HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 836
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, AK 14/13, Beschluss v. 11.07.2013, HRRS 2013 Nr. 836
Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem Oberlandesgericht Düsseldorf übertragen.
Die Angeschuldigten wurden aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 21. November 2012 (4 BGs 3 und 5/12) am 5. Dezember 2012 festgenommen und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt hat am 28. Mai 2013 Anklage zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhoben.
Gegenstand der Haftbefehle ist der Vorwurf, die Angeschuldigten hätten gemeinsam mit dem weiteren Beschuldigten U. eine Zelle der in den Provinzen Nord-Kivu und Süd-Kivu der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden: DRC) operierenden paramilitärischen Milizen-Organisation "Forces Démocratiques du Libération de Rwanda" (im Folgenden: FDLR) gebildet und Teile der Tätigkeiten übernommen, welche zuvor von den anderweitig verfolgten Dr. Mu., M. und Mb. ausgeübt worden waren, strafbar als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland nach § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB. Der Angeschuldigte T. habe daneben dem Dr. Mu. zwei Geldbeträge zukommen lassen, obwohl dies nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1183/2005 des Rates der Europäischen Union vom 18. Juli 2005 in Verbindung mit der im Anhang I der Verordnung enthaltenen Liste der in Art. 2 genannten Personen untersagt gewesen sei, strafbar als zwei Verstöße gegen § 34 Abs. 4 Nr. 2 AWG.
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen für beide Angeschuldigte vor. Für diese Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob das Verhalten, dessen die Angeschuldigten dringend verdächtig sind, rechtlich als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland oder als mehrfache Unterstützung einer solchen Organisation zu werten ist. Nicht entscheidungserheblich ist ebenfalls, ob der Angeschuldigte T. in zwei Fällen gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen hat. Der Senat lässt diese Fragen daher offen.
1. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Geschehen auszugehen:
a) Die FDLR ist eine bewaffnete Rebellengruppe, die überwiegend aus ruandischen Staatsangehörigen der Bevölkerungsgruppe der Hutu besteht. Sie operiert vorwiegend im Osten der DRC in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu. Dort übt sie eine auf Waffengewalt gestützte Schreckensherrschaft über die einheimische Zivilbevölkerung aus. Zur Festigung ihres Regimes setzt sie etwa Mord, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Versklavung, gewaltsame Landnahme, Raub, Plünderung und Brandschatzung ein. In der Vergangenheit kam es zu einer Vielzahl von gewaltsamen Übergriffen bis hin zu Massakern, bei denen ganze Dörfer vernichtet und zahlreiche Menschen getötet wurden. Die FDLR rekrutiert Kindersoldaten, erhebt eigenmächtig Wegezölle und beutet die kongolesischen Bodenschätze aus. Sie ist darauf bedacht, sich nach außen als im Kern politische Organisation darzustellen und sieht letztlich ausschließlich Angehörige der Volksgruppe der Hutu als berechtigt an, die Macht in Ruanda auszuüben. Seit einigen Jahren konzentrieren sich die Aktivitäten der FDLR vornehmlich darauf, durch die weiterhin brutale Unterjochung der einheimischen Zivilbevölkerung die Situation in den Kivu-Provinzen aus ihrer Sicht stabil zu halten und die Bemühungen zu vereiteln, die ruandischen Milizionäre in ihre Heimat zurückzuführen. Ihr erklärtes Endziel ist es, eines Tages die amtierende Regierung Ruandas zu entmachten, in der Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Tutsi den bestimmenden Einfluss ausüben. In den öffentlichen Erklärungen der FDLR werden diese Absichten indes verschleiert. Dort tritt die FDLR als Organisation auf, deren Ziel vor allem die ethnische Versöhnung sei. Völkerrechtsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen werden entschieden geleugnet.
b) Die FDLR umfasst derzeit noch etwa 3.000 bis 3.500 Milizionäre. Sie ist hierarchisch organisiert und nach sachlichen Zuständigkeitsbereichen gegliedert; ihre Funktionäre gehen arbeitsteilig vor. An der Spitze steht der Präsident, der zugleich auch oberster militärischer Befehlshaber ist. Dieses Amt wurde von Dr. Mu. bis zu dessen Festnahme am 17. November 2009 ausgeübt. Sein Nachfolger ist der in der DRC aufenthältliche I. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten vertreten, von denen der eine für den administrativen Bereich und die Außendarstellung, der andere für die militärischen Belange zuständig ist. Erster Vizepräsident war M., der ebenfalls am 17. November 2009 festgenommen wurde. Ihm folgte Mud. alias Mp., der gleichzeitig als militärischer Kommandeur die Milizen vor Ort in der DRC befehligt. Weiteres Mitglied der Führung ist der Exekutivsekretär, der die operativen Tagesgeschäfte maßgeblich mitbestimmt. Darüber hinaus existieren mehrere Komitees; für verschiedene Bereiche sind Exekutivkommissare berufen. So übt zum Beispiel N. alias F. das Amt des Kommissars für Informationswesen aus.
Die militärische Unterorganisation der FDLR, die "Forces Combattantes Abacunguzi" (im Folgenden: FOCA), ist maßgeblich in die gewaltsamen Auseinandersetzungen in den Provinzen Nord- und Süd-Kivu verwickelt. Die FOCA ist wie eine Armee aufgebaut; sie verfügt über eine hierarchische Struktur mit einem Oberkommando sowie über ein Netzwerk zur Rekrutierung von Kämpfern. Sie gliedert sich in mehrere militärische Einheiten und hält Ausbildungseinheiten vor. Ihr Oberkommando ist wie der Generalstab einer Armee strukturiert. Die Entscheidungen der Führung der FOCA stehen unter dem Vorbehalt der Billigung durch die FDLR-Gesamtorganisation.
c) Der Angeschuldigte T. kam im Jahre 1984 nach Deutschland und schloss im Jahre 1995 ein Ingenieurstudium ab. Seitdem lebt er überwiegend von staatlichen Sozialleistungen. Er ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Der Angeschuldigte B. reiste im Jahre 1990 in die Bundesrepublik Deutschland ein. In der Folgezeit studierte er, ohne einen Abschluss zu erlangen. Danach absolvierte er eine Lehre und lebte vor seiner Festnahme von Arbeitslosengeld. Er ist ebenfalls verheiratet und hat zwei Kinder.
Die Angeschuldigten schlossen sich nach der Inhaftierung von Dr. Mu. und M. mit dem U. zusammen, um einen Teil der Tätigkeiten für die FDLR zu übernehmen, die zuvor von diesen ausgeübt worden waren. In Ausführung dieses Entschlusses wirkten sie bei der Erstellung und Veröffentlichung von Presseerklärungen der FDLR im Internet mit. Bei der hierfür notwendigen Kommunikation untereinander verhielten sie sich zumeist in hohem Maße konspirativ. Die Angeschuldigten gingen regelmäßig wie folgt vor: Nach Kenntnisnahme von einem Beitrag im Internet, der die FDLR betraf, wandte sich T. per E-Mail an den N. oder den Exekutivkommissar der FDLR. N. entwarf sodann ein Kommuniqué und sandte dieses zur Korrektur bzw. Ergänzung an T. Dieser leitete den Entwurf an B. und U. weiter. In der Folgezeit wurden inhaltliche und/oder sprachliche Änderungen vorgenommen. Anschließend versah B. das Dokument mit der eingescannten Unterschrift F., dem Aliasnamen von N., und wandelte es in eine PDF-Datei um. Sodann versandte T. das Dokument als E-Mail und veröffentlichte es in mehreren Internetforen.
Im Einzelnen wirkten die Angeschuldigten und U. an der Erstellung und Verbreitung folgender Erklärungen mit: FDLR-Kommuniqués Nr. 1 aus Mai 2011, Nr. 1 aus Juni 2011, Nr. 1 aus August 2011 und Nr. 1 aus Oktober 2011. T. und U. waren darüber hinaus an der Veröffentlichung des Kommuniqués Nr. 1 aus Dezember 2011 in einem Internetforum beteiligt. T. veröffentlichte zudem zwischen September 2009 und März 2012 zwölf weitere FDLR-Kommuniqués.
Schließlich stellte der Angeschuldigte T. dem Dr. Mu. in zwei Fällen über Konten von Dritten Gelder zur Verfügung, indem er am 8. Januar 2009 60 € und am 20. August 2009 100 € jeweils auf ein solches Konto überwies.
2. Der dringende Verdacht hinsichtlich dieses Geschehens ergibt sich bei der gebotenen vorläufigen Würdigung auch unter Beachtung der Einlassungen der Angeschuldigten, insbesondere derjenigen des Angeschuldigten B. sowie derjenien des U., aus den Bekundungen zahlreicher Zeugen, die vor allem zu Struktur, Zielen und Vorgehen der FDLR entsprechend ausgesagt haben, den aus der Überwachung der Telekommunikation und der Auswertung des E-Mail-Verkehrs der Angeschuldigten gewonnenen Erkenntnissen sowie zahlreichen Urkunden und Augenscheinsobjekten. Hinsichtlich der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die ausführlichen Darlegungen in den Haftbefehlen vom 21. November 2012 sowie der Anklageschrift vom 24. Mai 2013.
3. Danach besteht der dringende Verdacht, dass die Angeschuldigten sich nach den §§ 129a, 129b StGB strafbar gemacht haben, wobei offen bleiben kann, ob Ihr Verhalten als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 StGB) oder als jeweiliges mehrfaches Unterstützen einer solchen Organisation (§ 129a Abs. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB) zu werten ist.
a) Die FDLR stellt aufgrund ihrer Organisationsstruktur, der Anzahl und willensmäßigen Einbindung ihrer Mitglieder sowie der Dauerhaftigkeit der Verbindung eine Vereinigung im Ausland im Sinne der §§ 129, 129a, 129b StGB dar (vgl. hierzu im Einzelnen schon BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2010 - AK 3 und 4/10, BGHSt 55, 157).
b) Die Zwecke oder Tätigkeit der FDLR sind darauf gerichtet, Straftaten nach § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB, namentlich Tötungsdelikte und Straftaten nach den §§ 7, 8 VStGB, zu begehen. Hierfür genügt es, wenn sich die Mitglieder der Vereinigung bewusst sind, dass es bei der Verfolgung ihrer Pläne zur Begehung von Katalogtaten kommen kann und sie dies auch wollen; die Vereinigung muss nicht ausschließlich das Ziel der Begehung solcher Taten verfolgen.
c) Die Angeschuldigten haben sich an dieser Vereinigung durch ihre in der Bundesrepublik Deutschland entfalteten Tätigkeiten entweder als Mitglied beteiligt oder sie haben jeweils mehrfach diese Vereinigung unterstützt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung bedarf die Frage, ob eine Person, die in der Bundesrepublik Deutschland lebt, sich als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt, regelmäßig bereits deshalb besonderer Prüfung, weil sie sich nicht im unmittelbaren Betätigungsgebiet der (Kern-)Organisation aufhält; dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nie an einem Ort befunden hat, an dem Vereinigungsstrukturen bestehen, und sie nur der Kontakt zu einem in Deutschland befindlichen Mitglied mit der Organisation verbindet. Allein die Tätigkeit für die Vereinigung, mag sie auch besonders intensiv sein, reicht hierfür nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der Vereinigung zu deren Mitglied. Vielmehr setzt die Mitgliedschaft ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die der Vereinigung regelmäßig nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Eine Beteiligung als Mitglied scheidet deshalb aus, wenn die Unterstützungshandlungen nicht von einem einvernehmlichen Willen zu einer fortdauernden Teilnahme am Verbandsleben getragen sind (vgl. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 112 f.; Beschluss vom 13. September 2011 - StB 12/11, NStZ-RR 2011, 372). Der Senat lässt offen, ob eine diesen Maßstäben genügende Einbindung der Angeschuldigten in die FDLR bei Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände bereits allein dadurch belegt werden kann, dass die Angeschuldigten zu den führenden Vertretern der FDLR in Europa vor deren Verhaftung in langjähriger Verbindung standen und ihre Handlungen mit hochrangigen Funktionsträgern der FDLR eng abstimmten, die sich im Gebiet der Kivu-Provinzen in der DRC befanden.
bb) Sollten sich die Angeschuldigten nicht mitgliedschaftlich an der FDLR beteiligt haben, so hätten sie jedenfalls durch ihre Tätigkeiten die FDLR unterstützt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Inhalte der Kommuniqués, an deren Veröffentlichung die Angeschuldigten mitwirkten, als werbende Äußerungen für die FDLR anzusehen sind. Hierzu gilt:
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden zu verstehen, durch das ein Nichtmitglied der Vereinigung deren innere Organisation und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenn auch nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (s. etwa BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteile vom 30. Oktober 1964 - 3 StR 45/64, BGHSt 20, 89; vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und - wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt - sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117 f.). Auch muss das Wirken des Nichtmitgliedes nicht zu einem von diesem erstrebten Erfolg führen, es genügt, wenn sein Tun für die Organisation objektiv nützlich ist, ohne dass ein messbarer Nutzen für diese eintritt (BGH, Urteile vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 116; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244).
Diese im Ausgangspunkt weite Begriffsbestimmung des Unterstützens darf indes nicht dahin missverstanden werden, dass jedes Handeln eines Nichtmitgliedes im Sinne der Vereinigung als tatbestandsmäßig einzustufen wäre, ohne dass es auf die konkreten Wirkungen seines Tuns ankäme. Die vorausgesetzte Nützlichkeit für die Vereinigung muss anhand belegter Fakten nachgewiesen sein und darf sich nicht nur auf vermeintliche Erfahrungswerte oder allgemeine Vermutungen stützen. Außerdem darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass der Gesetzgeber mit dem 34. Strafrechtsänderungsgesetz (vom 22. August 2002, BGBI. I S. 3390) und dem Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze (vom 22. Dezember 2003, BGBI. I S. 2836) die Strafbarkeit des propagandistischen Wirkens eines Nichtmitglieds im Sinne der Vereinigung auf die Fälle des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für die Organisation beschränkt und das lediglich befürwortende Eintreten für eine terroristische Vereinigung, die Rechtfertigung ihrer Ziele oder der aus ihr heraus begangenen Straftaten straffrei gestellt hat. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung ist zu beachten. Es ist nicht zulässig, sie dadurch zu umgehen, das propagandistische Handeln eines Nichtmitgliedes, das sich nicht als Werben um Mitglieder oder Unterstützer für die Vereinigung darstellt, allein wegen psychologischen Folgen, die es - insbesondere etwa im Falle der Rechtfertigung oder Verherrlichung von Gewalttaten der Organisation - auf die angesprochenen Adressatenkreise haben kann, als Unterstützen der Vereinigung einzustufen (BGH, Beschlüsse vom 19. Juli 2012 - 3 StR 218/12, juris Rn. 5; vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 349 f.).
(2) Hieran hält der Senat fest. Soweit sein Hinweis, die in der Werbung um Mitglieder, Unterstützer oder Sympathie für eine terroristische Vereinigung etwa liegende Beihilfe zu täterschaftlichen terroristischen Handlungen im Sinne des § 129a Abs. 1-3 StGB sei ebenfalls durch § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB privilegiert (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 351), dahin verstanden werden kann, auch in den Fällen, in denen ein Außenstehender ein Mitglied der Organisation bei dessen Propagandahandlungen unterstützt, komme für das Nichtmitglied allenfalls eine Strafbarkeit wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine Vereinigung in Betracht, gilt klarstellend:
Ein Unterstützen ist auch anzunehmen bei Tätigkeiten, die inhaltlich als Werbung für die Vereinigung einzuordnen sind, wenn im konkreten Einzelfall das Handeln des Nichtmitgliedes über die propagandistische Wirkung seines Tuns hinaus einen objektiv nützlichen Effekt für die mitgliedschaftliche Betätigung eines Angehörigen der Organisation bewirkt (vgl. schon BGH, Beschluss vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 4 mwN; insoweit noch offen BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 351). Dies bedeutet, dass ein Außenstehender eine Vereinigung auch mit Tätigkeiten unterstützt, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens für die Vereinigung durch ein Organisationsmitglied darstellen, unabhängig davon, ob dieses um (weitere) Mitglieder oder Unterstützer der Gruppierung wirbt oder sein Verhalten als sonstige propagandistische Tätigkeit im Sinne einer reinen Sympathiewerbung anzusehen ist. Demgegenüber unterfällt die um Sympathie oder um Mitglieder oder Unterstützer werbende Tätigkeit eines Nichtmitglieds dann nicht dem Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB, wenn sie sich allgemein für die Organisation oder ihre Ziele einsetzt, ohne dabei die propagandistische Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds individuell zu fördern. Dies ergibt sich aus Folgendem:
(2.1) Die bisher vom Senat in diesem Zusammenhang zu beurteilenden Fallgestaltungen waren jeweils dadurch maßgebend geprägt, dass der Täter selbst propagandistisch für die Vereinigung tätig wurde, nicht aber einem Mitglied der Vereinigung bei dessen werbender Tätigkeit Hilfe leistete. Wirbt ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung um Sympathie oder um Mitglieder oder Unterstützer für die Organisation, ist dies materiellrechtlich nach allgemeiner Auffassung als eine von § 129a Abs. 1 StGB erfasste Beteiligungshandlung des Mitglieds an der Vereinigung einzuordnen, nicht aber als straflose oder in den Bereich des § 129a Abs. 5 Satz 2 StGB fallende Tätigkeit zu qualifizieren (BGH, Urteile vom 24. März 1982 - 3 StR 28/82, BGHSt 31, 16, 17; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 120). Hieran hat sich durch die Neufassung des § 129a StGB durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22. August 2002 (BGBl. I S. 3390) sowie das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung und zur Änderung anderer Gesetze vom 22. Dezember 2003 (BGBI. I S. 2836) nichts geändert. Durch diese Neufassungen ist - soweit hier von Bedeutung - lediglich die Tatbestandsalternative des Werbens auf das Werben um Mitglieder oder Unterstützer beschränkt, nicht aber die Tathandlung der mitgliedschaftlichen Beteiligung modifiziert worden. Soweit der außerhalb der Vereinigung stehende Täter einem Mitglied der Organisation bei dessen Werbung für die Gruppierung Hilfe leistet, ist Anknüpfungspunkt des strafrechtlichen Vorwurfs nicht in erster Linie der Inhalt der werbenden Äußerung, sondern die Hilfeleistung zu der propagandistischen mitgliedschaftlichen Betätigung des Angehörigen der Organisation, die sich ohne die Sonderregelung des § 129a Abs. 5 StGB ohne Weiteres als Beihilfe (§ 27 StGB) zu dem Beteiligungsakt des Vereinigungsmitglieds darstellen würde. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber durch das Herausnehmen der Sympathiewerbung aus dem Kreis strafbarer Werbungs- und Unterstützungshandlungen auch dieses nach allgemeinen Grundsätzen zu ahndende Verhalten von der Strafbarkeit ausnehmen oder nicht als täterschaftliche Unterstützungshandlung sondern lediglich als Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung pönalisieren wollte (vgl. BTDrucks. 14/8893 S. 8).
(2.2) Fördert der Außenstehende konkret die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung Unterstützen in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Vereinigung. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, regelmäßig bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Vereinigung zu sehen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Täter ein Mitglied der Vereinigung bei der Erfüllung einer Aufgabe unterstützt, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist. Denn die Mitwirkung an der Erfüllung eines Auftrags, den die Vereinigung selbst einem Mitglied erteilt hat, erweist sich nicht nur allein für das betroffene Mitglied als im hier relevanten Sinne vorteilhaft; der ausreichende, nicht notwendigerweise spezifizierte Nutzen wirkt sich in einem solchen Fall vielmehr auch auf die Organisation als solche in vergleichbarer Weise aus wie in den Fällen, in denen die Mitglieder in ihrem Entschluss gestärkt werden, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117 f.).
(3) Nach diesen Maßstäben würde das Ermittlungsergebnis ein mehrfaches Unterstützen der FDLR durch beide Angeschuldigten belegen. Ihre Tätigkeiten erschöpften sich unabhängig vom jeweiligen Text der Kommuniqués nicht lediglich darin, werbend für die FDLR einzutreten. Vielmehr förderten sie jeweils die mitgliedschaftliche Beteiligung eines hochrangigen Mitglieds der FDLR, indem sie jedenfalls deren Kommissar für Informationswesen N. bei der Erfüllung der ihm von der FDLR übertragenen, für die Organisation erkennbar besonders wichtigen Aufgaben Hilfe leisteten.
d) Die Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz gemäß § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB zur Verfolgung von Taten nach den §§ 129a, 129b StGB in Deutschland, die im Zusammenhang mit der FDLR stehen, wurde am 8. Dezember 2008 erteilt.
4. Für beide Angeschuldigte ist der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) gegeben. Sie haben im Falle ihrer Verurteilung mit einer nicht unerheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Von dieser Straferwartung geht ein entsprechend hoher Fluchtanreiz aus. Dem stehen ausreichend gewichtige, die Fluchtgefahr hemmende Umstände nicht entgegen. Die Angeschuldigten haben vielmehr Kontakt zu zahlreichen Mitgliedern und Unterstützern der FDLR in Europa und Afrika. Es ist deshalb wahrscheinlicher, dass sie, in Freiheit belassen, sich dem Verfahren entziehen als sich ihm stellen werden. Ergänzend wird auf die fortgeltenden Gründe der Haftbefehle verwiesen.
Unter diesen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
5. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen die Fortdauer der Untersuchungshaft. Nach der Festnahme der Angeschuldigten waren zahlreiche, zum Teil aufwändige und zeitintensive Ermittlungsmaßnahmen vorzunehmen. So war eine Vielzahl von sichergestellten Beweismitteln zu sichten und auszuwerten. Darunter befanden sich Kommunikationsmittel und elektronische Speichermedien, die teilweise zunächst mit erheblichem Aufwand technisch aufbereitet werden mussten. Daneben waren zahlreiche in den Fremdsprachen Französisch und Kirnyawanda abgefasste Dokumente und Dateien zu übersetzen. Gleichwohl hat der Generalbundesanwalt noch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist Anklage erhoben. Nach Eingang der Anklageschrift hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zeitnah die zur Förderung des Verfahrens angezeigten Maßnahmen veranlasst. Nachdem der zuständige Senat des Oberlandesgerichts sich für überlastet erklärt hat, wird die Untersuchungshaft für beide Angeschuldigte allerdings nur weiterhin aufrechterhalten werden können, wenn das Oberlandesgericht geeignete und ausreichende Maßnahmen ergreift, die sicherstellen, dass dem Verfahren ein angemessen zügiger Fortgang gegeben werden kann.
6. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen die Angeschuldigten erhobenen Tatvorwürfen noch nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Senat weist insoweit allerdings bereits jetzt darauf hin, dass das Gewicht der Tatvorwürfe insbesondere gegen den Angeschuldigten B. jedenfalls eine unter Umständen mehrjährige Untersuchungshaft nicht rechtfertigen dürfte.
HRRS-Nummer: HRRS 2013 Nr. 836
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel