HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 729
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, StB 11/16, Beschluss v. 18.05.2016, HRRS 2016 Nr. 729
Die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 - 3 BGs 67/16 - wird verworfen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
Die Beschuldigte wurde am 19. April 2016 festgenommen und befindet sich seitdem aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 - 3 BGs 67/16 - in Untersuchungshaft. Mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom selben Tag - 3 BGs 66/16 - wurde ein bereits gegen die Beschuldigte bestehender - gegen Auflagen außer Vollzug gesetzter - Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 - 272 Gs 4179/15 - aufgehoben.
Gegenstand des nunmehrigen, mit der Beschwerde angefochtenen Haftbefehls ist der Vorwurf, die Beschuldigte habe sich von Juli bis November 2015 in vier Fällen als Mitglied an der „Gruppe Freital“ und damit an einer Vereinigung beteiligt, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) bzw. gemeingefährliche Straftaten insbesondere in den Fällen des § 308 Abs. 1 bis 4 StGB zu begehen (strafbar gemäß § 129a Abs. 2 Nr. 1 und 2 StGB). In drei der vier Fälle habe sie jeweils tateinheitlich
- in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 in Dresden gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten eine Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 1 StGB) herbeigeführt, eine fremde Sache beschädigt (§ 303 StGB) und unmittelbar dazu angesetzt, mittels eines gefährlichen Werkzeugs und mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich eine andere Person zu verletzen (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2, §§ 22, 23 StGB);
- am 1. November 2015 in Freital gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten eine Sprengstoffexplosion herbeigeführt (§ 308 Abs. 1 StGB) und unmittelbar dazu angesetzt, vier Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zu töten (§§ 211, 22, 23 StGB), wobei sie einen Menschen mittels eines gefährlichen Werkzeugs, mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verletzt (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) sowie eine fremde Sache beschädigt habe (§ 303 StGB);
- im Zeitraum zwischen Juli und November 2015 gemeinschaftlich mit anderen Beschuldigten in Freital und an anderen Orten Explosionsverbrechen vorbereitet (§ 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB).
Die Beschwerde der Beschuldigten gegen den Haftbefehl ist unbegründet.
1. Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die Beschuldigte, sieben Mitbeschuldigte und weitere Personen bildeten spätestens im Juli 2015 die „Gruppe Freital“. Diese Personenvereinigung war auf längere Zeit angelegt und darauf ausgerichtet, ihre rechtsextremistische Ideologie durch die Begehung von Anschlägen gewaltsam durchzusetzen. Die fortlaufenden Anschlagsplanungen sahen insbesondere Sprengstoffanschläge auf von Asylbewerbern bewohnte Unterkünfte und Wohnungen politisch Andersdenkender vor, die mittels pyrotechnischer Sprengkörper begangen werden sollten und in mehreren Fällen auch begangen wurden. Dabei wurden die Sprengkörper teilweise von außen an Fensterscheiben platziert, wodurch sie wie (Glas-)Splitterbomben wirkten. Insoweit nahmen die Mitglieder der Vereinigung, die Tötung von Menschen, die sich in den angegriffenen Räumlichkeiten aufhielten, billigend in Kauf. Mit diesen Taten sollten politisch Andersdenkende eingeschüchtert und Asylbewerber zur Ausreise aus Deutschland veranlasst werden.
Ihre rechtsextreme und fremdenfeindliche Gesinnung dokumentierten die Mitglieder der Vereinigung bei gemeinsamen persönlichen - häufig an einer Tankstelle in Freital abgehaltenen - Treffen, in sozialen Netzwerken, aber auch in Internet-Chatgruppen. Letzterer bediente sich die Vereinigung auch zu Anschlagsplanungen/-verabredungen, wobei die Mitglieder einen Instant-Messaging-Dienst verwendeten, der die Einrichtung geheimer, verschlüsselter Chatgruppen ermöglichte; von dieser Möglichkeit machten sie mit dem sogenannten schwarzen Chat, in dem „ausschließlich heftige Aktionen besprochen“ wurden und dessen Teilnehmer „ausschließlich die Terroristen“ waren, auch Gebrauch.
Innerhalb der Organisation waren die Mitbeschuldigten F. und S. maßgeblich für die Planung und Organisation der Anschläge verantwortlich, wobei der Mitbeschuldigte F. auch anderen Mitgliedern die ihnen bei der Ausführung von Anschlägen zukommenden Rollen zuwies und mit Explosivstoffen experimentierte, etwa um eine verzögerte Explosionszeit oder allgemein die Wirkung pyrotechnischer Sprengkörper zu testen. Der innerhalb der Vereinigung ebenfalls als treibende Kraft angesehene Mitbeschuldigte S. war zudem in der Lage, gleichgesinnte Personen zu mobilisieren, sofern sie zu Zwecken der Vereinigung benötigt wurden. Der Mitbeschuldigte W. hatte hingegen als „Internet-Spezialist“ die Aufgabe übernommen, Informationen über die linke Szene zu sammeln.
Die Mitglieder der Vereinigung agierten konspirativ, indem sie nicht nur die Verschlüsselungs- und Löschungsfunktionen des verwendeten Instant-Messaging-Dienstes bewusst einsetzten, sondern sich darüber hinaus auch einer codierten Sprache bedienten, etwa indem sie Sprengkörper als „Obst“ bezeichneten oder Kurzbezeichnungen (z.B. „BS“ für Buttersäure) benutzten. Die Gruppentreffen an öffentlichen Orten, etwa an der genannten Tankstelle, dienten der Besprechung der gemeinsamen Ziele im persönlichen Rahmen.
Innerhalb der Gruppierung wurde deren Vorgehen von allen Mitgliedern diskutiert; Entscheidungen wurden gemeinsam - gegebenenfalls durch Abstimmungen - getroffen, wobei den Auffassungen der Mitbeschuldigten F. und S. entsprechend ihrer Funktion als Initiatoren und Organisatoren von Anschlägen ein großes Gewicht zukam. Im Verlauf der Diskussionen entwickelte sich eine gruppenspezifische Eigendynamik, die zur wechselseitigen Bestärkung der Gruppenmitglieder in ihren Auffassungen und ihrer Bereitschaft beitrug, sich auch an den Anschlägen der Vereinigung zu beteiligen. Folglich sahen sie sich als gegenseitig verpflichtet an, sich an den gemeinsamen Aktionen der Gruppierung zu beteiligen und erwarteten auch von anderen Mitgliedern, dass diese sich beteiligten; einer der Mitbeschuldigten erklärte seine Mitwirkung an einem der Anschläge gar mit „Gruppenzwang“, dem er sich ausgesetzt gesehen habe.
Die Anschläge wurden durch koordiniertes, arbeitsteiliges Zusammenwirken der jeweils beteiligten Gruppenmitglieder vorbereitet, etwa indem über den „schwarzen Chat“ Treffpunkt, Uhrzeit, Teilnehmerkreis und mitzubringende Tatmittel vereinbart wurden. Die Beschuldigte leistete zudem auch Aufklärungsarbeit. An den vereinbarten Treffpunkten, die regelmäßig in der Nähe der Tatorte lagen und als Sammelpunkte dienten, fanden zudem weitere Besprechungen zu Details der jeweiligen Tatausführung statt.
Aus der Gruppierung heraus wurden jedenfalls die nachfolgend beschriebenen Anschläge bzw. weitere Straftaten begangen (nachfolgend a) bis d)). Ob der Vereinigung auch weitere Anschläge/Straftaten zuzurechnen sind, bedarf derzeit noch weiterer Ermittlungen.
a) In der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 gegen Mitternacht brachte der Mitbeschuldigte F. als Mitglied der Vereinigung einen pyrotechnischen Sprengsatz vom Typ Cobra 12 zur Detonation, den er zuvor von außen am Küchenfenster einer von Asylbewerbern bewohnten Unterkunft, B. straße in Freital, angebracht hatte. Durch die von der Explosion ausgelöste Druckwelle zerbarst die Fensterscheibe, der Fensterrahmen wurde deformiert. Glas- und Kunststoffsplitter flogen durch die Küche und schlugen in der vier Meter vom Fenster entfernten gegenüberliegenden Wand ein; teilweise flogen die Splitter auch durch die geöffnete Küchentür in den angrenzenden Flur. Die sich zur Tatzeit in der Wohnung aufhaltenden acht Personen blieben nur deshalb unverletzt, weil sie sich nicht in der Küche oder im Flur befanden, sondern in den anderen Räumen schliefen.
Dem Mitbeschuldigten F. war die Wirkung des verwendeten Sprengsatzes bekannt. Er wusste auch, dass die Wohnung von Asylbewerbern genutzt wurde; darauf kam es ihm gerade an. Die naheliegende Möglichkeit, dass der Küchenraum einer Wohnung auch zur Nachtzeit von Bewohnern der Wohnung betreten werden kann, die alsdann von herumfliegenden Splittern zumindest gravierend verletzt werden könnten, war ihm ebenfalls bewusst.
Es besteht aus den vom Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes im Einzelnen dargelegten Gründen der dringende Tatverdacht, dass es sich bei dieser Tat des Mitbeschuldigten F. um eine solche handelte, auf die die Zwecke und Tätigkeiten der Vereinigung „Gruppe Freital“ gerichtet waren. Ob sich bestehende Anhaltspunkte, dass auch andere Mitglieder der Vereinigung an ihrer Ausführung beteiligt waren, im Sinne eines dringenden Tatverdachts erhärten lassen, bedarf noch weiterer Ermittlungen.
b) In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 verübten Mitglieder der „Gruppe Freital“ gemeinsam mit weiteren Personen einen Sprengstoffanschlag auf Bewohner des von dem linksgerichteten alternativen Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ genutzten Wohnhauses O. straße in D. Dieser Anschlag war ein „Racheakt“ der Vereinigung an den Bewohnern, die sie für einen vermeintlichen Angriff linksgerichteter Personen auf einen Teilnehmer an einer Blockade einer Turnhalle verantwortlich machten, in der eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden sollte. Im „schwarzen Chat“ verabredeten sich die Beschuldigte und die Mitbeschuldigten im Verlauf des 18. Oktober 2015 zum nächtlichen Angriff auf das Gebäude, wobei bereits besprochen wurde, wer welche Tatmittel - etwa Sprengkörper oder Buttersäure - mitbringen könne. Gegen 19 Uhr trafen sich die teilnehmenden Mitglieder der „Gruppe Freital“ zunächst an der Tankstelle in Freital und begaben sich später nach D., wo sie ab 20 Uhr mit einer Dresdner Gruppe von Gleichgesinnten an einer Turnhalle zusammentrafen. Der Mitbeschuldigte F. und ein Teilnehmer aus der Dresdner Gruppe hatten das Grundstück vorher ausgekundschaftet. Unter einer Brücke in der Nähe des Wohnprojekts kam die aus 20-30 Personen bestehende Gruppe der Angreifer zusammen. Es wurden mehrere Sprengsätze - auch mit Buttersäure versehene - hergestellt. Die Mitbeschuldigten F. und S. verteilten weitere nicht in Deutschland zugelassene Sprengmittel und Steine an die Anwesenden und teilten die Tatbeteiligten in Gruppen ein. Die Dresdner Teilnehmer griffen entsprechend dem von dem Mitbeschuldigten F. entwickelten und allen Tatbeteiligten detailliert erläuterten Tatplan ab 23.50 Uhr zusammen mit dem Mitbeschuldigten K. das Haus von vorne an, wobei dieses Manöver nur der Ablenkung dienen sollte; den eigentlichen Angriff führten die Mitbeschuldigten F., S., Se. und Sch. zusammen mit anderen Personen von der Hinterseite des Grundstücks: Sie warfen zahlreiche Sprengsätze und Steine auf Fensteröffnungen des Hauses, mit denen sie indes nur Sachschaden anrichteten. Durch die mit Buttersäure versehenen Sprengkörper, die sie im Inneren des Hauses zur Detonation bringen wollten, beabsichtigten sie, das Haus unbewohnbar zu machen. Dies misslang, weil die Mitbeschuldigten die anvisierten Fensteröffnungen nicht trafen. Die tatausführenden Mitglieder der Vereinigung, denen die erhebliche Sprengkraft der von ihnen verwendeten, in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörper bekannt war, nahmen auch die gravierende Verletzung der anwesenden Bewohner des Hauses billigend in Kauf; sie hatten von der Raumaufteilung keine Kenntnis und konnten deshalb nicht ausschließen, dass sich in den Räumen hinter den von ihnen anvisierten Fenstern Personen aufhalten würden. Aufgrund der bekannten Gefährlichkeit der verwendeten Sprengsätze war den Beschuldigten auch die mögliche Todesgefahr bewusst, in die sie die Bewohner des angegriffenen Hauses brachten.
Die Beschuldigte war in die Vorbereitung des Anschlags involviert, sie nahm an den Besprechungen im „schwarzen Chat“ teil, traf sich mit den Mitbeschuldigten an der Tankstelle in Freital und fuhr mit ihrem Kraftfahrzeug zu dem Treffpunkt nach D. Erst kurz vor dem eigentlichen Angriff verließ sie die Gruppe, weil sie wegen körperlicher Einschränkungen den Weg zum eigentlichen Tatort nicht schnell genug zurücklegen konnte. In Kenntnis der detaillierten Tatplanung, die sie billigte und offen befürwortet hatte, fuhr sie mit ihrem Fahrzeug an einen Ort mit Sicht auf die Vorderseite des Wohnprojekts und sah sich von dort den Angriff an.
c) In der Nacht auf den 1. November 2015 gegen 0.50 Uhr stellten die Mitbeschuldigten F., Sch. und W. an drei Fenstern der als Asylbewerberunterkunft dienenden Wohnung Wi. Straße in Freital jeweils einen in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörper vom Typ Cobra 12 auf dem Fensterbrett ab und brachten diese annähernd zeitgleich zur Zündung. Ihnen war bekannt, dass sich hinter zwei Fenstern Schlafzimmer und hinter dem dritten die Küche der Wohnung befanden. Die Innenscheiben der doppelverglasten Fenster zerbarsten in teilweise handtellergroße Splitter, die durch die hinter den Fenstern liegenden Innenräume geschleudert wurden. Einer der Bewohner, der zur Tatzeit in seinem Bett lag, wurde durch die herumfliegenden Splitter im Gesicht verletzt; er erlitt mehrere Schnittverletzungen an der Stirn. Weitere Bewohner konnten sich, nachdem einer von ihnen die abbrennende Lunte bemerkt hatte, auf seinen Warnruf hin in den Flur retten, wodurch weitere mögliche gravierende Verletzungen verhindert werden konnten.
Diesen Anschlag hatten Mitglieder der Vereinigung, unter ihnen die Beschuldigte, im Laufe des 31. Oktobers 2015 geplant, wozu sie sich gegen 16.30 Uhr an der genannten Tankstelle in Freital trafen und zunächst gemeinsam nach Tschechien fuhren, wo sie mehrere in Deutschland nicht zugelassene pyrotechnische Sprengkörper erwarben. Schon vorher hatte die Beschuldigte mit dem Mitbeschuldigten S. telefonisch erörtert, dass sich die Gruppe am Abend treffen wolle, um ein „bisschen zu eskalieren“. Gegen 21.30 Uhr kam die Beschuldigte erneut mit den Mitbeschuldigten S., Sch., W., F., K. und We. sowie dessen Lebensgefährtin an der Tankstelle zusammen; bei diesem Treffen beschlossen die Anwesenden, den Anschlag auf die Asylbewerberunterkunft auszuführen und besprachen die Tatmodalitäten, das vorherige Auskundschaften der Tatörtlichkeit sowie die Aufgabenverteilung ausführlich. Nach Abschluss der Planung verließen die Beteiligten zunächst den Bereich der Tankstelle und trafen sich, nachdem der Mitbeschuldigte F. in seiner Wohnung die Sprengsätze präpariert hatte, gegen 0.30 Uhr an einer Grundschule, von der aus sie mit mehreren Fahrzeugen - die Beschuldigte steuerte eines davon - zu einem Feld in der Nähe der Asylbewerberunterkunft fuhren. Die Beschuldigte sowie die Mitbeschuldigten S., K. und We. warteten abredegemäß in der Nähe des Tatorts, von wo aus sie das weitere Geschehen beobachtete. Die Mitbeschuldigten F., Sch. und W. führten alsdann den Anschlag - wie dargelegt - aus. Anschließend flohen sie in dem von dem Mitbeschuldigten We. gesteuerten Fluchtwagen. Auch die Beschuldigte floh mit den weiteren Beobachtern vom Tatort.
Der Beschuldigten sowie den weiteren beteiligten Mitgliedern der Vereinigung waren die Sprengwirkung der eingesetzten Sprengkörper und die Gefährlichkeit insbesondere der konkreten Begehungsweise durch die Splitterwirkung der Fensterscheiben bekannt. Sie nahmen den Tod der in der Wohnung befindlichen Asylbewerber, um deren Anwesenheit sie wussten, gleichwohl in Kauf, als sie die Tat trotz im Vorfeld aufgekommener Bedenken, dass dabei Menschen zu Schaden kommen könnten, ausführten; solche Bedenken wurden von dem Mitbeschuldigten F. vielmehr ausdrücklich zurückgestellt, indem dieser ausführte: „Ob wir das nicht wollen?" und anschließend lachte.
d) Die Beschuldigte plante mit den anderen Mitgliedern der Vereinigung die Herbeiführung weiterer Sprengstoffexplosionen, bei denen Leib oder Leben anderer Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden sollten. Um diese ausführen zu können, fuhren die Mitglieder der Vereinigung - wie bereits oben dargelegt - nach Tschechien, um sich dort mit in Deutschland nicht zugelassenen pyrotechnischen Sprengkörpern zu versorgen. Bei der Durchsuchung der Wohnung der Beschuldigten wurden zehn solcher Sprengkörper und eine Abschussvorrichtung sichergestellt.
2. Die Beschuldigte ist der ihr zur Last gelegten Taten dringend verdächtig. Der erforderliche dringende Tatverdacht ergibt sich insbesondere aus der Auswertung der auf dem Mobiltelefon der Beschuldigten sichergestellten Protokolle namentlich des „schwarzen Chats“, aus den Ergebnisse von zahlreichen Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen und aus den Vernehmungen der Beschuldigten und zahlreicher Mitbeschuldigter, die sich teilweise selbst und gegenseitig erheblich belastet haben. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die ausführliche, mit den Beweisergebnissen belegte Sachverhaltsdarstellung in dem angefochtenen Haftbefehl.
3. In rechtlicher Hinsicht ist aufgrund dieses Ermittlungsergebnisses zunächst der dringende Verdacht belegt, dass sich in Freital eine Vereinigung gegründet hatte, die auf die Begehung von Tötungsdelikten sowie Sprengstoffverbrechen gerichtet war, an der sich die Beschuldigte als Mitglied beteiligte, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB.
Eine Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB ist ein auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitlicher Verband fühlen (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 474). Eine solche Vereinigung wird zur terroristischen, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gemäß den Katalogen nach § 129a Abs. 1 und 2 StGB gerichtet sind. Diese Zielsetzung muss durch den internen Willensbildungsprozess der Mitglieder gedeckt sein; der Gruppenwille erleichtert dem Einzelnen die Begehung von Straftaten und drängt das Gefühl persönlicher Verantwortung zurück, woraus sich die vereinigungsbezogene Gefährlichkeit im Sinne der in größeren Personenzusammenschlüssen liegenden typischen Eigendynamik ergibt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216, 229).
Die „Gruppe Freital“ erfüllte nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit diese Voraussetzungen. Ihre Zusammensetzung und ihre Ausrichtung ergeben das Vorliegen des personellen, des zeitlichen und des organisatorischen Elements. Auch das Willenselement ist durch das beschriebene Verhalten bei der Willensbildung (gemeinsame Diskussion und Abstimmung) belegt.
Die von der Vereinigung begangenen Taten erweisen sich unter Zugrundelegung des bisherigen Ermittlungsergebnisses als Straftaten im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB. Entgegen dem Beschwerdevorbringen stellt aus den in dem angefochtenen Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs genannten Gründen auch der Anschlag auf die Asylbewerberunterkunft in der Nacht vom 19. auf den 20. September 2015 eine Tat der terroristischen Vereinigung dar. Die Sprengstoffanschläge hatten - unabhängig von der Frage eines zur Anwendung von § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB führenden Tötungsvorsatzes - das Ziel, politisch Andersdenkende einzuschüchtern und Asylbewerber so zu verängstigen, dass sie die Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen würden. Ein solches Vorgehen gegen politisch Andersdenkende und Asylbewerber, die sich infolgedessen nicht mehr sicher und geschützt fühlen könnten und das so zu einer tiefgreifenden Beeinträchtigung der inneren Sicherheit und des Vertrauens in ihre Gewährleistung führt, erfüllt die Voraussetzungen von § 129a Abs. 2 StGB, zumal, wenn sich die Anschläge in eine Vielzahl ausländerfeindlicher Straftaten im gesamten Bundesgebiet einreihen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - 3 StR 263/05, NJW 2006, 1603, 1604 mwN).
Die Beschuldigte gehörte als Teilnehmerin an dem nur den „Terroristen“ vorbehaltenen „schwarzen Chat“ zum inneren Kreis dieser Vereinigung. Sie nahm jedenfalls in den Fällen a) und c) an den Planungen der Anschläge und der Beschlussfassung hierzu teil und beteiligte sich ausweislich der Chatprotokolle auch im Übrigen rege am Verbandsleben.
Im Fall d) begründen bereits die aufgefundenen Sprengkörper im Zusammenhang mit der übrigen Ausrichtung der Vereinigung, dass die Beschuldigte dringend verdächtig ist - tateinheitlich zu der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 475) -, ein Explosionsverbrechen nach § 308 Abs. 1 StGB vorbereitet zu haben, strafbar gemäß § 310 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Im Fall c) ist die Beschuldigte zudem dringend verdächtig, sich als Mittäterin an dem Anschlag beteiligt zu haben und damit - wiederum tateinheitlich zu der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung - versucht zu haben, vier Menschen aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch zu töten (§§ 211, 22, 23 StGB), wobei sie einen Menschen mittels eines gefährlichen Werkzeugs, mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verletzte (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 StGB) sowie eine fremde Sache beschädigte (§ 303 StGB). Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich der Verdacht auf den Tötungsvorsatz aus der auch der Beschuldigten bekannten besonderen Gefährlichkeit der an den Fensterscheiben angebrachten Sprengladungen. Ihre Ausführungen in ihrer Beschuldigtenvernehmung, sie habe sich wegen des Verletzungsrisikos für Frauen und Kinder gegen Anschläge auf Volksfeste gewandt, führt zu keiner anderen Beurteilung, weil etwaige Bedenken auch im Vorfeld des konkreten Anschlags zurückgestellt wurden und sich die Beschuldigte gleichwohl an der weiteren Anschlagsvorbereitung beteiligte. Dass die Beschuldigte nicht selbst Sprengsätze anbrachte, steht der Annahme von Mittäterschaft nach allgemeinen Grundsätzen nicht entgegen: Aufgrund ihres bei der Anschlagsvorbereitung und durch ihre Billigung von Gewalt gezeigten großen Tatinteresses begründen ihre - wenn auch weniger schwerwiegenden - Beiträge zur eigentlichen Tatausführung - sie beförderte mit ihrem Fahrzeug weitere Mitbeschuldigte zum Tatort - den dringenden Verdacht einer mittäterschaftlichen Begehungsweise.
Im Fall b) sind solche auch nur geringfügigen Tatbeiträge betreffend die eigentliche Durchführung des Anschlags hingegen nicht durch das bisherige Ermittlungsergebnis belegt; die Beschuldigte fuhr allein mit ihrem Fahrzeug zum Tatort und verließ die Gruppe kurz vor dem eigentlichen Angriff, um sich die Tat aus einiger Entfernung anzusehen. Ob angesichts dessen der Vorwurf einer mittäterschaftlichen Begehungsweise gerechtfertigt erscheint, oder gegebenenfalls wegen der Befürwortung der Gewalthandlungen im Vorfeld nur eine Strafbarkeit wegen - zumindest psychischer - Beihilfe zu dieser Tat in Betracht kommt, kann der Senat offen lassen: Aufgrund des bestehenden dringenden Tatverdachts mehrerer in Tatmehrheit zueinander stehender Verbrechen nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB, die - in den Fällen b) bis d) wiederum mit anderen Gesetzesverletzungen tateinheitlich zusammentreffend (vgl. zur konkurrenzrechtlichen Bewertung nach neuerer, geänderter Rechtsprechung BGH, Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, JZ 2016, 473, 477) - im Fall c) mit einer Mindeststrafe drei Jahren (§ 211, §§ 22, 23, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und in den übrigen Fällen mit einer solchen von jeweils einem Jahr Freiheitsstrafe (§ 129a Abs. 1 StGB) bedroht sind, bedarf die Frage, ob die Beschuldigte, die durch die Tat im Fall b) jedenfalls den Straftatbestand des § 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB verletzt hat, tateinheitlich dazu täterschaftlich oder nur als Gehilfin gegen ein weiteres Strafgesetz verstoßen hat, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof jedenfalls dann keiner Entscheidung, wenn die anderen angenommenen Gesetzesverletzungen den Fortbestand des Haftbefehls begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - StB 2/15, juris Rn. 26). So verhält es sich hier.
4. Es besteht - worauf auch der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zutreffend abgestellt hat - sowohl mit Blick auf § 129a Abs. 1 und 2 StGB als auch mit Blick auf das jedenfalls in einem Fall versuchte Tötungsdelikt der Haftgrund der Schwerkriminalität, § 112 Abs. 3 StPO. Daneben hat die Beschuldigte im Fall einer Verurteilung eine empfindliche Freiheitsstrafe zu erwarten, die einen erheblichen Fluchtanreiz begründet. Diesem stehen hinreichende persönliche und soziale Bindungen der erwerbsunfähigen Beschuldigten nicht entgegen, so dass - wie der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs ebenfalls bereits ausgeführt hat - auch der Haftgrund der Fluchtgefahr besteht, § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.
Es führt zu keiner anderen Beurteilung, dass die Beschuldigte über den Zeitraum von mehreren Monaten die ihr auferlegten Melde- und sonstigen Auflagen, die ihr durch den Beschluss, mit dem der Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 außer Vollzug gesetzt worden war, befolgt hat: Von einer vergleichbaren Straferwartung kann angesichts des unterschiedlichen Umfangs jenes Haftbefehls zu dem nunmehr angefochtenen (dazu sogleich unter 5.) keine Rede sein. Der Tatvorwurf wurde sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht wesentlich ausgeweitet. Entgegen dem Beschwerdevorbringen beschränkte sich zuletzt die konkrete Straferwartung für die Beschwerdeführerin durch die Anklageerhebung zum Jugendschöffengericht zudem auf eine Höchststrafe von vier Jahren (vgl. § 24 Abs. 2 GVG). Dies ist nunmehr - weil gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig sind, was wiederum die Übernahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt bedingt hat - hinfällig.
Die Straferwartung verringert sich vorliegend auch nicht etwa dadurch, dass möglicherweise Angaben eines etwaigen Mittäters auf die Spur der Beschuldigten geführt haben, dem die Ermittlungsbehörden Vertraulichkeit zugesichert haben. Unabhängig davon, ob dies strafprozessual bedenklich erscheinen könnte, berührt dies das Verfahren gegen die Beschuldigte nicht: Die sich gegen sie ergebenden Beweismittel sind von den Angaben des anonymen Zeugen unabhängig erhoben worden; bei dem Zeugen handelte es sich entgegen den Mutmaßungen in dem Beschwerdevorbringen nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen nicht um eine V-Person oder gar einen verdeckten Ermittler.
Zu keinem anderen Ergebnis führt schließlich der Umstand, dass einige Gespräche, mit denen der Anschlag vom 1. November 2015 vorbereitet wurde, bereits von den Ermittlungsbehörden überwacht wurden. Selbst wenn den Ermittlungsbehörden der Vorwurf gemacht werden könnte, sie hätten den Anschlag pflichtwidrig nicht vereitelt, würde dies angesichts des dringenden Verdachts unter anderem wegen versuchten Mordes nicht zu einer so niedrigen Straferwartung führen, dass sie keinen erheblichen Fluchtanreiz mehr begründen würde.
5. Der Umstand, dass der - zwischenzeitlich aufgehobene - Haftbefehl des Amtsgerichts Dresden vom 6. November 2015 außer Vollzug gesetzt worden war, hindert den Vollzug des angefochtenen Haftbefehls entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht.
a) Gemäß § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO ist der Vollzug des ausgesetzten Haftbefehls anzuordnen, wenn neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich machen. Diese Einschränkung gilt auch, wenn - wie hier - der außer Vollzug gesetzte Haftbefehl aufgehoben und durch einen neuen ersetzt wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 116 Rn. 22 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind „neu“ im Sinne des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO nachträglich eingetretene oder nach Erlass des Aussetzungsbeschlusses bekannt gewordene Umstände nur dann, wenn sie die Gründe des Haftverschonungsbeschlusses in einem so wesentlichen Punkt erschüttern, dass keine Aussetzung bewilligt worden wäre, wenn sie bei der Entscheidung bereits bekannt gewesen wären. Das maßgebliche Kriterium für den Widerruf besteht in einem Wegfall der Vertrauensgrundlage der Aussetzungsentscheidung. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. Eine bloß nachträgliche andere Beurteilung bei gleichbleibender Sachlage rechtfertigt den Widerruf nicht (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2012 - 2 BvR 1092/12, juris Rn. 43 mwN).
b) Diese Voraussetzungen für einen Widerruf liegen hier vor: Gegenstand des Haftbefehls vom 6. November 2015 waren allein die Tat vom 18./19. Oktober 2015 (Angriff auf das Wohnprojekt) und die Vorbereitung von Sprengstoffverbrechen durch das Vorrätighalten der bei der Durchsuchung sichergestellten Sprengkörper. Neu hinzugekommen ist mithin der Vorwurf der Beteiligung an einem weiteren Anschlag (Tat vom 1. November 2015), der den dringenden Verdacht des versuchten Mordes begründet, sowie der Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, der zudem ein weiterer Anschlag (Tat vom 19./20. September 2015) zuzurechnen ist, wenn auch der Beschuldigten insoweit eine konkrete Tatbeteiligung nicht zur Last gelegt wird.
Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, durch die Anklageerhebung vor dem Amtsgericht Dresden habe die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zum Ausdruck gebracht, dass an der Außervollzugsetzung auch mit Blick auf die Erweiterung des Tatvorwurfs hinsichtlich der Tat vom 1. November 2015 festgehalten werde, weshalb sie auf die andauernde Außervollzugsetzung habe vertrauen dürfen. Hierzu gilt:
Der erstmals in dem angefochtenen Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs erhobene Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, der auf zahlreichen neu hinzutretenden Ermittlungsergebnissen tatsächlicher Art beruhte, war nicht Gegenstand dieser Anklage und damit auch nicht Bestandteil der bei der Beschuldigten gegebenen Vertrauensgrundlage. Allein das Hinzutreten dieses Tatvorwurfs führte indes aufgrund der mit ihm verbundenen Straferwartung zu einer Verstärkung des Haftgrundes der Fluchtgefahr und jedenfalls auch zur Annahme des weiteren Haftgrundes der Schwerkriminalität (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 116 Rn. 28), der in dem ursprünglichen Haftbefehl nicht enthalten war.
Hinzu kommt, dass durch die Anklageerhebung zum Amtsgericht - wie dargelegt - auch eingedenk der von der Beschwerdebegründung angeführten Ausweitung des Tatvorwurfs bei gleichzeitigem Festhalten an der Aussetzungsentscheidung, zugleich eine Beschränkung der Straferwartung auf eine Höchststrafe von vier Jahren verbunden war, die durch die Rücknahme dieser Anklage und der nach § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG gegebenen erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte wegfiel. Mithin musste das Hinzutreten dieser neuen, im ursprünglichen Haftbefehl nicht erwähnten und nicht bekannten Umstände dazu führen, dass die Beschuldigte nicht weiter auf die Aussetzung des Haftbefehls vom 6. November 2015 vertrauen konnte.
c) Der Senat hat trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 116 Abs. 4 Nr. 3 StPO infolge des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geprüft, ob statt einer Rücknahme der Haftverschonung mildere Mittel der Verfahrenssicherung - namentlich eine Verschärfung der Auflagen - in Betracht kommt (vgl. BVerfG, aaO Rn. 48). Dies war mit Blick auf die aufgezeigte erhebliche Veränderung der Straferwartung und den daraus folgenden erheblichen Fluchtanreiz zu verneinen.
6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht schließlich auch nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 729
Bearbeiter: Christian Becker