„Die Fondsgesellschaft beabsichtigt, der D. S. AG in Höhe der von den Investoren geleisteten Kommanditeinlagen ein Darlehen zur Finanzierung von Investitionen in Immobilien und grundbuchlich gesicherten Forderungen sowie sonstige Investitionen im weitest gehenden Zusammenhang mit Immobilien zu gewähren.“
Der 2. Fonds leitete die Anlegergelder, unter Abzug der im Prospekt aufgeschlüsselten Kosten, in Höhe von mindestens 38 Mio. € an die Darlehensnehmerin weiter. Feststellungen zum Inhalt des Darlehensvertrages bzw. zum Zeitraum der Darlehensvalutierung hat die Strafkammer nicht getroffen.
Im Januar 2012 prospektierte der Angeklagten in gleicher Form über seine Gesellschaften die D. S. Nr. 2 GmbH & Co. KG (im Folgenden: „5. Fonds“). Insgesamt investierten von Januar 2012 bis zum 19. Februar 2013 in den 5. Fonds 2851 Anleger mindestens 61 Mio. €. Der Angeklagte veranlasste, dass hiervon mindestens 57 Mio. € an die D. S. Nr. 2 GmbH der S&K Gruppe als Darlehensnehmerin des 5. Fonds weitergeleitet wurden. Geschäftsführer der Darlehensnehmerin waren die gesondert verfolgten S. und K. In dem Verkaufsprospekt des 5. Fonds sowie dem dort dargelegten Darlehensvertrag, war folgender Anlagezweck vorgegeben:
„Die Darlehensgeberin ist eine Publikumsfondsgesellschaft, die beabsichtigt, Kommanditkapital bei Investoren […] einzuwerben und daraus der Darlehensnehmerin ein Gelddarlehen zur Umsetzung und Abwicklung von Immobiliengeschäften, das heißt Investitionen in Immobilien und grundbuchlich gesicherten Forderungen sowie sonstigen Investitionen im weitest gehenden Zusammenhang mit Immobilien zu gewähren.“
Unter „Verwendungszweck/Verwendungskontrolle“ waren in § 4 des Darlehensvertrages ausgeführt:
„Das Darlehen wird der Darlehensnehmerin zur Umsetzung und Abwicklung von Immobilieninvestitionen gewährt. Immobilieninvestitionen umfassen dabei (I.) den Ankauf und den Handel von Wohn-Gewerbeimmobilien und immobilienähnlichen Rechten sowie vergleichbare Geschäfte, (II.) den Erwerb grundbuchlich gesicherter Forderungen sowie (III.) Investitionen im weitest gehenden Zusammenhang mit Immobilien. Dabei ist die Darlehensnehmerin nicht an bestimmte Immobilieninvestitionen gebunden, sondern sie ist in der konkreten Verwendung und der Entscheidung, für welche Immobilieninvestitionen sie das Darlehen verwenden will, frei. Die Darlehensnehmerin ist aber auch berechtigt, die Immobilieninvestitionen nicht selbst, sondern über Objektgesellschaften zu tätigen.“
Im Jahr 2012 wandte sich der Angeklagte an den gesondert verfolgten S. und wollte aufgrund finanzieller Engpässe seiner U.-Gruppe erreichen, dass er über die prospektierten Mittelzuflüsse hinaus zusätzliche Zahlungen an seine Unternehmensgruppe erhielt. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt vor dem 16. März 2012 vereinbarte er mit dem gesondert verfolgten S., dass die Darlehensnehmerinnen aus der S&K Gruppe, nämlich die D. S. AG als Darlehensnehmerin des 2. Fonds der U.-Gruppe, die D. S. Nr. 2 GmbH als Darlehensnehmerin des 5. Fonds der U.-Gruppe und die A. GmbH als Darlehensnehmerin des 1., 3. und 4. Fonds der U.-Gruppe zusätzlich 3 % der während der Laufzeit der Vereinbarung bis zum 31. Dezember 2013 durch die U.-Gruppe generierten und an diese drei Gesellschaften ausgereichten Darlehensmittel zu zahlen hatte. Der Angeklagte und der gesondert verfolgte S. verständigten sich zusätzlich darauf, die Zahlungen als angebliche Beraterleistungen über die V. UG (im Folgenden: „V. “), deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte war, abzuwickeln, wobei beide wussten, dass keine entsprechenden Beraterleistungen erfolgen und die Zahlungen letztendlich dem Angeklagten selbst zugutekommen sollten.
Entsprechend der Vereinbarung stellte der Angeklagte namens der V. an vier Terminen zwischen März und Mai 2012 Rechnungen über insgesamt 756.840 € an die S. AG, die auf Veranlassung des gesondert verfolgten S. bezahlt wurden (Taten 1 bis 4; Ziffer II.3. der Urteilsgründe). Ferner übersandte der Angeklagte namens der V. am 31. Mai 2012 und am 16. Juli 2012 zwei Rechnungen über 224.910 € bzw. 190.638 € an die D. S. Nr. 2 GmbH, die auf Veranlassung des gesondert verfolgten S. im Juni bzw. August 2012 ausgeglichen wurden (Taten 5 und 6; Ziffer II.4. der Urteilsgründe). Der Angeklagte überwies aus den bei der V. eingegangenen Geldern zumindest 130.000 € auf sein privates Konto, worauf die Verfallsentscheidung der Strafkammer gründet.
2. Der Verurteilung wegen Untreue in vier Fällen liegen folgende Feststellungen und Wertungen zugrunde:
Der Angeklagte veranlasste am 12. November 2012, am 11. Dezember 2012, am 7. Januar 2013 und am 12. Februar 2013 zwei Mitarbeiter des 5. Fonds jeweils 400.000 € von dem dortigen Gesellschaftskonto an die V. zu überweisen. Er hatte als Geschäftsführer und Gesellschafter der U. GmbH diesen gegenüber eine Vorgesetztenstellung, so dass beide die vom Angeklagten angeordneten Überweisungen ohne weitere Nachfrage ausführten (Taten 7 bis 10; Ziffer II.6. der Urteilsgründe).
1. Der Schuldspruch wegen Untreue in vier Fällen (Taten 7 bis 10) hält aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts rechtlicher Prüfung stand. Hingegen unterfällt die Verurteilung wegen Anstiftung zur Untreue in sechs Fällen (Taten 1 bis 6) der Aufhebung.
a) Die Feststellungen belegen ? entgegen der Wertung des Landgerichts ? keine Untreue des gesondert verfolgten S. zum Nachteil der Anleger des 2. bzw. 5. Fonds der U.-Unternehmensgruppe.
Wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) in der Variante des Treubruchs macht sich strafbar, wer eine kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses begründete Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch demjenigen, dessen Vermögensinteressen er wahrzunehmen hat, Nachteile zufügt.
aa) Eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht des gesondert verfolgten S. zum Nachteil der Anleger des 2. Fonds bzw. des 5. Fonds der U.-Gruppe wird durch die Feststellungen nicht getragen.
(1) Eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist gegeben, wenn der Täter gegenüber dem (potentiell) Geschädigten eine innerlich besonders herausgehobene, nicht nur beiläufige Pflicht zur Wahrnehmung von dessen Vermögensinteressen innehat, die über die für jedermann geltenden Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten und die allgemeine Pflicht hinausgeht, auf die Vermögensinteressen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dabei muss dem Täter Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen bleiben und ihm eine gewisse Selbständigkeit belassen werden (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom 7. September 2017 - 2 StR 24/16, BGHSt 62, 288, 299 f. mwN; BGH, Beschluss vom 16. August 2016 - 4 StR 163/16, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 54; Beschluss vom 26. November 2015 - 3 StR 17/15, BGHSt 61, 48, 62 f.; Urteil vom 11. Dezember 2014 - 3 StR 265/14, BGHSt 60, 94, 104 f.; jew. mwN).
Zwar kann eine faktische Herrschaft über Vermögensinteressen eines anderen im Einzelfall ausreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2013 - 4 StR 255/13, NStZ-RR 2013, 344, 345; Urteil vom 10. Juli 1996 - 3 StR 50/96, NStZ 1996, 540, 541; Urteil vom 15. Mai 1990 - 5 StR 549/89, BGHR StGB, § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 13; Urteil vom 6. Dezember 1983 - VI ZR 117/82, juris Rn. 12). Da der Treubruchtatbestand sich jedoch nur gegen Angriffe „aus dem eigenen Lager“ des Geschädigten richtet, ist ferner erforderlich, dass der Täter nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Vermögensinhabers eine Einwirkungsmöglichkeit auf dessen, mithin dem Täter fremdes Vermögen hat (Schönke/Schröder/Perron, StGB, 30. Aufl., § 266 Rn. 30; Bittmann, Praxishandbuch Insolvenzstrafrecht, 2. Aufl., § 16 Untreue, § 266 StGB Rn. 11 f.).
Bei Darlehensverhältnissen oder sonstigen Kreditvereinbarungen ist der Darlehensnehmer gegenüber dem Darlehensgeber grundsätzlich nicht treupflichtig (BeckOK StGB/Wittig, 42. Edition, § 266 Rn. 40.5; Schönke/Schröder/Perron, aaO, § 266 Rn. 26; NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl., § 266 Rn. 57). Denn der Darlehensnehmer handelt nicht in fremdem, sondern im eigenen Interesse. Über die Einzelheiten des Mitteleinsatzes entscheidet der Darlehensnehmer selbst, weil er mit dem zur Verfügung gestellten Darlehen ein zeitlich befristetes Kapitalnutzungsrecht erwirbt (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06, juris Rn. 15). Bei einem zweckgebundenen Darlehen kann jedoch durch die Einbeziehung auftragsähnlicher Elemente im Einzelfall eine derartige Vermögensbetreuungspflicht des Darlehensnehmers gegenüber dem Darlehensgeber begründet werden (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2018 - 4 StR 408/17, NJW 2018, 1486, 1488; Urteil vom 6. März 1984 - 5 StR 997/83, StV 1984, 326; Urteil vom 15. Juni 1976 - 1 StR 266/76, bei Holtz MDR 1976, 986, 987; Urteil vom 16. Oktober 1968 - 2 StR 429/68, bei Dallinger MDR 1969, 532, 534; OLG Hamm, Beschluss vom 5. März 1998 - 3 Ss 1395/97, StraFo 1998, 195 ff.). Erforderlich ist dabei, dass das Vertragsverhältnis Elemente einer Geschäftsbesorgung aufweist und die dadurch festgelegte Verpflichtung zur fremdnützigen Vermögenssorge einen wesentlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses ausmacht und nicht von untergeordneter Bedeutung ist (BGH, Urteil vom 4. November 1988 - 1 StR 480/88, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11 mwN). Dies wird bei einem Darlehen in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn durch die besondere Zweckbindung und die sich daraus ergebende Verpflichtung des Darlehensnehmers zur zweckgerechten Verwendung der Valuta Vermögensinteressen des Darlehensgebers geschützt werden und diese wirtschaftlich im Mittelpunkt des Vertrages stehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2018 - 4 StR 408/17, NJW 2018, 1486, 1488; Urteil vom 16. Oktober 1968 - 2 StR 429/68, bei Dallinger MDR 1969, 534 [Brauereidarlehen zur Investition in eine dauerhaft zu beliefernde Gaststätte]; Urteil vom 22. November 1955 - 5 StR 705/54, BGHSt 8, 271, 272 f. mwN [Baukostenzuschuss eines zukünftigen Mieters des zu errichtenden Hauses]). Demgegenüber können allgemeine schuldrechtliche Verpflichtungen des Darlehensgebers keine Vermögensbetreuungspflicht begründen (Bittmann, aaO, § 16 Untreue, § 266 StGB Rn. 16).
(2) Nach diesen Maßstäben oblag dem gesondert verfolgten S. weder als Vorstandsmitglied der D. S. AG noch als Geschäftsführer der D. S. Nr. 2 GmbH eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Anlegern des 2. bzw. 5. Fonds der U.-Gruppe. Eine solche folgt weder aus einem tatsächlichen Herrschaftsverhältnis über das Vermögen der Anleger der U.-Gruppe noch aus den geschlossenen Darlehensverträgen.
(a) Die von S. veranlassten Zahlungen durch die Darlehnsnehmerinnen betrafen nicht mehr das Vermögen der darlehensgebenden Fondsgesellschaften der U.-Gruppe und damit deren Treugeber. Vielmehr wurde die Darlehensvaluta mit ihrer Hingabe Bestandteil des Vermögens der jeweiligen Darlehensnehmerin. Denn erst mit dem endgültigen Ausscheiden des Darlehensgegenstandes und der vertragsgerechten Zuführung in das Vermögen der Darlehensnehmerin hat der Darlehensgeber seine Pflicht zur Darlehenshingabe erfüllt (MüKoBGB/Berger, 8. Aufl., § 488 Rn. 27). Im Gegenzug entsteht die den Typus des Darlehensvertrages prägende Hauptpflicht des Darlehensnehmers zur Rückführung der Valuta unter Einschluss der vereinbarten Zinsen (MüKoBGB/Berger, aaO, § 488 Rn. 42). Die dem gesondert verfolgten S. als Vorstand bzw. Geschäftsführer der Darlehnsnehmerinnen zukommende Vermögensmacht über die darlehnsweise überlassenen Geldmittel bezog sich folglich ausschließlich auf das Vermögen der Darlehnsnehmerinnen und begründete keine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf das Vermögen der darlehnsgebenden Fondgesellschaften oder deren Anleger.
(b) Die allenfalls kargen Urteilsfeststellungen zum Inhalt der Darlehensverträge zwischen dem 2. Fonds und der D. S. AG bzw. dem 5. Fonds und der D. S. Nr. 2 GmbH vermögen die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht des gesondert verfolgten S. als Vorstand bzw. Geschäftsführer der Darlehensnehmerinnen über das Vermögen der Treuhandkommanditisten ebenfalls nicht zu begründen.
(aa) Einzelheiten zum Darlehensvertrag zwischen dem 2. Fonds und der D. S. AG sowie einer etwaigen Zweckbestimmung hat die Strafkammer nicht festgestellt. Die Angaben im Fondsprospekt belegen keine derartige Zweckbindung. Sie rücken die Vermögensinteressen des Darlehensgebers nicht in den Mittelpunkt des Vertrages. Nach den Prospektangaben oblagen die Einzelheiten des Mitteleinsatzes der D. S. AG. Als Darlehensgeberin hatte der 2. Fonds auf die im Prospekt nur vage beschriebenen unternehmerischen Einzelentscheidungen der Darlehensnehmerin keinen Einfluss. Zwar lag schuldrechtlich die zweckgerichtete Mittelverwendung in seinem Interesse. Wirtschaftlich war sein Interesse auf die regelmäßig zu leistenden Darlehnszinsen und, wozu die Strafkammer allerdings keine Feststellungen getroffen hat, die im Rahmen eines Darlehensvertrages regelmäßig zu leistenden Sicherheiten gerichtet.
(bb) Auch nach den Feststellungen zum Darlehensvertrag zwischen dem 5. Fonds und der D. S. Nr. 2 GmbH oblag es der Entscheidung der Darlehensnehmerin, wie sie die Mittel einsetzte. Sie war sogar berechtigt, die Immobilieninvestitionen nicht selbst, sondern über Objektgesellschaften zu tätigen. Eine derart allgemein gehaltene Umschreibung des Verwendungszwecks kann indes keine besondere Zweckbindung begründen, die die sachgerechte Mittelverwendung in den Mittelpunkt des Darlehensvertrages rückt.
bb) Die Feststellungen der Strafkammer belegen zudem auch keinen Vermögensschaden der Anleger des 2. bzw. 5. Fonds der U.-Gruppe aufgrund der Zahlungen der D. S. AG bzw. der D. S. Nr. 2 GmbH an die V. Die Strafkammer setzt, wie die Strafzumessungserwägungen zeigen, den Auszahlungsbetrag mit dem Schaden auf Seiten der Anleger gleich. Das ist ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Zahlungen der Darlehensnehmerinnen an die V. lassen deren Darlehensrückzahlungsverpflichtung gegenüber den beiden Darlehensgeberinnen rechtlich unberührt. Feststellungen zu einer möglichen Minderung des Wertes des jeweiligen Rückzahlungsanspruchs im Zeitpunkt der einzelnen rechtsgrundlosen Zahlungen durch eine der beiden Darlehensnehmerinnen an die V. hat das Landgericht nicht getroffen. Das ist aber entscheidend.
(1) Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht nur, wenn die Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1960 - 4 StR 401/60, BGHSt 15, 342, 344; Beschluss vom 29. Januar 2015 - 1 StR 587/14, NStZ 2015, 517 ff.) und gegebenenfalls gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht nämlich kein Schaden, wenn und soweit der Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und diese - ohne dass der Schuldner dies vereiteln könnte - mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand realisierbar sind (BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - 1 StR 573/16, StraFo 2017, 515 ff.; Urteil vom 2. Februar 2016 - 1 StR 437/15, NStZ 2016, 286 ff.; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 420/08, NStZ 2009, 150).
(2) Nach diesen Maßstäben ist ein Schaden durch die Urteilsgründe nicht belegt. Konkrete Feststellungen zum Vermögensnachteil fehlen. Ein möglicher Minderwert des Rückzahlungsanspruchs versteht sich bei einer Darlehenshöhe von 38 Mio. € an die Darlehensnehmerin des 2. Fonds und Zahlungen dieser Darlehensnehmerin in Höhe von 756.000 € an die V. ebenso wenig von selbst, wie bei einer Darlehenssumme des 5. Fonds in Höhe von mindestens 57 Mio. € und rechtsgrundlosen Zahlungen von 415.000 €.
b) Ungeachtet der Frage, inwieweit den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift zu einer Anstiftung des gesondert verfolgten S. zu einer Untreue zum Nachteil der beiden Darlehnsnehmerinnen bzw. einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen (täterschaftlicher) Untreue in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zum Nachteil der Anleger des 2. bzw. 5. Fonds zu folgen ist, steht einer entsprechenden Schuldspruchberichtigung durch den Senat bereits die Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO entgegen. Dies gilt sowohl für den Fall, in dem das Opfer der für die Anstiftung maßgeblichen Bezugstat ausgewechselt wird (vgl. zum Wechsel des Tatopfers BGH, Urteil vom 8. Oktober 1963 - 1 StR 553/62, BGHSt 19, 141 ff.; Senat, Beschluss vom 1. Juli 1988 - 2 StR 311/88, BGHR StPO § 265 Abs. 4 Hinweispflicht 5; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 265 Rn. 23; KK-StPO/Kuckein/Bartel, 8. Aufl., § 265 Rn. 18a; BeckOK StPO/Eschelbach, 33. Ed., § 265 Rn. 37), wie auch beim Wechsel der maßgeblichen Zurechnungsnorm von Täterschaft oder Teilnahme (vgl. Senat, Urteil vom 11. Mai 2011 - 2 StR 590/10, BGHSt 56, 235, 236 ff.; Beschluss vom 2. September 2015 - 2 StR 49/15, BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 21; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, aaO, § 265 Rn. 14).
Dem Anklagten wurde durch die zugelassene Anklageschrift in den Fällen 3 und 6 banden- und gewerbsmäßiger Betrug zum Nachteil der Fondsanleger der Darlehnsgeberinnen vorgeworfen. Seitens der Strafkammer ist der Angeklagte am 21. November 2016, entsprechend dem späteren Schuldspruch, lediglich darauf hingewiesen worden, er könne durch den in dem Hinweis näher beschriebenen und später im Urteil festgestellten Sachverhalt den gesondert verfolgten S. zur Untreue in sechs Fällen zu Lasten der Fondsanleger angestiftet haben. Der Tatvorwurf einer Anstiftung des gesondert verfolgten S. zur Untreue zum Nachteil der Darlehnsnehmerinnen bzw. einer täterschaftlichen Untreue des Angeklagten zum Nachteil der Fondsanleger weicht sowohl von diesem Hinweis wie auch von dem Anklagevorwurf maßgeblich ab. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich der Angeklagte anders als geschehen verteidigt hätte, wenn er auf eine mögliche Verurteilung wegen einer Anstiftung des gesondert verfolgten S. wegen Untreue zum Nachteil der Darlehnsnehmerinnen in sechs Fällen bzw. einer täterschaftlichen Untreue zum Nachteil der Fondsanleger hingewiesen worden wäre.
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen 1 bis 6 führt zum Wegfall der entsprechenden Einzelstrafen. Dies entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
3. Hingegen haben die Einzelstrafen in den Fällen 7 bis 10 Bestand. Soweit die Strafkammer in diesen Fällen zu Lasten des Angeklagten „auch die kriminelle Energie berücksichtigt (hat), die sich aus den gestellten Scheinrechnungen über angebliche Beratungsleistungen ergibt“ und in „dem Plan, einen rückdatierten Beratungsvertrag zu schließen“, zeigt, beziehen sich diese Erwägungen nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe offensichtlich auf die Strafzumessungserwägungen zu den Fällen 1 bis 6, wo dieser bestimmende Strafzumessungsgesichtspunkt keine Erwähnung findet.
4. Der Ausspruch über das Absehen von einer Anordnung des Wertersatzverfalls in Höhe von 130.000 € gegen den Angeklagten nach § 111i Abs. 2 StPO aF unterfällt ebenfalls der Aufhebung. Er bezieht sich auf die „private Entnahme“ des Angeklagten aus den in den Fällen 1 bis 6 bei der V. eingegangenen Zahlungen und beruht daher auf dem fehlerhaften Schuldspruch wegen Anstiftung zur Untreue in sechs Fällen.
Angesichts der erfolgten Teilaufhebung und Zurückverweisung wird die Kostenbeschwerde gegenstandslos (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, aaO, § 464 Rn. 20; KK-StPO/Gieg, 8. Aufl., § 464 Rn. 14). Die sofortige Beschwerde gegen die unterbliebene Grundentscheidung über die Entschädigungspflicht nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen geht ins Leere, weil das bloße Schweigen im Urteil keine Versagung der Entschädigung bedeutet, eine beschwerdefähige Entscheidung mithin nicht vorliegt (BGH, Beschluss vom 9. März 1995 - 4 StR 60/95, S. 6).
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 1010
Externe Fundstellen: NJW 2020, 631; NStZ 2020, 35; StV 2020, 766
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner